Neustart für den Prerower Kult-Zeltplatz: Von Chaos zu Campingglück in Rekordzeit

Prerow an der Ostsee – Der Prerower Kult-Zeltplatz, von vielen als der schönste an der Ostsee bezeichnet, hat eine bewegte Geschichte und stand kürzlich vor einer ungewissen Zukunft. Doch mit neuen Betreibern aus Hamburg und einem engagierten Team wurde in weniger als 50 Tagen ein beeindruckender Neustart hingelegt, pünktlich zu Pfingsten.

Ein Wettlauf gegen die Zeit und den Verfall
Nachdem die neuen Betreiber kurz nach Ostern den Zuschlag erhielten, fanden sie den Platz in einem „desaströsen Zustand“ vor. Überall lagen Bauschutt und Kabelreste ehemaliger Mietwohnwagen herum, Podeste mussten abgebaut werden. Von den 80 Stromkästen waren nur wenige brauchbar, und die Waschhäuser benötigten dringend eine Aufarbeitung, wenn auch zunächst nur kosmetisch zur Rostbekämpfung.

Jens Köhler und sein Team, zu dem auch erfahrene ehemalige Mitarbeiter wie Platzwart Daniel Mann sowie Steffi und Thorsten gehören, standen vor einer Mammutaufgabe. Daniel Manns Wissen über den Platz war „enorm wichtig“, besonders in einer Situation, in der die neuen Betreiber den Platz ohne jegliche Vorkenntnisse übernahmen. Der EDV-Profi Martin Rieger, aus Österreich stammend, kämpfte insbesondere mit der neuen Schrankenanlage und den Glasfaseranschlüssen für WLAN. Letzteres war eine Standardfrage jedes zweiten Gasts, und die Antwort lautete stets: „Wir arbeiten dran“.

Herausforderungen im Nationalpark und auf sandigem Terrain
Die Lage des Platzes mitten im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft erforderte besondere Sorgfalt. Es musste Nationalpark-konform gehandelt werden, was unter anderem bedeutete, die Stellflächen im Areal G von einst 196 auf 98 zu reduzieren. Diese „Umstrukturierung“ führte dazu, dass fast jeder zweite Stellplatz weichen musste. Das Team musste dabei Plätze auswählen, die „am perfektesten an sich schon sind durch die Natur gemacht“, um weitere Eingriffe in die Düne zu vermeiden.

Ein weiteres zentrales Problem war der sandige Untergrund, der es eigenen Fahrzeugen nicht erlaubte, die Stellplätze in den Dünen zu erreichen. Hier kam Thorsten ins Spiel, ein erfahrener Traktorfahrer. Für 18 Euro schleppte er die Wohnwagen mit dem neuen Allrad-Traktor, den er selbst mitentscheiden durfte, zu den Stellplätzen und auch wieder zurück. Ein Dieseltank als mobile Tankstelle wurde extra angeliefert, um die Wege zur nächsten Tankstelle zu verkürzen.

Eine lebendige Geschichte und Gemeinschaft
Der Zeltplatz in den Dünen von Prerow blickt auf eine lange Tradition zurück, die bereits vor seiner offiziellen Gründung 1953 begann, als Studenten aus Rostock dort heimlich campierten. Zu DDR-Zeiten zählte der Platz bis zu 10.000 Besucher täglich. Stammgäste wie Harald und Marina Gie aus Berlin, die seit über 30 Jahren kommen, buchten auch in dieser Saison ihren gewohnten Platz 139 am Waldrand für etwa 3000 Euro für sechs Wochen. Sie schätzen die Sonne, den Windschutz und den Platz für ihr Vorzelt.
Besonders hervorzuheben ist auch die FKK-Kultur, die in bestimmten Bereichen des Platzes „gelebt wird“ und als „Kulturgut“ empfunden wird, das es zu schützen gilt.

Neue Angebote wie möblierte Mietzelte aus Mischgewebe und Alustangen, die schnell und von einer Person aufgebaut werden können, sollen das Angebot erweitern.

Pfingsten: Der große Ansturm
Am Pfingstfreitag waren 178 Plätze gebucht, was fast 500 Gästen entsprach. Trotz aller Anstrengungen gab es noch letzte Hürden. Martin Rieger musste die Liefer-LKWs manuell auf das Gelände lassen, und selbst am Anreisetag gab es noch Notfälle wie einen Stromausfall auf Parzelle 1063, den Platzwart Daniel Mann persönlich beheben musste. Das neue Schrankensystem, das über einen PIN-Code funktionierte, war für viele neu.

Julia Otto, Rezeptionistin und gelernte Industriekauffrau, die normalerweise nur Büros kannte, hat für die Saison bis Oktober angeheuert und lebt nun selbst auf dem Platz. Sie schätzt das minimalistischere Leben: „Man ist mit viel weniger zufrieden, es erdet ein“. Auch für Falco Junghans und seinen Sohn Janosch aus Berlin, die für 40 Euro pro Nacht in einem kleinen Zelt campierten, ist der Platz in den Dünen einfach „wunderschön“.

Innerhalb von knapp zwei Monaten hat das neue Betreiberteam den in die Jahre gekommenen Platz in ein funktionierendes Campingparadies verwandelt. Die Bemühungen, das urige und charaktervolle Ambiente zu bewahren, statt ein „perfektes Gebäude“ am Strand zu errichten, wurden von den Beteiligten als Erfolg gewertet. Martin Rieger drückte die Erfahrungen der Anfangszeit in einem mit KI komponierten Song aus, der den Neustart, die neuen Gesichter und die gesellige Stimmung am Prerower Kult-Zeltplatz besingt.