Ein Blick in die Vergangenheit der Automobilgeschichte führt uns zum Wartburg 353, einem PKW „moderner Konzeption“ aus dem Automobilwerk Eisenach. Eine vom Service Abteilung des Herstellers erstellte Video-Bedienungsanleitung gibt nicht nur detaillierte Fahrtipps, sondern ist auch ein faszinierendes Dokument einer Zeit, in der es „zum normalen Alltag gehörte, dass auch Frauen ein Auto fahren werden“. Dieses „schöne Stück Zeitgeschichte“ zeigt, wie man „ungetrübte Freude am Auto durch ständige Betriebsbereitschaft und langer Lebensdauer“ sicherstellte.
Der Wartburg 353 wurde als PKW entwickelt, der „aktive Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Bedienungs- und Fahrkomfort“ bietet. Bevor die Fahrt begann, galt es, sich richtig einzurichten: mit ausgestreckten Armen und guter Sicht auf Tachometer, Kilometerzähler, Temperaturanzeige und Tankanzeige.
Um die volle Zugkraft des drehfreudigen Motors auszunutzen, wurde das Ausfahren der einzelnen Gänge nach optimalen Drehzahlbereichen empfohlen. Die richtige Betriebstemperatur des Motors – „blau bedeutet zu kalt, weiß normal, rot zu warm“ – war dabei stets zu überwachen. Besonders für Anfänger wurde Ruhe bewahrt und zum Anhalten am Fahrbahnrand geraten, falls Probleme auftraten. Die Schaltung des Wartburg 353 wurde als unkompliziert beschrieben: der erste Gang wird herangezogen und nach oben gelegt, der zweite glatt heruntergezogen, der dritte zum Leerlauf und nach oben
, und der vierte glatt herunter. Der Rückwärtsgang wird durch Herausziehen des Hebels, Heranziehen und nach oben Legen eingelegt.
Überholvorgänge sollten im dritten Gang durchgeführt werden, um das Drehmoment optimal zu nutzen und den Vorgang zu verkürzen. Während der Einfahrzeit bis 1000 km war „übertriebene Vorsicht nicht notwendig“, doch sollte Vollgas, Untertouriges Fahren oder das Hochjagen des Motors im Leerlauf vermieden werden. Bei längeren Kolonnenfahrten war es ratsam, eine konstante Gaspedalstellung zu vermeiden. Ein besonderes Merkmal des Wartburg war sein Freilauf, der es ermöglichte, das Fahrzeug nach Erreichen der gewünschten Geschwindigkeit rollen zu lassen, was als bequem empfunden wurde. Beim Anfahren war stets der erste Gang einzulegen, und die Kupplung musste erst kurz vor dem Stand getreten werden. Es wurde dringend davon abgeraten, zu früh in höhere Gänge zu schalten – „bei 60 km/h in den vierten Gang, das ist zu früh“. Stattdessen sollten die Gänge zügig ausgefahren werden. Eine zu niedrige Motordrehzahl führte zu vorzeitigem Verschleiß, hohem Kraftstoffverbrauch und schädlichen Abgasen. Bei steilen Talfahrten konnte der Freilauf durch leichtes Gasgeben und Betätigen eines Hebels gesperrt werden, zur Sicherung der Motorschmierung war kurzzeitig Gas zu geben. Die Sperre wurde durch Gaswegnehmen und Zurückziehen des Hebels gelöst.
Der 44 Liter fassende Tank bot bei Erreichen der roten Markierung noch etwa 13 Liter, und bei Nullstellung eine Reserve für circa 30 km. Als Kraftstoff wurde ein Mischungsverhältnis von 1:50 empfohlen, um verölte Zündkerzen zu vermeiden und umweltfreundlicher sowie ökonomischer zu fahren. Wichtige Selbstkontrollen umfassten die Keilriemenspannung und den Flüssigkeitsstand im Kühlmittelbehälter. Bei Temperaturen unter 0° und starkem Regen sollte mit geschlossener Jalousie gefahren werden. Bei Problemen mit der Biluxlampe wurde darauf hingewiesen, diese am Sockel anzufassen, um Fettflecken auf dem Glaskörper zu vermeiden, die Reflektoren blind machen könnten. Die obligatorischen Garantiedurchsichten waren bei 1000 km und 10.000 km, danach alle 10.000 km oder einmal jährlich fällig.
Diverse Schalter steuerten die Fahrzeugfunktionen: ein Mehrfunktionsschalter für Blinker (links/rechts), Lichthupe (heranziehen) und Hupe (wegdrücken). Fernlicht wurde ebenfalls über diesen Schalter in Verbindung mit dem Lichtdrehschalter bedient. Eine Zusatzverstellung der Scheinwerfer war für Vollladung oder Fahrten mit nur zwei Personen vorgesehen. In der Parkstellung des Lenkradschlosses konnte das Parklicht rechts oder links eingeschaltet werden, um Strom zu sparen. Ein Kippschalter diente der Gebläsebedienung. Für Notfälle gab es einen Warnblinkschalter, der alle vier Blinkleuchten gleichzeitig aktivierte. Eine Kindersicherung für die hinteren Türen konnte von innen gesichert werden, während die Tür von außen geöffnet bleiben konnte.
Der Wartburg bot eine hohe Transportkapazität. Die Ladefläche konnte durch Lösen von Schnellspannverschlüssen an der Sitzbank und Knöpfen an der Rückenlehne vergrößert werden, um beide Teile in eine waagerechte Stellung zu bringen. Unter dem Zwischenboden war das Reserverad untergebracht, und unter Klappen rechts und links befanden sich Wagenheber, Radkurbel, Bordwerkzeug und Glühlampenkasten. Das Dach durfte mit 50 KP (40 KP bei Schiebedachausführungen) beladen werden. Schwere Gegenstände gehörten vor die Hinterachse, wobei die zulässigen Achslasten nicht überschritten werden durften. Anhängerbetrieb war erst nach 3000 km Laufleistung gestattet.
Für die Lackpflege wurde in den ersten drei Monaten nach dem Kauf kaltes Wasser ohne Zusätze empfohlen, da der Lack erst nach dieser Zeit aushärtete und die Verwendung von Waschzusätzen und Lackpflegemitteln erlaubte. Eine fünfstufige Scheibenwisch- und Waschanlage unterstützte bei Regen. Der Frontantrieb des Wagens bot einen besonderen Vorteil, da er das Fahrzeug „sicher durch jede Kurve“ zog, wobei bei Geschwindigkeitsreduzierung vorher abgebremst werden sollte. Das selbstständige Beherrschen eines Reifenwechsels wurde als vorteilhaft erachtet.
Der Film vom Automobilwerk Eisenach war ein detaillierter Begleiter für jeden neuen Wartburg-Besitzer. Die „Automobilbauer aus Eisenach“ testeten ihre Fahrzeuge unter härtesten Bedingungen und widmeten diesen Film ihren Kunden, „damit sie die Gebrauchswerteigenschaften unserer Fahrzeuge besser nutzen können“. Sie wünschten allen eine „gute Fahrt“, in der Überzeugung, dass sich selbst Anfänger nach kurzer Zeit im Wartburg wie zu Hause fühlen würden. Ein bemerkenswertes Dokument, das nicht nur technische Anweisungen lieferte, sondern auch einen Einblick in die sich wandelnden gesellschaftlichen Normen der Mobilität gab.