Chemnitz/Pößneck – Ein Wartburg 311 Coupé an jeder Straßenecke? Fehlanzeige. Genau diese Seltenheit weckte den „animalischen Instinkt“ in Thomas von Thomas IFA Garage. Inspiriert von kurzen YouTube-Aufnahmen eines umgebauten 311 Coupés, beschloss er, ein solches Fahrzeug zu besitzen. Doch was als Leidenschaft begann, entpuppte sich schnell als Odyssee voller Herausforderungen, die seinen Horizont erweiterten und ihn zu unkonventionellen Lösungen zwangen.
Die Jagd nach dem Unauffindbaren
Die Suche nach dem Traumauto gestaltete sich schwierig. Weder auf Mobile.de noch in gängigen Online-Shops wurde er fündig, denn „es gab einfach keins“. Seine Hartnäckigkeit zahlte sich jedoch aus: Eine Suchanzeige auf Kleinanzeigen führte ihn zu einem älteren Herrn in der Nähe von Chemnitz, der tatsächlich ein Coupé besaß. Ohne tiefgehende Kenntnisse über das Modell, aber mit dem Wissen um dessen Seltenheit, ergriff Thomas die Gelegenheit und kaufte das Auto – zu einem stolzen Preis, denn „Angebote Nachfrage, ja wenn es nicht Standard ist, ist es meistens teuer“.
Faszination und Ernüchterung
Die Begeisterung für das Coupé war vom ersten Moment an da. Besonders die „vielen Sonderbauteile“ im Vergleich zur Limousine, wie die nach hinten geneigten A- und C-Säulen und die einzigartige zweifarbige Lackierung mit der „Sinuskurve“, faszinierten ihn. Doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße, als er feststellte, dass die Ersatzteilversorgung für einen 311er, insbesondere das Coupé, eine gänzlich andere Herausforderung darstellte. Einzelteile wie 200mm Scheinwerfer, die frühe Coupés und der Wartburg 313 Sport besaßen, waren praktisch nicht aufzutreiben.
Ein Projekt voller Hürden
Trotz der Widrigkeiten begann Thomas das Projekt klassisch: Das Auto sollte tiefer und breiter werden und auf „moderne“ Technik umgerüstet werden. Tom von Custom Wheels fertigte spezielle 7×17 Felgen mit 185/30/17 Reifen an, während Robin und Marie von Strahlwerk Delux aus Pößneck sich um das Sandstrahlen und Grundieren des Chassis kümmerten. Thomas selbst entrostete das Fahrgestell in mühevoller Handarbeit.
Die größte Hürde stellte jedoch die Suche nach Fachleuten dar. Einen bezahlbaren Klempner mit Zeit und Lust für ein 311er Coupé in Deutschland zu finden, erwies sich als schier unmöglich. Ein Tipp aus seiner WhatsApp Coupé Gruppe führte ihn schließlich nach Polen, wo die Karosse instand gesetzt wurde.
Doch dann kam das Leben dazwischen: „Frau, Kind, Haus und bei mir kam dann irgendwie noch eine Selbstständigkeit dazwischen“, erzählt Thomas. Das Projekt, das bereits enorme Mengen an Geld und Zeit verschlungen hatte, rückte in den Hintergrund. Auch die Suche nach einem Lackierer, der sich des zweifarbigen Coupés annehmen wollte, war eine Sisyphusarbeit. Ein Lackierer, der gleichzeitig Klempner war, gab ein „vernichtendes“ Urteil über die polnische Karosserie ab – aus Thomas‘ Sicht unbegründet – und meldete sich später nicht mehr.
Der Meilenstein der Ungeduld
Thomas‘ größte Schwäche, seine Ungeduld, führte zu einem entscheidenden Wendepunkt. Durch Kontakte aus seiner WhatsApp Coupé Gruppe erwarb er ein bereits lackiertes und gesatteltes Chassis, das ursprünglich für 6 Volt gebaut war. Diese Entscheidung, die nicht bei allen Freunden auf Gegenliebe stieß, ermöglichte es ihm, das Projekt entscheidend voranzutreiben und „einfach den Meilenstein zu machen, den ich für meine Ungeduld und mein Vorhaben mit diesem Auto einfach am Ende gehen musste“.
Moderne Technik und persönliche Akzente
Das Coupé wurde auf 12 Volt umgebaut, die Blattfedern angepasst und ein 50 PS starker 353er Motor mit Doppelgelenk-Antriebswellen, Schikov-Vergaser und 353er Luftfiltertopf integriert. Besondere Aufmerksamkeit legte Thomas auf die Zuverlässigkeit für „Sonntagstrips“: elektronische Zündung, moderne Lichtmaschine und Anlasser kamen zum Einsatz – alles im Sinne eines „optimierten Serienzustands“.
Auch optisch wurde das Fahrzeug individualisiert. Frühe Käferfelgen wurden umgebaut und mit Porsche-Radkappen sowie dem Eisenacher Emblem des Lenkrads verziert. Der Innenraum spiegelt das „Schwarz-Weiß-Grobe Thema“ wider: 12-Volt-Silberpunktinstrumente, schwarzes Lenkrad, schwarze Lenksäule und Armaturenbrett mit Chromakzenten. Selbst bei den Spiegeln wich Thomas vom Original ab und entschied sich für symmetrische Spiegel auf beiden Seiten und einen neu aufgelegten, kleinen Rückspiegel mit verchromtem Rahmen.
Das Auspuffsystem, bestehend aus Flexrohr, zwei Universal-Schalldämpfern und einer Zigarre vom 353er, endet bewusst unterm Auto, um die Felgen nicht zu verschmutzen.
Eine Hommage an vergessene Schönheit
Für Thomas ist das Coupé mehr als nur ein Auto. Es ist eine „richtige Bude“, keine „Presserkarre“, sondern „dieses hundange, riesengroß wirkende Auto mit dieser einen gefühlt 2,50m langen Tür“. Es soll ihn und seine zukünftige Frau zum Altar fahren. Er bedauert, dass viele Menschen bei „DDR und Fahrzeuge“ nur „Grau in Grau“ oder verrostete Fahrzeuge assoziieren, wo doch „so wunderschöne Autos damals gebaut wurden“. Sein Ziel und das der Community ist es, diese Klassiker wieder auf die Straße zu bringen und zu zeigen, was „auch in der Zone“ möglich war.
Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen – Frontscheibe, Himmel und viele kleine Baustellen warten noch. Doch für den Moment ist Thomas zufrieden mit dem Ergebnis seiner Arbeit, die seit 2019 andauert. Die komplette Aufbauhistorie seines Wartburgs ist auf seinem YouTube-Kanal „Thomas IFA Garage“ dokumentiert.