Berlin, Juni 1953 – Der 17. Juni 1953 markierte einen Wendepunkt in der jungen Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Hunderttausende Menschen gingen landesweit auf die Straßen, stürmten Regierungsgebäude und forderten Freiheit und bessere Lebensbedingungen. Dieser Aufstand, der von sowjetischen Panzern blutig niedergeschlagen wurde, offenbarte die tiefe Unzufriedenheit in der Bevölkerung und zwang das Regime zu einer Neuausrichtung seiner Sicherheitsorgane.
Unzufriedenheit unter dem Diktatur-Regime Die DDR und die sowjetische Besatzungszone hatten sich über Jahre zu einer Diktatur entwickelt. Die anfängliche Hoffnung der Bevölkerung auf freie Wahlen war enttäuscht worden, was zu einer grundlegenden Unzufriedenheit mit dem politischen System führte. Diese Unzufriedenheit verschärfte sich ab dem Sommer 1952 drastisch, als die SED-Führung begann, harte politische und repressive Maßnahmen zu ergreifen.
Der unmittelbare Auslöser des Juni-Aufstandes war jedoch eine Normenerhöhung, die dekretiert wurde und de facto einer Lohnsenkung auf breiter Ebene entsprach. Obwohl die SED-Führung nach Stalins Tod unter dem Druck Moskaus stand, einen milderen Kurs einzuschlagen, hielt sie an der umstrittenen Normenerhöhung fest – ein Festhalten, das den Konflikt eskalieren ließ.
Vom Baustellenstreik zur Massendemonstration Die Initialzündung für den Aufstand kam aus Berlin. Bereits am Montag, dem 15. Juni, traten Arbeiter auf einigen Baustellen in den Streik. Sie verfassten eine Resolution an die Regierung, die ultimativ die Zurücknahme der Normenerhöhung forderte. Die SED-Regierung reagierte nicht auf diese Forderung.
Als Reaktion darauf wurde am folgenden Tag, dem 16. Juni, auf den genannten Baustellen erneut gestreikt. Die überwiegend aus Bauarbeitern bestehende Demonstration wuchs stetig an und erreichte schließlich am Nachmittag das Haus der Ministerien, den damaligen Sitz der DDR-Regierung. Eine Abordnung der Demonstranten suchte daraufhin den Sender RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) in West-Berlin auf und erreichte, dass ihre Forderungen über den Äther verbreitet wurden. Diese Sendung spielte eine entscheidende Rolle für die Mobilisierung am darauffolgenden Tag.
Der 17. Juni: Land in Aufruhr Am 17. Juni strömten Hunderttausende auf die Straßen. Das Haus der Ministerien wurde noch am Vormittag gestürmt. Die Streik- und Aufstandsbewegung breitete sich rasch über die gesamte DDR aus, insbesondere über die Mitte und den Süden des Landes. Es entstanden zahlreiche Aufstandszentren, und die Sicherheitsorgane der DDR, einschließlich der damals noch sehr kleinen und auf Agentenbekämpfung fokussierten Stasi, waren völlig überfordert und nicht informiert. Die Stasi merkte erst mit dem Beginn der Demonstrationen, dass sie sich um die Lage kümmern musste.
Die entscheidende Intervention kam schließlich von den Sowjets. Ab dem Mittag des 17. Juni riefen sie in Berlin und anderen Aufstandszentren den Ausnahmezustand aus und ließen Panzer rollen, um den Aufstand niederzuschlagen.
Folgen für die Staatssicherheit Die Ereignisse des 17. Juni hatten auch gravierende Konsequenzen für die DDR-Führung und insbesondere für die Staatssicherheit. Der Minister für Staatssicherheit wurde entlassen und als Politbüromitglied gestürzt. Die Stasi wurde im Anschluss neu organisiert. Eine der wichtigsten Neuerungen war, dass die Stasi ab dem 17. Juni begann, täglich über die Lage in der DDR und die Stimmung der Bevölkerung an die politische Führung zu berichten. Diese Berichtsreihe setzte sich bis zum Dezember 1989 fort und prägte die Arbeitsweise der Staatssicherheit für die kommenden Jahrzehnte.