Ralf Kurpiers‘ Kampf gegen die Unmenschlichkeit der DDR

Ralf Kurpiers, geboren am 9. Februar 1949 in Berlin-Prenzlauer Berg, führte in der DDR ein wirtschaftlich erfolgreiches Leben, das jedoch stark von der fehlenden Freiheit und den Repressalien des Staates überschattet war. Trotz seiner beruflichen Erfolge und eines guten Einkommens als Bäcker, Kraftfahrer und Kfz-Elektriker, war er zutiefst unzufrieden darüber, dass er nicht reisen konnte, um seine im Westen lebende Verwandtschaft zu besuchen.

Ein einschneidendes Erlebnis war der Tod seiner schwer kranken Mutter. Sie war 1966 zu ihrer Schwester nach West-Berlin gereist, da sie reisen durfte. Dort starb sie mit dem Wunsch, ihre Familie noch einmal zu sehen, was ihr vom Staat verweigert wurde. Von diesem Moment an entwickelte Kurpiers einen tiefen Hass auf die Regierung und den Staat der DDR.

Dieser Hass mündete in konsequentem Widerstand: Er verweigerte dem Staat die Kooperation. Seine Kinder traten weder den Pionieren noch der FDJ bei. Für ihn war die „Unmenschlichkeit“ des Staates der schlimmste Vorwurf, den er erheben konnte. Ab 1979, nachdem er einen Ausreiseantrag gestellt hatte, begann die Schikane am Arbeitsplatz. Man versuchte, ihn zur Rücknahme des Antrags zu zwingen, und er wurde vom Taxifahrer zum Heizer degradiert. Auch seine Frau verlor ihre Stelle als Chefsekretärin aufgrund des Ausreiseantrags.

Ralf Kurpiers und seine Familie wurden daraufhin ständig von der Stasi überwacht. Sie bemerkten, dass ihre Wohnung durchsucht wurde, indem sie kleine Markierungen setzten. Ihre Telefonate wurden abgehört. Normale Post ging über die Stasi; andere Postkopien wurden über einen Diplomaten nach West-Berlin geschmuggelt, sodass der Westen über ihre Aktivitäten informiert war.

Am 5. September 1989 wurde Ralf Kurpiers verhaftet. Der vorgeschobene Haftgrund war angeblicher großangelegter Diebstahl sozialistischen Eigentums – ein Vorwurf, der nach seinen Worten „so simpel und so dumm“ war und vor Gericht nicht haltbar war. Die tatsächliche Begründung lag in seinen Ausreiseanträgen und seinem Widerstand, was unter den weit gefassten Paragraphen 216 fiel, der Handlungen gegen den Staat der DDR abdeckte, einschließlich Republikflucht. Später stellte sich heraus, dass von der Stasi als Beweismittel vorgelegte Bilder gefälscht waren.

Die Zeit seiner Inhaftierung von Anfang September bis Ende November 1989 war von Leid geprägt. Er durchlief alle Haftanstalten Berlins, darunter Rummelsburg, Keibelstraße, Rödersplatz und die Stasi-Haftanstalt Großbeerenstraße. Die Zeit in Großbeerenstraße beschreibt er als die schlimmste. Dort wurde er an ein Metallbett gefesselt, konnte sich nicht selbst versorgen und erhielt nur einmal am Tag etwas zu essen. Die Verhöre dauerten bis zu 12 Stunden, wobei er unter anderem mit dem Kopf an der Wand stehen musste. Diese Erlebnisse führten zu bleibenden Gesundheitsschäden an Augen und Psyche. Ein Staatsanwalt bedrohte seine Frau damit, ihr die Kinder wegzunehmen.

Besonders erschütternd war eine spätere Entdeckung in seinen Stasi-Unterlagen. Ein Dokument wies an, dass seine Frau im Falle ihrer Auffindung „nicht festzunehmen, sondern sofort zu liquidieren“ sei. Dies erfuhr er erst nach ihrem Tod. Zudem wurde seine Frau von ihrem damaligen Verlobten an die Stasi verraten.

Ralf Kurpiers wurde am 27. November 1989 aus der Haft entlassen, kurz nach der Grenzöffnung. Er erhielt die Auflage, sofort wieder seine Arbeit aufzunehmen. Am 2. April 1990 erfolgte dann die Ausweisung aus der DDR als „unerwünschte Person“. Er musste Berlin innerhalb von zwei Stunden verlassen. Seine Frau und die vier Kinder waren bereits im Februar 1990 ausgewiesen worden.

In Lüneburg baute sich die Familie ein neues Leben auf. Sie wurden zunächst als DDR-Übersiedler in einem Krankenhaus untergebracht und erhielten später über die Vermittlung der Behörden und der Presse ein Haus. Trotz der Schwierigkeiten und dem Gefühl, auch im Westen nicht immer willkommen zu sein, bereut Ralf Kurpiers seinen Widerstand gegen die DDR-Obrigkeit nicht. Er sagt: „sowas darf man sich nicht bieten lassen“. Die Erlebnisse in der Haft waren extrem belastend; Stasi-Unterlagen weisen sogar eine Phase aus, in der er auf einer Krankenstation als „tot“ vermerkt ist, woran er sich selbst nicht erinnern kann.

Das Leben von Ralf Kurpiers und seiner Familie wurde durch das Regime der DDR stark geprägt und teilweise zerstört. Seine Geschichte, festgehalten in umfangreichen Stasi-Akten, ist ein Zeugnis des persönlichen Leids und des Muts, der nötig war, um sich gegen ein unmenschliches System aufzulehnen.

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