Jenaer Jugendstudie zeichnet gemischtes Bild – Soziale Herkunft zählt mehr als ethnische

Die Stadt Jena hat in Zusammenarbeit mit dem Organisationsberatungsinstitut Thüringen – ORBIT e.V. die „Jenaer Kinder- und Jugendstudie 2024“ durchgeführt, um die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 18 Jahren umfassend zu beleuchten. An der quantitativen Online-Befragung, die vom 14. Oktober 2024 bis zum 31. Januar 2025 stattfand, nahmen 1.373 Schülerinnen und Schüler teil. Die Stichprobe gilt, gewichtet nach Planungsraum, Alter und Geschlecht, als repräsentativ für die Zielgruppe. Die Ergebnisse, vorgestellt bei einer gemeinsamen Sitzung verschiedener Ausschüsse und des Jugendparlaments, liefern wichtige Daten für die kommunale Planung, unter anderem für den Kinder- und Jugendförderplan.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

Sinkende Lebenszufriedenheit und steigende psychische Belastung: Im Vergleich zu den Studienjahren 2014 und 2017 ist die Lebenszufriedenheit der Jugendlichen in Jena gesunken. Nur noch 47,4% gaben 2024 eine hohe Zufriedenheit an, verglichen mit 53,8% im Jahr 2014. Gleichzeitig ist die psychische Belastung von Schülerinnen und Schülern stark gestiegen. Psychische Belastung wird als Untersuchungsmerkmal genannt, und es gibt deutliche Unterschiede bei der Lebenszufriedenheit und psychischen Belastung zwischen den verschiedenen Planungsräumen Jenas. Rund 14% der Befragten fühlen sich seit der Pandemie psychisch besonders belastet, weitere 21% zumindest teilweise. Aktuell geben 21% an, sich psychisch stark belastet zu fühlen.

Einfluss der finanziellen Situation: Die finanzielle Lage beeinflusst unter anderem die Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Jugendliche in Lobeda und Winzerla geben seltener an, sich alles leisten zu können, was sie wollen, als der Durchschnitt.

Demokratie und Mitbestimmung: Während eine Mehrheit von 69% die Demokratie für die beste Staatsform hält, stimmen 17% der Aussage zu, dass die Anliegen der Menschen in unserer Demokratie nicht mehr vertreten werden. Fast die Hälfte (49,6% Zustimmung oder teils/teils) ist der Meinung, dass sich die Menschen politisch stärker engagieren sollten. Jugendliche wünschen sich mehr Mitbestimmung insbesondere bei den Themen Öffentlicher Nahverkehr (43,1%), Gestaltung öffentlicher Orte (37,4%) und Sportmöglichkeiten (36,6%). Als Unterstützung zur besseren Einbringung ihrer Meinung nennen sie Freunde, die mitmachen, mehr Zeit und mehr Gelegenheiten [Quelle nicht in den vorliegenden Ausschnitten]. Das Vertrauen ist am größten bei der Wissenschaft (62,8% großes Vertrauen) und der Justiz (36,2% großes Vertrauen), am geringsten bei Parteien (5,5% großes Vertrauen) und Neuen Medien (3,1% großes Vertrauen).

Problemlagen und Hilfesuche: Die Studie erfragte den Konsum von Alkohol (40,5% Konsum), Zigaretten (19,5% Konsum) sowie E-Zigaretten/Vapes (18,8% Konsum) und Cannabis (12,7% Konsum). Ein deutlicher Wunsch nach mehr Aufklärungsangeboten an den Schulen zu diesen Themen besteht. 37,0% der Jugendlichen spüren noch heute Auswirkungen der Corona-Pandemie, vor allem in den Bereichen Schule (63,4%), Gesundheit (33,7%) und Sozialverhalten (29,4%). Bei Problemen wenden sich Jugendliche am häufigsten an ihre Familie (71,8%) und Freunde (66,6%). Lehrkräfte (13,0%) oder Schulsozialarbeiter*innen (7,7%) werden deutlich seltener kontaktiert. 11,8% geben an, Probleme allein zu klären.

Berufliche Orientierung: Berufliche Sicherheit spielt für einen Teil der Befragten eine große Rolle. Rund 42,2% informieren sich bereits über mögliche Berufe, aber nur 29,7% wissen schon genau, was sie später machen wollen. Viele (44,2%) möchten beruflich einiges ausprobieren. Nach der Schule planen die Jugendlichen am häufigsten ein Studium (30,5%) oder eine Ausbildung/Lehre (29,8%). Berufsinformationsangebote werden nicht automatisch als hilfreich empfunden, nur weil sie genutzt werden.

Weitere Erkenntnisse: Die Ablehnung bestimmter Personengruppen ist eher durch soziale als durch ethnische Zuschreibung geprägt. Am meisten stört es Jugendliche, wenn eine deutsche Familie, die von Hartz IV lebt (24,3%), oder eine deutsche Familie mit vielen Kindern (21,7%) in die Nachbarwohnung ziehen würde.

Die Studie hebt auch positive Aspekte hervor: Jenaer Kinder und Jugendliche sind überdurchschnittlich sportlich aktiv und gestalten ihre Freizeit häufiger in Gemeinschaft statt allein. Zudem nutzen junge Menschen in allen Planungsräumen die Angebote der Jugendtreffs.

Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, Jugendhilfeangebote und Beteiligungsformate für junge Menschen zu verstetigen und weiter auszubauen. Die Rückmeldungen zum Umgang mit sozialen Medien und Drogen deuten darauf hin, dass bestehende Aufklärungsangebote fortgeführt und durch präventive Projekte zur Stärkung sozialer Kompetenzen ergänzt werden sollten.

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