Bad Saarow – Das zehnjährige Jubiläum des Ostdeutschen Wirtschaftsforums (OWF) bot in diesem Jahr nicht nur Anlass zum Feiern, sondern auch ein Podium für Kritik an den großen Gesten und kleinen Inhalten in Manuela Schwesigs Grußwort. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern pries das Forum als „Daos des Ostens“ – Bodenständigkeit und Klarheit seien dessen Markenzeichen. Doch was bleibt, wenn die Symbolkraft verblasst?
Aufbauleistung ja, doch der Blick bleibt zu eng
Schwesig erinnerte an die schweren Anfangsjahre nach 1990 und würdigte die „enorme Kraftanstrengung“ zahlloser Unternehmerinnen und Unternehmer. Doch ihre Rede verfehlte eine differenzierte Auseinandersetzung mit den tiefen Ursachen heutiger Probleme: Abwanderung junger Fachkräfte, Sparzwänge in ländlichen Kommunen und mangelnde Innovationsnetzwerke. Stattdessen malte sie das Bild einer nahezu abgeschlossenen Erfolgsgeschichte – ein Narrativ, das die akutsten Sorgen vieler Mittelständler verkennt.
Ost-Interessen versus Gesamtstrategie
Unbestritten ist, dass Ostdeutschland noch immer bei Löhnen, Vermögen und Wirtschaftsstruktur hinter dem Westen zurückbleibt. Schwesig forderte deshalb eine stärkere „ostdeutsche Perspektive“ im Bundesdiskurs und verglich ihre Region mit dem selbstbewussten Auftreten Bayerns. Doch solche Parallelen riskieren neue Gräben: Eine nachhaltige Wirtschaftspolitik darf nicht in Regionalegoismen erstarren, sondern muss Brücken zu anderen strukturschwachen Regionen schlagen.
Die „drei 100-Tage-Forderungen“ – viel Pathos, wenig Plan
Im Zentrum von Schwesigs Appell standen drei Forderungen an die künftige Bundesregierung:
- Energiekosten senken: Sie plädierte für Investitionen in Netzausbau und eine Entkopplung des Strompreises vom Gas. Doch bleibt offen, wie internationale Marktregeln oder EU-Vorgaben in Einklang gebracht werden sollen.
- Bürokratie abbauen: Am Beispiel des Lieferkettengesetzes kritisierte sie Überforderung selbst kleiner Firmen. Konkrete Alternativmodelle für eine sozial-ökologische Unternehmensverantwortung blieben jedoch aus.
- Sondervermögen für Investitionen: Schwesig lobte das geplante Infrastruktur-Sondervermögen. Doch ohne klare Prioritäten – etwa zwischen digitaler Netzausbau, Schulen oder Gesundheitswesen – droht die Verzettelung der Mittel.
Chancen im Ostseeraum – realistische Perspektive oder wohlfeiles Schlagwort?
Positiv bewertete Schwesig die Wirtschaftsoptionen im demokratischen Ostseeraum, der bereits heute mehr Handelsvolumen mit Deutschland aufweise als China. Doch auch hier fehlte eine Roadmap: Welche Branchen sollen gefördert werden? Welche Logistikinvestitionen sind nötig? Ohne konkrete Strategiepapiere bleibt der Blick nach Norden vielmehr ein wohlfeiles Schlagwort.
Forderungspakete statt Fahrplan
Ministerpräsidentin Schwesig hat am Podium des OWF wichtige Themen angesprochen und ostdeutschen Mittelständlern eine starke Bühne geboten. Doch entgegen der Hoffnung auf handfeste Reformen bleiben Forderungen und Appelle überwiegend symbolisch. Die Wirtschaftswende in Ostdeutschland braucht keinen leeren Pathos, sondern einen präzisen Fahrplan – mit klar definierten Maßnahmen, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten. Bis dahin droht das Jubiläum des Forums eine Feier leerer Versprechen zu bleiben.