In den Werkshallen der DDR von 1976 galt der Beruf des Schuh-Facharbeiters als Synonym für höchste Handwerkskunst und technische Präzision. An einem einzigen Arbeitstag wurden hier, in einem minutiös organisierten Fließsystem, Schuhe gefertigt – ein Prozess, der rund 120 einzelne Arbeitsschritte umfasste und sowohl Geschick als auch Erfahrung erforderte.
Schon zu Beginn des Fertigungsprozesses standen die Stanzen im Mittelpunkt: Mit speziellen Messerformen wurden unterschiedlichste Lederteile – von Schaft über Sohle bis hin zu Absatz – präzise ausgeschnitten. Diese Arbeit verlangte ein hohes Maß an Können, da aus wertvollem Leder möglichst wenig Verschnitt entstehen durfte. Anschließend folgte die Bearbeitung der gestanzten Teile: Mit Sorgfalt wurden Kanten geschärft und das Material durch gezielte Spaltungen weiter bearbeitet, um optimale Voraussetzungen für die spätere Montage zu schaffen.
Während der Schaftmontage überwogen weibliche Facharbeiterinnen, deren feinmotorische Fertigkeiten und Ausdauer entscheidend dafür sorgten, dass Vorder- und Hinterteil des Schuhs, sowie der Futterschaft mit dem Oberschaft präzise zusammengefügt wurden. Jede Naht, jede Fuge musste exakt stimmen, denn nur so konnte der Schuh später nicht nur optisch überzeugen, sondern auch funktional den Alltag begleiten.
Die Bodenmontage, in der der Schaft auf einen Leisten gelegt und individuell behandelt wurde, übernahm überwiegend das männliche Fachpersonal. Trotz modernster Maschinen – von Spezialnähmaschinen bis hin zu Klimatisierungsanlagen – blieb hier die traditionelle Handarbeit unersetzlich, um den Schuh in seiner finalen Form zu gestalten. Präzision und Geduld waren unerlässlich, denn kleinste Abweichungen hätten den gesamten Schuh unbrauchbar gemacht.
Der gesamte Herstellungsprozess spiegelte den hohen Anspruch an Qualität wider. Von der ersten Stanze bis zur abschließenden Kontrolle und Aufbereitung des fertigen Produkts, stand im Fokus, dass jedes Paar Schuhe den Ansprüchen der Käufer gerecht wurde – robust, modisch und passgenau. So wurden Schuhe nicht mehr nur als schützende Fußbekleidung betrachtet, sondern als stilvolles Accessoire, das die Persönlichkeit seines Trägers unterstreicht.
Dieser Beitrag zeichnet ein lebendiges Bild eines Berufs, der Tradition und Moderne miteinander verband – ein Zeugnis für die Kunst des Schuhhandwerks in einer Ära, in der Präzision und Fachwissen noch Hand in Hand gingen.