Neuzelle im Aufbruch: Zisterzienser erwecken alte Klostertradition zu neuem Leben

In Neuzelle, wo einst kirchliche Besitzungen im Zuge der preußischen Auflösung verloren gingen, schlägt nun ein neues Kapitel der Spiritualität und Gemeinschaft auf. Sechs Jahre nach der Abwesenheit kehren die Zisterzienser – die einst im 13. Jahrhundert dieses Gebiet prägten – zurück, um mit ihrer jahrhundertealten Lebenskunst das Klosterleben neu zu entfachen und der Region frischen Wind zu verleihen.

Ein historischer Neuanfang
Die Wiederansiedlung der Zisterzienser in Neuzelle ist mehr als ein religiöser Akt: Sie stellt eine symbolische Rückkehr zu den Wurzeln dar. Vor rund 200 Jahren wurde das ursprüngliche Kloster aufgelöst und das kirchliche Eigentum verstaatlicht. Heute tritt der Orden mit einem klaren Bekenntnis zu Tradition und Beständigkeit auf – ein Kontrast zu den oft flüchtigen Erscheinungen der modernen Zeit. Aus dem renommierten Stift Heiligenkreuz in Österreich entsandt, leben die Mönche nun wieder in Neuzelle und haben sich zu einem Leben in Klausur verpflichtet, das nach dem Motto „Ora et labora“ (Beten und Arbeiten) gestaltet wird.

Aufgaben und Herausforderungen im Alltag
Jeder der entsandten Mönche übernimmt dabei eine spezifische Rolle im vielschichtigen Gefüge der neuen Gemeinschaft:

  • Pater Simeon Wester ist als Prior der geistige Vater und sorgt für das Zusammenwachsen der Brüder.
  • Pater Kilian Müller managt die Finanzen und entwickelt wirtschaftliche Perspektiven, von der Verwaltung der Krankenversicherung bis zur Zukunftsplanung des Klosters.
  • Pater Isa Kefferlein übernimmt das Amt des Pfarrers der örtlichen katholischen Gemeinde und verbindet seelsorgerliche Präsenz mit modernem Unterricht – er unterrichtet sogar an der Grundschule und begeistert die Kinder mit einem humorvollen Ansatz.
  • Pater Aloysius Zierl kümmert sich um den täglichen Haushalt, während Pater Konrad Ludwig in der Seelsorge wirkt und gleichzeitig an seiner Doktorarbeit arbeitet.
  • Persönliche Gründe führen dazu, dass Pater Alberich Fritsche in seine Heimat zurückkehrt.

Doch das klösterliche Leben in Neuzelle ist nicht ohne Hürden. Das derzeit genutzte Pfarrhaus erweist sich als unzureichend, um die stille Klausur zu gewährleisten – laute Feste und touristische Ströme stören den heiligen Rhythmus des Chorgebets. Die Zisterzienser sind daher auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe, die ihre Ansprüche an Stabilitas Logi – eine ewige und beständige Heimat – erfüllt. Während die Landesstiftung, die heute die historischen Klostergebäude besitzt, auf den Erhalt des touristischen Mehrwerts pocht, steht der langfristige Bedarf des Ordens im krassen Widerspruch zu den bestehenden Besitzverhältnissen.

Planung eines Neubeginns: Von Neuzelle nach Treppeln
Angesichts dieser Herausforderungen wurde der mutige Entschluss gefasst: Ein völlig neues Kloster soll entstehen. Die neuen Pläne sehen vor, das zukünftige Kloster im Ortsteil Treppeln zu errichten – rund 10 Kilometer entfernt vom bisherigen Zentrum. Auf einem 75 Hektar großen Gelände, das einst als Sperrgebiet der Staatssicherheit diente, wird ein neuer Bau entstehen, der alten Traditionen mit modernen Standards verknüpft. Symbolisch markiert ein Kreuz aus Eichenholz den Beginn dieses Neubeginns.

Die Bauarbeiten werden in mehreren Phasen ablaufen: Zunächst steht der Neubau der Kirche an, dem das traditionelle Zisterzienserkonzept folgen soll, bevor im weiteren Verlauf die Wohn- und Arbeitsbereiche entstehen. In einem Übergangsprojekt wird zudem der Bernhardshof als temporärer Wohnort für 16 Mönche ausgebaut – ein Ansatz, der bereits jetzt die Vorfreude der lokalen Bevölkerung weckt.

Integration in die Gemeinde und digitale Reichweite
Die Rückkehr der Zisterzienser hat nicht nur das Klosterleben verändert, sondern auch frischen Wind in die Gemeinde Neuzelle gebracht. Die lokale Bevölkerung, die in etwa zu 25 Prozent katholisch geprägt ist, reagiert positiv auf den neuen Impuls. Alteingesessene Familien und regelmäßige Besucher – wie Kerstin und Peter Canarius aus Dresden – nehmen aktiv an den Gebets- und Katechese-Angeboten teil und entdecken den Glauben auf neue Weise. Unterstützt werden die Mönche auch durch Nonnen der Ordensgemeinschaft der Dienerinnen vom Heiligen Blut, die im Mutterkloster Heiligenkreuz eng zusammenarbeiten.

Ein weiteres innovatives Element ist die mediale Präsenz der Zisterzienser. Pater Isa Kefferlein betreibt ein kleines Studio in seinem Zimmer und nutzt Plattformen wie YouTube, um junge Menschen zu erreichen. So konnten bereits zwei junge Männer für den Orden gewonnen werden – ein Beleg dafür, dass Tradition und Moderne harmonisch koexistieren können.

Architektonische Vision und konservative Werte
Der Neubau des Klosters steht auch für eine klare architektonische Vision: Die Anlage wird nach Osten ausgerichtet, um mit der aufgehenden Sonne symbolisch den Beginn eines jeden Tages zu zelebrieren. Der Kreuzgang, der das spirituelle Gebet („Ora“) mit der täglichen Arbeit („Labora“) verbindet, bildet das Herzstück des Entwurfs. Die verwendeten Materialien – überwiegend Backstein und Holz – sollen nicht nur Wärme und Geborgenheit ausstrahlen, sondern auch den jahrhundertealten Traditionen der Zisterzienser gerecht werden.

Die konservative Haltung des Ordens zeigt sich dabei in ihrem selbstverständlichen Anspruch, alte geistliche Werte zu bewahren. In einem Spannungsfeld zwischen traditionellen Prinzipien und den modernen Entwicklungen innerhalb der katholischen Kirche steht die Gemeinschaft fest zu ihren Überzeugungen. Während in anderen Teilen der Kirche progressive Wege eingeschlagen werden, positionieren sich die Zisterzienser als Bewahrer eines reichen geistlichen Erbes, das sie mit klaren Worten und festen Überzeugungen verteidigen.

Ein Blick in die Zukunft
Die Rückkehr der Zisterzienser und der geplante Neubau in Treppeln sind Zeichen eines umfassenden, langfristigen Projekts, das weit über die reine bauliche Erneuerung hinausgeht. Es geht um den Wiederaufbau einer Gemeinschaft, die auf den Säulen der Tradition, des Glaubens und der gemeinsamen Arbeit ruht. Mit der feierlichen Schlüsselübergabe, bei der auch namhafte Persönlichkeiten wie Architektin Tatiana Bilbao anwesend waren, beginnt ein Prozess, der Neuzelle nicht nur spirituell, sondern auch kulturell und sozial neu definieren wird.

Die Mönche, die zurückgekehrt sind, um einen Ort der Stille und Geborgenheit zu schaffen, tragen dabei auch Verantwortung für die Zukunft der Region. In einer Zeit, in der sich althergebrachte Werte und moderne Lebensentwürfe oft in einem Spannungsfeld begegnen, setzen die Zisterzienser ein Zeichen: Ein Zeichen dafür, dass wahre Beständigkeit und tief verwurzelter Glaube auch in der heutigen, schnelllebigen Welt ihren festen Platz haben können.

Mit einem klaren Blick auf die historischen Wurzeln, einer unerschütterlichen Überzeugung und dem Mut, neue Wege zu gehen, steht Neuzelle am Beginn einer Renaissance – einer Renaissance, in der das Klosterleben wieder zu einem zentralen Bestandteil des kulturellen und spirituellen Lebens wird.

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Sahra Wagenknecht: Die Rückkehr geglaubter Vergangenheiten

Journalistischer Text - Profil Sahra Wagenknecht über das Déjà-vu der Unfreiheit Ein Gefühl der Beklemmung macht sich breit, wenn man beobachtet, wie schnell abweichende Haltungen heute nicht mehr diskutiert, sondern sanktioniert werden. Es ist, als ob ein alter Film erneut abgespielt wird, dessen Handlung man eigentlich im Archiv der Geschichte wähnte. Manche erleben diese Tage mit einem bitteren Gefühl der Wiedererkennung, das tief im kollektiven Gedächtnis verankert ist. Es sind jene, die wissen, wie es sich anfühlt, wenn der Staat definiert, was Wahrheit ist, und wenn Kritik an der Regierung als Angriff auf das Staatswohl uminterpretiert wird. Die Rede ist von einer schleichenden Rückkehr autoritärer Muster, bei denen Hausdurchsuchungen wegen Online-Postings und die soziale Ächtung von Andersdenkenden wieder zum Repertoire gehören. Die Sorge ist groß, dass der liberale Diskurs, in dem auch die unbequeme Meinung ihren Platz hat, einer neuen Konformität weicht. Wenn politische Gegner nicht mehr inhaltlich gestellt, sondern moralisch delegitimiert oder juristisch behindert werden, verliert die Demokratie ihre Substanz. Es entsteht eine Gesellschaft, in der die Angst vor dem falschen Wort wieder das Handeln bestimmt. Journalistischer Text - Seite Sahra Wagenknecht sieht Schatten über dem Diskurs Die Mechanismen der Ausgrenzung funktionieren oft lautlos, bis sie einen selbst treffen und die Grenzen des Sagbaren verschieben. Es beginnt nicht mit Verboten, sondern mit einer Atmosphäre, in der der Preis für die eigene Meinung plötzlich zu hoch erscheint. Viele blicken mit Sorge auf eine Entwicklung, in der staatliche Stellen und mediale Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen scheinen, um einen engen Meinungskorridor zu zementieren. Die historische Sensibilität für solche Prozesse ist gerade dort hoch, wo man Erfahrung mit Systembrüchen hat. Wenn der Schutz der Demokratie als Argument dient, um demokratische Rechte wie die Meinungsfreiheit einzuschränken, befindet sich das Gemeinwesen auf einer abschüssigen Bahn.

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