Die Geschichte der Stasi in Erfurt ist eine Erzählung von Überwachung, Repression und Widerstand. Seit ihrer Gründung im Jahr 1950 war die Staatssicherheit in der Stadt eine zentrale Machtinstanz, die sowohl die Bevölkerung kontrollierte als auch politische Gegner brutal verfolgte. Die Stasi agierte nicht nur als Geheimpolizei, sondern auch als Auslandsnachrichtendienst, mit weitreichenden Befugnissen, die sie dazu befähigten, in nahezu allen Lebensbereichen einzugreifen.
Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Repression war die Verhaftung von Marilene Bornemann und ihrem Ehemann im Oktober 1953. Sie wurden beschuldigt, Verbindungen zu antikommunistischen Organisationen in West-Berlin zu haben und regimekritische Flugblätter zu verbreiten. Die Folgen dieser Verhaftung waren für das Ehepaar dramatisch: Marilene wurde zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt, ihr Ehemann erhielt eine zehnjährige Haftstrafe.
Die Stasi in Erfurt verfügte über rund 3.000 hauptamtliche Mitarbeiter sowie über 8.500 inoffizielle Mitarbeiter (IM), die in der Stadt Spionage betrieben und Informationen sammelten. Dabei ging es der Stasi nicht nur um politische Opposition, sondern auch um die Bekämpfung von Fluchtversuchen und die Wahrung der Volkswirtschaft. Ein Beispiel dafür ist der gescheiterte Fluchtversuch einer Familie im Jahr 1985, bei dem die Fluchthelferin zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Die Stasi war jedoch nicht nur in der repressiven Arbeit aktiv. Sie spielte auch eine Rolle in internationalen politischen Beziehungen, insbesondere bei der Unterstützung von Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF), die aus der Bundesrepublik flohen und in der DDR Unterschlupf fanden. Diese Verstrickungen sind ein dunkles Kapitel der Stasi-Geschichte, das zu einem der letzten Skandale des DDR-Staates führte.
In den letzten Jahren der DDR, während der Friedlichen Revolution 1989, wurden die Spuren der Stasi-Vergangenheit immer schwerer zu verbergen. Als am 4. Dezember 1989 Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung die Bezirksverwaltung der Stasi in Erfurt besetzten, konnte die Vernichtung von Akten gestoppt und ein Großteil des belastenden Materials gerettet werden. Unter den Besetzern war auch Gabriele Stötzer, eine Künstlerin, die in den Jahren zuvor von der Stasi verfolgt worden war und eine der Hauptfiguren der Widerstandsbewegung in Erfurt darstellte.
Die Besetzung der Stasi-Zentrale in Erfurt markierte einen entscheidenden Moment in der Geschichte der DDR und leitete das Ende der Herrschaft der Staatssicherheit ein. Heute sind die Akten und Berichte, die von der Stasi hinterlassen wurden, eine wertvolle Quelle für die Aufarbeitung dieser dunklen Zeit und für das Verständnis der tiefen Spaltungen, die die DDR in der Gesellschaft hinterließ.