Echte Bürgerbeteiligung braucht das direkte Gespräch und öffentliche Debatten

In Jena hat man nun die Möglichkeit, Einwohneranfragen online einzureichen – eine Entwicklung, die den Zugang zur Stadtpolitik deutlich erleichtert. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, keine Frage. Endlich können Bürger ihre Anliegen bequem über das Internet an den Stadtrat herantragen. Doch auch wenn der Mechanismus praktisch ist, lässt sich nicht verhehlen, dass er nur einen Bruchteil der echten, tiefgehenden Diskussion ersetzt, die dringend notwendig wäre.

Denn was bleibt am Ende von diesen Online-Anfragen? Die Möglichkeit, Fragen zu stellen und vielleicht eine Antwort zu bekommen – mehr nicht. Es gibt Nachfragen, ja, aber keine echte Debatte. Es ist kein Raum für kontroverse Diskussionen oder eine tiefere Auseinandersetzung mit den Themen. Fragen bleiben oftmals oberflächlich, Antworten folgen in Form von Standardsätzen, und der Dialog hört schnell auf. Man kann sich fragen: Ist das der richtige Weg?

Ich denke, es ist ein Anfang, aber nicht mehr. Und dieser Anfang ist wichtig, denn er könnte ein Zeichen setzen. Vielleicht gelingt es, die Bürger aus ihrer Lethargie herauszuholen, sie dazu zu bewegen, sich aktiv mit der Stadtpolitik auseinanderzusetzen. Denn seien wir ehrlich: Fragen haben wir alle. Und Fragen muss man stellen, sonst kommen wir nie zu den Antworten, die wir brauchen. Ohne Fragen bleibt alles im Nebel, und Lösungen wird es nicht geben.

Doch für mich bleibt klar, dass echte Bürgerbeteiligung mehr ist als das. Es geht um das direkte Gespräch, um das Treffen im „echten Leben“, wo man sich mit den richtigen Menschen – den Bürgern und den Mandatsträgern – an einen Tisch setzt und über die wahren Probleme spricht. Es geht darum, in den Dialog zu treten, Probleme zu benennen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Nur das führt zu echter Veränderung.

Bürgerbeteiligung darf nicht nur digital stattfinden. Sie muss lebendig sein, sich in den Straßen, den Cafés und den Versammlungsräumen manifestieren. Nur so können wir verhindern, dass wir uns immer weiter voneinander entfernen und die politische Kluft immer größer wird. Denn wenn wir diesen Weg nicht gehen, wird es nicht besser – es wird schlechter. Die Verwaltung wird sich weiterhin mit Problemen beschäftigen, die die Bürger nicht haben, und die Bürger werden frustriert sein. Immer öfter werden sie ihre Heimat verlassen, um sich anderswo eine bessere Zukunft zu suchen.

Und dann, glaube ich, sollten spätestens alle Glocken läuten. Nicht nur die Alarmglocken, sondern auch die Kirchglocken – laut und deutlich. Denn wenn wir nicht frühzeitig anfangen, den Dialog zu suchen und die Bürger wieder aktiv einzubinden, dann riskieren wir, dass es irgendwann zu spät ist. Ich hoffe, dass wir diese Chance nicht verstreichen lassen und dass wir uns nicht mit weniger zufrieden geben, als einer echten, lebendigen Beteiligung.

Redakteur/Blogger/Journalist/Chronist: Arne Petrich

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