Die Geschichte des Hermann Duncker Erholungsheims im Harz

Verlassenes Sanatorium - Lost Place im Harz - Hermann Duncker Erholungsheim (Lost Place Deutsch)

Das FDGB Erholungsheim Hermann Duncker wurde 1909 in der Villenkolonie Barenberg bei Schierke im Harz (ein Ortsteil von Werningerode) als „Villa Waldpark“ erbaut. In der DDR galt Schierke als „Kurort der Werktätigen“. Im 1. Weltkrieg diente es als Lazarett und wurde danach zum „Kurhotel Barenberger Hof“. Zwischen den Weltkriegen wurde es ein Erholungsheim der Deutschen Werke Kiel und Friedrichsort GmbH und hieß fortan „Erholungsheim Barenberg“. Nach 1945 war das Haus Erholungsheim des FDGB und hieß zunächst weiterhin „Erholungsheim Barenberg“; in den 50ern erfolgte ein Namenswechsel zu „Erholungsheim Einheit“ und in den 60ern schließlich zu „Erholungsheim Hermann Duncker“.

Das Hermann Duncker Erholungsheim im Harz hat eine faszinierende Geschichte, die tief in der wechselvollen Geschichte Deutschlands verwurzelt ist. Bevor es zu einem sozialistischen Erholungsheim für Arbeiter und ihre Familien in der DDR wurde, hatte das Gebäude eine andere Bestimmung: Es war ein Sanatorium oder Kurhaus, das ursprünglich den höheren Schichten der Gesellschaft vorbehalten war.

In den 1920er Jahren oder möglicherweise auch noch früher, zu einer Zeit, als Deutschland unter den Folgen des Ersten Weltkriegs und der schwierigen wirtschaftlichen Lage litt, gehörte das Erholungsheim zu den sogenannten Heil- und Kureinrichtungen. Diese waren Teil einer breiteren Bewegung hin zu gesundheitsfördernden Maßnahmen für die wohlhabenderen Bevölkerungsschichten, die sich eine Kur zur Erholung leisten konnten. Der Harz, als eine Region mit einer heilklimatischen Atmosphäre, war für solche Kurhäuser besonders geeignet. Die klarere Luft und die isolierte Lage in den Bergen machten das Gebiet zu einem beliebten Ziel für Erholungsbedürftige, die sich von verschiedenen Krankheiten oder einfach von den Anstrengungen des täglichen Lebens erholen wollten.

Das ursprüngliche Sanatorium war also ein Ort der Genesung für Wohlhabende, die sich teure Behandlungen leisten konnten, wie sie damals in solchen Einrichtungen üblich waren. Solche Sanatorien waren vor allem bei Menschen mit Atemwegserkrankungen, aber auch bei Erschöpfungszuständen oder nach schweren Erkrankungen beliebt. In einer Zeit, in der viele Menschen unter den Belastungen des Ersten Weltkriegs litten, war der Harz mit seiner sauberen Luft und der ruhigen, unberührten Natur ein bevorzugter Ort, um sich zu regenerieren.

Mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 änderte sich die Nutzung des Gebäudes jedoch grundlegend. Die sozialistische Regierung verfolgte das Ziel, den Wohlstand und das Wohlbefinden der Arbeiterklasse zu fördern. In diesem Kontext wurde das ehemalige Sanatorium in das Hermann Duncker Erholungsheim umgewandelt. Der Name des Erholungsheims wurde zu Ehren von Hermann Duncker gewählt, einem bedeutenden Sozialisten und Widerstandskämpfer, der eine wichtige Rolle im Widerstand gegen den Nationalsozialismus spielte und sich für die Rechte der Arbeiter und die sozialistische Ideologie einsetzte. Der Wandel vom privaten Sanatorium zu einem sozialistischen Erholungsheim war ein markantes Zeichen für die Veränderungen, die in der Gesellschaft der DDR stattfanden.

In der DDR war es ein Ziel der Regierung, die soziale Gleichheit zu fördern, und das beinhaltete auch, dass nun auch Arbeiter, die zuvor keinen Zugang zu solchen Luxusorten hatten, die Möglichkeit erhielten, in Erholungsheimen Urlaub zu machen. Diese Umwidmung des Gebäudes zum Erholungsheim war Teil der umfassenden sozialistischen Ferienkultur, die die Arbeiter und ihre Familien in den Genuss von Erholung und Freizeit bringen sollte. Das Hermann Duncker Erholungsheim war ein wichtiger Bestandteil dieser Vision.

Das Erholungsheim war mit einer Vielzahl von Einrichtungen ausgestattet, die darauf abzielten, den Gästen eine angenehme und entspannende Zeit zu bieten. Es gab Aufenthaltsräume, Gemeinschaftsräume, Freizeitmöglichkeiten und Sporteinrichtungen. Die Lage im Harz, umgeben von Natur, trug dazu bei, dass die Gäste in einer friedlichen und ruhigen Umgebung ihre Erholung fanden. Doch trotz der angenehmen Lage und der modernen Einrichtungen in der DDR wurde das Erholungsheim nach der Wiedervereinigung und dem Ende des sozialistischen Systems schließlich nicht mehr benötigt und in den folgenden Jahren dem Verfall überlassen.

Nach der Wende und der politischen Veränderung, die Deutschland 1989/90 erlebte, verlor das Erholungsheim seinen ursprünglichen Zweck. Die sozialistische Ferienstruktur wurde aufgelöst, und das Gebäude blieb ohne Nutzung. In der Folge verfiel das Hermann Duncker Erholungsheim, was es zu einem der vielen sogenannten Lost Places im Osten Deutschlands machte. Der Verfall setzte schleichend ein, das Gebäude blieb aber lange Zeit ungenutzt und von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt.

Heute ist das ehemalige Hermann Duncker Erholungsheim ein beliebtes Ziel für Lost Place-Fotografen und Urban Explorer, die das verlassene Gebäude besuchen, um die einstige Pracht und den Verfall zu dokumentieren. Der Besuch dieser verlassenen Orte hat für viele Menschen eine besondere Faszination, da sie einen direkten Zugang zu einem Stück Geschichte bieten und eine Atmosphäre der Vergänglichkeit und des Erinnerns erzeugen.

Das verlassene Erholungsheim bietet den Besuchern nicht nur einen Blick auf den Verfall und die Ruinen, sondern auch eine eindrucksvolle Erinnerung an die sozialistische Vergangenheit und die frühen Jahre der DDR. Es ist ein Ort, an dem sich die Geschichte der Arbeiterbewegung, die Veränderung von Lebensstandards und die tiefgreifenden politischen Umwälzungen im 20. Jahrhundert miteinander verbinden. Der Lost Place stellt auf diese Weise einen faszinierenden Kontrast zur einstigen Nutzung als Ort der Erholung und des Wohlstands dar.

Der heutige Zustand des Gebäudes ist von einem starken Verfall geprägt. Die Wände bröckeln, Fenster sind zerbrochen und Teile des Daches sind eingestürzt. Trotzdem können die Besucher immer noch den Charme der Architektur erkennen, die ursprünglich auf die Bedürfnisse einer wohlhabenden Klientel ausgerichtet war, bevor das Gebäude zu einem sozialistischen Erholungsheim wurde. Dieser Kontrast zwischen den verschiedenen Epochen der Nutzung und dem heutigen Zustand des Gebäudes macht das Hermann Duncker Erholungsheim zu einem bemerkenswerten Lost Place und einem Zeugen der Geschichte Deutschlands.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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