+++ Brandaktuelle OBS-Studie analysiert, wie die AfD ihre Social-Media-Wahlkämpfe in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gestaltete +++ Überraschender Befund: AfD-Accounts auf TikTok adressierten eher ältere Generationen als junge Zielgruppen; nur wenige Kandidat*innen passten sich den Besonderheiten der Plattform an +++ Über Telegram fand eine enge Vernetzung mit dem extrem- und neurechten Bewegungssektor statt, besonders in Thüringen +++ In Brandenburg investierte die AfD am stärksten in den digitalen Wahlkampf, in Sachsen setzte sie weniger Akzente +++ Die Junge Alternative (JA) wirkte als Provokationsmotor und erregte über rassistische und migrationsfeindliche Inhalte Aufmerksamkeit +++ Die digitale Performanz der Partei wird in der Öffentlichkeit häufig überschätzt +++ Kritischer Umgang mit den AfD-Aktivitäten auf digitalen Kanälen gefordert +++
Am 18. November 2024 veröffentlichte die Otto-Brenner-Stiftung (OBS) eine umfassende Studie zur Analyse der Social-Media-Wahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Die Ergebnisse beleuchten, wie die Partei auf digitalen Plattformen agiert und welche Strategien sie verfolgt, um ihre Botschaften zu verbreiten. Der Bericht zeigt, dass die Landtagswahlkämpfe von einer hohen Mobilisierung geprägt waren, sowohl auf der Straße als auch in den sozialen Medien. Insbesondere der rechte Bewegungssektor spielte dabei eine Schlüsselrolle: Mit gezielten Provokationen in Kommentarspalten, der Live-Übertragung von Wahlkampfveranstaltungen durch rechte Streamer sowie Interviews mit Spitzenkandidaten wurde die Reichweite der AfD erheblich gesteigert. Telegram diente als zentrale Plattform zur Vernetzung, während KI-generierte Memes und Songs rechtsextreme „Remigrations“-Phantasien bedienten.
Trotz der intensiven Social-Media-Nutzung zeigt die Studie, dass der Auftritt der AfD weit weniger professionell ist, als häufig vermutet wird. Zudem gibt es deutliche regionale Unterschiede in den Strategien der Landesverbände. Diese Erkenntnis ergänzt die von Maik Fielitz, Harald Sick, Michael Schmidt und Christian Donner verfasste Untersuchung, die sich nicht nur mit den Social-Media-Präsenzen der Partei, sondern auch mit deren Rolle im breiteren politischen Kontext befasst.
Die Wahlkämpfe illustrieren die unterschiedlichen Ansätze der Landesverbände: Während die AfD in Sachsen nur wenig Akzente auf Social Media setzte, fokussierte sich der Wahlkampf in Thüringen stark auf Björn Höcke. Er wurde durch Share-Pics und eine Dokumentation eines neurechten Filmkollektivs in Szene gesetzt. In Brandenburg hingegen investierte der Landesverband am meisten in digitale Strategien. Telegram wurde genutzt, um Verbindungen zu Akteuren aus dem extrem-rechten Spektrum zu stärken. Abgeordnete wie Lena Kotré verbreiteten dabei offen rassistische Inhalte, was ihre Wirkung auf die digitale Mobilisierung verstärkte. „Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Der rechte Bewegungssektor beteiligte sich mit Provokationen auf der Straße und in den Kommentarspalten, rechte Streamer übertrugen Wahlkampfveranstaltungen und führten Interviews mit den Spitzenkandidaten, Telegram diente als zentrale Plattform zur Vernetzung und KI-generierte Memes und Songs bedienten rechtsextreme ‚Remigrations‘-Phantasien“, fassen die Autoren zusammen.
Die Studie unterstreicht zudem die Bedeutung von rechtsextremen Akteuren, die den Wahlkämpfen einen zusätzlichen Schub verliehen. „Rechte YouTuber streamten zahlreiche Veranstaltungen der AfD live“, erläutert Ko-Autor Michael Schmidt. Parallel dazu verbreiteten KI-generierte Inhalte wie Songs und Memes Angstnarrative und kriminalisierten Migration. Diese Instrumente wurden oft kostenlos von rechten Influencern weiterverbreitet, wodurch die AfD ohne größere Investitionen zusätzliche Reichweite erlangte. Besonders aktiv war die Junge Alternative (JA), die in Thüringen und Brandenburg als Bindeglied zum rechten Bewegungssektor fungierte. In Sachsen hingegen schwächte die Konkurrenz zu den „Freien Sachsen“ die Position der AfD im rechtsextremen Vorfeld.
Eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie betrifft die Wechselwirkung zwischen medialer Berichterstattung und den digitalen Strategien der AfD. Jupp Legrand, Geschäftsführer der OBS, warnt eindringlich davor, durch unkritische Berichterstattung die rassistischen Positionen der AfD zu verstärken: „Die AfD setzt bewusst darauf, dass ihre Inhalte medial reproduziert werden. Journalist*innen müssen sensibel mit dem Content der Partei umgehen.“ Je öfter die vermeintliche Stärke der AfD auf Social Media betont werde, desto mehr profitiere sie davon.
Abschließend betont die Studie, dass die AfD trotz ihrer intensiven Social-Media-Präsenz in den untersuchten Bundesländern keine durchweg professionelle Social-Media-Partei ist. Vielmehr offenbaren sich Defizite und Widersprüche in ihrer digitalen Kommunikation. Die Gefahr liege jedoch in der Vernetzung mit extrem-rechten Akteuren, deren digitale Inhalte gezielt Ängste schüren und die Partei als „Stimme des Volkes“ inszenieren. Es sei entscheidend, die strategischen Möglichkeiten der AfD differenziert zu betrachten und ihre Erfolge nicht durch übermäßige Aufmerksamkeit zu verstärken.
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