Giffey kritisiert einseitige Ost-Debatte: Ein Appell für Differenzierung und Zusammenarbeit

In den letzten Wochen hat die Diskussion über den Osten Deutschlands neue Dimensionen angenommen. Die starken Wahlergebnisse der AfD in Thüringen und Sachsen haben die Debatte angeheizt und sorgen für anhaltende Besorgnis. Auch in Brandenburg, wo bald Wahlen anstehen, zeigt sich die AfD laut Umfragen als führende Kraft. Damit könnte Brandenburg, nach Thüringen, als zweites Bundesland gelten, in dem die AfD die stärkste politische Kraft ist. Der Osten scheint erneut im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit zu stehen.

Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hat kürzlich darauf hingewiesen, dass das gegenwärtige Gerede über den Osten den Eindruck einer „Quasi-Diktatur im sozialen Abstieg“ erweckt. Er sieht im ungelösten Erbe der DDR eine Grundlage für die Sehnsucht nach autoritären Strukturen und warnt vor einer einseitigen und vereinfachten Betrachtung.

In diesem Kontext erhebt sich auch Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey zu Wort. Geboren in Frankfurt/Oder und aufgewachsen bei Fürstenwalde, ist Giffey selbst eine Tochter des Ostens. Im Gespräch mit der Morgenpost äußert sie ihre Unzufriedenheit mit der derzeitigen Debatte über den Osten. „Die Überheblichkeit, mit der seit Jahren über Ostdeutschland gesprochen wird, ist Teil des Problems“, erklärt Giffey. Sie bemängelt, dass immer nur über die Menschen in Ostdeutschland gesprochen wird, ohne ihnen die Gelegenheit zu geben, selbst Gehör zu finden. „Es ist nicht in Ordnung, dass erneut einseitig über die Köpfe der Menschen in Ostdeutschland hinweg diskutiert wird.“

Giffey betont, dass die Probleme, die die Menschen bewegen – wie Krieg, Frieden, Migration, Integration und die Angst vor wirtschaftlichem Abstieg – keine rein ostdeutschen Probleme sind. „Ob in Dresden, Cottbus, Duisburg oder Köln – die Themen, die die Menschen bewegen und bei denen sie Handlungsbedarf sehen, sind überall ähnlich“, so Giffey. Ihrer Ansicht nach werden diese Themen aktuell nicht ausreichend behandelt, auch von ihrer eigenen Partei, der SPD. „Die Menschen wollen einen starken und handlungsfähigen Staat, sich überall sicher fühlen, wirtschaftlichen Aufschwung und dass alle, die hier leben, einen Beitrag dazu leisten.“

Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in Brandenburg wirbt Giffey für eine erneute Amtszeit ihres Parteikollegen Dietmar Woidke. Der amtierende Ministerpräsident von Brandenburg hat, so Giffey, maßgeblich dazu beigetragen, dass das Land zu einem „Spitzenwirtschaftsstandort mit einer Beschäftigungsquote deutlich über dem Bundesdurchschnitt“ entwickelt wurde. „Wir arbeiten gemeinsam in einer starken Metropolregion Berlin-Brandenburg und brauchen diese verlässliche und enge Zusammenarbeit auch in Zukunft, um weiter zu wachsen“, erklärt die Wirtschaftssenatorin. Sie warnt davor, dass die AfD diese positive Entwicklung gefährden könnte.

Giffey appelliert an eine differenzierte Betrachtung des Ostens und an eine stärkere Fokussierung auf die gemeinsamen Herausforderungen, die die Menschen in ganz Deutschland betreffen. Die aktuelle Diskussion solle nicht in vereinfachte Stereotypen verfallen, sondern die Vielfalt und Komplexität der Situation anerkennen.

Weitere aktuelle Beiträge