Schicksalswahl Thüringen – kann sich die Geschichte wiederholen?

Schicksalswahl Thüringen – kann sich die Geschichte wiederholen? | MDR DOK | ZEITREISE

Am 1. September 2024 steht Thüringen vor einer richtungsweisenden Landtagswahl. Die rechtspopulistische AfD, angeführt von Björn Höcke, führt seit Monaten in den Umfragen. Sollte die AfD zur stärksten Kraft werden, könnte dies tiefgreifende Folgen für das politische und gesellschaftliche Klima in Thüringen haben.

Historisch gesehen erinnert die Situation an die „Schicksalswahl“ von 1924 in Thüringen, als bürgerliche und konservative Parteien, vereint im „Thüringer Ordnungsbund“, versuchten, die linke Regierung von KPD und SPD abzulösen. Obwohl die bürgerlichen Parteien keine absolute Mehrheit errangen, bildeten sie eine Regierung mit der Duldung der antisemitischen „Vereinigten Völkischen Liste“, der auch ehemalige NSDAP-Mitglieder angehörten.

Diese Zusammenarbeit hatte verheerende Folgen: Der Antisemit Artur Dinter, der die „Vereinigte Völkische Liste“ anführte, setzte durch, dass nur „arische Männer“ in das Kabinett aufgenommen wurden. Jüdische Persönlichkeiten wie der liberale Jura-Professor Eduard Rosenthal und der Landesbankpräsident Walter Loeb wurden gezwungen, ihre Ämter niederzulegen. Zudem wurde das Verbot der NSDAP in Thüringen schon im März 1924 aufgehoben, ein Jahr vor dem Rest Deutschlands. Auch das Bauhaus, das als „jüdisch unterwandert“ galt, verlor 50 % seiner staatlichen Mittel und musste nach Dessau umziehen.

Der Historiker Andreas Braune sieht Parallelen zur Gegenwart, besonders in Höckes Forderung, den „Ideologiestaat“ zurückzudrängen. Braune warnt, dass eine von der AfD dominierte Regierung eine „Gegenöffentlichkeit“ und „Gegen-Zivilgesellschaft“ aufbauen könnte, um ihre Ideologie durchzusetzen. Sollte die AfD in Thüringen die Macht übernehmen, könnten erneut massive Umwälzungen drohen, die das politische und gesellschaftliche Gefüge des Landes nachhaltig verändern.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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