Start Blog Seite 99

23 Prozent der beschäftigten „Bergmänner“ im Tagebau der DDR waren Frauen

0

Infos zum Video: Die Geschichte des Leipziger Südens als industrielle Bergbauregion währte etwa 90 Jahre – und sie hinterließ tiefe Spuren. Heute sind diese Spuren für jedermann sichtbar in den ehemaligen Tagebaurestlöchern und Badeseen… die Spuren aber, die das Arbeitsleben und der Alltag in die Erinnerungen der Bergleute gegraben haben, die sieht man nicht, die muss man hinterfragen. Genau dies hat eine Filmcrew aus Schülern/innen der Internationalen Schule Leipzig getan, und zwar unter der Aufgabenstellung, die Rolle der Frau im Tagebau eines DDR Braunkohlenbetriebes zu hinterfragen.

Grundsätzliche Informationen

In der DDR spielten Frauen eine bedeutende Rolle in der Bergbauindustrie, die traditionell als eine Männerdomäne galt. Der Staat förderte aktiv die Integration von Frauen in alle Bereiche der Arbeitswelt, einschließlich schwerer und gefährlicher Berufe wie den Bergbau, um Gleichberechtigung und wirtschaftlichen Fortschritt zu demonstrieren.

Die Politik der DDR zur Förderung der Frauenarbeit war tief in der Ideologie des Sozialismus verwurzelt, der Gleichheit zwischen den Geschlechtern propagierte. Frauen sollten als gleichwertige Arbeitskräfte betrachtet und in alle Sektoren der Volkswirtschaft integriert werden. Dies führte dazu, dass Frauen in Bereichen arbeiteten, die in vielen anderen Ländern als untypisch für sie galten, darunter auch im Bergbau.

Die Bergbaufrauen in der DDR waren in verschiedenen Tätigkeitsbereichen tätig, von der Arbeit unter Tage bis hin zu administrativen und technischen Aufgaben. Unter Tage arbeiteten sie oft als Grubenarbeiterinnen, Maschinenführerinnen oder in der Förderung und Verarbeitung von Kohle und anderen Bodenschätzen. Über Tage waren sie in der Wartung und Verwaltung beschäftigt oder als Ingenieurinnen und Technikerinnen tätig.

Die DDR bemühte sich, die Arbeitsbedingungen im Bergbau zu verbessern und den Frauen spezielle Schulungen und Bildungsprogramme anzubieten. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um den Arbeitsplatz sicherer zu machen und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Gleichzeitig erhielten Frauen Zugang zu Bildung und beruflicher Weiterentwicklung, um ihnen eine qualifizierte Mitarbeit in diesem Industriezweig zu ermöglichen.

Trotz dieser Bemühungen standen die Bergbaufrauen vor zahlreichen Herausforderungen. Die körperlich anstrengende und gefährliche Arbeit stellte hohe Anforderungen an ihre physische und psychische Belastbarkeit. Auch wenn der Staat die Gleichberechtigung der Frauen förderte, blieb die gesellschaftliche Akzeptanz in manchen Bereichen hinter den politischen Zielen zurück. Viele Frauen mussten sich in einer von männlichen Normen geprägten Arbeitsumgebung behaupten und doppelte Belastungen durch Berufs- und Familienpflichten meistern.

Die Leistungen und Beiträge der Bergbaufrauen wurden jedoch anerkannt und gewürdigt. Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Energieversorgung und dem industriellen Fortschritt der DDR. Ihre Arbeit symbolisierte die Erfolge und Herausforderungen der sozialistischen Gleichstellungspolitik.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands änderten sich die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen für die Bergbaufrauen drastisch. Der Rückgang des Bergbaus in den neuen Bundesländern führte zu Arbeitsplatzverlusten und einer Neuorientierung der beruflichen Perspektiven. Viele ehemalige Bergbaufrauen mussten sich in anderen Berufsfeldern oder in neuen Qualifizierungsmaßnahmen behaupten.

Heute erinnern sich viele an die Zeit der Bergbaufrauen in der DDR als eine Ära des Wandels und der Herausforderungen, aber auch des Stolzes und der Anerkennung. Ihre Geschichten sind ein wichtiger Teil der Arbeits- und Sozialgeschichte Ostdeutschlands und ein Zeugnis für die Bemühungen um Gleichberechtigung in einem sozialistischen Staat.

Der Junkers Jumo 211: Ein Pionier der deutschen Luftfahrtindustrie

0

Am 15. Mai 1937 verließ das erste Serienexemplar des Junkers Jumo 211 die Fertigungshallen der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke – der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die diesen Antrieb zum meistgebauten deutschen Flugmotor des Zweiten Weltkriegs machte.

Innovative Wurzeln
Die Entwicklung des Jumo 211 fußte auf dem Vorgängermodell Jumo 210, einem 12-Zylinder-V-Motor mit 20 Litern Hubraum und Direkteinspritzung, das bereits 610 bis 730 PS lieferte. Unter der Federführung von Chefkonstrukteur August Lichte und maßgeblich vorangetrieben von Dr. Franz Neugebauer erfolgte eine konsequente Vergrößerung: Der Hubraum wuchs auf 35 Liter, die Leistung auf bis zu 1.500 PS, bei einem zugleich vergleichsweise kompakten und wartungsfreundlichen Aufbau.

Technische Eckdaten

Zylinderanordnung: V-Motor, 12 hängende Zylinder
Kühlung: Flüssigkeitsgekühlt
Einspritzung: Direkte Benzineinspritzung in jeden Zylinder
Hubraum: 35 000 cm³
Maximale Leistung: bis zu 1.500 PS
Gewicht: ca. 900 kg (abhängig von Ausführung und Ausstattung)

Das motorseitige Grundprinzip – insbesondere die Direkt­einspritzung – gewährleistete eine stabilere Verbrennung und höhere Zuverlässigkeit selbst unter extremen Höhen- und Kampfbedingungen.

Serienfertigung und Einsatz
In nur sieben Jahren (1937–1944) produzierten die Junkers-Werke beeindruckende 68 248 Exemplare des Jumo 211. Dieses Volumen stellte alle bislang dagewesenen Fertigungszahlen deutscher Flugmotoren in den Schatten. Die Triebwerke fanden in zahlreichen Typen der Luftwaffe Verwendung, unter anderem in:

Junkers Ju 87 „Stuka“ – dem Sturzkampfflugzeug, das über den frühen Kriegsschauplätzen sein zerstörerisches Potenzial unter Beweis stellte
Junkers Ju 88 – dem Vielzweckbomber, der als Tag- und Nachtjäger, Schnellbomber und Transportflugzeug diente
Heinkel He 111 – dem Rückgrat der Bombengeschwader im Polen- und Westfeldzug
Dornier Do 17 – dem schlanken „Fliegenden Bleistift“, geschätzt für seine Geschwindigkeit und Wendigkeit

In all diesen Maschinen trug der Jumo 211 entscheidend zur Reichweite und Nutzlast bei – und sicherte so den taktischen wie strategischen Einsatzwert der Einheit.

Wettbewerb und Weiterentwicklung
Parallel zur Jumo-Reihe entwickelte Daimler-Benz den flüssigkeitsgekühlten DB 601, der vor allem in Jägern wie der Bf 109 und Bf 110 zum Einsatz kam. Während der DB 601 dank seiner leichteren Bauweise punktete, überzeugte der Jumo 211 durch robuste Leistungsentfaltung und größere Hubraumreserven. Diese komplementäre Entwicklung spiegelt das technische Ringen zweier führender deutscher Motorenkonstruktionen wider.

Vermächtnis und Nachklang
Nach Kriegsende übernahmen die Alliierten vorhandene Fertigungsressourcen, und die Jumo-Produktion wurde eingestellt. Dennoch beeinflussten die Ingenieurslösungen des Jumo 211 die Nachkriegs-Generation von Flugzeugmotoren in Ost und West – von der direkten Einspritzung bis zur Kühlungstechnik. Heute sind nur noch wenige funktionsfähige Exemplare in Museen und private Sammlungen erhalten, doch ihr Siegeszug durch die deutschen Werkshallen bleibt unübertroffen.

Der Junkers Jumo 211 mahnt als technisches Meisterwerk und Zeuge einer Ära, in der Motorenbau und militärische Anforderungen zu einem historischen Höhepunkt deutscher Ingenieurskunst verschmolzen.

Unter Druck der Stasi: Ein 14-Jähriger im Visier der DDR-Geheimpolizei

0

Die DDR war ein Staat der ständigen Überwachung, in dem das Ministerium für Staatssicherheit, besser bekannt als Stasi, mit einem dichten Netz aus Spitzeln und Informanten das Leben der Bürger kontrollierte. Besonders kritisch wurde es für Menschen, die als potenziell systemkritisch galten. Auch Kinder und Jugendliche konnten ins Visier der Behörden geraten – so wie Stefan Köhler, der mit nur 14 Jahren in das Fadenkreuz der Stasi geriet.

Ein Dorf unter Stasi-Kontrolle
Stefan wuchs in einem kleinen DDR-Dorf auf, in dem die Stasi omnipräsent war. Ein Vorfall im Ort löste eine Welle der Repression aus: Jemand hatte an das Rathaus den Schriftzug „Wir wollen so viel Fleisch wie Honecker haben“ gesprayt. Die Empörung der Behörden war groß, und die Stasi begann umgehend mit den Ermittlungen. Das halbe Dorf war plötzlich voller Agenten. Sie klingelten an Haustüren, stellten Fragen und suchten nach Verdächtigen.

Ein Verhör unter Druck
Stefan wurde als Verdächtiger vorgeladen. Völlig überrascht wurde er aufs Rathaus gebracht, wo ihn drei erwachsene Stasi-Beamte in die Mangel nahmen. Sie setzten ihn stundenlang unter Druck, brüllten ihn an und versuchten ihn einzuschüchtern. Ein scheinbar belangloses Detail machte ihn für die Beamten verdächtig: Farbspuren an seinen Händen. Dass diese von einem Gartenzaunanstrich stammten, interessierte die Stasi nicht. Stattdessen drehten sie die Vernehmung weiter, unterstellten ihm, die regimekritische Parole gesprayt zu haben, und verlangten ein Geständnis.

Acht Stunden Angst
Was folgte, war ein achtstündiges Verhör, in dem Stefan massiven psychischen Druck erlebte. Die Beamten schrien ihn an, schlugen auf den Tisch und drohten ihm. Mitten in der Situation wurde selbst sein westdeutscher Pullover mit einem amerikanischen Firetruck zum Problem – ein Symbol des Kapitalismus, das bei den Beamten für noch mehr Wut sorgte. Doch Stefan blieb standhaft und hielt an der Wahrheit fest.

Der Mut der Mutter
Nach einem zweiten Verhör, diesmal während der Schulzeit, wurde auch Stefans Mutter aktiv. Sie, selbst überwacht und mehrfach von der Stasi zur Mitarbeit aufgefordert, hatte genug. Sie stellte die Beamten im eigenen Restaurant zur Rede und kündigte an, sich vehement zur Wehr zu setzen, sollte ihr Sohn erneut verhört werden. Die Entschlossenheit der Mutter zeigte Wirkung: Danach wurde Stefan nicht mehr vorgeladen.

Ein Leben unter Kontrolle
Stefan Köhlers Geschichte ist nur eine von vielen, die zeigen, wie tief das Repressionssystem der DDR in den Alltag eingriff. Selbst Kinder und Jugendliche konnten zum Ziel der Stasi werden, wenn sie auch nur in den Verdacht gerieten, gegen das Regime zu stehen. Heute lächeln einige Betroffene vielleicht über die Anekdoten aus dieser Zeit, doch die Angst und Ohnmacht, die sie damals empfanden, bleibt eine bittere Erinnerung an ein unterdrückendes System.

Die DDR existiert nicht mehr, doch die Berichte derer, die unter ihrer Herrschaft gelitten haben, sind Mahnmale für die Bedeutung von Freiheit und Demokratie.

Ein virtueller Streifzug durch Erfurt Süd: Historische Spuren und moderne Perspektiven

0

Annika Taute stellt das neue Kooperationsprojekt Erfurt Süd – heute und damals vor, das Stadtarchiv Erfurt und Lokalhistoriker Lothar Semlin gemeinsam realisieren. In der ersten Folge laden sie zu einem digitalen Spaziergang entlang der Bahnlinie vom Willy-Brandt-Platz bis zur Puschkinstraße ein. Historische Fotografien, Gemälde und Luftaufnahmen werden dabei nahtlos mit aktuellen Aufnahmen kombiniert.

Empfangsgebäude und Bahnhofsentwicklung
Taute erklärt, dass das markante Empfangsgebäude des heutigen Hauptbahnhofs bereits 1893 im Stil des Historismus fertiggestellt wurde. Bis dahin hatte der Vorgängerbahnhof von 1847 auf dem Areal des heutigen Willy-Brandt-Platzes gestanden. Ein Gemälde des Erfurter Malers Walter Korsepp (1862–1944) dokumentiert die frühe Strecke am Fuß des Stadtwalls und gibt einen Eindruck von der ursprünglichen Gestaltung der Bahnhofsumgebung.

Vom Stadtwall zum Bahndamm
Ein zentrales Thema des Beitrags ist die Umwandlung des alten Stadtwalls in die erhöhte Trasse der Bahnstrecke. Taute beschreibt, wie der mittelalterliche Wall samt „hoher Batterie“ seine militärische Bedeutung mit der Aufhebung der Festungsrechte 1873 verlor und wenig später als Grundlage für die neue Bahnlinie diente. Wo ehemals der Wallgraben floss – heute der Flutgraben –, verläuft seit den 1890er-Jahren der Bahndamm mit mehreren Brückenbauwerken.

Flutgraben und Brückenbau
Die Reporterin hebt hervor, dass der Wallgraben zwischen 1890 und 1898 zum Hochwasserschutz ausgebaut wurde. Die Aufnahme von 1900, aufgenommen an der Krämpfertorbrücke, zeigt schwere Arbeitsszenen beim Grabenbau – ein Tageslohn betrug damals nur 1,50 Mark. Die älteste Eisenbahn­brücke unter dem Willy-Brandt-Platz wurde bereits 1892 errichtet und nun im Rahmen der Modernisierung von 2002 bis 2008 durch eine großzügige Bahnhofshalle mit Stahlbrücken über dem Flutgraben ersetzt.

Tunnel und Löbertor
Im historischen Bildmaterial erkennt Taute zudem den einstigen Tunnel durch die Stadtmauer beim äußeren Löbertor. Bis 1893 führte die Strecke hier ebenerdig mitten durch die Befestigungsanlage, bevor die neue Führung auf den Wall­damm verlegt wurde. Die Buschgenstraße, die um 1900 angelegt wurde, erinnert noch heute an diesen vielfachen Wandel der städtischen Infrastruktur.

Ausblick auf kommende Episoden
Am Ende ihrer Reportage verweist Taute auf weitere virtuelle Spaziergänge, die in den kommenden Monaten folgen. In jeweils kurzen Diaschau-Beiträgen werden weitere Teilabschnitte von Erfurt Süd erkundet, stets begleitet von historischen Aufnahmen und aktuellen Fotos. Die Termine werden auf Facebook und per E-Mail angekündigt, Interessierte sind herzlich eingeladen, Freunde mitzubringen und gemeinsam auf Entdeckungstour zu gehen.

Dresden, die verschwundene Stadt (Erinnerungsfilm 1955)

0

Die AKH (Archiv für Kulturgeschichte) hält die Rechte am Filmbestand der 1926 in Dresden gegründeten Produktionsfirma Boehner-Film AG, die später in Boehner-Film KG umbenannt wurde. Diese Produktionsfirma, die in den 1920er Jahren ihren Ursprung nahm, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Instanz in der deutschen Filmindustrie. Die Boehner-Film AG produzierte eine Vielzahl von Filmen, darunter auch einige, die heute als wertvolle historische Dokumente gelten.

Ein besonders herausragendes Beispiel für das historische Filmmaterial der Boehner-Film AG ist der Film „Fahrende Stadt“ aus dem Jahr 1940. Dieser Film, der in Dresden gedreht wurde, stellt eine bedeutende Dokumentation der Stadt Dresden zu einer Zeit dar, als die Stadt noch vor den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs stand. Die Filmaufnahmen, die von der Boehner-Film AG produziert wurden, bieten einen einzigartigen Einblick in das urbane Leben und die Architektur Dresdens vor den massiven Zerstörungen.

Mitte der 1950er Jahre, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und den damit verbundenen schweren Zerstörungen, entschloss sich der Filmemacher Curt A. Engel, aus dem bestehenden Filmmaterial der Boehner-Film AG einen halbstündigen Erinnerungsfilm zu erstellen. Dieser Film, der als „Die verschwundene Stadt“ bekannt wurde, ist eine bewegende Hommage an das alte Dresden, das im Krieg und durch die darauf folgenden Umstände stark verändert wurde. Engel nutzte das wertvolle historische Filmmaterial der Boehner-Film AG, um die Schönheit und den kulturellen Reichtum Dresdens vor der Zerstörung zu dokumentieren und für die Nachwelt zu bewahren.

Der Film beginnt mit erschütternden und eindringlichen Aufnahmen von Dresden in Trümmern. Diese Szenen verdeutlichen das immense Ausmaß der Zerstörung, die die Stadt im Laufe des Krieges und der darauffolgenden Bombardierungen erlitten hat. Die Bilder von zerbombten Gebäuden, zerstörten Straßen und verwüsteten Plätzen vermitteln ein starkes Gefühl der Trauer und des Verlusts, das die Zuschauer tief berührt. Diese einleitenden Szenen schaffen einen emotionalen Kontext für den Rest des Films und bereiten den Zuschauer auf die bevorstehenden Eindrücke vor.

Im weiteren Verlauf des Films lässt Curt A. Engel die bauliche und kulturelle Schönheit Dresdens wiederaufleben, indem er die vor dem Krieg entstandenen Aufnahmen zeigt. Die Zuschauer erleben eine virtuelle Tour durch die prunkvollen Straßen, historischen Gebäude und kulturellen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das historische Filmmaterial zeigt prächtige Gebäude wie die Frauenkirche, das Zwinger-Palais und andere architektonische Meisterwerke, die das Bild einer lebendigen und blühenden Stadt vermitteln. Engel verwendet diese Aufnahmen, um die Vielfalt und den Reichtum Dresdens zu illustrieren, die durch die Zerstörung des Krieges verloren gegangen sind.

„Die verschwundene Stadt“ ist mehr als nur ein Erinnerungsfilm. Er dient als ein wertvolles Dokument, das die kulturelle und architektonische Identität Dresdens vor dem Zweiten Weltkrieg festhält. Der Film bietet nicht nur einen nostalgischen Rückblick auf eine verlorene Ära, sondern dient auch als Mahnung und Erinnerung an das Erbe der Stadt, das durch den Krieg bedroht wurde. Durch die Wiederentdeckung und Bewahrung dieser Aufnahmen bleibt ein wichtiger Teil der Dresdner Geschichte für die Nachwelt erhalten.

Ralf Bursy: Ein Gespräch über Musik, Erfolg und Familie

0

Ralf „Bummi“ Bursy, ein prominenter Musiker und Produzent aus der späten DDR, hatte eine Karriere und Lebensgeschichte, die viele Facetten aufwies. Seine Arbeit, seine persönlichen Werte und seine Entwicklung als Künstler hinterließen einen bleibenden Eindruck. Besonders faszinierend war sein Blick auf die Musikwelt der DDR und die Herausforderungen, denen freischaffende Künstler gegenüberstanden, sowie seine Bemühungen um die Förderung junger Talente. Die Erkenntnisse aus seinem Leben und seiner Arbeit machen deutlich, wie stark Bursys künstlerische Reise sowohl von persönlichen Erfahrungen als auch von der politischen und sozialen Landschaft seiner Zeit geprägt wurde.

Musikalische Anfänge und der Weg zum Solo-Künstler
Ralf Bursys Karriere begann in den späten 1970er Jahren, als er sich zunächst in mehreren Bands versuchte. In den Gruppen „Regenbogen“, „Keks“ und „Prinzip“ sammelte er wertvolle Erfahrungen und stellte den Grundstein für seinen späteren Erfolg. Als diese Gruppen schließlich nicht mehr die richtige Plattform für ihn waren, entschloss sich Bursy, den Schritt in die Solo-Karriere zu wagen. Er nahm den Künstlernamen „Ralf Borsi“ an, wobei „Bummi“ sein Spitzname aus der Kindheit blieb, und veröffentlichte das Lied „Eh die Liebe stirbt“. Dieses wurde zu einem großen Erfolg und half ihm, sich in der DDR-Musikszene zu etablieren. Der Weg führte ihn zu einer Zusammenarbeit mit der Plattenfirma Amiga, bei der er seine erste Solo-Platte veröffentlichte, was seine künstlerische Entwicklung maßgeblich beeinflusste.

Die Bedeutung der Texte und seine musikalische Entwicklung
Bursy sprach oft über die Entwicklung seiner Texte im Laufe der Jahre. Zu Beginn seiner Karriere waren seine Lieder oft eher metaphorisch und ließen Raum für Interpretationen, was zur damaligen Zeit durchaus üblich war. Doch Bursy selbst merkte an, dass sich die Zeiten geändert hatten. Die Texte seien nun direkter und weniger verschlüsselt. In einem Interview erwähnte er, dass seine neue EP, die im Mai fertiggestellt wurde, von Kollegen als nicht mehr ganz zeitgemäß wahrgenommen wurde, weshalb eine Umstrukturierung der Texte erforderlich sei. Diese Offenheit gegenüber Veränderungen zeigte, wie flexibel Bursy in seiner musikalischen Entwicklung war und dass er stets bestrebt war, sich weiterzuentwickeln, ohne dabei seine bisherigen künstlerischen Erfolge zu verleugnen.

Die Herausforderungen des freischaffenden Künstlers
Als freischaffender Künstler sah Bursy die Freiheit, die mit diesem Berufsweg verbunden war, gleichzeitig aber auch die Herausforderungen, die diese Art der Selbstständigkeit mit sich brachte. Er beschrieb die Arbeit als „rumwurschteln“ und erklärte, dass es keine Planwirtschaft in seiner Arbeit gab. Anders als in staatlich kontrollierten Systemen, wie sie in der DDR existierten, mussten freischaffende Künstler sich ständig an den Markt und ihre eigenen wirtschaftlichen Anforderungen anpassen. Bursy selbst gab an, dass er einen Arbeitstag von 10 bis 12 Stunden gewohnt war, was für ihn ein ganz normaler Rhythmus war. Er hatte jedoch versucht, seine Arbeitszeit noch weiter auszudehnen, um noch mehr zu schaffen, wobei er immer wieder auf die Grenzen seiner körperlichen Belastbarkeit stieß. Trotz dieser physischen Anforderungen war er zuversichtlich, dass er den Anforderungen des Berufs gerecht werden konnte, und sah die Arbeit als wichtig für seinen persönlichen und beruflichen Erfolg.

Erfolg, Popularität und Verantwortung als Künstler
Für Bursy war Erfolg nicht selbstverständlich. Er wusste, dass er hart für seinen Erfolg arbeiten musste, und dass er sich ständig neu beweisen musste, um in der Musikindustrie relevant zu bleiben. Er hob hervor, dass es nicht einfach war, Platten zu verkaufen, da die Konsumenten in den Plattenläden viele Optionen hatten. Der Erfolg seiner Musik war daher auch ein Beweis für seine hohe Arbeitsleistung und die Qualität seiner Lieder. In einer Branche, in der viele Künstler nur durch Marketing und große Plattenlabels Erfolg hatten, zeigte Bursy, dass auch harte Arbeit und Authentizität zu Erfolg führen konnten. Es motivierte ihn, noch mehr in die Qualität seiner Arbeit zu investieren und sich von der Masse abzuheben.

Talentförderung und das eigene Studio
Neben seiner Tätigkeit als Musiker war Bursy auch ein leidenschaftlicher Mentor für junge Künstler. In seinem privaten Studio arbeitete er nicht nur an seinen eigenen Projekten, sondern auch mit verschiedenen aufstrebenden Talenten. Er betonte, dass er jungen Künstlern, die er für talentiert hielt, eine Chance geben wollte, und dass er sie nicht nur in der Musikproduktion unterstützte, sondern auch in ihrer persönlichen und psychologischen Entwicklung. Bursy beschrieb sich selbst als jemanden, der verstand, wie schwierig es sein konnte, in der Musikindustrie Fuß zu fassen, und er wollte seine Erfahrungen und seinen Erfolg dazu nutzen, anderen zu helfen.

Sein Studio war für ihn nicht nur ein Ort zur Produktion von Musik, sondern auch ein Raum, um sich kreativ auszudrücken und seine eigenen Freiräume zu finden. Es war eine Investition, die sich nur über längere Zeit auszahlen würde, aber Bursy sah dies als eine lohnenswerte Möglichkeit, nicht nur finanziell, sondern auch künstlerisch zu wachsen. In seinem Studio hatte er auch die Möglichkeit, mit anderen erfahrenen Künstlern zusammenzuarbeiten, was ihn stets zu neuen kreativen Ideen inspirierte.

Die Rolle als Mentor und das Verhältnis zu jungen Talenten
Für Bursy war seine Rolle als Mentor mehr als nur die eines Produzenten. Er sah sich als jemanden, der jungen Künstlern mit Rat und Tat zur Seite stand, sie unterstützte und ihnen die Möglichkeit gab, sich zu entwickeln. Bursy war überzeugt, dass es wichtig war, den kreativen Prozess nicht nur als rein technische Aufgabe zu sehen, sondern als eine Form der Kommunikation und des Austauschs. Durch seine eigene Erfahrung wusste er, wie schädlich negative Kritik für das Selbstbewusstsein und die Kreativität eines Künstlers sein konnte, weshalb er großen Wert darauf legte, dass seine Schützlinge ermutigt und psychologisch unterstützt wurden.

Das private Studio als Gegenmodell zur staatlichen Kontrolle
Bursy sah die Entwicklung der Musikindustrie als eine Revolution, die vor allem durch die Möglichkeit privater Studios ermöglicht wurde. Vor der Wende waren Künstler auf staatliche Institutionen wie Amiga oder den Rundfunk angewiesen. Heute jedoch konnten Musiker ihre Werke unabhängig von staatlichen Kontrolleuren produzieren, was ihnen mehr Freiheiten und kreative Kontrolle gab. Doch auch private Studios hatten ihre eigenen Hierarchien, und Bursy betonte, dass auch in dieser Form der Selbstständigkeit eine gewisse Kontrolle durch andere Produzenten vorhanden sein konnte.

Kontrolle und Distanz zur eigenen Musik
Trotz seines eigenen Studios bevorzugte es Bursy, seine Musik mit anderen Tonmeistern zu produzieren. Dies gab ihm die Möglichkeit, den Überblick über das Gesamtbild zu behalten, ohne sich zu sehr in Einzelheiten zu verlieren. Bursy wollte sich auf die wesentlichen Aspekte seiner Musik konzentrieren und gleichzeitig vermeiden, dass er in seiner eigenen Arbeit gefangen wurde. Diese Herangehensweise stellte sicher, dass seine Musik immer frisch blieb und sich weiterentwickelte.

Familie und persönliches Umfeld
Die Familie spielte in Bursys Leben eine zentrale Rolle. Er war verheiratet mit Regina, die auch seine Managerin war, und hatte zwei Kinder. Die Familie bot ihm einen Rückzugsort vom stressigen Berufsalltag und gab ihm die Möglichkeit, seine kreative Arbeit mit einem ausgeglichenen Privatleben zu verbinden. Besonders stolz war Bursy auf seine Kinder, die ebenfalls musikalisch interessiert waren und seine Musik mit Begeisterung hörten. Es war für ihn wichtig, diese Balance zwischen Beruf und Familie zu wahren, da sie ihm half, den nötigen Abstand zur Musikindustrie zu behalten und nicht in den Strudel des öffentlichen Lebens zu geraten.

Die Beziehung zu seinen Fans
Bursy pflegte eine enge Beziehung zu seinen Fans und schätzte deren Unterstützung. Besonders bei der Veröffentlichung neuer Alben oder bei Konzerten war der Kontakt zu seinen Anhängern ein bedeutender Teil seines Lebens. Für ihn war es wichtig, den Kontakt zu den „normalen Leuten“ nicht zu verlieren und sich selbst als Teil der Gesellschaft zu sehen. Dieser Zugang zu seinen Fans, der von Authentizität und Bodenständigkeit geprägt war, unterschied ihn von vielen anderen Künstlern, die sich in einer Blase aus Ruhm und Glanz bewegten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ralf Bursy ein Künstler war, der viel mehr als nur ein Musiker war. Er war ein Mentor, ein Familienmensch und ein engagierter Produzent, der seine Karriere und seinen Erfolg nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere nutzte. Durch sein Engagement in der Musikindustrie und sein persönliches Verhältnis zu seinen Fans zeigte Bursy, dass es möglich war, authentisch zu bleiben und gleichzeitig erfolgreich zu sein. Sein Verständnis für die Herausforderungen freischaffender Künstler und seine Bereitschaft, jungen Talenten zu helfen, machten ihn zu einer wichtigen Figur in der DDR-Musikwelt und darüber hinaus.

Plagwitz: Leipzigs aufstrebendes Stück Urbanität

0

Am Ufer der Weißen Elster, wo sich Kanus gleitend ihren Weg durch üppiges Grün bahnen, hat sich in den vergangenen Jahren ein Viertel gewandelt, das einst als schöpferisches Hinterland Leipzigs galt. Plagwitz – lange gezeichnet von leerstehenden Fabrikhallen und sanierungsbedürftigen Backsteingebäuden – präsentiert sich heute als lebendige Mischung aus Stadtleben, Kreativszene und wachsendem Wohnkomfort.

Vom Industrie- zum Kreativstandort
Noch vor einem Jahrzehnt dominierten abgestellte Lastwagen und verfallende Werksbauten das Bild. Heute sind die ehemaligen Produktionshallen der Baumwollspinnerei und der Müller’schen Ölmühle zu Galerie- und Atelierflächen umgestaltet, in denen Designer, Künstler und Start-ups ihr Zuhause gefunden haben. Ihre Anwesenheit hat den spröden Charme bewahrt und zugleich eine kreative Atmosphäre entstehen lassen, die Besucher und neue Anwohner gleichermaßen anzieht.

Junge Szene trifft Familienfreundlichkeit
Während Plagwitz früh vor allem Studierende und Künstler anzog, wandelt sich das Profil zunehmend: Junge Familien schätzen die direkte Lage am Fluss, die gut ausgebauten Radwege und die Nähe zu grünen Erholungsräumen. „Die Freizeitmöglichkeiten an der Elster sind ein echter Standortfaktor“, bestätigt ein Immobilienanalyst von Immoplaner. Kanu- und Schlauchboot-Touren, Uferspaziergänge und Spielplätze bilden ein Angebot, das junge Eltern genauso begeistert wie die Clubszene in den Hinterhöfen und umgebauten Kellergewölben.

Preise zwischen Tradition und Trend
Analysen des aktuellen Immobilienmarkts zeigen, dass Quadratmeterpreise für Eigentum in Plagwitz derzeit im Durchschnitt bei 2.500 bis 3.500 Euro liegen. Bei Mietwohnungen reichen die Kaltmieten von 7 bis 10 Euro je Quadratmeter. Diese Spanne unterstreicht die Bandbreite des Angebots: Von sanierten Altbau-Lofts bis hin zu modernen Neubauten ist für verschiedenste Budgets etwas dabei. Investoren schätzen zudem die großzügige Flächenverfügbarkeit und das Potenzial steigender Werte in einem weiter anziehenden Markt.

Denkmalschutz als Chance
Besondere Aufmerksamkeit verdienen die denkmalgeschützten Backsteingebäude, die heute ein prägendes Bild des Viertels abgeben. Eingriffe in die Bausubstanz erfordern Abstimmungen mit den Denkmalschutzbehörden, doch gleichzeitig garantiere gerade dieser Status attraktive Abschreibungsmöglichkeiten, so Experten. Für Kapitalanleger eröffne sich hier ein Marktsegment, in dem historische Substanz und zeitgemäße Wohnansprüche aufeinandertreffen.

Zwischen Peripherie und Metropole
Geografisch liegt Plagwitz strategisch günstig: Eine kurze Tram- oder Radfahrt führt in die Innenstadt, während der Markkleeberger See und das Völkerschlachtdenkmal kaum weiter entfernt sind. In Verbindung mit einem dichten Netz an Cafés, kleinen Läden und Coworking-Spaces hat sich das Viertel zur „Perle von Leipzig“ entwickelt – ein Prädikat, das Marktbeobachter und Lokaljournalisten gleichermaßen verwenden.

Trotz der starken Aufwertung bleibt in einigen Straßenzügen Raum für weitere Entwicklung: Grundstücke werden neu erschlossen, und modern geplante Wohnquartiere sind in Planung. Gleichzeitig ist die Frage nach sozialer Durchmischung und erschwinglichem Wohnraum eine Herausforderung, die Stadtverwaltung und Investoren in Zukunft beantworten müssen. Eines aber steht heute schon fest: Plagwitz hat seinen Ruf als kreatives Kraftzentrum Leipzigs gefestigt und sich zugleich als attraktives Wohn- und Investitionsumfeld etabliert.

Ob für Familien, Studierende oder Anleger – das Viertel am Fluss bleibt spannend und zeigt exemplarisch, wie Industrie- und Gründerzeitarchitektur in eine moderne Stadtentwicklung integriert werden kann.

Der Speicher Gramzow – Industriedenkmal und Kunstort in der Uckermark

0

Der Speicher Gramzow ist ein bedeutendes technisches Denkmal in der Uckermark, das einen Einblick in die landwirtschaftliche Geschichte und die Speichertechnik der Region bietet. Hier sind einige wesentliche Informationen über diesen historischen Ort:

  1. Geschichte und Bedeutung:
    • Bau und Nutzung: Der Speicher Gramzow wurde Anfang des 20. Jahrhunderts, im Jahr 1928, erbaut und diente ursprünglich als Getreidespeicher. In der landwirtschaftlich geprägten Uckermark spielte die Lagerung und Verarbeitung von Getreide eine zentrale Rolle, und der Speicher war ein wichtiger Bestandteil der lokalen Agrarwirtschaft.
    • Architektur: Der Speicher ist ein imposantes Bauwerk aus Backstein, das die typische Industriearchitektur seiner Zeit widerspiegelt. Er besteht aus mehreren Etagen und verfügt über eine robuste Konstruktion, die auf die Lagerung großer Mengen von Getreide ausgelegt war.
  2. Technik und Ausstattung:
    • Technische Einrichtungen: Im Inneren des Speichers befinden sich historische technische Einrichtungen zur Verarbeitung und Lagerung von Getreide. Dazu gehören Förderschnecken, Elevatoren und Reinigungsanlagen, die heute noch besichtigt werden können.
    • Erhaltung: Der Speicher Gramzow wurde im Laufe der Jahre restauriert und als technisches Denkmal erhalten. Dies ermöglicht Besuchern, einen authentischen Einblick in die landwirtschaftliche Technik und die Arbeitsprozesse vergangener Zeiten zu erhalten.
  3. Heutige Nutzung und Tourismus:
    • Museum: Heute dient der Speicher Gramzow als Museum und Kulturzentrum. Besucher können Ausstellungen über die Geschichte der Landwirtschaft, die Technik des Getreidespeichers und die Entwicklung der Region sehen. Das Museum bietet zudem Führungen an, die die Bedeutung und Funktionsweise des Speichers erklären.
    • Veranstaltungen: Der Speicher ist auch ein Veranstaltungsort für kulturelle Events, Märkte und Feste, die das ländliche Leben und die Traditionen der Uckermark zelebrieren. Solche Veranstaltungen tragen zur Belebung des kulturellen Lebens in der Region bei und ziehen Besucher aus nah und fern an.
  4. Bedeutung für die Region:
    • Kulturelles Erbe: Der Speicher Gramzow ist ein wichtiges Zeugnis der industriellen und landwirtschaftlichen Geschichte der Uckermark. Er trägt zur Bewahrung des kulturellen Erbes bei und dient als Bildungsort für kommende Generationen.
    • Touristische Attraktion: Als technisches Denkmal und Museum ist der Speicher eine Attraktion für Touristen, die sich für Geschichte, Technik und Kultur interessieren. Er ergänzt das touristische Angebot der Uckermark und bereichert das Erlebnis der Besucher in der Region.

Der Speicher Gramzow ist somit ein bedeutendes kulturelles und historisches Highlight der Uckermark, das die landwirtschaftliche Vergangenheit lebendig hält und zugleich ein Ort der Begegnung und Bildung ist.

Neues Wohnen am Lankower See: Kubische Klarheit prägt Schwerins Vorzeigequartier

0

Schwerin. Direkt am Ufer des Lankower Sees hat sich auf einer zehn Hektar großen Brachfläche in den vergangenen acht Jahren ein Wohnquartier entwickelt, das in Schwerin neue Maßstäbe setzt. Unter dem Namen Neues Wohnen am Lankower See entstanden ab 2017 insgesamt 65 großzügige Einfamilienhaus-Parzellen, flankiert von mehrgeschossigen Wohnbauten und einem Seniorenheim im Eingangsbereich des Quartiers.

Bereits 2010 gewann das Konzept der Schweriner Architektengemeinschaft mkk.architekten (Micolajczyk | Kessler | Kirsten) den städtebaulichen Wettbewerb der Landeshauptstadt. Ihr Entwurf sah eine rein kubische Architektur vor, bei der Gebäude mit klar geschnittenen Volumen ohne Dachüberstände und ohne Vor- oder Rücksprünge den städtebaulichen Rahmen bilden. „Ein solch homogenes Erscheinungsbild in Verbindung mit höchster energetischer Effizienz ist in Schwerin bislang einmalig“, erklärt Architektin Karin Kirsten.

Das einheitlich verwendete Fassadenmaterial – regionaltypischer norddeutscher Klinker in Rottönen bis Schwarz – verleiht dem Quartier seine zeitlose Eleganz und Nachhaltigkeit. Durch konsequente Baulinien entlang wichtiger Straßen und Plätze wurden deutliche Raumkanten definiert, gleichzeitig gewähren flexible Gestaltungsregeln in einem ausführlichen Gestaltungshandbuch künftigen Bauherren genügend Freiraum für individuelle Akzente.

Zwischen 2001 und 2006 hatte die Stadt Schwerin zunächst die Bausubstanz des ehemaligen Internatskomplexes Lankow, das seit den 1970er-Jahren bestanden, aber in den 1990ern weitgehend leergestanden hatte, zurückgebaut. Erst mit der Übernahme der weiteren Planung und Entwicklung durch die Walter Wiese Grundstücks- und Erschließungsgesellschaft mbH konnte ab 2016 die Umsetzung des ambitionierten Projekts beginnen.

Heute ist das Quartier nahezu vollständig bebaut, und viele junge Familien haben sich hier niedergelassen. Ein zentraler Quartiersplatz mit Spielbereich und angrenzender Parkanlage bietet Raum für Begegnung, während der Lankower See in wenigen Minuten fußläufig erreichbar ist und Erholung am Wasser verspricht.

Ein beratender Gestaltungsbeirat, dem neben Stadtplanern auch freie Architekten angehören, hat jeden Entwurf von Beginn an begleitet. Erst nach positiver Stellungnahme durften Bauherrinnen und Bauherren ihre Pläne zur Baugenehmigung einreichen. Diese Qualitätssicherung im Planungsprozess ist ein wesentlicher Baustein für die langfristige Werthaltigkeit des Quartiers.

Mit seinem klaren architektonischen Konzept, durchdachten Freiräumen und hohem energetischem Anspruch steht Neues Wohnen am Lankower See heute exemplarisch für die Baukultur in Schwerin – ein Musterbeispiel dafür, wie Stadtumbau zukunftsweisend gelingen kann.

Eisenhüttenstadt 1967: Die geplante Stadt der sozialistischen Stahlträume

0

Eisenhüttenstadt, ursprünglich als Stalinstadt gegründet, ist ein markantes Beispiel für die sozialistische Planwirtschaft und den Aufbau einer Stadt aus der Retorte in der DDR. Die Stadt entstand als direkte Folge des Beschlusses des 3. Parteitages der SED 1950, die DDR von westdeutscher Rohstoffabhängigkeit zu befreien und eine eigene Stahl- und Eisenproduktion aufzubauen. Als Standort für das Eisenhüttenkombinat Ost, dem Herzstück der Stadt, wurde ein ehemaliges Heidegebiet an der Oder und am Oder-Spree-Kanal gewählt, strategisch angebunden an Eisenbahnstrecken, um den Transport der benötigten Rohstoffe zu gewährleisten.

Da die DDR über keine eigenen nennenswerten Rohstoffquellen verfügte, erfolgte die Versorgung mit Erz aus den sozialistischen Bruderländern, vor allem aus der Sowjetunion und Polen. Dies führte zu hohen Transportkosten und machte die Produktion vergleichsweise teuer, doch war das Werk dennoch ein Prestigeprojekt der DDR und ein politischer Standort von großer Bedeutung.

Die Stadt Eisenhüttenstadt symbolisierte den Fortschritt und die „neue sozialistische Gesellschaftsordnung“. Sie sollte nicht nur ein Zentrum der Stahlproduktion, sondern auch ein sozialistisches Wohn- und Lebensmodell darstellen. Hier wurden moderne Wohnungen mit hohem Komfort gebaut, die für viele Arbeiter und ihre Familien attraktiv waren. Günstige Mieten, höhere Löhne und Anreize wie die Arbeiterwohngenossenschaften (AWG) zogen zahlreiche junge Familien an, was zu einem starken Bevölkerungswachstum führte. Eisenhüttenstadt wurde so zu einer Stadt mit vielen jungen Menschen und Kindern.

Die Architektur der Stadt entsprach dem monumentalen Stil der stalinistischen Ära, mit zentralen Gebäuden wie der Poliklinik und dem Krankenhaus, die im Aufbauplan der Stadt klar definiert wurden. Auch das gesellschaftliche Leben war streng nach den Prinzipien der sozialistischen Gesellschaft organisiert. Kulturhäuser, Clubs und das soziale Engagement durch Organisationen wie die FDJ prägten den Alltag.

Doch trotz des wirtschaftlichen und sozialen Erfolgs blieb Eisenhüttenstadt immer abhängig von den Rohstofflieferungen der Sowjetunion und Polens. Die Stadt, ohne eigene Rohstoffbasis, symbolisierte einerseits den industriellen Fortschritt der DDR, andererseits aber auch ihre Abhängigkeit von der sozialistischen Welt.