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AfD-Fraktionschef Björn Höcke kritisiert Justiz und Doppelstrukturen im Thüringer Landtag

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Thüringen. In einer hitzigen Landespressekonferenz nahm Björn Höcke, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, kein Blatt vor den Mund. Der Parteichef sprach über anhaltende Personalprobleme, angeblich benachteiligte Oppositionsrechte und kritisierte scharf die bestehenden Verfahren in der Justiz.

In seinem Auftakt zur Pressekonferenz verwies Höcke auf die noch ausstehende Besetzung der Büroleiterposition, die aufgrund ihrer Vertrauensfunktion nicht über eine öffentliche Ausschreibung erfolgen könne. „Ein guter Büroleiter ist schwer zu finden“, betonte er und zeigte sich optimistisch, in den kommenden Wochen eine Lösung zu finden. Für die Funktion des parlamentarischen Geschäftsführers nannte er hingegen bereits Frau Musa als Nachfolgerin.

Zentral stand die Kritik an den aktuellen Strukturen in der Justiz: Höcke wies das jüngst vorgelegte Gutachten der Landesregierung als „pseudogutachterisch“ zurück, das den Fortbestand alter Verfahren rechtfertige. Insbesondere bemängelte er, dass die eigenen Kandidaten der AfD in geheimen Wahlgängen über mehrere Jahre hinweg wiederholt abgelehnt wurden – ein Umstand, den er als „fünf Jahre Leidensgeschichte“ bezeichnete. Er warnte davor, dass diese Praxis langfristig die Funktionsfähigkeit der Justiz in Thüringen unterminieren könnte.

Auch das sogenannte prälegistrative Konsultationsverfahren, das als doppelte und unnötige Struktur kritisiert wird, stand im Fokus seiner Ausführungen. Höcke erklärte, das Verfahren diene vor allem dazu, die Linke als informellen Koalitionspartner in eine Brombeer-Koalition einzubinden – ein Schritt, den er als bürokratische Überfrachtung und unnötige Belastung für den Landtag ansieht.

Den Abschluss seines Statements bildete eine scharfe Kritik am kommenden Haushalt. Höcke warnte vor einer Neuverschuldung, die er als „in Zahlen gegossenen Stillstand“ und als Verstoß gegen das Prinzip der Generationengerechtigkeit beschrieb. Mit Verweis auf die bereits angekündigten über 150 Änderungsanträge kündigte er zudem eine separate Pressekonferenz zum Thema Haushalt am 2. April an.

Der AfD-Fraktionschef forderte abschließend einen offenen Dialog zwischen den Fraktionen: „Wir laden die Fraktionsvorsitzenden ein, dass wir uns wie erwachsene Menschen zusammensetzen, um festzustellen, welche Rechte die Opposition hat – und welche ihr vorenthalten werden.“ Damit stellte er klar, dass die AfD sich nicht weiter in den bestehenden Prozessen „aufmunitionieren“ lasse, sondern mit voller Kraft an einer besseren parlamentarischen und haushaltspolitischen Zukunft arbeiten will.

Die kontroversen Äußerungen Höckes zeigen erneut, dass die Auseinandersetzungen im Thüringer Landtag nicht nur personeller, sondern vor allem struktureller Natur sind – ein Spiegelbild der aktuellen politischen Spannungen in Thüringen.

Schwerin 1978 – Ein Spiegelbild der DDR-Gesellschaft

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Im zarten Morgengrauen erhebt sich Schwerin, eine Stadt, in der Tradition und Moderne auf subtile Weise miteinander verschmelzen. 1978 erlebt die Hauptstadt Mecklenburgs nicht nur den Alltag ihrer Bürger, sondern auch den Einfluss staatlicher Ideale, die das gesellschaftliche Miteinander prägen. Die imposante Kulisse des Schweriner Schlosses und die glitzernden Seen verleihen der Stadt einen Hauch von historischer Pracht, während moderne Bauten und Plattenbauten den Fortschrittsglauben symbolisieren.

An belebten Plätzen wie dem Schlossplatz und in den ruhigen Wohngebieten spürt man den Kontrast zwischen stolzer Vergangenheit und den Herausforderungen des Alltags. Arbeiter, Angestellte und Handwerker treffen sich in Cafés und an Straßenkanten, um in angeregten Gesprächen die neuesten Entwicklungen des sozialistischen Systems zu diskutieren. Trotz der allgegenwärtigen Kontrolle durch die Stasi gelingt es den Menschen, eine heimliche Vielfalt an Gedanken und Träumen zu bewahren.

Die kulturelle Szene Schwerins blüht in diesem Jahr auf: Theateraufführungen, literarische Lesungen und Musikkonzerte bieten nicht nur Unterhaltung, sondern eröffnen Räume, in denen sich künstlerische Freiheit im Rahmen des sozialistischen Realismus entfaltet. Junge Talente, gefördert durch staatliche Institutionen, wagen es, neue Wege zu beschreiten, ohne den Blick für das Gemeinwohl zu verlieren. In Schulen und Jugendorganisationen wird der Geist der Solidarität vermittelt, der das Fundament der DDR bildet.

Der Alltag in Schwerin offenbart zahlreiche Facetten: Auf belebten Märkten werden regionale Erzeugnisse feilgeboten, während der öffentliche Nahverkehr das stetige Kommen und Gehen der Menschen symbolisiert. Hier treffen sich Generationen, um in gemeinsamen Momenten Ruhe und Gemeinschaft zu finden. Trotz des präsenten Einflusses der politischen Führung bewahren die Bürger ihren eigenständigen Blick auf die Welt. Gespräche in Wartehallen und langen Schlangen vor staatlichen Einrichtungen zeugen von der Hoffnung auf Veränderung und dem unerschütterlichen Glauben an eine bessere Zukunft.

Die Stadtverwaltung plant kontinuierlich Neuerungen, um Schwerin als Vorzeigeort des sozialistischen Erfolgs zu präsentieren. Neben baulichen Maßnahmen steht die Förderung von Kultur und Bildung im Mittelpunkt, denn beide gelten als Schlüssel zur gesellschaftlichen Entwicklung. Experten und Intellektuelle tauschen in Diskussionsrunden Strategien für den Fortschritt aus, während die Bevölkerung im Alltag stets zwischen staatlicher Erwartung und dem Wunsch nach persönlicher Entfaltung abwägt.

So präsentiert sich Schwerin 1978 als ein Ort des ständigen Wandels, in dem der Glanz der Geschichte und der Druck der Gegenwart in einem lebendigen Zusammenspiel stehen. Die Stadt bleibt ein faszinierendes Zeugnis der DDR, in der Idealismus, Hoffnung und leise Widerstandsimpulse zu einem unverwechselbaren Bild verschmelzen.

Prof. Monika Schnitzer warnt vor Reformstau und fordert mutige Wirtschaftspolitik

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In einem Gespräch mit Theo Koll bei phoenix persönlich hat sich Prof. Monika Schnitzer, Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, zu den aktuellen wirtschaftspolitischen Herausforderungen in Deutschland und Europa geäußert. Sie betont die Notwendigkeit schneller Reformen und kritisiert fehlende Zukunftsorientierung bei der neuen Regierungskoalition.

Schnelle Schuldenaufnahme als richtiger Schritt
Ein zentrales Thema des Gesprächs war die schnelle Umsetzung eines Schuldenplans, den vier Ökonomen entwickelt hatten. Schnitzer begrüßt, dass die neue Regierung diesen Vorschlag aufgriff, da schnelles Handeln in der aktuellen Wirtschaftslage essenziell sei. Die Wirtschaftsweisen hatten bereits zuvor eine Reform der Schuldenbremse angeregt, um Investitionen zu ermöglichen. Allerdings fehlte die politische Mehrheit für eine umfassendere Reform, weshalb nun eine pragmatische Lösung umgesetzt wurde.

Von Geoökonomie zu Geopolitik: Neue Herausforderungen für die Wirtschaft
Schnitzer beschreibt einen globalen Wandel, in dem politische Entscheidungen zunehmend wirtschaftliche Entwicklungen beeinflussen. Die Energiekrise, die Pandemie und geopolitische Spannungen hätten gezeigt, dass wirtschaftliche Expertise dringend gebraucht werde. Sie plädiert dafür, wirtschaftliche Stabilität durch gezielte Investitionen zu sichern und nicht durch kurzfristige politische Zugeständnisse.

Kritik an der neuen Koalition: Reformstau droht
Die Wirtschaftsweise sieht mit Sorge auf die Regierungsbildung. Sie warnt vor überzogenen Erwartungen und kritisiert das Sondierungspapier der Koalition als unausgewogen. Während die Reform der Schuldenbremse positiv sei, fehlten ambitionierte Maßnahmen in anderen Bereichen. Besonders im Rentensystem sehe sie dringenden Handlungsbedarf. Maßnahmen wie die Bürgerrente und die Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie hält sie für wenig zielführend, da sie keine langfristige wirtschaftliche Stabilität gewährleisten.

Verteidigungsetat und Investitionen: Fehlgeleitete Prioritäten?
Die geplante Erhöhung des Verteidigungsetats auf 63 Milliarden Euro sieht Schnitzer kritisch. Sie befürchtet, dass dabei Spielräume entstehen, die für weniger dringende politische Projekte genutzt werden könnten. Zwar unterstützt sie Investitionen in die Zukunft, jedoch müssten diese klar definiert und nachhaltig gestaltet sein.

Dringende Reformen: Bürokratieabbau und Rentenanpassung
Als zentrale wirtschaftspolitische Maßnahmen nennt Schnitzer den Bürokratieabbau und eine Reform des Sozialversicherungssystems. Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte müssten schneller abgewickelt werden – als Vorbild dient die sogenannte „Deutschlandgeschwindigkeit“ bei den LNG-Terminals. Zudem sei eine Anpassung des Rentensystems unvermeidlich. Schnitzer schlägt vor, das Renteneintrittsalter schrittweise an die steigende Lebenserwartung anzupassen: Für jedes zusätzliche Lebensjahr solle die Arbeitszeit um acht Monate verlängert und die Rentenzeit um vier Monate gekürzt werden.

Wirtschaftswachstum als Schlüssel zur Stabilität
Schnitzer warnt vor einer Haushaltspolitik, die allen Koalitionspartnern Zugeständnisse macht und dadurch Zukunftsinvestitionen verhindert. Stattdessen plädiert sie für eine Fokussierung auf digitale Infrastruktur, Cyber Security und innovative Technologien wie autonomes Fahren und künstliche Intelligenz. Sie sieht hier große Chancen für die deutsche Wirtschaft, während traditionelle Industriezweige wie die Automobilbranche unter Druck stehen.

Schuldenlast: Herausforderung, aber keine Krise
Die steigende Schuldenquote betrachtet Schnitzer als handhabbar, solange die Mittel klug investiert werden. Sie widerspricht Warnungen vor einer Schuldenkrise in Deutschland oder der EU und sieht das Land im internationalen Vergleich weiterhin als stabil. Entscheidend sei, dass Schulden nicht für Konsum ausgegeben, sondern gezielt für Wachstum genutzt würden.

Handelspolitik unter Trump: Deutschland muss unabhängig werden
Mit Blick auf eine mögliche Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus sieht Schnitzer wirtschaftliche Unsicherheiten auf Deutschland zukommen. Unvorhersehbare Zölle und Handelsmaßnahmen könnten deutschen Unternehmen schaden. Sie plädiert für eine wirtschaftliche Eigenständigkeit Europas und die Bereitschaft, im Handelsstreit notfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Trumps Vorgehen vergleicht sie mit dem eines „Bullis“ auf dem Schulhof – Deutschland müsse wirtschaftlich stark genug sein, um sich nicht erpressen zu lassen.

Spannungen im Sachverständigenrat und persönliche Einschätzungen
Schnitzer bestätigt interne Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Sachverständigenrats, insbesondere hinsichtlich der Annahme eines Aufsichtsratsmandats durch eine Kollegin. Dennoch werde die Zusammenarbeit fortgesetzt. Abschließend äußert sie sich zur Bezeichnung „Wirtschaftsweise“, die sie anfangs skeptisch betrachtete, inzwischen aber aufgrund des hohen Wiedererkennungswerts akzeptiert.

Deutschland braucht eine mutige Wirtschaftspolitik
Schnitzer fordert eine klare wirtschaftspolitische Strategie, die auf Zukunftsinvestitionen setzt und kurzfristige politische Kompromisse vermeidet. Die neue Regierung stehe vor großen Herausforderungen, insbesondere beim Rentensystem, der Bürokratie und der Digitalisierung. Deutschland könne sich keine weitere Reformblockade leisten – jetzt sei die Zeit für mutige wirtschaftspolitische Entscheidungen.

Finanzministerium MV legt Jahresabschluss des Haushaltsjahres 2024 vor

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MV/Schwerin. 2024 war auch für die öffentlichen Haushalte erneut ein herausforderndes Jahr. Die Konjunktur blieb schwach, das Steueraufkommen stagnierte. Diese Entwicklung hatte auch Auswirkungen auf den Landeshaushalt Mecklenburg-Vorpommerns: Ein Haushaltsausgleich konnte nur durch eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage in Höhe von 124 Mio. Euro erreicht werden.

„Die deutschlandweiten Herausforderungen des vergangenen Jahres spiegeln sich auch in unserem Landeshaushalt wider. Der Haushalt konnte nur durch Nutzung von Rücklagen ausgeglichen werden – genau für solche schwierigen Zeiten wurde sie zuvor gebildet“, erläutert Finanzminister Dr. Heiko Geue. „So können wir trotz widriger Rahmenbedingungen weiter auf hohem Niveau in die Zukunft unseres Landes investieren – vor allem in Digitalisierung, Infrastruktur und Wirtschaft. Es ist zum wiederholten Mal gelungen, dass Mecklenburg-Vorpommern mit 17,6% die höchste Investitionsquote aller Flächenländer realisieren konnte. Gleichzeitig hat die Landesregierung haushalterisch rund 900 Mio. Euro Schulden getilgt.“

Die Einnahmen aus Steuern und Bundesergänzungszuweisungen lagen mit rund 7,9 Mrd. Euro etwa 2 % unter den vorherigen Annahmen.

Dennoch wurden umfangreich Schulden abgebaut: Insgesamt konnten 2024 rund 900 Mio. Euro Schulden netto getilgt werden. Damit sank die haushalterische Verschuldung des Landes um etwa 7 %.

Ein Schwerpunkt der Landesausgaben lag erneut auf den Investitionen. Diese stiegen um 314 Mio. Euro (+19 %) auf fast 2 Mrd. Euro. Im Landesbau stiegen die Ausgaben auf 344 Mio. Euro und damit um 57 Mio. Euro über Plan.

Die Personalausgaben blieben dagegen mit rund 2,58 Mrd. Euro deutlich unter dem Soll (-131 Mio. Euro bzw. -5 %). Nicht besetzte Stellen infolge des Fachkräftemangels spielen dabei eine maßgebliche Rolle.

Trump eskaliert Handelskonflikt mit der EU – Brantner (Grüne) fordert klare Reaktion

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US-Präsident Donald Trump setzt erneut auf Konfrontation im internationalen Handel. Bereits in der kommenden Woche sollen Zölle auf europäische Autoimporte in die USA in Kraft treten. Die Reaktionen aus Deutschland und der EU lassen nicht lange auf sich warten. Franziska Brantner (Grüne) betont im ntv „Frühststart“, dass eine starke Antwort notwendig sei, um den Handelskrieg zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Gegenmaßnahmen gefordert
„Trump beginnt den Handelskrieg, den niemand will“, stellt Brantner klar. Dennoch müsse sich die EU entschieden dagegenstellen. Die Europäische Kommission habe bereits Maßnahmen vorbereitet, um auf die US-Zölle mit eigenen Abgaben zu reagieren. Auch kartellrechtliche Fragen kämen dabei ins Spiel. Neben handelspolitischen Vergeltungsmaßnahmen sei es aber ebenso wichtig, eigene technologische Sektoren zu stärken und neue internationale Partnerschaften aufzubauen, betont die Grünen-Politikerin.

Auswirkungen auf deutsche Automobilindustrie
Die neuen Zölle treffen insbesondere die deutsche Autoindustrie hart. Fahrzeuge aus Deutschland werden in den USA teurer, was sich negativ auf die Absatzmärkte auswirken könnte. „Natürlich ist das für unsere Industrie hier nicht gut“, gibt Brantner zu bedenken. Dennoch betont sie, dass das vorrangige Ziel sein müsse, die Zölle gänzlich abzuwenden, um einen vollständigen Handelskrieg zu vermeiden.

Kritik an Schwarz-Rot: „Klimapolitisch katastrophal“
Neben dem Handelsstreit mit den USA sorgt auch die innenpolitische Entwicklung für Diskussionen. Die Union und die SPD verhandeln über eine neue Koalition, die offenbar einige zentrale Errungenschaften der Grünen rückgängig machen könnte. Dazu gehört unter anderem das Bürgergeld, das Heizungsgesetz und eine Verzögerung des Kohleausstiegs. Brantner kritisiert diese Pläne scharf: „Im Klimabereich ist es wirklich katastrophal zu sehen, dass diese neue Regierung wieder auf Kohle und Gas setzen will.“ Besonders problematisch sei, dass dies auch geopolitische Folgen habe – insbesondere mit Blick auf die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen.

Rückkehr der „Moskau-Connection“?
Brisant ist auch die Debatte um Nord Stream 2. Laut Brantner gibt es Hinweise darauf, dass Russland und die USA über eine mögliche Nutzung der Pipeline sprechen. Sie fordert CDU-Chef Friedrich Merz dazu auf, eine Inbetriebnahme kategorisch auszuschließen. „Es wäre unverantwortlich, in alte Abhängigkeiten zurückzufallen“, warnt sie. Die Wiederbelebung der sogenannten „Moskau-Connection“ innerhalb der CDU und SPD sei ein gefährlicher Rückschritt.

Europas Rolle in der Ukraine-Krise
Ein weiteres zentrales Thema ist die europäische Sicherheitspolitik. In Paris trifft sich heute die sogenannte „Koalition der Willigen“ zu einem Ukraine-Gipfel. Dabei wird auch diskutiert, ob europäische Truppen als Friedenstruppe in der Ukraine stationiert werden könnten. Brantner sieht in der Debatte eine Chance, die europäische Verteidigungsunion voranzutreiben. „Wir müssen endlich in eine gemeinsame Verteidigung investieren“, fordert sie. Die Europäische Union dürfe nicht länger nur Zahlmeister sein, sondern müsse aktiv mit am Verhandlungstisch sitzen.

Klare Signale notwendig
Ob Handelskonflikt, Energiepolitik oder Verteidigungsstrategie – Brantner fordert klare Signale von Deutschland und der EU. Der Handelskrieg mit den USA könne nur durch eine entschiedene und koordinierte Reaktion abgemildert werden. Gleichzeitig warnt sie davor, innenpolitisch Fehler zu wiederholen, die Europa erneut in geopolitische Abhängigkeiten führen könnten. Die kommenden Wochen dürften zeigen, ob die deutsche und europäische Politik auf diese Herausforderungen mit der geforderten Entschlossenheit reagieren wird.

Jenoptik mit guter Entwicklung im Geschäftsjahr 2024

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Thüringen/Jena. „Jenoptik hat das Geschäftsjahr 2024 erfolgreich abgeschlossen, und wir haben trotz eines zunehmend schwierigeren Marktumfelds unsere zu Jahresbeginn gesetzten Umsatz- und Ergebnisziele erreicht. Zudem wurde der Neubau unserer Hightech-Fabrik in Dresden planmäßig vorangetrieben und in der Zwischenzeit abgeschlossen. Durch die Implementierung einer schlankeren Organisationsstruktur wollen wir künftig einfacher und effizienter agieren und den Fokus auf unsere Kernmärkte weiter erhöhen. Das laufende Geschäftsjahr wird für Jenoptik angesichts der gegenwärtig überdurchschnittlich hohen Marktunsicherheiten dennoch herausfordernd“, kommentiert Stefan Traeger, Vorstandsvorsitzender der JENOPTIK AG.

  • Robuster Umsatz- und Ergebnisanstieg
  • Bilanz- und Finanzkennzahlen weiter verbessert
  • Dividendenvorschlag 0,38 Euro je Aktie (+8,6 Prozent)
  • Prognose für 2025 reflektiert hohe Marktunsicherheiten

Robuster Umsatzzuwachs – Profitabilität weiter gesteigert
Der Photonik-Konzern Jenoptik hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Wachstumskurs weiter fortgesetzt. So stieg der Umsatz um 4,7 Prozent auf 1.115,8 Mio Euro (i. Vj. 1.066,0 Mio Euro). Zu diesem allein organisch erzielten Wachstum trugen alle Divisionen bei, insbesondere die Division Advanced Photonic Solutions, angetrieben durch eine deutliche Umsatzausweitung im Bereich Halbleiterausrüstung. Den höchsten Zuwachs erzielte der Konzern in Deutschland mit einem Plus von 16,9 Prozent, gefolgt von Europa (ohne Deutschland) mit 5,2 Prozent. In der Region Amerika stiegen die Umsätze leicht um 2,8 Prozent, während die Region Asien/Pazifik das Vorjahresniveau nicht erreichte. Insgesamt wurden 71,5 Prozent des Umsatzes im Ausland erzielt (i. Vj. 74,5 Prozent).

Das EBITDA des Konzerns legte um 5,7 Prozent von 209,6 Mio Euro auf 221,5 Mio Euro zu. Die entsprechende Marge verbesserte sich leicht auf 19,9 Prozent (i. Vj. 19,7 Prozent).

Das EBIT stieg im Geschäftsjahr 2024 deutlich um 16,0 Prozent auf 146,6 Mio Euro (i. Vj. 126,3 Mio Euro). Im Vorjahreswert waren Wertminderungen in Höhe von insgesamt 12,7 Mio Euro enthalten.

Das Ergebnis der Aktionäre lag bei 92,6 Mio Euro (i. Vj. 72,5 Mio Euro); das korrespondierende Ergebnis je Aktie bei 1,62 Euro (i. Vj. 1,27 Euro).

Auftragseingang unter Vorjahresniveau – Investitionen in Kapazitätsausbau
Der Auftragseingang blieb im abgelaufenen Geschäftsjahr insbesondere aufgrund einer schwachen Nachfrage aus dem Automotive-Bereich mit 1.027,7 Mio Euro um 5,9 Prozent unter dem Vorjahreswert von 1.092,2 Mio Euro. Der Auftragsbestand des Jenoptik-Konzerns lag zum Jahresende 2024 bei 670,1 Mio Euro (31.12.2023: 745,0 Mio Euro).

Die Investitionen im Geschäftsjahr 2024 blieben mit 114,6 Mio Euro vor allem infolge des Ausbaus der Produktionskapazitäten am Standort in Dresden erwartungsgemäß weiter auf hohem Niveau (i. Vj. 110,4 Mio Euro). Investiert wurde in eine hochmoderne Reinraum-Fabrik für Mikrooptiken und Sensoren für die Halbleiterausrüstungsindustrie. Anfang 2025 startete die Produktion in der neuen Fabrik wie geplant.

Free Cashflow auf gutem Niveau; Finanz- und Bilanzqualität weiter verbessert
Der Free Cashflow vor Zinsen und Steuern erreichte trotz hoher Investitionen mit 102,9 Mio Euro ein gutes Niveau. Der Vorjahreswert von 127,3 Mio Euro war unter anderem durch die Veräußerung von Immobilien begünstigt. Dementsprechend reduzierte sich die Cash-Conversion-Rate von 60,8 Prozent im Vorjahr auf 46,5 Prozent. Mit einer Eigenkapitalquote von 55,6 Prozent zum 31. Dezember 2024 (31.12.2023: 54,2 Prozent), einer Nettoverschuldung von 395,5 Mio Euro (i. Vj. 423,1 Mio Euro) sowie einem Leverage (Nettoverschuldung im Verhältnis zum EBITDA) von 1,8x (i. Vj. 2,0x) verfügt Jenoptik über weiter verbesserte Finanz- und Bilanzrelationen.

Dividendenerhöhung auf 0,38 Euro je Aktie vorgeschlagen
Jenoptik verfolgt das Ziel, die Aktionäre angemessen an der operativen Geschäftsentwicklung zu beteiligen und gleichzeitig weitere Wachstumsinvestitionen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund schlagen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung eine Dividendenausschüttung von 0,38 Euro je Aktie vor (i. Vj. 0,35 Euro je Aktie). Damit würde sich die Ausschüttungssumme um 8,6 Prozent auf 21,8 Mio. Euro erhöhen.

Geschäftsentwicklung der Divisionen
Die Division Advanced Photonic Solutions erzielte im Jahr 2024 einen Umsatzzuwachs von 5,6 Prozent von 821,2 Mio Euro auf 866,8 Mio Euro. Hierzu trug vor allem eine deutliche Umsatzausweitung im Bereich Halbleiterausrüstung bei. Die EBITDA-Marge der Division lag im Berichtsjahr mit 21,8 Prozent etwa auf Vorjahresniveau (21,9 Prozent). Der Auftragseingang blieb mit 812,8 Mio Euro um 1,7 Prozent unter dem Vorjahreswert von 826,5 Mio Euro.

Die Division Smart Mobility Solutions verzeichnete mit 119,5 Mio Euro einen Umsatz etwa auf dem Niveau des Vorjahres (118,8 Mio Euro). Umsatzzuwächse erzielte die Division in Europa (inkl. Deutschland) sowie in der Region Mittlerer Osten/Afrika. Die EBITDA-Marge erreichte, bedingt durch höhere F+E-Kosten und Investitionen in die Vertriebsstruktur in den USA, 11,4 Prozent (i. Vj. 12,9 Prozent). Der Auftragseingang der Division unterliegt den typischen Schwankungen des Projektgeschäfts und lag im Jahr 2024 bei 122,9 Mio Euro gegenüber 113,6 Mio Euro im Vorjahr.

Der Umsatz der Non-Photonic Portfolio Companies lag mit 125,9 Mio Euro um 4,0 Prozent über dem Vorjahresniveau von 121,1 Mio Euro. Dabei verzeichnete der Bereich Automation einen deutlichen Zuwachs. Die EBITDA-Marge verbesserte sich auf 17,5 Prozent (i. Vj. 14,1 Prozent), angetrieben durch ein verbessertes Ergebnis sowohl im Bereich Automation als auch im Bereich Messtechnik. Aufgrund des schwierigen Marktumfelds lag der Auftragseingang mit 88,5 Mio Euro deutlich unter dem Vorjahreswert von 147,1 Mio Euro.

Ausblick 2025 durch hohe wirtschaftliche und politische Unsicherheiten beeinflusst
Für das Geschäftsjahr 2025 geht der Vorstand für den Jenoptik-Konzern davon aus, dass nach einem schwachen Start im 2. Halbjahr ein Aufschwung, insbesondere in der Halbleiterausrüstungsindustrie, einsetzt. Zudem wird angenommen, dass sich die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen nicht weiter verschlechtern. Dazu gehören insbesondere konjunkturelle Trends, Regulierungen auf europäischer Ebene sowie weitere makropolitische Entwicklungen in unseren wesentlichen Märkten, zum Beispiel Zölle, und die Kriege in der Ukraine und im Mittleren Osten.

Der Vorstand erwartet unter Berücksichtigung der gegenwärtig überdurchschnittlich hohen Marktunsicherheiten für das laufende Geschäftsjahr 2025 einen Umsatz in etwa auf Vorjahresniveau (+/- 5 Prozent) (2024: 1.115,8 Mio Euro). In Bezug auf die EBITDA-Marge geht Jenoptik davon aus, dass diese zwischen 18,0 und 21,0 Prozent liegen wird (2024: 19,9 Prozent). Nach dem Abschluss des Neubaus der neuen Reinraum-Fabrik in Dresden erwartet der Vorstand, dass die Investitionen im Geschäftsjahr 2025 deutlich unter dem Vorjahresniveau von 114,6 Mio Euro liegen werden.

Wie die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Geschichte bewahrt

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Thüringen, das grüne Herz Deutschlands, ist nicht nur für seine malerischen Landschaften und seine kulturellen Traditionen bekannt, sondern auch für seine außergewöhnliche Dichte an historischen Monumenten. Die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten trägt maßgeblich dazu bei, diesen einzigartigen Kulturschatz zu bewahren und erlebbar zu machen.

Ein Netzwerk aus Geschichte und Kunst
Seit 1994 setzt sich die Stiftung mit Sitz auf der Heidecksburg in Rudolstadt für den Erhalt, die Pflege und die Weiterentwicklung von insgesamt 31 bedeutenden Kulturdenkmälern in Thüringen ein. Das Spektrum reicht von romanischen Klöstern und Burgruinen über prächtige Residenzen der Renaissance und des Barocks bis hin zu Lustschlössern mit original erhaltener Raumkunst. Zudem umfasst das Portfolio der Stiftung 12 Garten- und Parkanlagen, die die hohe Gartenkunst der Thüringer Fürsten eindrucksvoll widerspiegeln.

„Unsere Aufgabe geht weit über den Erhalt der Bauwerke hinaus“, erklärt ein Sprecher der Stiftung. „Wir möchten die Geschichte lebendig machen und Menschen für diese außergewöhnlichen Kulturgüter begeistern.“

Ein Balanceakt zwischen Erhalt und Modernität
Der Erhalt der historischen Bauwerke ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Fingerspitzengefühl und Expertise erfordert. Es geht nicht darum, die Schlösser und Burgen in einem neuwertigen Zustand erstrahlen zu lassen, sondern vielmehr darum, ihren gewachsenen Charakter mit all seinen Spuren der Zeit zu bewahren. „Unsere Objekte sollen erzählen können – mit all ihren Narben und ihrer Geschichte“, so die Stiftung.

Doch damit nicht genug: Neben der denkmalgerechten Instandhaltung und Nutzung der Gebäude ist es das Ziel der Stiftung, die Denkmäler mit neuem Leben zu füllen. Durch kulturelle Veranstaltungen, Ausstellungen und Bildungsangebote werden die historischen Orte zu Begegnungsstätten für Kulturinteressierte, Familien und Touristen.

Ein starkes Team für ein gemeinsames Ziel
Hinter den beeindruckenden Bauwerken stehen rund 130 Mitarbeiter mit unterschiedlichsten Qualifikationen – Architekten, Restauratoren, Gärtner, Historiker und Verwaltungsmitarbeiter. „Was uns verbindet, ist die Leidenschaft für unsere Denkmäler und das gemeinsame Ziel, sie für kommende Generationen zu erhalten“, berichtet eine Mitarbeiterin der Stiftung.

Die Arbeit an den historischen Stätten ist für viele mehr als ein Beruf – sie ist eine Berufung. „Wir sind wie Detektive in der Geschichte unserer Objekte unterwegs. Jeder Tag bringt neue Erkenntnisse und Herausforderungen“, erzählt ein Restaurator begeistert.

Thüringens Geschichte zum Anfassen
Die Schlösser und Gärten Thüringens sind weit mehr als steinerne Relikte vergangener Zeiten. Sie sind lebendige Zeugnisse einer reichen Vergangenheit, die durch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten bewahrt, erforscht und vermittelt wird. Besucher sind eingeladen, in diese faszinierende Welt einzutauchen und die kulturelle Vielfalt Thüringens hautnah zu erleben.

Wer sich für die Geschichte Thüringens interessiert, sollte die Schlösser und Gärten der Stiftung unbedingt besuchen – sei es für eine Zeitreise ins Mittelalter, einen Spaziergang durch barocke Parkanlagen oder eine spannende Ausstellung in einer der prächtigen Residenzen.

Michael Kretschmer zwischen Koalitionsoptimismus und harter Finanzpolitik

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In einer Debattenrunde, die erstmals außerhalb von Wahldebatten in Zwickau stattfand, lieferte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer am Abend einen weitreichenden Überblick über die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland und Sachsen. Mit Gästen und Vertretern der „Freien Presse“ diskutierte er offen über die Herausforderungen und Chancen, die vor der neuen Bundesregierung und in seinem eigenen Bundesland liegen.

Koalitionsgespräche und Bundespolitik im Fokus
Kretschmer zeigte sich zuversichtlich hinsichtlich des Fortschritts bei den bundesweiten Koalitionsverhandlungen. „Die Parteien – CDU/CSU und SPD – haben den Wählerauftrag verstanden und grundlegende Reformen in Bereichen wie Migrations- und Wirtschaftspolitik sowie der Rolle des Staates angestoßen“, erklärte er. Dabei hob er hervor, dass der neue Koalitionsvertrag nicht nur aus vagen Eckpunkten bestehen dürfe, sondern detaillierte Vereinbarungen enthalten müsse, um Frustration und Blockaden im Regierungsalltag zu vermeiden.

Der Ministerpräsident warb zudem für eine grundlegende Neuausrichtung in der Migrationspolitik: Die Zahl der Migranten, die in den vergangenen zwei Jahren stark angestiegen sei, solle drastisch reduziert werden, um die Handlungsfähigkeit des Staates wiederherzustellen.

Finanzielle Weichenstellungen und Sondervermögen
Ein zentraler Punkt der Diskussion war das Sondervermögen, das zur Finanzierung von Investitionen in Infrastruktur und Verteidigungsfähigkeit dienen soll. Kretschmer betonte, dass die Länder – Sachsen eingeschlossen – eine Grundgesetzänderung zur Ermöglichung dieser Investitionen befürwortet hätten, sofern gleichzeitig auch Maßnahmen für die deutsche Infrastruktur beschlossen würden. Dabei räumte er ein, dass der Bundeshaushalt vor einer dramatischen Situation stehe: Ein Defizit von 15 bis 18 Prozent sei nicht nur Folge steigender Ausgaben im Sozialbereich, sondern auch mangelnden Wirtschaftswachstums.

„Wir brauchen nicht nur Investitionen, sondern auch konsequente Konsolidierungsmaßnahmen“, forderte Kretschmer. Einsparungen in Bereichen wie Migration und Bürgergeld seien unerlässlich, um die finanzielle Stabilität wiederherzustellen. Gleichzeitig verwies er auf die Problematik der 0,35-Prozent-Verschuldungsgrenze und die damit verbundenen Einschränkungen für den aktuellen Haushalt Sachsens.

Regionale Herausforderungen und Strukturwandel
Ein besonderes Augenmerk legte Kretschmer auf die Krise der Automobilindustrie in Westsachsen. Er forderte die Einrichtung eines bundesweiten Transformationsfonds, um die stark betroffene Region zu unterstützen. Dabei kritisierte er Kompromisse wie den „VW-Kompromiss“, der eine Produktionsverlagerung nach Mexiko und Portugal vorsieht, und appellierte an die Verantwortlichen, das Werk in Zwickau zum effizientesten in Mitteleuropa zu machen. Neben der Automobilindustrie standen auch generelle Investitionen in die regionale Infrastruktur und eine Entlastung der Kommunen auf der Agenda, die durch steigende Kosten im Sozialbereich zusätzlich belastet seien.

Soziale Sicherung und Bildung – Strukturen im Umbruch
Auch in den Bereichen Bürgergeld und Grundsicherung zeichnete Kretschmer ein Bild des Wandels. Er kündigte an, dass künftig Empfänger staatlicher Hilfen strengere Prüfungen, wie etwa eine verpflichtende Vermögensprüfung, durchlaufen müssten. Parallel dazu wurden auch Herausforderungen im Bildungssektor diskutiert: Der steigende Lehrermangel und der Ausfall von Fächern wie Musikunterricht machten deutlich, dass umfassende Maßnahmen notwendig sind, um den Unterrichtsausfall – vor allem in ländlichen Regionen – zu bekämpfen.

Mehr Dynamik für Wirtschaft und Gesellschaft
Abschließend appellierte Kretschmer an alle Beteiligten – von der Bundesregierung bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern – aktiv an der Gestaltung einer zukunftsorientierten Politik mitzuwirken. Er betonte, dass politische Entscheidungen nicht nur Kritik, sondern vor allem konkrete Taten erforderten. Dabei spielten nicht nur wirtschaftliche Weichenstellungen, sondern auch ein gestärkter Zusammenhalt und konstruktiver Dialog zwischen den politischen Akteuren eine zentrale Rolle.

Die Veranstaltung in Zwickau machte deutlich, dass die Herausforderungen in Deutschland und Sachsen vielfältig sind. Doch Kretschmer sieht in einem entschlossenen Kurswechsel, basierend auf detaillierten Vereinbarungen und einer klaren Finanzpolitik, einen Weg, um die Handlungsfähigkeit des Staates und die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft zu sichern.

Integration von Menschen mit Behinderung in der DDR: Das Beispiel VEB Robotron

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In der DDR war Arbeit nicht nur wirtschaftliche Notwendigkeit, sondern auch eine gesellschaftliche Pflicht. Doch wie wurde mit jenen umgegangen, die nicht der Norm entsprachen? Ein Blick auf die geschützte Betriebsabteilung des VEB Robotron in Riesa gibt interessante Einblicke in das damalige System der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung.

Seit 1985 existierte in dem Elektronikbetrieb eine speziell eingerichtete Abteilung für Menschen mit physischen und psychischen Beeinträchtigungen. 33 Mitarbeiter fanden hier eine feste Beschäftigung – 28 von ihnen mit psychischen, fünf mit physischen Behinderungen. Ihr Arbeitsalltag war geprägt von einer auf ihre Fähigkeiten abgestimmten Produktion. In dieser geschützten Umgebung montierten sie elektronische Bauteile für Fernseher, Büromaschinen und Computer. Dabei leisteten sie zusammen die Arbeit von 17 vollbeschäftigten Kollegen – bei einer Fehlerquote von lediglich 0,8 bis 1,2 Prozent.

Ein Arbeitsplatz als Lebensinhalt
Für viele der Betroffenen war der Arbeitsplatz mehr als nur eine Einkommensquelle. „Ich möchte ohne Arbeit nicht leben“, erklärte ein Mitarbeiter. „Ich brauche die Arbeit und den Kontakt zu anderen Menschen.“ Ähnlich äußerten sich andere Kollegen. Die Struktur des Arbeitsalltags gab ihnen Stabilität und half, ihren Alltag sinnvoll zu gestalten. Vier Pausen pro Tag ermöglichten regelmäßige Erholungsphasen, während die offene Gestaltung der Räume soziale Interaktion förderte.

Der Leiter der Abteilung, Roland Mayer, sah seine Arbeit als mehr als nur eine betriebliche Notwendigkeit: „Diese Tätigkeit macht mir viel Spaß. Ich denke, dass ich dazu beitragen kann, dass sich die Behinderten nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in ihrer Freizeit wohler fühlen.“ Unterstützt wurde er von vier Betreuerinnen, die sich um die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten kümmerten.

Soziale Verantwortung in der sozialistischen Planwirtschaft
Die Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsprozess entsprach dem sozialistischen Ideal der DDR, das jedem Bürger eine sinnvolle Tätigkeit zusprach. Doch während diese geschützten Abteilungen eine sinnvolle Lösung boten, waren sie nicht flächendeckend vorhanden. Viele Menschen mit Behinderungen fanden keinen Platz im regulären Arbeitsmarkt. Die Erzählungen der Beschäftigten von Robotron zeigen jedoch, dass dort, wo solche Strukturen geschaffen wurden, Arbeit nicht nur als Pflicht, sondern auch als Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe verstanden wurde.

Heute, mehr als 30 Jahre nach dem Ende der DDR, stellt sich die Frage: Welche Lehren lassen sich aus diesen Erfahrungen für die heutige Arbeitswelt ziehen? Der Blick auf den VEB Robotron zeigt, dass berufliche Integration möglich ist – wenn Gesellschaft und Wirtschaft bereit sind, sich den individuellen Bedürfnissen anzupassen.

Gysis‘ Eröffnungsrede: Vision, Kritik und der Ruf nach umfassender Reform im Bundestag

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In seiner Eröffnungsrede im neu zusammengesetzten Bundestag bediente sich Gregor Gysi eines persönlichen Einstiegs – er erinnerte an ein Plakat aus dem Jahr 1990, das ihn als zukünftigen Alterspräsidenten prognostizierte. Trotz seiner Funktion als dienstältester Abgeordneter und nicht als ältester, dankte er den Bürgerinnen und Bürgern für ihr Vertrauen und verwies humorvoll auf Warnungen bezüglich einer endlos langen Rede. Dabei zog er Vergleiche zu früheren Alterspräsidenten wie Klara Zetkin und Wolfgang Schäuble und würdigte die Leitung des Bundestags durch Bärbel Baas.

Thematisch bewegte sich Gysis von der internationalen Sicherheitslage – er verurteilte den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine und forderte eine neue Sicherheitsordnung in Europa, die auch Russland mit einbezieht – hin zu innenpolitischen Herausforderungen. Er thematisierte die unterschiedlichen Auffassungen im Bundestag zur Friedenssicherung: Während die Mehrheit auf Abschreckung durch militärische Stärke setzt, plädiert Gysi für Deeskalation, Diplomatie und Abrüstung. Dabei kritisierte er auch den Einfluss der privaten Rüstungsindustrie, die an Konflikten profitiere.

Im Bereich der Verteidigung zieht er einen Vergleich zur französischen Streitkräfteausstattung und fordert eine Überprüfung der Strukturen deutscher Rüstungsausgaben. Weiterhin machte er sich zu sozialen und wirtschaftlichen Themen bemerkbar: Er thematisierte die Energiekrise, steigende Lebensmittelpreise, ungleiche Bildungschancen sowie die Herausforderungen im Ausbildungssektor. Seine Vorschläge reichten von der Einführung inflationsangepasster Löhne und Renten bis hin zu reformatorischen Ideen im Gesundheits- und Steuersystem. Auch der Umgang mit der Corona-Pandemie, globale Herausforderungen wie der Klimawandel sowie Migrations- und Integrationsfragen fanden in seiner Rede Erwähnung.

Im internationalen Kontext äußerte Gysi zudem Bedenken hinsichtlich der US-Außenpolitik unter Donald Trump, warnte vor den geopolitischen Folgen historischer Machtverhältnisse und plädierte für eine europäische Selbstbehauptung im globalen Wettbewerb. Abschließend forderte er, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken – etwa durch die Anerkennung des 80. Jahrestages der Befreiung von der Hitler-Diktatur und die Einführung zusätzlicher gesetzlicher Feiertage – und unterstrich die Bedeutung einer offenen, ehrlichen und respektvollen politischen Debatte.

Gysis‘ Rede zeichnet sich durch einen facettenreichen Ansatz aus, der sowohl internationale Konflikte als auch innerstaatliche Herausforderungen in den Blick nimmt. Sein persönlicher Einstieg und die Anekdote aus den 1990er Jahren verleihen der Ansprache eine authentische und sympathische Note. Gleichzeitig gelingt es ihm, historische Bezüge und aktuelle Ereignisse zu verweben, was seine Position als erfahrener und kritisch denkender Politiker unterstreicht.

Die Rede macht deutlich, dass Gysi sich als Brückenbauer sieht – jemand, der verschiedene politische Strömungen zusammenführen will, ohne dabei Kompromisse bei fundamentalen Werten wie Demokratie, Frieden und Rechtsstaatlichkeit einzugehen. Seine Kritik an militärischer Abschreckung und der privaten Rüstungsindustrie spricht einen Wunsch nach einem Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik aus, der stärker auf Dialog, Diplomatie und nachhaltige Lösungen setzt.

Auf der innenpolitischen Ebene fällt seine Forderung nach strukturellen Reformen in Bildung, Gesundheit und Sozialsystemen positiv auf. Indem er sowohl ökonomische als auch soziale Herausforderungen adressiert, präsentiert sich Gysi als ganzheitlicher Reformer, der an der Wurzel von gesellschaftlichen Problemen ansetzen will. Seine Rufe nach mehr Ehrlichkeit in der Politik und der Respekt vor unterschiedlichen Meinungen deuten darauf hin, dass er den aktuellen Diskurs als zu polarisiert und von populistischen Vereinfachungen geprägt empfindet.

Insgesamt wirkt Gysis‘ Rede ambitioniert und vielschichtig: Er kombiniert persönliche Anekdoten, historische Rückblicke und konkrete politische Vorschläge zu einem Plädoyer für einen respektvollen, inklusiven und reformorientierten Bundestag. Diese Mischung aus Nostalgie, Kritik und Zukunftsvisionen könnte darauf abzielen, das Vertrauen in die politische Klasse zu stärken und einen breiteren Konsens in einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft herzustellen.