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Die Berliner Mauer: Ein Blick hinter die Betonfassade des „Antifaschistischen Schutzwalls“

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Berlin – Die Berliner Mauer, über Jahrzehnte hinweg ein physisches Symbol der deutschen Teilung und des Kalten Krieges, war weit mehr als nur eine Betonwand. Ein aktuelles Video des YouTube-Kanals „Videos Ravensburg“ beleuchtet die komplexen Konstruktionsmerkmale und die tiefgreifenden menschlichen Erfahrungen, die mit diesem monumentalen Bauwerk verbunden waren.

Ein undurchdringliches Bollwerk aus Stahlbeton
Im Zentrum der Grenzanlagen stand die „Grenzmauer 75“, das vorderste Sperrelement zum Territorium West-Berlins. Jedes dieser Elemente war 3,60 Meter hoch und 1,20 Meter breit, gefertigt aus stahlbeton- und niereisenverstärktem Material. Die Kosten pro Element beliefen sich auf 856 Mark, zuzüglich weiterer Aufwendungen für Verrohrung und regelmäßigen Farbanstrich. Major Volker Fölbier, ein Spezialist für den Mauerbau, schätzt die Gesamtzahl der in Berlin stehenden Elemente auf rund 29.000, während im Grenzkommando Mitte (rund um Berlin) etwa 45.000 Elemente verbaut waren.

Der Aufbau der Grenzanlagen: Ein System der totalen Kontrolle

Das Videos gibt einen detaillierten Einblick in den Aufbau des Sperrsystems, das darauf ausgelegt war, jede Fluchtbewegung zu unterbinden:
• Grenzmauer 75: Das vorderste Sperrelement von West-Berlin aus gesehen.
• KFZ-Sperrgraben: Ein Graben, der das Überqueren für Fahrzeuge unmöglich machte.
• Kontrollstreifen: Ein Sandstreifen, der Spuren von Grenzverletzern sichtbar machen sollte und durch eine Lichttrasse beleuchtet wurde.
• Kolonnenweg: Eine befestigte Straße, die der schnellen Befahrung und Kontrolle des Grenzabschnitts durch die Grenztruppen diente.
• Splitterbunker: Schutzeinrichtungen für die Grenzposten gegen äußere Einwirkungen.
• Beobachtungstürme: Türme unterschiedlicher Höhen zur Überwachung des gesamten Grenzverlaufs.
• Hundelaufanlage: Eine Einrichtung, die taktisch genutzt wurde, um potentielle Grenzverletzer in bestimmte Richtungen zu lenken.
• Grenzsignalzaun: Ein Zaun, der auf das Durchschneiden oder Berühren der Drähte reagierte und Alarm auslöste.
• Hinterlandsmauer oder Hinterlandszaun: Die rückseitige Begrenzung des Handlungsraums der Grenztruppen.

Die offizielle Haltung der SED, wie sie Albert Norden vom Politbüro 1963 formulierte, war unmissverständlich: „Verrätern gegenüber menschliche Gnade zu üben heißt unmenschlich am ganzen Volke zu handeln“. Dies verdeutlichte die kompromisslose Ideologie hinter dem Bau und der Aufrechterhaltung der Mauer.

Persönliche Schicksale im Schatten der Mauer
Das Video vermittelt auch die menschliche Seite dieser unwirklichen Grenze. Major Volker Fölbier, der 1979 den schmalen Grenzstreifen zwischen Mauer und Spree mit modernster Sicherungstechnik ausbaute – sein „Gesellenstück“ – hatte die Rückseite der Mauer 29 Jahre lang nicht gesehen. Für ihn war die Spree all die Jahre direkt hinter dem Turm.

Ein weiteres Zeugnis ist die Erinnerung an die Oberbaumbrücke, die für Kinder einst der Verbindungspfad zwischen Friedrichshain und Kreuzberg, zwischen Ost- und West-Berlin, war. Nur fünf Minuten von Wohnung und Schule entfernt, wurde sie am 13. August 1961 „dicht gemacht“. Die Kinder spürten, dass „etwas in der Luft lag“. Obwohl täglich Mitschüler in den Westen verschwanden und Begriffe wie „Aus- und Einreise“ bedeutungslos wurden, hegten viele die Hoffnung, dass die Mauer nur von kurzer Dauer sein würde. Doch als die Schule am 1. September 1961, 18 Tage nach dem Mauerbau, wieder begann, waren die Soldaten vor den Häusern eine traurige Realität. Trotz der Erklärungen von Lehrern und Eltern, die Soldaten verteidigten „unsere Interessen“, bleibt das Bild einer tiefen Zäsur in der Geschichte Berlins und seinen Bewohnern haften.

Kathrin Schmidts DDR: Zwischen unbedingter Freiheit und gelebter Gleichheit

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Kathrin Schmidt, die preisgekrönte Schriftstellerin, die nach kritischen Äußerungen zur Corona-Impfpolitik aus dem etablierten Kulturbetrieb verbannt wurde, blickt auf ihre ersten 30 Lebensjahre in der DDR mit einer bemerkenswerten Mischung aus Sicherheit, Pragmatismus und einer tiefen Prägung zurück. Im Gespräch mit Michael Meyen teilt sie ihre Erfahrungen und Gedanken über ein System, das sie als junge Künstlerin und Mutter formte, ohne ihr ein Gefühl der Bedrohung zu vermitteln.

Die frühen Jahre als „Kind der Poetenbewegung“
Schon als Mädchen begann Kathrin Schmidt, Gedichte zu schreiben. Dieser Weg führte sie über Regionalseminare in Thüringen nach Schwerin, wo sich alljährlich die Schriftstellertalente der DDR trafen. Nach einem Psychologiestudium in Jena hatte sie in den 80ern und frühen 90ern zunächst auch die Optionen einer Kinderpsychologin oder Wissenschaftlerin in Betracht gezogen. Ihr Einstieg in die Literatur war dabei eher zufällig und unkonventionell: Sie wurde von einem Deutschlehrer entdeckt, der ihre Gedichte einschickte – ein Weg, den sie selbst nie gewählt hätte, da das Schreiben für sie etwas sehr Persönliches war. Schmidt, die in der DDR vier Kinder hatte, betonte, dass sie sich nie hätte vorstellen können, vom Schreiben ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder Literatur zu studieren. Dennoch erhielt sie nach ihrem ersten Buch, einem Poesiealbum, die Möglichkeit, einen „Sonderkurs“ am Literaturinstitut Leipzig zu besuchen, der ihr ein monatliches Stipendium von 500 DDR-Mark einbrachte und ihr die finanzielle Überbrückung in einer Übergangszeit ermöglichte.

Die Abwesenheit von existenzieller Angst
Eine zentrale Aussage Schmidts über ihre Zeit in der DDR ist die völlige Abwesenheit von Angst. Sie habe sich dort nicht bedroht gefühlt, selbst als Freunde in Bautzen inhaftiert waren oder sie der Opposition nahestand. Sie beschreibt ihre Haltung als jung und unerfahren, nach dem Motto: „Was wollen die mir, was können die mir?“. Mit vier Kindern habe sie sich nicht einspannen lassen. Ihr Verständnis der DDR war nicht „prinzipiell feindlich“. Diese mangelnde existenzielle Angst sei ein Merkmal der DDR gewesen, das auch für Schriftsteller galt, die ihre Bücher nicht an der Zensur vorbei veröffentlichen konnten und stattdessen als Friedhofsgärtner oder Heizer arbeiteten – materielle Not gab es nicht.

Das Erbe eines „egalitären Aufwachsens“
Kathrin Schmidt ist davon überzeugt, dass ihr „tendenziell egalitäres Aufwachsen“ in der DDR ein anderes Bewusstsein geformt hat, das bis heute bei Ostdeutschen nachwirkt. Das Wissen, dass man „nichts Besonderes“ ist, sondern als Schreibende „eine von vielen“, führte dazu, dass die Literaturszene in der DDR von Anfang an „nicht von Konkurrenz geprägt“ war. Auch ihre familiäre Prägung war stark: Sie wuchs in einer gebundenen Familie auf, die ihr Schutz bot.

Die Erfahrungen ihres Vaters, der als Abiturient in einen Protestkontext geraten und deswegen zehn Jahre Haft in den sowjetischen Speziallagern und später in Bautzen verbracht hatte, erfuhr Schmidt erst mit 17 Jahren. Ihr Vater habe sie gebeten, niemals darüber zu sprechen, was sie auch tat. Diese traumatische Geschichte ihres Vaters erschütterte weder ihr Verhältnis zu ihm noch zur DDR, da sie die Verhaftung nicht direkt mit dem System verband, sondern es als eine Gegebenheit der Zeitläufte interpretierte.

Der Herbst ’89 und die Akzeptanz des Wandels
Im Herbst 1989 erlebte Kathrin Schmidt – wie viele andere auch – die Illusion, „den Laden jetzt zu übernehmen“ und die DDR nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Sie war aktiv in der „Initiative für eine Vereinigte Linke“ und saß am Runden Tisch. Doch als bei den Volkskammerwahlen am 18. März 1990 die Allianz für Deutschland (CDU/DA/DDU) mit 40% gewann, sah sie sich als Demokratin unterlegen. Sie fügte sich dem Ergebnis und war „relativ froh, dem Grundgesetz der Bundesrepublik zu unterliegen“. Im Nachhinein räumt sie jedoch ein, dass sie damals als 30-Jährige die massiven Kampagnen und Finanzierungen aus dem Westen, die dieses Wahlergebnis mitbeeinflussten, nicht wahrgenommen habe.

Ein tief verwurzeltes Selbstverständnis
Die Erfahrungen in der DDR haben Kathrin Schmidt maßgeblich geprägt. Sie ist stolz darauf, ihre fünf Kinder – die ersten beiden als Alleinerziehende – bekommen zu haben, ohne darüber nachzudenken. Die DDR habe es materiell ermöglicht, dass eine Frau mit Kind alleine zurechtkam, auch durch Maßnahmen wie den Haushaltstag oder die Kinderbetreuung, wenngleich dies auch der Mobilisierung von Frauen für die Wirtschaft diente.

Heute betrachtet Schmidt die Welt mit einer gewissen Resignation, dass sie nach „anderer Leute Gesetzen“ läuft und historische Ereignisse sich wiederholen. Dennoch bleibt ihr ein tief verwurzeltes Selbstverständnis aus der DDR-Zeit, das sie befähigt, zu dem zu stehen, was sie wirklich denkt, ohne Angst vor den Konsequenzen.

Der mystische Nikolassee und die Geheimnisse des Düppeler Forstes

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Berlin, eine Stadt der Kontraste, birgt auch abseits der bekannten Pfade wahre Schätze für Abenteurer und Geschichtsliebhaber. Der Nikolassee, oft übersehen und als der westlichste See der berühmten Grunewaldseenkette kurz vor der Havel gelegen, entpuppt sich als ein Ort voller Mysterien und einer faszinierenden Historie. Doch nicht nur der See selbst, sondern auch die angrenzenden Wälder des Düppeler Forstes halten unerwartete Entdeckungen bereit, wie der Outdoor-Enthusiast Frank Stilke auf einer seiner jüngsten Wanderungen feststellte.

Der Nikolassee: Ein See mit bewegter Vergangenheit und wundersamer Rettung
Der Nikolassee ist kein großer See, erscheint jedoch „sehr geheimnisvoll“ und „mystisch“. Vom Ufer aus bietet er einen „recht romantischen“ Anblick. Wer den See umrunden möchte, stößt auf Herausforderungen: An einer Stelle führt ein schmaler Kanal entlang, der nicht überquert werden kann, und der Weg kann zu einem „Abenteuer“ werden, wenn man sich durch Spinnweben kämpfen muss.

Die Gegend um den Nikolassee war einst „eine absolut bevorzugte Wohngegend“, gesäumt von „sehr vielen alten recht bekannten Villen“. Doch die idyllische Lage barg auch eine Gefahr: Der Nikolassee wird vom Grundwasser gespeist. Durch die zunehmende Urbanisierung und den Bau immer weiterer Häuser, die Grundwasser entnahmen, sank der Wasserspiegel dramatisch ab, sodass der See 1910 „komplett ausgetrocknet“ war – das Ende allen Lebens im See.

Doch die Natur fand ihre Fürsprecher: Nur drei Jahre später, im Jahr 1913, wurde ein ehemaliges Restaurant, dessen Reetdach abgebrannt war, zu einem Pumpwerk umgebaut. Seitdem wird Wasser aus der Havel entgegen der ursprünglichen Fließrichtung in den Nikolassee gepumpt, um neues Leben zu ermöglichen. Heute ist der Nikolassee ein wichtiges Naturschutzgebiet und „Refugium für Vögel aller Art“. Es ist ein „Juwel“, für dessen Erhalt man sich „besondere Mühe gegeben hat“. Diese Rettungsaktion ist kein Einzelfall in Berlin: Der Riemeistersee, der 1911 aus derselben Problematik trockenfiel, wurde ebenfalls durch ein Pumpwerk revitalisiert und gilt als schützenswertes Gebiet.

Ein weiterer markanter Punkt am Nikolassee ist die Avus, die direkt am See entlangführt und an der derzeit kräftig gebaut wird. Obwohl die Baustelle eine Umkehr des Wanderers erzwang, bleibt der See ein „recht geheimnisvoller Ort“ mit einem „zusätzlichen Gruselfaktor“. Laut Aufzeichnungen gilt er sogar als der „dunkelste Ort von ganz Berlin“.

Die Avus: Vom Rennkurs zur Stadtautobahn
Direkt über dem Nikolassee dröhnt der Verkehr der Avus, einer Autobahn mit einer bemerkenswerten Geschichte. Die Avus war viele Jahre lang „die schnellste Rennstrecke der Welt“. Mit einer Nord- und einer Südkurve und ansonsten geradem Verlauf konnten Rennfahrer fast die ganze Zeit Vollgas geben. Legendäre Rennen fanden hier schon in den 1930er-Jahren statt, darunter Duelle zwischen der Auto Union und Mercedes-Benz. Interessanterweise stammt die Bezeichnung „Silberpfeile“, die Mercedes-Benz später übernahm, ursprünglich von der Auto Union, die bereits in den 1930ern Aluminiumfahrzeuge baute, um das Gewicht zu reduzieren und so ein besseres PS-pro-Kilogramm-Verhältnis zu erzielen.

Der Lärm dieser Auto- und Motorradrennen war „ein Höllenkrach“, der „kilometerweise in die Stadt hineingehört“ wurde. Das letzte Rennen fand im April 1998 statt, gefolgt von einer riesigen Abschiedsparty am 1. Mai 1999. Seitdem ist die Avus „rein nur eine Stadtautobahn“. Tragischerweise gab es in ihrer Rennsportgeschichte auch einen „fürchterlichen Unfall“ an der erhöhten Nordkurve, bei dem ein Auto durch die Leitplanken in die Zuschauertribünen schoss und „etliche Tote“ forderte.

Auf Spurensuche im Düppeler Forst: Rätselhafte Grundmauern und die Friedhofsbahn
Nach dem Abenteuer am Nikolassee begab sich der Wanderer Frank auf die Suche nach „mystischen Gebäuderesten“ mitten im Düppeler Forst, die möglicherweise zu einer „alten Gleisstrecke“ gehörten. Die Bodeneigenschaften in Berlin, geprägt durch eine bis zu 200 Meter hohe geschlossene Eisdecke vor 11.000 Jahren, sind vergleichbar mit losem Wüstensand. Dies macht Bauwerke wie Brücken, die über Jahrzehnte halten, zu einem faszinierenden Wunder der Ingenieurskunst.

Auf seiner Suche im Wald entdeckte Frank quadratische „Grundrisse“ und „eindeutig Steine, die man zum Bauen verwendet hat“. Obwohl das gesuchte ehemalige Bahngebäude nicht gefunden wurde, führte der Weg zu weiteren spannenden Entdeckungen. Er kreuzte das Gleisbett der Friedhofsbahn, eine Bahnstrecke, die 1915 eröffnet wurde und deren eigentliches Ziel Stahnsdorf war. Hier fanden sich alte Signale, die auf Zugaktivitäten schließen lassen, und ein „uralter Kilometerstein der Friedhofsbahn mit der legendären Eins drauf“.

Die Wanderung durch den Wald offenbarte nicht nur historische Spuren, sondern auch die Nähe zu einem Schießplatz der Polizei, dessen Knallen als „Freudenfeuerwerk“ des Wanderers interpretiert wurde. Die Geschichte der Region ist reich und vielfältig, und der Düppeler Forst entpuppte sich als ein „märchenhaft schöner“ Ort.

Frank Stilkes Erkundungstour durch den Nikolassee und den Düppeler Forst zeigt, dass Berlin weit mehr zu bieten hat als nur die bekannten Touristenattraktionen. Es ist eine Stadt, deren Landschaft wie ein altes, vielschichtiges Geschichtsbuch ist; man muss nur die Seiten umblättern und tiefer graben, um verborgene Kapitel und faszinierende Erzählungen über Natur, Technik und menschliches Handeln zu entdecken.

Willkommen in Plauen – Eine Stadt, die Geschichten atmet und zum Verweilen einlädt

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Plauen, die charmante „Spitzenstadt“ im Vogtland, lädt Besucher dazu ein, in ihre 900 Jahre alte Stadtgeschichte einzutauchen und eine lebendige Mischung aus Tradition, Kultur und Natur zu erleben. Wer Plauen besucht, entdeckt nicht nur eine Stadt, sondern eine Heimat, in der „jede Ecke Geschichten erzählt“.

Die Stadt Plauen ist reich an Historie und eng verbunden mit bedeutenden Epochen und Persönlichkeiten. Hier begegnet man der Geschichte der Vögte und der weltberühmten Plauener Spitze. Auch die Werke von Erich Ohser, bekannt für seine beliebten „Vater und Sohn Geschichten“, haben hier ihre Wurzeln. Plauen spielte zudem eine wichtige Rolle während der friedlichen Revolution, was ihre Bedeutung als Ort des Wandels und der Freiheit unterstreicht.

Ein Spaziergang durch Plauen ist eine Reise für die Sinne. Die schmucke Altstadt mit ihren historischen Gebäuden lädt zum Flanieren ein. In der gemütlichen Fußgängerzone finden sich zahlreiche Cafés, Restaurants und kleine Geschäfte, die zum Bummeln und Genießen einladen. Plauen verspricht nicht nur urbanes Flair, sondern auch kulinarische Genüsse mit seiner Vogtländischen Küche. Das Angebot an Kunst, Kultur und Events sorgt für einen abwechslungsreichen Aufenthalt und macht Plauen zu einem lebendigen Ort voller Tradition und Geschichte.

Für alle, die Entspannung oder Aktivitäten im Grünen suchen, bietet Plauen einen einzigartigen Vorteil: Die idyllische Natur ist von der Stadt aus schnell erreichbar. Ob für Familien oder Einzelreisende – die zahlreichen Freizeitangebote garantieren einen abwechslungsreichen Aufenthalt für jeden Geschmack.

Plauen ist mehr als nur ein Reiseziel; es ist ein Ort, der zum Bleiben einlädt, ein „lebendiger Ort voller Tradition und Geschichte“. Die Stadt empfängt ihre Gäste mit offenem Herzen und dem Versprechen, sie zu verzaubern. Sie ist eine Stadt, in der sich das pulsierende Leben mit tief verwurzelter Geschichte verbindet und jeden Tag neue, schöne Seiten entdecken lässt.

Man könnte sagen, Plauen ist wie ein altes, reich illustriertes Buch, dessen Seiten sich erst nach und nach enthüllen, aber jede einzelne ist voller faszinierender Geschichten und lebendiger Details, die darauf warten, entdeckt und weitergegeben zu werden.

Das letzte Spiel der DDR: Eine Nation im Umbruch und ein Finale im Zeichen der Anarchie

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Berlin, 2. Juni 1990 – An diesem denkwürdigen Tag fand in Ost-Berlin das letzte Pokalfinale der DDR statt: Dynamo Dresden, der amtierende Meister, traf auf den Zweitligisten PSV Schwerin. Es war mehr als nur ein Fußballspiel; es war ein Spiegelbild einer Nation im radikalen Umbruch, gefangen zwischen dem Mauerfall und der bevorstehenden Währungsunion.

Eine Gesellschaft in Auflösung
Das Jahr 1990 war eine Zeit der Anarchie, in der Autorität kaum noch zählte. Die DDR befand sich im Schweinsgalopp des gesellschaftlichen Wandels. Der Sozialismus war am Ende, und die Marktwirtschaft dominierte schnell das Geschehen, brachte volle Supermärkte, aber auch neue Chancen und Risiken mit sich. Überall schossen neue Geschäfte aus dem Boden, selbst im Bereich der Erotik, die zuvor unterdrückt worden war, was zu einem Boom von Sexshops und -magazinen führte.

Diese wilde Zeit war geprägt von Aufruhr und Randale. Die Deutsche Mark war das alles beherrschende Thema, selbst unter den Fußballern, obwohl sie erst im Juli eingeführt werden sollte. Wer die schnellste Einführung der D-Mark versprach, wurde gewählt, und viele versuchten, auf die Schnelle „Euros oder D-Mark“ zu kassieren. Diese Unsicherheit, gepaart mit dem Verlust von Orientierung und Sinn, führte bei vielen Bevölkerungsgruppen zu starker sozialer Verunsicherung und zur Bewältigung von Konfliktlagen in destruktiver Form, was sich in einer Zunahme von Kriminalität und Gewalt zeigte.

Der Fußball als Ventil der Gesellschaft
Das Pokalfinale selbst litt unter diesen Umständen. Mit nur 6.000 Zuschauern war das Interesse deutlich geringer als in den Vorjahren. Der Fußball war in der gesellschaftlichen Rangfolge weit nach unten gerutscht; andere Dinge wie Westautos oder Reisen standen im Vordergrund. Das Programmheft des Finales trug sinnigerweise eine „Bestattungsanzeige“ – sollte der Fußball zu Grabe getragen werden?

Gleichzeitig brachen sich im Fußball bisher selten gesehene Formen der Gewalt Bahn. Insbesondere in Dresden und Berlin kam es zu massivem Gewaltpotenzial zwischen Fangruppen. Schon im Halbfinale zwischen Schwerin und Lok Leipzig gab es schwere Ausschreitungen, die die Volkspolizei überforderten. Die Gründe dafür liegen tief in der gesellschaftlichen Unzufriedenheit und Aggression, die sich hier ein Ventil suchte. Zuvor wurden solche Verhaltensweisen in der DDR rigoros unterdrückt; bekannte Randalierer mussten sich während der Spiele bei der Polizei melden.

Das Spiel und die Spieler: Ein Abgesang auf eine Ära
Obwohl Schwerin als Außenseiter galt, bewies die Mannschaft um Trainer Manfred Rohde und den jungen Matthias Stammmann viel Einsatz und Härte. Die Schweriner wollten den Dresdnern beweisen, dass auch in Schwerin Fußball gekickt wird. Dynamo Dresden, mit erfahrenen Nationalspielern und aufstrebenden Talenten wie Matthias Sammer, Ulf Kirsten, Jörg Stübner, Hans-Uwe Pilz, Andreas Trautmann und Matthias Döschner, war für West-Vereine ein „gefundenes Fressen“. Dresden gewann das Finale letztendlich mit 2:1, was den letzten großen Titel für Dynamo Dresden markierte. Für Schwerin war das Finale der Höhepunkt der Vereinsgeschichte, und einige Spieler machten später eine bemerkenswerte Karriere.

Der Ausverkauf der Talente
Die besten Fußballer der DDR wollten in den Westen, und die Ostclubs konnten sie nicht halten. Manager wie Reiner Calmund von Bayer Leverkusen erkannten früh die neuen Möglichkeiten. Schon fünf Wochen nach dem Mauerfall wechselte Andreas Thom als erster DDR-Spieler in die Bundesliga. Das Finale war für viele Spieler die letzte Möglichkeit, sich auf großer Bühne zu präsentieren. Calmund hatte Sammer und Kirsten im Visier und nahm sogar eine Intervention von Bundeskanzler Helmut Kohl, der einen „Ausverkauf der DDR“ verhindern wollte, in Kauf, um Kirsten zu verpflichten. Kirsten wechselte für die damals mit Abstand höchste Ablösesumme in der Geschichte Leverkusens, deren Übergabe kurioserweise bar im Kofferraum stattfand. Matthias Sammer ging für 2,7 Millionen D-Mark nach Stuttgart. Auch Matthias Stammmann aus Schwerin wurde von Calmund entdeckt und wechselte für 350.000 D-Mark nach Leverkusen.

Die Spieler waren in dieser Zeit der schnellen Veränderungen oft ahnungslos und überfordert. Sie waren nie zuvor mit solchen Entscheidungen konfrontiert worden. Viele unseriöse Agenten und „kleine Ganoven“ versprachen ihnen das Blaue vom Himmel, ob Autos oder Vereinswechsel, und versuchten, auf die Schnelle Geld zu machen. Viele Sportler machten Fehler, da sie die Komplexität der neuen Marktwirtschaft – von Krankenversicherungen über Steuern bis hin zu Verträgen – nicht verstanden. Sie zahlten „Lehrgeld“.

Der Zerfall der Mannschaften und persönliche Tragödien
Der Abgang der Spitzenspieler wie Sammer, Kirsten, Pilz, Döchner und Trautmann war ein bitterer Verlust für die Fans und die Mannschaften. Die Spieler empfanden den Zerfall als schmerzhaft, da sie wie eine Familie zusammengelebt und trainiert hatten; die gewachsenen zwischenmenschlichen Beziehungen gingen verloren.

Hinzu kamen die Stasi-Enthüllungen, die nach dem Pokalsieg ans Licht kamen. Spieler wie Thorsten Gütsch und Frank Lieberam hatten jahrelang als Informelle Mitarbeiter (IMS) über Teamkollegen berichtet. Diese Erkenntnisse waren für die Betroffenen ein „schwerer Ballast“ und emotional kaum zu verarbeiten. Es gab Lügen und Halbwahrheiten, die darauf abzielten, anderen zu schaden. Viele der betroffenen Spieler empfanden es als so belastend, dass sie die Akten später symbolisch „beerdigten“.

Während viele Spieler wie Ulf Kirsten und Matthias Sammer weltweit bekannt wurden und eine erfolgreiche Karriere hinlegten, endete der Weg von Jörg Stübner tragisch. Er galt als das größte Talent und der „beste Spieler, der es nicht geschafft hat“. Stübner hatte Schwierigkeiten, sich an die neue Selbstständigkeit anzupassen, da in der DDR alles für die Spieler geregelt war – von der Wohnung bis zur Versicherung. Er war privat labil, kämpfte mit Alkoholproblemen und verlor den „Biss“, der in der neuen Gesellschaft notwendig war. Trotz vieler Hilfsangebote konnte er sich nicht helfen lassen und starb zu früh.

Das letzte Pokalfinale der DDR war somit ein Spiel voller Gegensätze: der sportliche Triumph von Dynamo Dresden, die Hoffnung auf neue Karrieren im Westen, aber auch die tiefe Verunsicherung, der gesellschaftliche Umbruch und persönliche Tragödien. Es war ein bewegendes Symbol für das Ende einer Ära und den Beginn einer ungewissen, aber auch hoffnungsvollen Zukunft.

Leuchtenburg: Wo Porzellan Geschichten erzählt und Wünsche fliegen lernen

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Hoch oben, wo sich Himmel und Horizont begegnen, thront die majestätische Leuchtenburg wie aus einem Märchen. Doch hinter ihren historischen Mauern verbirgt sich weit mehr als nur eine malerische Kulisse: Die Porzellanwelten auf der Leuchtenburg öffnen das Tor zu einer einzigartigen Zeitreise. Hier wird das „weiße Gold“, das die Burg bewacht, zum Protagonisten einer faszinierenden Erzählung.

Besucher tauchen ein in eine jahrhundertelange und kontinentübergreifende Geschichte eines Materials, das die Welt veränderte und dessen Geheimnisse es zu lüften gilt. Die Porzellanwelten sind dabei keine statische Ausstellung, sondern ein interaktives Erlebnis. Wer das Geheimnis des Porzellans ergründen möchte, wird selbst zum Forscher. Interaktive Welten lassen Porzellan spürbar werden – von fernöstlicher Erzählkunst, die im Schattentheater lebendig wird, bis hin zum Staunen in europäischen Wunderkammern und vor Superlativen.

Ein besonderer Höhepunkt ist die einzigartige Porzellankirche, die zu besinnlicher Ruhe einlädt. Hier finden Besucher einen Ort der Einkehr und Kontemplation inmitten der glänzenden Schönheit des Porzellans.

Doch die Leuchtenburg bietet nicht nur historische Einblicke, sondern auch eine zutiefst persönliche Erfahrung im Archiv der Wünsche. Hier können Herzensworte auf Porzellan geschrieben werden, und Wünsche sowie Wunder werden wahr. Der emotionale Höhepunkt ist der Moment, in dem der eigene Wunsch in 400 Metern Höhe fliegen gelassen wird – eine Anspielung auf den tief verwurzelten Volksglauben: „Scherben bringen Glück“.
Die Porzellanwelten auf der Leuchtenburg sind somit mehr als nur ein Museum; sie sind ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird, Kunst bewundert werden kann und persönliche Träume in Erfüllung gehen. Wer dieses einzigartige Erlebnis entdecken möchte, sollte sich auf den Weg machen, um die Magie des „weißen Goldes“ selbst zu spüren.

Die Porzellanwelten sind wie ein offenes Geschichtsbuch, dessen Seiten nicht nur gelesen, sondern auch gefühlt und erlebt werden können, und in dem jeder Besucher sein eigenes kleines Kapitel der Hoffnung hinzufügen darf.

Riesa im Umbruch: Eine persönliche Wende mit der Feder

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Die Wendezeit in Riesa war eine „ganz wilde Zeit“, geprägt von Hoffnung, Unsicherheit und tiefgreifenden Veränderungen, die das Leben der Menschen grundlegend umkrempelten. Heike Berthold, die seit 1961 ununterbrochen in Riesa lebt, bietet einen intimen Einblick in diese Ära, die sie als Journalistin und Bürgerin miterlebte.

Vor dem Fall der Mauer hatte Heike Berthold bereits ein Journalismusstudium in Leipzig absolviert und ein Volontariat in Dresden gemacht. Doch ihre Parteizugehörigkeit zur NDPD verhinderte eine journalistische Anstellung bei etablierten Zeitungen oder Rundfunkstationen. Stattdessen landete sie 1985 bei der Wohnungsgesellschaft, wo sie als „rechte Hand vom Chef“ Reden schrieb und Eingaben bearbeitete – eine Tätigkeit, die sie als „bisschen paradox“ empfand, da der Chef ein Genosse war. Die Stimmung in der Bevölkerung war klar: Das kleine Land überhob sich aus Prinzip. Die Mieten waren zu gering, das Brot zu billig, während Wohnungen nicht saniert werden konnten und Brot letztendlich verfüttert wurde.

Der unerwartete Sprung in die Freiheit
Im Jahr 1988 hatte Heike Berthold „die Nase voll“ von den unerfüllten Versprechungen bezüglich der Wohnungssanierungen. Sie kontaktierte den Rundfunk und erfuhr von der Möglichkeit einer Schnell-Ausbildung für Journalisten im Haus der Presse, um sich selbstständig zu machen. Dies war eigentlich ein Unding, da freischaffende Journalisten in der DDR aussterben gelassen wurden. Rückblickend sieht sie die Zulassung als freischaffende Journalistin als eine „Andeutung der Wende“, auch wenn der Umbruch sie und die meisten anderen „ziemlich überrannt“ hat. „Wir wollten alle oder die meisten in den bessere[n] DDR“, erinnert sie sich.

Die Ereignisse überschlugen sich: Eine große Veranstaltung in der Kirche in Gröber am 30. Oktober 1989 markierte einen Wendepunkt, bei der man aus Angst vor Repressalien das Auto weit entfernt abstellte. Dann kam der 9. November 1989. Die Nachricht des Schal Golotkowski im Fernsehen, dass man „rüber“ konnte, war „ziemlich verblüffend“.

Vom „Schere im Kopf“ zur Meinungsfreiheit
Im Dezember 1989, noch im Schockzustand über die rasanten Veränderungen und die Unmöglichkeit zu planen, schloss sich Heike Berthold der Ortsgruppe des Journalistenverbandes an. Bereits im November 1990 erschien die erste Sonderausgabe des Riesaer Tageblatts. Anfangs fehlte das „Know-how“ über Honorare oder Rechte, doch die Stadt unterstützte das Vorhaben, und ein Wirtschaftsförderer aus Mannheim, Walter Hansen, half mit. Die Nachfrage war riesig, die Leute freuten sich über etwas Neues und die Zeitung begann mit viel Heimatgeschichte.

Der größte Unterschied zum Journalismus in DDR-Zeiten? Die „Schere im Kopf“ war weg. „Wir wussten schon wie weit wir gehen konnten Das war weg Das mussten wir auch erst lernen“, erklärt Berthold. Sie staunt noch heute über den Mut, den sie damals hatten, als sie die ersten Exemplare lesen: „wir haben wirklich auch beim Stadtrat was was haben wir geschimpft und die Leute kritisiert völlig unbefangen Man konnte drauf loschreiben“. Dies war eine neue, befreiende Erfahrung. Doch es kamen auch neue Herausforderungen hinzu: Man wusste nicht mehr, wo die Gefahr lauerte – sie konnte politisch sein oder Anzeigenkunden verärgern. Hinzu kam der wirtschaftliche Niedergang, der die Anzeigen Einnahmen, die anfangs auch aus dem Westen kamen, immer weiter schrumpfen ließ. Heute macht Heike Berthold das Amtsblatt der Stadt.

Riesa und das Stahlwerk: Ein Symbol des Wandels
Riesa war in dieser Zeit ein Brennpunkt, besonders durch das Stahlwerk. Mit 12.000 Beschäftigten hing „fast jede Familie“ in der Stadt mit dem Stahlwerk zusammen, was dessen Erhaltung so wichtig machte. Die Treuhand nutzte Riesa als Beispiel, indem sie Fördergelder für den Abriss und Neubau statt für die Erhaltung vergab – ein riskanter, aber funktionierender Ansatz. Journalistische Delegationen aus ganz Deutschland besuchten Riesa, und die Zerstörung des Alten und der Neubau, die parallel abliefen, waren für viele unfassbar real. Heike Berthold erlebte den letzten Abstich im Stahlwerk mit, bei dem „Tränen geflossen“ sind und Blumen in die Anlagen geworfen wurden – ein Zeichen des Abschieds von einem Betrieb, der ein ganzes soziales System umfasste, von der Bauabteilung bis zu Wohnungen. Prominente Politiker, darunter auch Angela Merkel, gaben sich in Riesa die Klinke in die Hand.

Erkenntnisse für die Zukunft
Aus dieser turbulenten Zeit zieht Heike Berthold wichtige Lehren: Man sollte nie alles als gegeben hinnehmen, denn „es kann sich alles von heute auf morgen ändern“. Die Wende, die so friedlich ablief, zeigte, dass sich das Leben unerwartet wandeln kann. Anfängliche Skepsis gegenüber westlichen Unternehmensberatern wich der Erkenntnis, dass „die auch alle bloß mit Wasser [kochten]“. Die Möglichkeit zur Reisefreiheit, für die viele gekämpft hatten, wurde nicht immer genutzt, weil „die Arbeit wichtiger die Familie wichtiger Es kam immer irgendwas dazwischen“. Eine zentrale Erkenntnis für sie ist: „Was wir können machen wir gleich Also nichts hinausschieben“.

Die Wende in Riesa, so wie Heike Berthold sie erlebte, war ein Prozess des Loslassens von alten Sicherheiten und des Ergreifens neuer Chancen, oft ohne zu wissen, was kommen würde. Es war eine Zeit, in der das Selbstbewusstsein wuchs und die Erkenntnis reifte, dass man die Möglichkeiten, die das Leben bietet, stets nutzen sollte.

Spartakiade 1967: Sport, Propaganda und ein Hauch gesamtdeutscher Einheit

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Ost-Berlin, 1967. Die DDR inszenierte mit der Kinder- und Jugendspartakiade ein Mammutereignis, das weit über den sportlichen Wettkampf hinausging und als eindrucksvolle Demonstration der Stärke und des Selbstbewusstseins eines eigenen Staatsgebildes diente. Der Höhepunkt dieser Veranstaltung war eine „Mammutsportschau“ in Ost-Berlin, an der 13.000 Zwölf- bis Achtzehnjährige teilnahmen. Diese jungen Athleten waren die Elite, die sich in zuvor stattgefundenen Ausscheidungskämpfen qualifiziert hatten, an denen sich zwischen Ostsee und Erzgebirge unglaubliche zwei Millionen Kinder und Jugendliche beteiligt hatten.

Der immense Aufwand, der betrieben wurde, schien sich auf den ersten Blick zu lohnen: Bei der Spartakiade wurden 116 Kinder- und Jugendrekorde aufgestellt. Dies nährte in Mitteldeutschland berechtigte Erwartungen im Hinblick auf die kommenden Olympischen Spiele in Mexiko und München. Doch das Sportereignis war weit mehr als nur ein Kräftemessen junger Talente. Das Regime nutzte die Gelegenheit auf geschickte Weise, um seine Eigenstaatlichkeit zu demonstrieren und verstand es, „keine Chance ungenutzt zu lassen“.

Mit allen Mitteln der Propaganda und einer imponierenden Organisation gab das Regime den jungen Sportlern Anlass zu Stolz und jugendlicher Begeisterung. Die Absicht war klar: Der Stolz auf die eigene Leistung sollte „ganz von selbst auch zum Stolz auf einen eigenen Staat“ werden. Selbst die Volksarmee war präsent und warb auf „ganz unpolitische Weise“ mit sportlich-volkstümlichen Einlagen für sich.

Trotz aller Bemühungen und der „Erziehung zu einem separaten deutschen Nationalbewusstsein“ zeigte sich jedoch ein interessantes Phänomen: Das Gefühl gesamtdeutscher Zusammengehörigkeit war offenbar noch vorhanden. Ein bemerkenswerter Moment ereignete sich, als in einer Pause des Spartakiade-Geschehens das Fußball-Länderspiel England gegen die Bundesrepublik Deutschland im Fernsehen übertragen wurde. Die Reaktionen der Zuschauer waren unübersehbar: Sie vollführten bei jedem westdeutschen Tor „Luftsprünge vor Freude“.

Diese spontane Freude über die Tore des westdeutschen Teams war ein klarer Hinweis darauf, dass die innerdeutsche Teilung im kollektiven Bewusstsein noch nicht vollständig verankert war. Die mitteldeutsche Wirklichkeit war den Kindern „drüben“ aber naturgemäß näher als das westdeutsche Fernsehbild, insbesondere bei der Siegerehrung für die Kameraden aus ihrer eigenen Schule und ihren eigenen Sportkadern.

Die Kinder- und Jugendspartakiade 1967 war somit ein vielschichtiges Ereignis: Eine beeindruckende Leistungsshow des DDR-Sports und ein mächtiges Instrument der staatlichen Propaganda, das gleichzeitig unfreiwillig einen flüchtigen Blick auf das weiterhin vorhandene Gefühl der gesamtdeutschen Verbundenheit gewährte. Es war, als ob der Staat versuchte, ein neues Mosaik zu legen, doch einige Steine blieben hartnäckig in ihrem alten Muster verhaftet.

Jugenderziehung in der DDR: Zwischen Pionierstolz und staatlicher Lenkung

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Sozialistischer Staat deutscher Nation, wie die DDR in den 1960er Jahren genannt wurde, war die staatliche Erziehung der Jugend ein umfassendes und tiefgreifendes System, das weit über den Schulunterricht hinausging. Es handelte sich um eine zentral organisierte und einheitlich ausgerichtete Betreuung, die den Alltag, die Schule und die Ferien der Kinder bestimmte. Ziel war es, die Jugend von heute auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten und sie im Sinne der sozialistischen Weltanschauung zu formen.

Die Pionierorganisation – Das Fundament der Erziehung
Die „Pionierorganisation Ernst Thälmann“ spielte dabei eine zentrale Rolle. Ihr gehörten nahezu alle Kinder bis zum 14. Lebensjahr an. Sie war nicht nur für Paraden und Demonstrationen zuständig, sondern prägte das gesamte Leben der jungen Menschen. Die Losung „Uns gehört die Zukunft“ und die Forderung „Lernen, lernen und nochmals lernen“ waren dabei leitend.

Ein Paradebeispiel für die technische und ideologische Ausrichtung war das Kosmonautenzentrum in Karl-Marx-Stadt (ehemals Chemnitz). Hier wurden Weltraumflüge simuliert, und Jugendliche konnten in einem Kurzlehrgang die sowjetische Raumfahrt kennenlernen – amerikanische Erfolge wurden kaum erwähnt. Die jungen Pioniere mussten in diesem Zentrum mathematische Aufgaben lösen, Fragen zur Weltraumfahrt und Astronomie beantworten sowie physikalische Reaktions- und Leistungstests bestehen. Dies sollte nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Teamfähigkeit und Belastbarkeit trainieren.

Ferienlager und Pionierhäuser: Lenkung auch in der Freizeit
Auch die Ferien waren fest in das System integriert. Pionierlager waren eine gängige Form der Erholung, deren Angebot im Gegensatz zur Bundesrepublik zentral organisiert und einheitlich ausgerichtet war. Obwohl deutsche Kommunisten mit praktisch kostenlosen Aufenthalten in internationalen Pionierlagern warben, waren diese im August ausschließlich mit mitteldeutschen Kindern belegt. Der finanzielle Beitrag der Eltern war minimal, für Kinder von Betriebsangehörigen der Patenschaftsbetriebe war der Aufenthalt sogar kostenlos. Die Lager wurden oft von Volkseigenen Betrieben als Paten unterstützt und von Altkommunisten als Parteibeauftragte betreut. Die Pionierleiter, die für das gesamte Lagerleben, Arbeitsgemeinschaften, Spiele, Disziplin und Weltanschauung verantwortlich waren, hatten eine spezielle pädagogische und ideologische Ausbildung in Pionierschulen absolviert.

In den Lagern ging es nicht nur um Erholung; politische Probleme wurden spielerisch dargestellt. So gab es Geländespiele wie „13. August“ zur Sicherstellung feindlicher Flugblätter oder „Vietnam“, bei dem es darum ging, versteckte Notlandestellen amerikanischer Flieger einzunehmen. Auch Nachrichten in der Lagerzeitung wurden „im Sinne der Parteilinie“ ausgewählt, und das Hauptthema war immer wieder Vietnam. Die Kinder wurden zum persönlichen Einsatz für die Sache der vietnamesischen Kommunisten angehalten, etwa durch Spenden oder Altpapiersammeln.

Die Pionierhäuser, von denen es 107 in Mitteldeutschland gab, waren weitere zentrale Orte für die Jugend. Hier kamen junge Pioniere zu naturwissenschaftlich-technischen Arbeitsgemeinschaften zusammen, zum Lesen und für Veranstaltungen. Das Eisenbahnzimmer im Pionierhaus Karl-Marx-Stadt diente beispielsweise dem Anschauungsunterricht und der Nachwuchswerbung für die Reichsbahn. Trotz aller Bemühungen der Pionierleiter, das politische Bewusstsein zu festigen, bevorzugten die Kinder in Lesecafés jedoch Kriminal- und Abenteuerromane gegenüber politischer Literatur oder Biografien großer Kommunisten.

Kaderbildung und der neue Mensch: Der Rechner statt des Denkers
Ein besonderes Augenmerk lag auf der Kaderbildung, also der Heranbildung einer Elite. Im Pionierlager Kalinin wurde eine „Mathematik-Kader“-Gruppe gebildet, deren Mitglieder nach Leistung aus ihren Schulen ausgewählt wurden. Diese Elite hatte während der Ferien zwei bis drei Stunden Unterricht am Tag und konnte bei guten Leistungen mit beruflicher Förderung rechnen. Es galt als Auszeichnung, diesem Kader anzugehören, und die Kinder waren stolz darauf.

Der Schulunterricht selbst unterschied sich formal kaum von dem in der Bundesrepublik, inhaltlich gab es jedoch erhebliche Unterschiede. Fortschrittliche Landschulen waren gut für den naturwissenschaftlichen Unterricht ausgestattet. Die Schulform der Zukunft sollten „Kombinate“ sein – eine Verbindung von polytechnischem Kabinett mit Schule und Betrieben. Schon in unteren Klassen wurde großer Wert auf die Einführung in die Arbeitswelt und Technik gelegt, beispielsweise durch den Bau elektrischer Schaltanlagen. Ziel war es, den Spieltrieb der Kinder planmäßig im Interesse der Arbeitserziehung einzusetzen. Im Gegensatz zur Bundesrepublik wurde der Werkunterricht nicht primär als Entwicklung eigener schöpferischer Fähigkeiten verstanden, sondern sollte „elementare Kenntnisse über wichtige Produktionsprozesse“ vermitteln. Auch der Schulgartenunterricht war fast überall regelmäßig und praxisnah durchgeführt, wodurch die Kinder eigene Verantwortungsbereiche und feste Aufgaben erhielten.

Tagesschulen und Sport: Kollektiv und Staatsstolz
Tagesschulen, in denen die Schüler von morgens bis abends unter Aufsicht waren, galten als die Schulform der Zukunft und waren ideal für berufstätige Eltern. Sie entsprachen auch der staatlichen Propaganda für die Berufstätigkeit der Frauen und das kollektive Aufwachsen der Kinder.

Auch der Sport spielte eine wichtige Rolle. Bei Großveranstaltungen wie der „Mammutsportschau“ in Ost-Berlin, an der zwei Millionen Kinder und Jugendliche teilgenommen hatten, wurden Rekorde aufgestellt und die Volksarmee warb auf „geschickte, ganz unpolitische Weise“ für sich. Solche Anlässe wurden auch genutzt, um die Eigenstaatlichkeit Mitteldeutschlands zu demonstrieren. Bemerkenswert war jedoch, dass trotz aller Erziehung zu einem separaten deutschen Nationalbewusstsein das Gefühl gesamtdeutscher Zusammengehörigkeit offenbar noch vorhanden war: Zuschauer bejubelten im Fernsehen Tore der westdeutschen Fußballmannschaft. Dennoch wurde betont, dass die mitteldeutsche Wirklichkeit den Kindern näher war.

Das Regime setzte alle Mittel der Propaganda und eine beeindruckende Organisation ein, um den jungen Sportlern „Anlass zum Stolz“ zu geben, in der Hoffnung, dass dieser Stolz auf die eigene Leistung ganz von selbst auch zum Stolz auf einen eigenen Staat werden würde. Obwohl von den Einzelheiten der ideologischen Erzählungen wenig haften blieb, sollten sich die ideologischen Parolen grundlegend im Unterbewusstsein festsetzen und das „Bild der Welt mit formen“, das später zur bewussten Weltanschauung werden sollte.

Die umfassende und gezielte Erziehung in der DDR kann man sich wie eine gigantische Kaderschmiede vorstellen: Jedes Zahnrad, von der Schulbank bis zum Ferienlager, war darauf ausgelegt, ein spezifisches, staatstreues Ergebnis zu produzieren – ein Volk von „Rechnern“ statt „Dichtern und Denkern“.

„FREE HANNA“: Ein Fall im Fokus

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Nürnberg/München – Der Fall der Kunststudentin Hanna S., die derzeit im sogenannten „Budapest-Komplex“ in München angeklagt ist, hat sich zu einem Brennpunkt der Diskussion über staatliche Repression und die Rolle des Antifaschismus in Deutschland entwickelt. Ihr Prozess beleuchtet nicht nur die spezifischen Vorwürfe gegen sie, sondern auch grundsätzliche Fragen zum Umgang der Justiz mit politischem Aktivismus.

Der „Tag der Ehre“ und die Auseinandersetzungen in Budapest
Im Mittelpunkt des Verfahrens stehen Ereignisse, die sich im Februar 2023 in Budapest zugetragen haben. Dort findet jährlich der sogenannte „Tag der Ehre“ statt – eines der größten neonazistischen Events in Europa, bei dem Hunderte und Tausende Neonazis zusammenkommen, um an einem „Reenactment“ eines versuchten Ausbruchs von SS-Soldaten und ungarischen Faschisten im Zweiten Weltkrieg zu gedenken. Dieses Treffen dient gleichzeitig als Vernetzungsplattform für die europäische extreme Rechte.

Seit Jahren kommt es im Umfeld dieses Events zu antifaschistischen Gegenprotesten. Im Jahr 2023 gab es dabei körperliche Auseinandersetzungen. Während die ungarische und deutsche Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass Antifaschistinnen gezielt rechtsextreme Teilnehmerinnen in koordinierten Gruppen angriffen, sprechen Aktivist*innen von ungeplanten Auseinandersetzungen. Recherchen von Antifa-Gruppen zufolge waren die angegriffenen Personen „relativ hochrangige und gut organisierte Neonazis“, darunter Laszlo Dudoc, ein Mitglied von Blood and Honor in Ungarn, und Personen aus der Gruppierung Legio Ungaria, die bereits durch Angriffe auf Synagogen und jüdische Menschen auffiel.

Schwere Vorwürfe und kritische Stimmen der Verteidigung
Hanna S., eine Kunststudentin aus Nürnberg, wurde im Mai 2024 in Nürnberg festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Ihr werden im Zusammenhang mit den Budapester Ereignissen gefährliche Körperverletzung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und, was als besonders kritisch angesehen wird, versuchter Mord vorgeworfen.

Hannas Anwalt, Yunus Ziyal, weist insbesondere den Vorwurf des versuchten Mordes entschieden zurück. Er betont, dass der Geschädigte „innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen wieder komplett genesen“ war, es sich lediglich um „Platzwunden und Prellungen“ handelte. Der Mordvorwurf sei die „schärfste“ Anschuldigung, die das deutsche Strafgesetzbuch kennt, und lasse sich angesichts der Art und Weise, wie Antifaschist*innen agieren, schwer rechtfertigen. Es sei weder aus der Geschichte noch aus der jüngeren Vergangenheit abzuleiten, dass es die Absicht von antifaschistischen Aktionen sei, Nazis zu töten. Selbst die Generalbundesanwaltschaft gehe davon aus, dass die Taten dem Muster der sogenannten „Antiverst“ folgten, bei denen es explizit um Körperverletzungshandlungen ging, die nach einer bestimmten Zeit abgebrochen und nicht auf die Tötung des Gegners abzielten.

Hanna als Künstlerin und Aktivistin
Hanna S. wird als engagierte Studentin und Aktivistin beschrieben, die sich „stellvertretend für den Einsatz gegen Ungerechtigkeiten und den Rechtsdruck in unserer Gesellschaft“ einsetzt. Als Kunststudentin an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg war sie „total darauf fokussiert, dass man sich einbringt und guckt, dass diese Gemeinschaft läuft“. Thematisch fließen gesellschaftspolitische und politische Themen in ihre Arbeiten ein. Eine ihrer Arbeiten, „Wir dürfen niemals vergessen 2023“, basierte auf dem Buch „Kein Vergessen“ von Thomas Billstein, das die Todesopfer rechter Gewalt seit 1945 dokumentiert. Hanna schuf dafür Papierkarten, auf denen jedes Loch für ein Jahr und jeder Knoten für ein Lebensjahr eines Opfers rechter Gewalt stand, um der „Masse an Daten“ ein Gesicht zu verleihen und zur Auseinandersetzung mit dem Thema anzuregen. Hätte man all diese Karten an einer Wand präsentiert, so bräuchte man „über 100 Meter von der Wand“.

Der Umgang der Justiz – Zwischen Dämonisierung und Skandal
Der Umgang der Justiz mit dem Fall wird von den Unterstützer*innen Hannas als „Kriminalisierung von praktisch gewordenem Antifaschismus“ und „Dämonisierung“ bezeichnet. Es wird kritisiert, dass das Verfahren in einem Hochsicherheitssaal verhandelt wird, der eigentlich für Terrorverfahren gebaut wurde und direkt an die JVA München angeschlossen ist. Dies werde mit Sicherheitserwägungen und der „breiten Solidarisierung“ gerechtfertigt.

Besonders hervorzuheben ist die Art der Festnahme: Hanna wurde mit einem „wahnsinnig großen Polizeiaufgebot“, das ganze Straßenzüge absperrte, aus ihrer Wohnung abgeführt. Ihre Untersuchungshaft wird als fragwürdig empfunden, da sie an ihrem Wohnort anzutreffen war und kein Fluchtrisiko bestand. Die Vermutung, sie sei eine „Terroristin“, die „schlimmer als der IS“ sei, machte in der Haftanstalt die Runde, und Vergleiche zu Beate Zschäpe wurden gezogen. Diese Dämonisierung, so ein Sprecher des Solikreises Nürnberg, „setzt ja letztenendes diese ganze Dämonisierung und hier den Eindruck von dem Terrorverfahren eigentlich einfach fort“.

Die Verteidiger*innen befürchten zudem, dass die Verfahren in Ungarn nicht nach rechtsstaatlichen Bedingungen ablaufen und die Haftbedingungen katastrophal sind, mit Berichten über Bettwanzen, mangelhaftes Essen und schlechte Hygiene. Im Fall der Antifaschistin Maja, die trotz eines Eilantrags ans Bundesverfassungsgericht in Windeseile nach Ungarn ausgeliefert wurde, um effektiven Rechtsschutz auszuhebeln, sprechen die Quellen von einem „Justizskandal“. Maja musste unter katastrophalen Bedingungen leiden, wobei ihre Rechte als nonbinäre Person in einem „autoritären, rechtskonservativ regierten transfeindlichen System“ Ungarns nicht gewahrt wurden. Diese rechtswidrige Auslieferung wurde inzwischen vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, doch ihre Rückholung gestaltet sich schwierig. Die Sorge vor einer ähnlichen Auslieferung hing lange wie ein „Damoklesschwert“ über Hanna.

Es wird die Frage aufgeworfen, warum ein „sehr viel höherer Ermittlungseifer“ bei politisch linken Aktivistinnen an den Tag gelegt wird als bei rechten Gewalttätern. Das Oberlandesgericht München begründet die Härte des Vorgehens gegen Hanna damit, dass ihre vermeintliche Tat „das Ansehen Deutschlands in Gefahr“ sehe. Kritikerinnen entgegnen, dass dies angesichts der Tatsache, dass sich Menschen Faschist*innen entgegenstellen, absurd sei und vielmehr auf den „Stand des Rechtsrucks in Deutschland“ hinweise.

Der Knastalltag und die Kraft der Solidarität
Hanna berichtet selbst über ihren Knastalltag, der von strikten Routinen geprägt ist: Wecken um 6:30 Uhr, Instant-Kaffee, Schreiben, Lesen und eine Folge „Hubert und Staller“ schauen. Sie vermisst vor allem die Freiheit und die Fähigkeit, über sich selbst zu bestimmen. Doch die größte Unterstützung erhält sie durch die breite Solidarität von außen: „Ich habe gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, es waren sicher 100 Postkarten und 30 Briefe, wenn ich sogar mehr“. Diese Unterstützung gibt ihr „die Kraft und den Mut, das hier Stück für Stück durchzustehen“.

Der Film „FREE HANNA – Solidarität im Budapest-Komplex“ versucht, Hanna auch jenseits der Schlagzeilen zu porträtieren und die Macht der Solidarität zu zeigen. Seit Mitte Februar finden an den Prozesstagen in München kontinuierlich Solidaritätsbekundungen statt, oft mit über 100 anwesenden Menschen. Diese breite Unterstützung dient als „Gegenbild zu diesem Versuch der Dämonisierung“ von Antifaschist*innen als „besonders gefährliche Subjekte“. „Solidarität ist die stärkste Waffe, die die Menschen generell, die keine Macht haben, haben“, heißt es in der Videoquelle.

Der Fall Hanna S. ist somit mehr als ein individuelles Strafverfahren; er ist eine „Projektionsfläche“ für die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in Zeiten des Rechtsrucks. Er stellt die Frage, ob der Staat zulassen will, dass die Justiz „immer weiter den Fokus nach links richten“ und Widerstand gegen rechte Entwicklungen mürbe machen soll. Für viele ist Hannas Mut zu handeln, selbst wenn die Mittel umstritten sind, ein „Leuchtturm“ in dieser Auseinandersetzung. Praktischer Antifaschismus wird dabei als „nicht nur legitim, sondern auch von Tag zu Tag notwendiger“ angesehen.