Das Columbus Center in Jena-Winzerla im Würgegriff von Kosten und Bürokratie

Jena. Es sollte ein modernes Quartier werden, ein neuer pulsierender Mittelpunkt für Winzerla. Doch Ende 2025 herrscht am Columbus Center vor allem eines: Tristesse. Wo einst Kunden flanierten, gähnt heute der Leerstand. Nach dem geplatzten Traum vom Neubau stehen sich Eigentümer und Stadtverwaltung unversöhnlich gegenüber, während die wirtschaftliche Realität jede schnelle Lösung unmöglich macht.

Ein Geisterschiff in Beton
Wer heute durch die Passagen des 1994 eröffneten Einkaufszentrums läuft, braucht Fantasie, um sich blühenden Einzelhandel vorzustellen. Die Zahlen sind ernüchternd: Lediglich 20 Prozent der Ladenflächen sind noch vermietet. Auch im angeschlossenen Ärzte- und Geschäftshaus steht die Hälfte der Räume leer.

Svend Dietel, seit 2014 Eigentümer des Areals, macht keinen Hehl aus der Ausweglosigkeit der Situation. Eine Modernisierung des Bestandsgebäudes? „Da geht es gleich um sechsstellige Summen“, sagt Dietel. Ohne einen großen Ankermieter, der als Zugpferd fungiert, sei das wirtschaftlicher Selbstmord. Und so bleibt das Center vorerst, was es ist: ein Sanierungsfall ohne Plan B.

Das Aus für die Visionen
Noch bis vor kurzem gab es Hoffnung. Der Projektentwickler Ratisbona hatte Pläne für ein komplett neues Wohn- und Geschäftsquartier in der Schublade. Das alte Center sollte weichen. Doch Ende Oktober 2025 zog das Unternehmen die Reißleine.

Die Gründe sind symptomatisch für die aktuelle Krise am Bau: Explodierende Baukosten und gestiegene Zinsen ließen keine Mieten zu, die in Winzerla noch bezahlbar gewesen wären. Hinzu kam eine rechtlich komplexe Konstruktion: Dietel wollte das 5.900 Quadratmeter große Areal nicht verkaufen, sondern in Erbpacht vergeben. Rund 250.000 Euro Planungkskosten hat der Entwickler nach eigenen Angaben in den Sand gesetzt, bevor der Optionsvertrag im September auslief.

Auch die letzte Hoffnung auf eine kommunale Rettung zerschlug sich schnell. Die JenaWohnen GmbH, von Dietel als alternativer Investor angefragt, winkte nach detaillierter Prüfung ab. Das Urteil fiel knapp und deutlich aus: „Nicht leistbar.“ Die Investitionssumme liege weit jenseits der wirtschaftlichen Vernunft.

Der „Hemmschuh“ und die Parkplätze
Was bleibt, ist die Suche nach dem Schuldigen. Svend Dietel richtet seine Kritik scharf gegen die Stadtverwaltung. „Hemmschuh ist die Stadtverwaltung“, zitiert ihn der MDR. In den vergangenen Jahren seien praktisch alle Versuche, das Center attraktiver zu machen, im Behördendschungel erstickt. Sei es die Erweiterung eines Discounters, der Einzug eines Fitnessstudios oder die Umnutzung leerer Parkhausflächen – Dietel fühlt sich ausgebremst.

Im Rathaus weist man diese Vorwürfe entschieden zurück. Eine Sprecherin der Stadt betont, alle Vorhaben seien letztlich genehmigt worden. Der Streitpunkt Parkplätze sei zudem keine Schikane, sondern juristische Realität: Die Stellplätze im Parkhaus sind rechtlich an andere Gebäude im Viertel gebunden. Eine sogenannte Baulast, die erst 2025 vom Bundesverwaltungsgericht final bestätigt wurde. Wer abreißt, muss Ablöse zahlen – ein weiterer Kostentreiber, der das Neubauprojekt verteuerte.

Stillstand auf unbestimmte Zeit
Die Fronten sind verhärtet, die Kassen der Investoren für solche Risikoprojekte verschlossen. Zwar melden sich laut Dietel fast täglich neue Kaufinteressenten, doch der Eigentümer bleibt skeptisch. Er fürchtet Glücksritter, die das Grundstück günstig schießen wollen, ohne ein tragfähiges Konzept zu haben. „Das bringt keinem etwas“, resümiert er.

Für die Bewohner von Winzerla bedeutet das wohl vorerst: Weiterleben mit dem Leerstand. Das Columbus Center bleibt ein steinernes Mahnmal für die schwierige Gratwanderung zwischen Stadtentwicklung, Bürokratie und den harten Gesetzen des Marktes.