Berlin/Mecklenburg-Vorpommern – Sie sind oft unauffällig, manchmal sumpfig und schwer zugänglich, doch ihre Rolle im Kampf gegen den Klimawandel ist unbestritten: Moore. Moore zu schützen ist „kein kalter Kaffee“, sondern „wichtig für den Klimaschutz“. Doch viele Moore in Deutschland sind entwässert. Sie wieder nass zu machen, die sogenannte Moorwiedernässung, ist ein komplexes Unterfangen, das viele Akteure und erhebliche Anstrengungen erfordert.
Um die praktische Umsetzung zu fördern und Wissen zu teilen, wurde das Projekt MoKKa ins Leben gerufen. Im Jahr 2023 und 2024 fanden im Rahmen von MoKKa eine Reihe von Moorfeldtagen statt. An diesen Tagen nahmen jeweils 30 bis 50 Personen aus ganz unterschiedlichen Bereichen teil, darunter Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasser- und Bodenverbände, Verwaltung, Planungsbüros, Flächeneigentümer, Wissenschaft und Ausbilder. Ziel war es, bereits umgesetzte oder geplante Moorprojekte in Mecklenburg-Vorpommern zu besuchen, „vor Ort von den Umsetzenden zu lernen“, die Flächen aus nächster Nähe zu betrachten und in den Austausch zu kommen.
Der Prozess: Von der Idee zur nassen Fläche
Wie kommt ein Moorprojekt überhaupt zustande? Am Anfang steht die Idee. Oft wird eine Fläche identifiziert, die nasser werden müsste, oder ein wirtschaftender Landwirt tritt an Organisationen heran, weil die Bewirtschaftung entwässerter Flächen zu kompliziert geworden ist. Manchmal suchen auch Gemeinden gemeinsam mit Landwirten und Wasser- und Bodenverbänden das Gespräch.
Die Umsetzung eines Wiedervernässungsprojekts lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen.
Vorbereitungsphase: Hier geht es um die Ermittlung der Grundlagen und die Konzeption des Projekts. Die zentrale Frage ist die Zielstellung: Wo will man eigentlich hin?. Es beginnt mit einer Ortsbegehung, um zu prüfen, ob es überhaupt Möglichkeiten gibt, Wasser zurückzuhalten oder ob Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind, die zurückgebaut werden könnten. Da entwässerte Moore bis zu einem Zentimeter pro Jahr an Höhe verlieren, muss vorhandenes Kartenmaterial oft auf Aktualität geprüft und das Gelände neu aufgenommen werden. Wichtig ist auch die Ermittlung der Torfstärke und der hydrologischen Zustände. Parallel dazu müssen die Eigentumsverhältnisse geklärt und alle Eigentümer und Nutzer, die ins Boot geholt werden müssen, identifiziert werden. Auch die Komplexität möglicher Genehmigungsverfahren, etwa durch Gewässer zweiter Ordnung, wird geprüft. Der Wasser- und Bodenverband wird dabei als wichtiger Akteur genannt, der viel Wissen über vorhandene wasserwirtschaftliche Anlagen besitzt.
Detaillierte Analyse und Planung: In dieser Phase wird konkret geplant, wie die Ziele erreicht werden können. In der Regel wird ein Planungsbüro beauftragt, das eine Vorplanung und Machbarkeitsstudie erstellt. Es braucht eine möglichst genaue Planung, um „unliebsame Effekte“ wie Rückstaue auf landwirtschaftliche Flächen oder in Gebäudebereiche zu vermeiden. Dabei muss man einen gewissen Sicherheitspuffer einplanen, da die Natur sich manchmal anders verhält als exakt geplant. Die Planung muss plausibel sein, damit die Wasserbehörde ihre Zustimmung geben kann.
Konkrete Planung und Durchführung: Nun geht es an die Umsetzung der Maßnahmen. Dafür ist eine Genehmigung erforderlich, meist eine wasserrechtliche Genehmigung. Je nach Aufwand können sich weitere Genehmigungsschritte anschließen, bis alle Genehmigungen vorliegen. Naturschutzprojekte haben hier keinen „Bonus“; es sind dieselben Gutachten wie bei anderen Vorhaben nötig, zum Beispiel ein Artenschutzgutachten und eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung. Es muss sichergestellt werden, dass angrenzende Schutzgebiete wie Vogelschutzgebiete oder FFH-Gebiete nicht negativ betroffen sind. Insgesamt können „sieben oder acht“ solcher Untersuchungen und Gutachten erforderlich sein. Auf Grundlage dieser Gutachten und Genehmigungen wird die Ausführungsplanung erarbeitet. Dann wird eine Tiefbau- oder Baufirma gesucht, die die technischen Maßnahmen umsetzt.
Hürden und Herausforderungen
Die Umsetzung von Moorprojekten steht vor erheblichen Hürden. Aus Sicht der Experten sind die größten Probleme das Flächeneigentum. Eine Fläche von 100 Hektar gehört in Deutschland „nie einem“. Bei den oft zersplitterten Eigentumsstrukturen muss man mit allen Eigentümern und Nutzlern im Gespräch sein. Sobald ein Fremdeigentümer durch das Projekt beeinflusst wird – und seien es nur „wenige Zentimeter Wasserstandsanhebung“ auf einem Nachbargrundstück – greift das Wasserrecht und erfordert eine Zustimmung. Es gilt ein „stricktes Freiwilligkeitsprinzip“. Wenn keine Einigung mit einem betroffenen Fremdeigentümer erzielt werden kann, „findet das Projekt nicht statt“ oder muss so abgeändert werden, dass es ohne dessen Fläche auskommt.
Ein weiteres großes Problem sind die „immensen Vorplanungen“ und die damit verbundenen „sehr aufwendigen Planverfahren“. Obwohl Voruntersuchungen wie die Setzung von Pegeln zur Klärung der Grundwasserstände wichtig sind, um sicherzustellen, dass nur die Moorfläche vernässt wird und keine Gebäude betroffen sind, sind die „zeitlichen Fristen dafür einfach unheimlich lang“. Insbesondere behördliche Genehmigungsverfahren werden als sehr aufwendig beschrieben. Hier wünschen sich die Umsetzenden eine Vereinfachung, um „schneller zum Ziel zu kommen“. Allerdings kann die Planungszeit auch Vorteile haben, wenn sie genutzt wird, um Ziele „klar und verbindlich“ zu besprechen und Vertrauen aufzubauen.
Zeitliche Dimension und langfristige Pflege
Die zeitliche Umsetzung eines solchen Projekts hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören der Umfang der Betroffenen und Beteiligten, der notwendige Umfang der Baumaßnahmen und die Bearbeitungsgeschwindigkeit der Behörden und Projektbetreuer. Ein einfaches Projekt kann innerhalb von „einem Jahr bis zwei Jahren“ umgesetzt werden. Es kann aber auch „mal 5, 6, 7, 8 Jahre dauern“. Ein konkretes Beispiel ist die Mechower Stauniederung, deren Wiedervernässung erst nach „15 Jahren Überzeugungsarbeit“ gelang. Vier Jahre werden in diesem Kontext als „relativ schnell“ eingeschätzt.
Nach der Wiedervernässung sind die Aktivitäten auf der Fläche oft nicht abgeschlossen. Viele Flächen werden weiter landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt. Insbesondere das hydrologische Management bleibt eine „bleibende Aufgabe“. Eine Überwachung des Erfolgs der Maßnahmen kann stattfinden, aber nicht immer. Organisationen wie die Michael Succow Stiftung betreuen Schutzprojekte „von der ersten Idee bis zur (…) langfristigen Betreuung“. Projekte werden meist längerfristig betreut, die Wasserhaltung beobachtet. In fast allen Projekten wurden Datenlogger installiert, die täglich Wasserstände messen. Diese Daten werden regelmäßig ausgelesen und ausgewertet. Zusätzlich werden Vegetationsaufnahmen alle drei oder fünf Jahre durchgeführt.
Zusammenarbeit und Kommunikation als Schlüssel
Da immer mehr Moorprojekte umgesetzt werden sollen, braucht es auch mehr Menschen und Institutionen, die sich dieser Aufgabe annehmen. Neulinge können dabei von Erfahrenen lernen. Es wird als „äußerst wichtig“ erachtet, sich mit bereits bestehenden Projekten auszutauschen und „frühzeitig wirklich die Behörden und die Wasser und Bodenverbände und die Eigentümer und Nutzer mit einzubeziehen“.
Bei der Projektplanung muss auch die langfristige Finanzierung und mögliche Verpflichtungen bedacht werden. Wichtig ist die Zusammenarbeit mit „kompetenten Planern und kompetenten Partnern“.
Der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche praktische Umsetzung ist die „Kommunikation mit allen Betroffenen vor Ort“, und zwar „frühzeitig und rechtzeitig“. Das sei „immer das A&O“. Wenn die Planungen konkreter werden, gibt es fortlaufend Beteiligung durch Behörden, Eigentümer, Kommunen, Parlamente und Bauausschüsse. Wenn die Planungen gemeinsam vorgestellt, besprochen und diskutiert werden und „das Gefühl haben jawohl wir sind noch gemeinsam auf dem richtigen Weg“, die richtige Lösung gefunden wurde und die Beteiligten „damit zufrieden und einverstanden sind“, das seien „eigentlich die schönen Momente“.
Trotz der Herausforderungen wie zersplittertem Eigentum, langwierigen Verfahren und dem Bedarf an vielen Beteiligten wird deutlich, dass die Wiedervernässung von Mooren ein notwendiger Beitrag zum Klimaschutz ist, der Kooperation, Expertise und einen langen Atem erfordert. Auch wenn die Umsetzung schwierig ist, zeigen Beispiele, dass sie mit Beharrlichkeit und guter Kommunikation gelingen kann. Manchmal werden auf wiedervernässten Flächen sogar neue Anbaukulturen erprobt, die hohe Wasserstände vertragen, wie Schilf, Rohrglanzgras oder Seggen.