In der DDR stand Arbeit im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens. Das System garantierte jedem Bürger einen Arbeitsplatz, zugleich war Arbeiten rechtliche Pflicht. Mit der Wiedervereinigung endete dieses Modell abrupt – Anlass, Rückblick zu halten.
Arbeitspflicht und garantierte Anstellung
Das Recht auf Arbeit war in der Verfassung verankert, die Arbeitsverweigerung galt als „asozial“ und konnte mit Geldstrafe oder Haft geahndet werden. Nach Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums erhielt jede und jeder eine feste Planstelle. Arbeitslosigkeit war offiziell nicht vorgesehen und für die meisten Beschäftigten kein Begriff.
Eingeschränkte Berufs- und Studienwahl
Die freie Entscheidung für Ausbildung und Studium war an Voraussetzungen geknüpft: Neben Leistungen in Schule und Berufsschule spielten politische Zuverlässigkeit und Engagement in Massenorganisationen eine Rolle. Gute Schulnoten allein reichten nicht aus, um auf die Erweiterte Oberschule oder an die Hochschule zu gelangen. Dadurch war der Zugang zu bestimmten Berufen und akademischen Laufbahnen für manche Jugendlichen beschränkt.
Betrieb als sozialer Mikrokosmos
Betriebe übernahmen in großer Breite soziale Aufgaben: Werkspolikliniken versorgten Gesundheitsfragen, Betriebskindergärten entlasteten Familien, und Betriebssportgemeinschaften organisierten Freizeit und Wettkämpfe. In Brigaden organisierten sich die Kolleginnen und Kollegen, um Produktionsziele gemeinsam zu erreichen und soziale Bindungen zu stärken.
Arbeitsbedingungen und Produktivität
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit lag 1989 bei rund 43,5 Stunden – im Vergleich zur 40‑Stunden‑Woche, für die westdeutsche Gewerkschaften eintraten. Planwirtschaftliche Vorgaben trafen auf Materialengpässe und zum Teil veraltete Maschinen, was zu Leerlaufzeiten und geringer Produktivität führte. Häufig waren mehr Beschäftigte in einem Betrieb als zur Erfüllung der Planvorgaben nötig, ein Phänomen, das als „arbeitslos am Arbeitsplatz“ beschrieben wurde.
Übergang nach der Wiedervereinigung
Am 1. März 1990 nahm die Treuhandanstalt ihre Arbeit auf und meldete über 8.000 volkseigene Betriebe sowie 20.000 Kombinate zur Privatisierung an. Viele Unternehmen, darunter bekannte Marken wie der Kamerabetrieb in Dresden, konnten nicht saniert werden und stellten binnen kurzer Zeit den Betrieb ein. Dies führte zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit im Osten, die für viele Beschäftigte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und emotionale Einschnitte bedeutete.
Die DDR-Arbeitswelt war durch verbindliche Beschäftigung, kollektive Strukturen und ein umfassendes Betriebssystem geprägt. Gleichzeitig schränkten zentrale Planung und politische Vorgaben individuelle Freiheiten ein und wirkten sich auf Effizienz und Produktivität aus. Der Bruch mit dem System nach 1990 leitet bis heute Diskussionen über Arbeitssicherheit, Marktwirtschaft und soziale Verantwortung ein.