In einem abgelegenen Winkel des hohen Nordens, weit entfernt von den bekannten Kohleabbaugebieten, offenbart sich ein ungewohntes und erschütterndes Bild: Eine fast vollständig verlassene Siedlung, deren Geschichte über drei Jahrzehnte nach der Wende im Verfall begraben zu liegen scheint. Ein Entdecker, der eigentlich nur ein einzelnes Objekt erkunden wollte, stieß hier auf ein ganzes Dorf, in dem fast alles leer steht. Die Szenerie, die sich bietet, ist gleichzeitig faszinierend und traurig.
Auf der Erkundungstour durch die einzelnen Gebäude fallen sofort die Spuren der Vergangenheit ins Auge. Überall hängen Spinnenweben, die Tapeten lösen sich. Doch inmitten des Verfalls finden sich Relikte aus längst vergangenen DDR-Zeiten. Neben einem DDR-Boiler stößt der Entdecker auf ein Edelbohnerwachs, das wohl ebenfalls ein DDR-Produkt war. In einem ehemaligen Gemeinschaftshaus, das einst als Gemeindeverwaltung diente und möglicherweise eine Poststation beherbergte, finden sich Kalender aus dem Jahr 2014 sowie Unterlagen, die auf einen Heizöllieferung im Jahr 2008 hinweisen. Dies deutet darauf hin, dass das Gebäude zumindest bis in die späten 2000er Jahre noch in Betrieb war.
Das Gemeinschaftshaus scheint ein zentraler Punkt des Dorflebens gewesen zu sein. Hier wurden Seniorennachmittage veranstaltet, es gab Feiern, Bastelnachmittage und Beschäftigungen für Kinder. Es gab eine Küche, die aus den 70er Jahren stammen könnte, und sogar Nähmaschinen für die Bewohner. Möbel aus der Zeit kurz nach der Wende sind ebenso zu finden wie ein altes DDR-Bügeleisen. Kurios: Eine Geldkassette wurde gefunden, die offenbar niemand aufbekommen hat. Auch ein Rondell für Kassetten weckt Erinnerungen an vergangene Zeiten.
Besonders überraschend ist, dass in einigen der verlassenen Gebäude noch Strom fließt. In einer ehemaligen Schlüsselausgabe geht noch das Licht. Dies sorgt für Gänsehaut und Fassungslosigkeit beim Erkunder.
Um das Rätsel der Verlassenheit zu lüften, spricht der Entdecker mit einer älteren Dame am Straßenrand. Sie ist 79 Jahre alt und lebt seit 60 Jahren in diesem Dorf, wohin sie im Alter von 19 Jahren wegen ihrer Lehre zog. Ihr Mann ist Anfang 80 und wurde hier geboren und hat immer hier gewohnt. Sie bestätigt, dass das Dorf nach der Wende verkauft wurde. Der neue Besitzer („der Wohnchef“) scheint wenig Interesse am Zustand des Ortes zu haben; es sei ihm „scheißegal“, was hiermit passiert. Früher lebten hier 250 Einwohner, heute sind es nur noch knapp 20. Es gibt keine Jugendlichen oder Kinder mehr. Die verbliebenen Bewohner bezeichnet sie als „Kämpfer“.
Die Dame erzählt auch von ihrer persönlichen Geschichte: Sie hat in dem Dorf ihre Lehre gemacht, war unter anderem „Kuhstaallpilot“ und später Erzieherin. Besonders hervorhebenswert: Sie hat früher im Schloss gewohnt und hatte dort eine „super schöne Zeit“.
Das erwähnte Schloss, das ebenfalls verlassen ist, gehört demselben Besitzer wie das restliche Dorf. Es gibt Anzeichen für begonnene, aber offenbar unterbrochene Renovierungsarbeiten – neue Fenster wurden eingesetzt, der Putz teilweise erneuert, der Dachstuhl und die Schindeln des Daches sind komplett neu. Auch im Schloss fließt noch Strom, und der Entdecker hört Geräusche und sieht Vorhänge in Fenstern, die von außen unrenoviert aussehen. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass sich möglicherweise doch noch jemand im Schloss aufhält.
Neben dem Schloss und dem Gemeinschaftshaus stehen zahlreiche weitere Gebäude leer, darunter Wohnblöcke und Einfamilienhäuser. Manche Häuser stehen direkt neben bewohnten. Eine komplett eingewachsene Terrasse zeugt vom langen Stillstand. Der Verfall hat nach Schätzungen der Bewohnerin vor etwa 20 Jahren begonnen.
Das Bild, das das Dorf abgibt, ist eines des Stillstands und des Verfalls, ein trauriges Zeugnis einer vergangenen Ära und der Auswirkungen der wirtschaftlichen und demografischen Veränderungen nach der Wende. Die Bewohnerin, die seit 60 Jahren hier lebt, betrachtet die Entwicklung mit Wehmut und Sorge, auch wenn sie betont, dass ihr Grundstück sicher ist, solange sie lebt. Doch sie ist sich bewusst: Irgendwann wird es das Dorf, so wie es war, nicht mehr geben.
Für den Entdecker ist die Begegnung mit der Dame und die Erkundung des Dorfes eine Zeitreise und ein tief bewegendes Erlebnis. Es ist ein Ort, der durch seine gleichzeitige Leere, die verbliebenen Spuren des Lebens und die unklare Situation am Schloss mystisch und kurios wirkt.