Zeitreise durch die DDR der 80er Jahre – Wernigerode · Cottbus · Berlin

Dieser Amateurfilm aus der Deutschen Demokratischen Republik nimmt uns mit auf eine ganz persönliche Zeitreise in die 1980er Jahre. Er beginnt in Wernigerode, jener malerischen Harzstadt, deren Fachwerkhäuser und das imposante Schloss bereits damals Touristen und Einheimische gleichermaßen begeisterten. In liebevoll komponierten Einstellungen sehen wir schlendernde Menschen im historischen Stadtkern, Kinder, die auf dem Marktplatz spielen, und Touristen, die staunend die bunten Häuser bewundern. Die Subtilität der Kameraführung vermittelt dabei nicht nur Architektur, sondern vor allem das Lebensgefühl in einem Stadtbild, das zwischen Tradition und sozialistischer Moderne oszilliert.

Weiter geht die Reise nach Cottbus: Hier dominieren weite Industrieanlagen und Plattenbauten das Bild. Die Kamera hält Details fest, die offizielle Berichterstattung selten zeigte – Arbeiter auf dem Weg zur Schicht, Baustellen, auf denen neue Hochhäuser errichtet werden, und Szenen auf der Spree, wo sich Jugendliche an heißen Sommertagen erfrischen. Besonders faszinierend sind Impressionen vom Branitzer Park mit seinen exotischen Bäumen und der berühmten Grabpyramide von Fürst Pückler, ein Ort der Kontemplation inmitten städtischer Betriebsamkeit.

Der Schwerpunkt des Films liegt jedoch auf Ost-Berlin. In Szenen voller Dynamik streift die Kamera über den Alexanderplatz mit dem Fernsehturm im Hintergrund, erfasst den geschäftigen Verkehr auf der Karl-Marx-Allee und dokumentiert den Alltag an diesem Zentrum sozialistischer Architektur. Markante Orte wie das Café Moskau, die U-Bahn-Station „Unter den Linden“ und der Marx-Engels-Platz (heute: Platz des 18. März) erscheinen in authentischen Momentaufnahmen. Besonders berührend sind die Aufnahmen von Schulklassen auf Ausflug, Familien beim Sonntagsspaziergang und Punks, die sich in verrauchten Hinterhöfen treffen.

Als nostalgisches Finale zeigt der Film noch einige Szenen aus dem Berlin der 1970er Jahre: verblasste Fassaden in Kreuzberg, den belebten Flohmarkt am Mauerstreifen und den jungen Liebespaaren, die heimlich Berlins ungewöhnlichsten Ort – die Oberbaumbrücke – passieren. Die Körnigkeit des Filmmaterials verleiht diesen Bildern eine beinahe poetische Patina und lässt die Grenze zwischen Dokumentation und Romantik verschwimmen.

In seiner Gesamtheit ist dieses amateurhafte Zeitdokument nicht nur ein Zeugnis politischer und sozialer Verhältnisse der DDR, sondern vor allem eine liebevolle Hommage an das Alltagsleben in Ostdeutschland. Es zeigt, wie Menschen ihren Alltag gestalteten, Orte prägten und Räume mit Erinnerungen füllten – und lädt uns heute dazu ein, diese Momente mit anderen zu teilen und so ein Stück Vergangenheit lebendig zu halten.

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