Vergessenes Erbe des Kalten Krieges: Das Sonderwaffenlager Neuthymen

In den tiefen Wäldern Brandenburgs, verborgen vor der Öffentlichkeit, befand sich einst eine der geheimsten militärischen Anlagen der Sowjetunion in der DDR: das Sonderwaffenlager Neuthymen. Während viele mit den großen sowjetischen Militärstandorten wie Wünsdorf, Jüterbog oder Krampnitz vertraut sind, bleibt die Geschichte dieses nuklearen Waffenlagers bis heute weitgehend unbekannt.

Ein strategischer Standort der Supermacht
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Rote Armee zahlreiche ehemalige Wehrmachtseinrichtungen. Doch in Neuthymen gab es keine vormalige militärische Infrastruktur, weshalb die Sowjets in den 1950er Jahren eine völlig neue Basis errichteten. Zunächst war Neuthymen Standort des 204. Garde-Mot.-Schützenregiments. Spätestens ab 1959 entwickelte sich das Areal zu einem Hochsicherheitsbereich für nukleare Sprengköpfe und Raketenstellungen.

Die Anlage war von strategischer Bedeutung. In den 1960er Jahren übernahm die 152. Raketenbrigade die Kontrolle über das Gelände, und es wurde ein AU-11-Typ-Bunker errichtet, ein speziell gesicherter Lagerort für Atomwaffen. Neuthymen war fortan Teil der sowjetischen Erstschlagskapazität im Falle eines militärischen Konflikts mit der NATO.

Spuren der Geschichte – und ihr Verschwinden
Mit dem Ende der DDR und dem Abzug der Sowjetarmee wurde das Sonderwaffenlager Neuthymen 1994 an die deutschen Behörden übergeben. Doch wie bei vielen militärischen Hinterlassenschaften war unklar, was mit dem Gelände geschehen sollte. Abriss und Renaturierung wären teuer, sodass die Anlage lange Zeit sich selbst überlassen blieb. Erst 2008 begann der schrittweise Rückbau.

Heute sind weite Teile der einstigen Militärstadt verschwunden. Nur noch einige Ruinen erinnern an die Vergangenheit, und selbst diese werden zunehmend von der Natur zurückerobert. Die einst massiv gesicherten Bunkereingänge wurden mittlerweile mit Schutt versiegelt. Während in anderen früheren Standorten wie Lychen Informationstafeln an die Geschichte erinnern, gibt es in Neuthymen bisher keine öffentliche Gedenkstätte.

Mahnmal oder Vergessenheit?
Das Schicksal von Neuthymen steht beispielhaft für viele ehemalige Militärstandorte in Ostdeutschland. Während einige zu Gedenkstätten oder Museen umgewandelt wurden, verschwinden andere nahezu spurlos. Gerade in einer Zeit, in der geopolitische Spannungen wieder zunehmen, wäre es wichtig, an die Gefahren der nuklearen Abschreckung zu erinnern.

Ob Neuthymen eines Tages offiziell als historischer Ort gewürdigt wird oder weiter in Vergessenheit gerät, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Das Gelände war einst ein zentraler Bestandteil der militärischen Planungen des Kalten Krieges – und könnte ein wertvolles Zeugnis für kommende Generationen sein.

Tips, Hinweise oder Anregungen an Arne Petrich

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