Seit Jahrzehnten steht sie als stilles Mahnmal mitten im Peenestrom: die Karniner Hubbrücke. Einst war sie das Herzstück der Bahnstrecke von Berlin über Ducherow nach Swinemünde und weiter nach Heringsdorf. Heute ist sie nur noch ein Fragment einer einst bedeutenden Verkehrsverbindung – doch immer wieder flammt die Diskussion um ihren Wiederaufbau auf.
Eine Strecke mit Geschichte
Bereits 1875 entstand die Eisenbahnverbindung auf der Insel Usedom, die ihren Ausgangspunkt in Ducherow an der Berlin-Stralsunder Eisenbahn hatte. Über Rosenhagen, Karnin, Usedom, Dargen, Swinemünde und Ahlbeck rollten die Züge bis nach Heringsdorf. 1933 wurde die Karniner Brücke, eine moderne Hubbrücke mit zwei Gleisen, in Betrieb genommen. Sie ermöglichte einen schnellen und effizienten Bahnverkehr, indem sie sich in wenigen Minuten für Schiffe öffnen und schließen konnte.
Doch der Zweite Weltkrieg setzte der Strecke ein jähes Ende. Im April 1945 sprengte die Wehrmacht auf dem Rückzug die festen Brückenteile, um den Vormarsch der Roten Armee zu erschweren. Seitdem ragt nur noch das Hubteil der Brücke aus dem Wasser – ein stummer Zeuge der Geschichte.
Die Debatte um den Wiederaufbau
Nach Kriegsende verhinderte die neue politische Ordnung Europas eine Wiederherstellung der Strecke: Swinemünde wurde polnisch, und die direkte Zugverbindung von Berlin nach Usedom blieb unterbrochen. Erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands kam die Frage wieder auf: Wäre ein Wiederaufbau der Karniner Brücke sinnvoll?
Befürworter argumentieren mit wirtschaftlichen und touristischen Vorteilen. Eine direkte Zugverbindung könnte die Insel Usedom besser an das deutsche Bahnnetz anschließen und die Erreichbarkeit für Urlauber verbessern. Zudem würde die Strecke den umweltfreundlichen Schienenverkehr stärken. Kritiker hingegen führen hohe Kosten und umweltrechtliche Hürden ins Feld.
Zeugnisse der Vergangenheit
Noch heute sind entlang der alten Strecke zahlreiche Relikte zu finden: Der Bahnhof Karnin, nur wenige Hundert Meter von der Brücke entfernt, wurde renoviert. Auch das Empfangsgebäude in Usedom zeugt von besseren Zeiten. In Swinemünde existiert das einstige Hauptbahnhofsgebäude noch, wenn auch umfunktioniert als Lagerhalle.
Wie geht es weiter?
Ob die alte Strecke jemals wiederbelebt wird, bleibt ungewiss. Immer wieder erklären Politiker und Verkehrsplaner den Wiederaufbau für machbar, doch bislang fehlen konkrete Umsetzungspläne. Einstweilen bleibt die Karniner Brücke ein Symbol – für die bewegte Geschichte der Region und für die Frage, wie sehr die Vergangenheit die Zukunft beeinflussen kann.