Bei den Hobbits im Harz – Die Höhlenwohnungen in Langenstein

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Verlässt man Halberstadt in Richtung Harz, stößt man vor den Toren der Stadt auf das malerische Dörfchen Langenstein. Hier befindet sich ein einzigartiges Zeugnis früherer Wohnkultur in Deutschland: die Höhlenwohnungen von Langenstein. Zahlreiche Wohnhöhlen wurden hier einst von jungen Landarbeiterfamilien in den weichen Sandstein geschlagen. Einige Behausungen, so vermutet man, stammen sogar aus der germanischen Siedlungszeit.

Massive Türen in der Felswand, Fenster mit weißen Gardinen und winzige Gärten mit Küchenkräutern erinnern noch heute an das Leben ihrer einstigen Bewohner. Manchmal scheint es gar, als würde jeden Moment eine Figur aus einem Tolkien-Roman zur Tür hineinstolpern.

Der letzte Troglodyt, wie die Höhlenbewohner genannt wurden, verließ seine ungewöhnliche Heimstätte erst 1916. Bis heute kann man die Wohnhöhlen an der Höhlenstraße am Schäferberg und auf der Altenburg besichtigen.

Die ersten beiden Höhlenwohnungen entstanden nach der Aufgabe der Altenburg. Zwei Höhlen im Bereich der Burg wurden zu Wohnungen umgebaut, die erste bereits 1787. Zwischen 1855 und 1858 wurden zehn weitere Wohnungen in den Sandsteinfelsen am Schäferberg gehauen, um der erheblichen Wohnungsnot in Langenstein entgegenzuwirken. Junge Familien aus Langenstein und Arbeiter aus dem Raum Goslar benötigten dringend Wohnraum. Eine Bitte des Dorfschulzen Hinze an Landrat Gustav von Gustedt, die Gemeinde zu unterstützen, wurde abgelehnt. Der Gemeinderat beschloss daraufhin, den Bau von Höhlenwohnungen zu ermöglichen. Die Felswände wurden den Bauwilligen für jeweils acht Groschen verkauft.

Die Arbeiten wurden von den Wohnungssuchenden selbst mit Hammer, Spitzhacke und Meißel durchgeführt und dauerten zwischen zwei und fünf Monaten. Die kleinen Wohnungen von etwa 30 m² Größe hatten ähnliche Grundrisse mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer und einem Vorratsraum. Durch den Felsen führten Schornsteine, unter denen ursprünglich gemauerte Herde standen. Benötigt wurden lediglich eine Tür und ein Fenster. Die Trennwände zwischen den Räumen bestanden aus natürlichen Felsformationen. Natürliches Licht gelangte nur in die vorderen Räume, während Spalten über den Türen und die Schornsteine für Luftzirkulation sorgten, um Schimmel und Feuchtigkeit zu verhindern.

Über den Höhlen lagen Weideflächen, die mit Schafen und Ziegen beweidet wurden, um Verbuschung zu verhindern. Ein Spottvers lautete: „In Langenstein, in Langenstein, da schieten de Schaape in Schornstien rein!“

Eine der Wohnungen, die Schmidthöhle genannt wird, trägt eine Gedenktafel mit den Lebensdaten von Karoline (1825–1909) und Ludwig Schmidt (1829–1910), die hier lebten. Ludwig Schmidt war als Drehorgel-Spieler tätig.

Die Nutzung als Wohnraum wurde zwischen 1900 und 1910 größtenteils aufgegeben. Einige Höhlen dienten bereits früher als Ställe oder Vorratsräume, während die letzte Wohnung 1916 verlassen wurde. Bis etwa 1990 wurden einige Höhlen weiterhin als Tierställe oder Vorratskeller genutzt.

Dank des Engagements des Vereins Langensteiner Höhlenwohnungen e. V. wurden nach 1990 einige der ehemaligen Wohnungen restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Höhlenwohnungen im Harz

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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