Jeder kennt ihn, den Berliner Fernsehturm. Er steht da, stolz, glänzend, unerschütterlich – Symbol des Ostens, Wahrzeichen der Hauptstadt. Und doch erzählt er eine Geschichte, die so widersprüchlich ist wie die Stadt selbst.
Da ist zum Beispiel das Fundament. Wer glaubt, ein 368 Meter hoher Turm brauche ein tiefes, massives Fundament, liegt falsch. Der Fernsehturm steht auf einem flachen Ring, sein Schwerpunkt liegt so tief, dass er wie ein riesiges Stehaufmännchen funktioniert. Windböen? Egal. Der Turm wankt, aber er fällt nicht.
Und dann diese Kugel – das Herzstück des sozialistischen Stolzes. Gebaut, um den Westen zu übertrumpfen, glänzt sie ausgerechnet dank Edelstahl aus Westdeutschland. Eine Ironie, wie sie nur Geschichte schreiben kann.
Als wäre das nicht genug, erschien nach der Fertigstellung auf der Fassade ein strahlendes Kreuz – die Sonne spiegelte sich in den polierten Stahlplatten. Ausgerechnet auf dem atheistischen Vorzeigeprojekt des Sozialismus. Die Berliner tauften es „Die Rache des Papstes“. Besser lässt sich die Ironie der Geschichte kaum in Licht fassen.
Heute ist der Fernsehturm längst ein Ort für alle: für Touristen, die den Blick über die Stadt suchen, und für Berliner, die sich in seinem Schatten wiederfinden. Er steht da, als mahnendes, aber auch versöhnliches Symbol – gebaut aus Ambition, Widerspruch und ein wenig unfreiwilligem Humor.
Vielleicht ist das seine größte Stärke: Er erinnert uns daran, dass Größe manchmal aus Gegensätzen entsteht – und dass selbst Beton und Stahl eine gute Portion Selbstironie vertragen.