Wer auf Facebook viele Klicks will, muss die DDR heute nur noch als Sehnsuchtsort erzählen. Billig, überschaubar, menschlich. Je weniger man über Kontrolle, Anpassung und Abhängigkeit spricht, desto besser läuft der Beitrag. Das Harte wird im Nachhinein verklärt, das Schwierige relativiert, das Unbequeme ausgeblendet.
Was dabei oft verloren geht, ist Realität. Erinnerung wird zur Wohlfühlkulisse, Geschichte zur Gefühlsfrage. Wer einwirft, dass es eben nicht nur warm, sondern auch eng war, gilt schnell als Spielverderber oder „Wessi-Narrativ“-Wiederholer.
Auffällig ist, wie professionell diese Verklärung inzwischen betrieben wird. KI-Bilder zeigen eine DDR, die aufgeräumter, freundlicher und schöner wirkt als sie je war. Das ist keine Erinnerung mehr, das ist Rekonstruktion nach Wunsch. Und sie funktioniert – algorithmisch wie emotional.
Natürlich hatten Menschen gute Momente, Freundschaften, Lebensfreude. Das stellt niemand infrage. Aber daraus ein Gesamtbild zu machen, das politische Realität, Machtverhältnisse und Zwänge ausblendet, ist nicht harmlos. Es verschiebt Maßstäbe – und am Ende auch die Debatte über Freiheit, Verantwortung und Wahrheit.
Problematisch wird es dort, wo jede Kritik mit dem Satz abgewehrt wird: „So schlimm war das doch alles gar nicht.“ Dieser Satz beendet keine Diskussion, er verhindert sie. Er schützt die eigene Erinnerung – auf Kosten der historischen Einordnung.
Vielleicht ist es unbequem, sich einzugestehen, dass man in einem System gelebt hat, das man sich heute so nicht mehr wünschen würde. Aber genau diese Ehrlichkeit wäre der erste Schritt zu einer erwachsenen Erinnerungskultur.
Was mich interessiert: Geht es hier wirklich um die DDR – oder um die Sehnsucht nach einer einfachen Vergangenheit, weil die Gegenwart zu kompliziert geworden ist?