Angriff auf das Fest der Vielfalt in Bad Freienwalde

Bad Freienwalde – Ein brutaler Angriff auf Teilnehmer des Bad Freienwalde-Vielfaltsfestes am vergangenen Sonntag wirft ein Schlaglicht auf die zunehmende Aggressivität gegen offene Gesellschaftsveranstaltungen in Brandenburg. Mehrere Vermummte attackierten Festbesucher blitzschnell mit Faustschlägen. Laut Augenzeugen handelte es sich um 10 bis 15 Maskierte, die teilweise bewaffnet waren.

Bei dem Überfall wurde unter anderem Heino Krummholz durch Faustschläge im Gesicht verletzt. Er beschreibt die Brutalität der Angreifer: „Es macht einen schon Angst, in welcher Brutalität er einfach zuhaut. Er hätte mich einfach rumschubsen können oder wegschubsen können. Er haut ja bewusst. Er begeht ja bewusst eine Tätigkeit“.

Die Täter konnten nach dem Angriff unerkannt flüchten. Obwohl Polizisten zur Absicherung des Festes anwesend waren, räumte die Polizei ein, dass sie nicht nah genug am Geschehen waren, um den Angriff zu verhindern. Verstärkung rückte erst im Anschluss an die Tat an. Nun wird intensiv nach Zeugen und Bildmaterial gesucht.

Die Veranstaltung in Bad Freienwalde stand klar für ein „buntes Bad Freienwalde und gegen Rechtspopulismus“. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme einer politischen Motivation „durchaus naheliegend“, wie es im Bericht heißt. Aus diesem Grund wurden die Ermittlungen dem Staatsschutz übergeben. Brandenburgs Innenminister René Wilke verurteilte die Tat.

Eine andere Einschätzung kommt aus dem Bad Freienwalder Rathaus. Bürgermeister Alf Lehmann sprach nicht von einem Angriff, sondern von einer Störung: „Da sind welche gewesen und wollten stören. Und ein anderer wollte ihn festhalten, um rauszufinden: Wer ist es? Nun kann man sagen: Der hätte die nicht hauen dürfen. Der andere hätte ihn aber auch nicht festhalten dürfen. Das sind Sachen, wo ich sage: Wer will denn wen jetzt verurteilen – und wofür?“.

Für die Organisatoren des Festes stellt der Vorfall eine neue Dimension dar. Bereits im Vorfeld des Festes wurden Plakate gestohlen. In der Vergangenheit störten bereits Personen, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden, ähnliche Veranstaltungen, allerdings beschränkten sich diese Störungen auf Rufe aus der Entfernung oder das Verteilen von Flyern.

Zunehmende Gewalt und „Angsträume“ für queere Menschen
Der Angriff in Bad Freienwalde bewegt auch die Landespolitik und wirft die Frage auf, „was mit unserer Gesellschaft gerade passiert, dass solche Veranstaltungen von Leuten scheinbar organisiert genutzt werden, gestürmt werden, um andere Leute zu schädigen, am Körper zu verletzen?“.

In den letzten Jahren wurde queeres Leben in Brandenburg zunehmend sichtbarer, ein Umstand, der polarisieren kann. Rechtsextremisten setzen an dieser Polarisierung an, um queeres Leben zurückzudrängen und gleichzeitig „Angsträume“ zu schaffen. Ziel sei es, klarzumachen: „Ihr seid hier nicht willkommen im öffentlichen Raum“. Diese Beobachtung machen queere Menschen oft am eigenen Leib, indem sie Gewalt und Herabwürdigungen erfahren, insbesondere wenn sie sich „am falschen Ort zur falschen Zeit bewegen“.

In der Vergangenheit hat beispielsweise die AfD immer wieder Stimmung gegen die Regenbogenfahne gemacht und dem Pride-Monat der queeren Gemeinschaft einen „Stolz-Monat in Schwarz-Rot-Gold“ entgegengesetzt. Obwohl die AfD selbst bestreitet, die Regenbogenfahne abzulehnen – ein AfD-Vertreter äußerte, er habe „überhaupt nichts gegen die Regenbogenfahne“, aber sie sei „kein Symbol ist, das an Rathäusern oder gar am Reichstag hängen muss“, da dort „grundsätzlich nationale Symbole“ hängen – fehlt auch auf der anderen Seite das Verständnis, wo immer wieder Regenbogenfahnen beschädigt oder geklaut werden.

Jüngste Beispiele belegen dies: In Dallgow-Döberitz wurde eine Regenbogenfahne angezündet. Gut 100 Kilometer südöstlich, in Beeskow, wurde sie gestohlen und am Folgetag erneut gehisst. Die Botschaft derer, die sich nicht einschüchtern lassen wollen, ist klar: Man kann zwar eine Fahne im Dunkel der Nacht klauen, aber die Symbolik bleibe bestehen.

Obwohl queere Menschen oft Unterstützung erfahren, ist das Klima für sie rauer geworden. Der Schock über den Angriff in Bad Freienwalde sitzt noch tief, doch das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ will sich auch in Zukunft nicht einschüchtern lassen. Die Frage nach dem „Warum dieser Angriff?“ bleibt jedoch noch offen.