Rechter Terror im Osten: Wenn alternative Räume zur Zielscheibe werden

Eine beunruhigende Entwicklung prägt die gesellschaftliche Landschaft Deutschlands: Die Zahl rechter Angriffe gegen sogenannte politische Gegnerinnen und Gegner hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Besonders der Osten Deutschlands ist immer wieder Schauplatz dieser Aggressionen, die zunehmend an die sogenannten „Baseballschlägerjahre“ der 1990er-Jahre erinnern. Von Brandschlägen auf Jugendclubs bis hin zu gewalttätigen Übergriffen auf Menschen – Rechtsextremismus stellt die größte Gefahr für die Demokratie dar.

Serie von Angriffen in Ostdeutschland
Ein prominentes Beispiel der jüngsten Zeit ist der Angriff auf das autonome Zentrum „Kim Hubert“ in Salzwedel, Sachsen-Anhalt, am 16. Februar 2025. Gegen 0:45 Uhr trat eine Gruppe von zunächst drei Neonazis die Tür des Zentrums ein und bewarf die Anwesenden sofort aggressiv mit Flaschen, offenbar mit der Absicht, Menschen zu verletzen. Die Polizei stufte den Vorfall als rechtspolitisch motivierte Gewalttat ein. Dieses Zentrum ist ein Ort, an dem sich junge Menschen selbstverwaltet und unabhängig treffen, diskutieren und linke sowie antifaschistische Politik betreiben. Es ist für Rechtsextreme und Neonazis ein Symbol der Provokation und wird daher gezielt angegriffen. Bereits 2018 drangen vermummte und bewaffnete Personen in die Räume des Zentrums ein.

Doch der Angriff in Salzwedel ist kein Einzelfall, sondern reiht sich ein in eine lange Liste von Attacken auf „alternative Räume“ im Osten:

• Im Oktober 2022 zündeten zwei junge Erwachsene in Seehausen, knapp 40 km von Salzwedel entfernt, ein Bahnhofsgebäude an, das von Klimaaktivisten genutzt wurde.
• Im Oktober 2023 brannte der „Kultberg“, ein Kulturhaus im südbrandenburgischen Altdöbern, nieder. Ermittlungen zufolge soll die rechtsextreme Gruppierung „Letzte Verteidigungswelle“ dafür verantwortlich sein.
• Am 1. März 2024 griffen mutmaßlich Rechtsextreme den Jugendclub „Cham“ in Senftenberg an.
• Am 24. Mai 2024 wurde das Hausprojekt „Zelle 79“ in Cottbus mutmaßlich von Rechtsextremen attackiert.

Diese Angriffe sind laut Quellen „Botschaftstaten“. Die dahinterstehende Botschaft ist klar: Es gibt keine sicheren Räume für Menschen, die sich der rechten Hegemonie oder dem rechtsextremen Weltbild nicht beugen wollen; es gibt keine Sicherheit vor dieser Gewalt und der Gewaltandrohung.

Motive und Täterprofile
Während Rassismus nach wie vor das vorherrschende Motiv bei rechter Gewalt ist, gab es im letzten Jahr einen Anstieg von zwei Dritteln bei Angriffen auf „politische Gegnerinnen und Gegner“ – der größte Anstieg in den Motivgruppen. Dazu zählen für die extreme Rechte alle, die als links, antifaschistisch oder einfach nur als alternativ und nicht rechts abgestempelt werden. Dies wird als ausreichend empfunden, um angegriffen zu werden, nur weil man sich in bestimmten Räumlichkeiten aufhält oder eine bestimmte Art von Kultur oder Musik unterstützt.

Die Täter sind oft junge Extremisten, die in sozialen Medien aktiv sind und sich vernetzen. Sie marschieren gegen CSD-Paraden auf, hetzen gegen queere Menschen und Andersdenkende und greifen gewaltsam an. Ein Beispiel, das die Brutalität und die ideologische Verankerung der Täter verdeutlicht, ist der Brandanschlag auf den Jugend- und Kulturraum „Die Friese“ in Bremen im Februar 2020. Fünf Jahre nach der Tat wurden drei Männer vor Gericht gestellt, die über Jahre in rechtsextremen und neonazistischen Kreisen unterwegs waren und bei einem von ihnen zahllose Nazidevotionalien gefunden wurden. Der Hauptangeklagte wurde wegen schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Das Tatmotiv, Hass und Verachtung gegenüber politisch Andersdenkenden, spielte eine zentrale Rolle.

Rückkehr der „Baseballschlägerjahre“?
Die Gewalt, die sich derzeit manifestiert, erinnert viele stark an die 1990er Jahre. Zwischen 2023 und 2024 hat sich die Zahl der Brandanschläge verdoppelt. Diese Anschläge treffen nicht nur linke Zentren, sondern auch Geflüchtetenunterkünfte, Wohnungen von Migranten oder Häuser, die zu Unterkünften werden sollen.

Die AfD trägt durch ihre „Politik der Provokation“ seit Jahren maßgeblich dazu bei, die gesellschaftliche Stimmung nach rechts zu verschieben. Sie schlägt in dieselbe Kerbe wie junge Neonazis, die gegen CSD-Paraden hetzen oder auf Demonstrationen gegen Transmenschen polemisieren. Wenn die Gesellschaft keine entschlossene Antwort auf die AfD und ihre „neonazistischen Vorfeldorganisationen“ findet, könnte das, was wir gerade erleben, der Anfang von „neuen Baseballschlägerjahren“ sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Neonazis den nächsten Anschlag auf Menschen verüben, die ihnen nicht „deutsch genug aussehen“, nicht rechts sein wollen oder auf Räume, die von Geflüchteten oder Linken genutzt werden.

Widerstand und die Botschaft der Einschüchterung
Die Angriffe sollen einschüchtern, verunsichern und ängstlich machen. Doch sie treiben die Menschen auch an und geben ihnen Kraft. Linke Aktivistinnen und Aktivisten wollen den Rechten das Feld nicht überlassen, was sich beispielsweise in Gegendemonstrationen zeigt. Sie sehen es als ihr Ziel, die „Zielscheibe woanders hinzurichten“, um rassistisch marginalisierte Menschen auf der Straße vor Angriffen zu schützen.

Die Lehren aus den „Baseballschlägerjahren“ sind vor allem schnelle und effektive Strafverfolgung, die klare Benennung der Tatmotive sowie Solidarität mit den Angegriffenen, auch durch politisch Verantwortliche. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass diese Forderungen dringender denn je sind.