SKET Magdeburg: Vom Herzstück des Schwermaschinenbaus zum Symbol des industriellen Umbruchs

Magdeburg, einst stolze „Stadt des Schwermaschinenbaus“ und ein Zentrum der Schwerindustrie der DDR, erlebte nach der Wende einen tiefgreifenden und oft schmerzhaften Strukturwandel. Das Schicksal des Schwermaschinenbaukombinats „Ernst Thälmann“, kurz SKET, steht exemplarisch für die Herausforderungen und Brüche, denen viele ostdeutsche Großbetriebe in den 1990er Jahren ausgesetzt waren. Eine, die diesen Prozess aus nächster Nähe miterlebte, ist Angela Brockmann, die in SKET ihre erste Arbeitsstelle fand.

Nach ihrem Studium in Leipzig wurde Angela Brockmann, die eigentlich zurück in den Norden wollte, nach Magdeburg zugewiesen. Sie beschreibt die Stadt damals als „sehr zugig, sehr dreckig, sehr laut“ und eine der drei Städte der DDR, „über die man nichts wusste und durch die man nur ganz schnell durchfahren wollte“. Ihre Arbeit bei SKET begann mit Übersetzungstätigkeiten, oft ohne Computer und mit fünf Durchschlägen. Doch sie wollte mehr, wollte dolmetschen und reisen, was sie dann auch ausgiebig tat, unter anderem in der Sowjetunion und vielen osteuropäischen Ländern.

Der Fall der Mauer am 9. November 1989 erlebte sie in Algerien, wo sie gerade als Dolmetscherin im Einsatz war. Nachrichten gab es spärlich, und die Rückkehr war von Ungewissheit geprägt: „man war sich schon so gar nicht sicher ist dann überhaupt noch einer da wenn ich jetzt nach Hause komme“. Obwohl sie durch ihre gute Ausbildung zunächst keine Existenzängste hatte, sollten die Veränderungen für SKET und die gesamte Region dramatisch sein.

Geplante Abwicklung statt Erhalt?
Der Stammbetrieb SKET wurde zunächst in eine GmbH umgewandelt und Teil einer Holding-AG. Doch schon bald verdichteten sich die Gerüchte, die auch im Nachhinein als zutreffend betrachtet werden: SKET sollte „von vorne rein nicht überleben“. Es sei „nicht der Plan“ gewesen, das Unternehmen durch Privatisierung tatsächlich zu erhalten und das Geschäft fortzuführen. Trotzdem wurden noch erhebliche Steuermittel investiert, beispielsweise 175 Millionen D-Mark in die Walzwerksfertigung.

Die Privatisierung Ende 1994 war von Kontroversen begleitet. SKET wurde an eine „ganz kleine Firma aus Salzgitter“, die Salzgitter Maschinenbau GmbH (SMAG), für den symbolischen Preis von 1 Euro verkauft. Schon damals „kursierten die Gerüchte, dass das mit Absicht so war“, weil die Treuhand dachte, „die schaffen das sowieso nicht“. Ein starkes Indiz für diese Absicht war laut Angela Brockmann, dass die einzige westdeutsche Konkurrenz, Schlömann Siemark, mit ihrem Eigentümer Herrn Weiß im Aufsichtsrat von SKET saß – eine Konstellation, die im Westen als „Unding“ galt, da Aufsichtsräte Zugang zu allen internen Informationen haben.

Bestätigung für die These der geplanten Abwicklung fand sich später in einem Tagebuch eines Finanzmanagers der Erwerber aus Salzgitter. Darin waren 400 Seiten mit Gesprächen mit der Treuhand dokumentiert, die zeigten, dass der Manager aufgefordert wurde, sich anzustrengen, da SKET „immer noch nicht tot“ sei. Dies sei ein „verbrieft“ dafür, dass SKET nicht überleben sollte.

Der „Todesstoß“
Im September 1995, obwohl SKET zu diesem Zeitpunkt noch 2000 Mitarbeiter hatte und die „Auftragsbücher voll waren“, erfolgte ein verhängnisvoller Eingriff. Rudolf Bohm, damals für die Treuhand tätig, gab ein Zeitungsinterview, in dem er verkündete, dass es bei SKET „ganz schlecht aus[sehe]“ und man wohl nur 900 Mitarbeiter halten könne. Dies stand im krassen Widerspruch zum Kaufvertrag, der die Erhaltung von 1600 Mitarbeitern unter Androhung von Strafen vorsah.

Die Aussage Bohms wirkte wie ein „Todesstoß“. Sie führte dazu, dass Banken und Kunden Angst bekamen. Große Projekte, wie solche für 100 Millionen Dollar, konnten nicht mehr realisiert werden, da die notwendige Mitarbeiterstärke (weit über 900) fehlte. Angela Brockmann, mittlerweile Pressesprecherin von SKET, versuchte verzweifelt, die Aussage über die Presse (Reuters etc.) zu korrigieren und auf die Vertragsdetails hinzuweisen, doch es „hat am Ende keinen interessiert“.

Trotz Bemühungen der SKET-Führung, den Mitarbeitern nach der Privatisierung Mut zu machen, etwa mit einer „Sket Party Number One“ für Tausende von Angestellten und ihren Familien, konnten die Weichen nicht mehr umgestellt werden. Die Erwerber verließen SKET im Januar 1996, und im Oktober 1996 war SKET insolvent. Der gesamte Prozess, inklusive der Abrechnungen mit den Erwerbern, die trotz Vorwürfen noch Abfindungen erhielten, wird als „sehr dunkel“ beschrieben.

Persönliche Konsequenzen und neue Wege
Das Ende von SKET war Teil eines größeren „großen Sterben[s]“ von Betrieben in Magdeburg. Die Stadt, deren Ökonomie stark vom Schwermaschinenbau als „Monokultur“ geprägt war, verzeichnete eine Arbeitslosigkeit von über 25 Prozent. Besonders betroffen war die ältere Generation, die für den Schwermaschinenbau ausgebildet war und kaum Perspektiven auf dem neuen Arbeitsmarkt fand. Ganze Familien hatten in diesen Werken gearbeitet und standen nun ohne Arbeit da.

Auch für Angela Brockmann hatte das Ende von SKET persönliche Konsequenzen. Als Pressesprecherin der Geschäftsführung spürte sie den Druck von der Treuhand, die sie als „Bremsklotz“ erlebte und von der immer wieder „Störfeuer“ kamen. Der Aufsichtsratsvorsitzende von der Treuhand, Herr Blum, versuchte ihr vorzugeben, was sie der Presse zu sagen habe. Als sie sich weigerte, falsche Informationen zu verbreiten, wie sie Herr Bohm in seinem Interview tat, setzte die Treuhand ihr einen eigenen Pressesprecher vor die Nase. Für Angela Brockmann war dies das Ende: Das „Vertrauensverhältnis zerrüttet“, verließ sie SKET.

Sie machte sich selbstständig, probierte verschiedene Dinge aus, von einem kleinen Callcenter bis zum Verkauf von Kleinflugzeugen. Anfang der 2000er Jahre entdeckte sie die Energietechnik und fand in Blockheizkraftwerken ihre neue berufliche Heimat. Mit einer kleinen Firma ist sie seit langem in diesem Bereich tätig und hat sich so erfolgreich einen neuen Weg abseits des untergegangenen Schwermaschinenbaus geschaffen.

Das Schicksal von SKET bleibt jedoch ein Mahnmal für den brutalen Umbruch, der ganze Industrien und Regionen in Ostdeutschland erfasste, und wirft Fragen nach den tatsächlichen Absichten und Methoden der Abwicklung auf.