Für viele Menschen in der DDR war die Ostsee das Sehnsuchtsziel schlechthin. Jeden Sommer schien „die ganze DDR in Richtung Ostsee zu streben“. Sie verkörperte den Traum von Sommer, Sonne und Ferien. Doch die Küste war weit mehr als nur ein Urlaubsort – sie war auch ein wichtiger Wirtschaftsraum und eine streng gesicherte Grenze, die sowohl Idylle als auch Bedrückung symbolisierte.
Der jährliche Sommerurlaub an der See war begehrt. Wer Glück hatte, erhielt über seinen Betrieb einen der begehrten FDGB-Ferienplätze. Andere nutzten betriebseigene Ferienheime. Allerdings war dies nicht jedermanns Sache, da man riskierte, sogar mit dem Chef am Mittagstisch sitzen zu müssen. Viele bevorzugten daher das Campen, das für ein Gefühl von Freiheit, Abenteuer und Unabhängigkeit stand.
Die Ostsee und das Meer im Allgemeinen hatten für viele Menschen in der DDR einen besonderen Reiz, der mit der Sehnsucht nach der „großen Reise“ verbunden war. Diese Sehnsucht nach der weiten Welt blieb für die meisten jedoch ein Wunschtraum. Souvenirs, wie sie auch in einer Sonderausstellung zu finden sind, zeugten von dieser unerfüllten Sehnsucht.
Doch die Ostsee war nicht nur Urlaubsparadies und Sehnsuchtsort. Sie war auch ein bedeutender Wirtschaftsraum für die DDR. Rostock spielte hier eine zentrale Rolle mit seiner Werftindustrie und der Hochseefischerei, die wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung beitrug.
Gleichzeitig war die Ostseeküste eine sensible Grenzregion, die besonders gesichert werden musste. Sie stellte die Frontlinie zwischen NATO und Warschauer Pakt dar. Täglich überflogen Kampfbomber vom Typ Suchoi 22 der Nationalen Volksarmee die FKK- und Textilstrände auf Rügen, Binz und Usedom.
Die Küste war zudem die Grenze der DDR, an der die Staatsmacht stets befürchtete, dass Menschen versuchen würden, ihr Land zu verlassen. Es gab tragische Fluchtversuche; in den kalten Wintern der 60er-Jahre versuchten manche, über das Eis zu entkommen. Sogar der letzte bekannte DDR-Flüchtling ertrank in der Lübecker Bucht.
Die Ostseeküste verkörpert somit in der Geschichte der DDR einen tiefen Widerspruch: Sie steht für die Urlaubsidylle, die schönen Erinnerungen und die Sehnsucht nach Freiheit, aber auch für die Beschränkungen, Bedrückungen und die allgegenwärtige Grenzsituation. Diese Dualität macht sie zu einem faszinierenden Thema für eine Sonderausstellung.