Landesverwaltungsamt übt deutliche Kritik an Jenaer Finanzen und Verwaltung

Die Stadt Jena hat die Genehmigung für ihre Haushaltssatzung und den Haushaltsplan für die Jahre 2025 und 2026 erhalten. Das Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) erteilte den Bescheid am 17. April 2025, und die Satzung trat mit ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt am 24. April 2025 in Kraft. Doch hinter der formalen Genehmigung verbergen sich gravierende Beanstandungen und strenge Auflagen seitens der Aufsichtsbehörde, die ein Schlaglicht auf erhebliche finanzielle und administrative Schwachstellen in der Stadtverwaltung werfen.

Massiver Rückstand bei Jahres- und Gesamtabschlüssen
Eine der zentralen und schärfsten Kritiken betrifft den eklatanten Rückstand bei der Erstellung und Prüfung von Jahres- und Gesamtabschlüssen. Das TLVwA moniert, dass der letzte geprüfte Jahresabschluss der Stadt Jena, der ihm vorliegt, das Jahr 2021 betrifft. Zwar befinde sich der Abschluss für 2022 in Prüfung und 2023 habe gerade begonnen, doch die gesetzlichen Fristen sind längst überschritten. Das Amt weist ausdrücklich darauf hin, dass die Stadt Jena die bestehenden Rückstände bis zur Haushaltssatzung 2027 abgebaut haben muss, da andernfalls eine Beanstandung der gesamten Haushaltssatzung in Betracht gezogen wird.

Ein ähnliches Problem besteht bei den Gesamtabschlüssen. Derzeit liege dem Stadtrat erst der Gesamtabschluss für das Jahr 2020 vor. Kann eine zeitnahe Prüfung des Gesamtabschlusses nicht gewährleistet werden, muss die Stadt wieder jährliche Beteiligungsberichte erstellen. Das TLVwA fordert die jährliche Übersendung dieser Berichte bis spätestens 30. September, sollte kein geprüfter Gesamtabschluss vorgelegt werden können.

Drohende Liquiditätsprobleme und unklare Argumentation
Trotz des formalen Haushaltsausgleichs gemäß den Vorschriften, sieht das Landesverwaltungsamt künftige Liquiditätsprobleme auf die Stadt zukommen. Erhebliche Investitionen sowie hohe Zuweisungen und Zuschüsse an die städtischen Eigenbetriebe führten zu einer künftig angespannten Liquiditätssituation. Nach der aktuellen Finanzplanung werden die derzeit verfügbaren liquiden Mittel von über 62 Millionen Euro im Jahr 2026 voraussichtlich vollständig aufgebraucht sein. Die Stadt müsse planmäßig die Mittel des sogenannten Cash-Pools beanspruchen, obwohl diese rechtlich vollständig als Forderungen der Eigenbetriebe gegenüber der Stadt gebunden seien.
Besonders kritisch merkt das TLVwA an, dass die Argumentation der Stadt, warum diese liquiden Mittel nicht zur Reduzierung von Kreditaufnahmen des Kernhaushalts eingesetzt werden können (da 80% davon dem Eigenbetrieb KSJ zuzuschreiben seien), „nicht schlüssig und nachvollziehbar“ erscheint. Dies liegt daran, dass die Stadt Jena die Cash-Pool-Mittel selbst zum Großteil zur Deckung der eigenen Auszahlungen verwendet.

Strikte Auflagen für Berichterstattung und Finanzplanung
Angesichts dieser kritischen Finanzlage fordert das Landesverwaltungsamt eine wesentlich detailliertere und regelmäßigere Berichterstattung. Dazu gehören unterjährige Liquiditätsübersichten des Kernhaushaltes und der Eigenbetriebe, jährliche Übersendung der geprüften Jahresabschlüsse von Stadt und Eigenbetrieben, sowie des Gesamtabschlusses oder der Beteiligungsberichte.

Zudem erteilt die Behörde eine Reihe von Hinweisen zur künftigen Finanzplanung, die deutlich mehr Transparenz und Vereinheitlichung verlangen. Die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe müssen künftig einheitlich vorgelegt werden und zusätzliche Informationen enthalten, wie aktuelle Finanzmittelbestände, Liquiditätsprognosen, detaillierte Erläuterungen zu wichtigen Planansätzen und die Aufzeichnung bestehender Tendenzen und Risiken. Die Erfolgspläne sollen auf den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum erweitert werden. Die Übersicht über geplante Investitionsvorhaben muss künftig klar zwischen Investitions- und Instandhaltungsmaßnahmen trennen und Erläuterungen zu übertragenen Maßnahmen enthalten. Eine vollständige Schuldenübersicht aller wirtschaftlich vom Sondervermögen zu tragenden Schulden wird ebenso gefordert wie die Kennzeichnung übertragener Verpflichtungsermächtigungen.

Ein spezifischer Mangel wurde beim Eigenbetrieb Kultur und Marketing Jena (KMJ) festgestellt: Der für das Wirtschaftsjahr 2026 festgesetzte Höchstbetrag für Liquiditätskredite in Höhe von 3 Millionen Euro weist keinen zugrundeliegenden Wirtschaftsplan für 2026 auf. Das Amt warnt, dass diese Festsetzung unwirksam sein könnte, sollte der Wirtschaftsplan 2026 nicht die erforderlichen Erträge von mindestens 18 Millionen Euro vorsehen. Der Stadtrat muss den Wirtschaftsplan 2026 für KMJ daher im Jahr 2025 beschließen und gegebenenfalls der Rechtsaufsicht vorlegen.

Die Genehmigung des Haushalts für 2025/2026 mag der Stadt Jena kurzfristig Planungssicherheit geben, doch der Bescheid des Landesverwaltungsamtes macht unmissverständlich klar: Jena steht vor erheblichen Herausforderungen beim Abbau administrativer Rückstände und der Sicherstellung ihrer langfristigen Zahlungsfähigkeit. Die scharfen Hinweise und Auflagen setzen die Stadtverwaltung und den Stadtrat unter erheblichen Druck, die Mängel zügig zu beheben, um künftige Beanstandungen zu vermeiden und die finanzielle Stabilität der Stadt nachhaltig zu sichern.

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