Als die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs heraufzogen, lebte der damals achtjährige Volker Schobeß in Potsdam mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder in einem Haus unweit der Havel. In einem Interview erinnert er sich an die gespenstische Atmosphäre jener Tage, in denen Angst und Hoffnung dicht beieinanderlagen.
„Nach Kriegsende war das natürlich für uns Kinder eine aufregende Zeit. Wir haben gemerkt, dass die Eltern – also es war ja nur die Mutter – alle in Ängste waren, was passiert noch, was besteht uns bevor“, berichtet Schobeß. Die Erinnerung sei geprägt von einem späten Nachmittagsruf: „Der Hausdruck wieder, die Russen kommen, der Schreckensruf.“ Für die Familie bedeutete das: hastiges Herunterfahren, Keller aufsuchen, Schutz suchen.
Im engen Luftschutzkeller, den die Bewohner notdürftig mit Decken ausgelegt hatten, lagen die Geschwister Seite an Seite. „Dann kamen zwei, drei Russen zu uns in den Keller“, fährt Schobeß fort. „Wir lagen unter Decken sozusagen als Kinder … und die haben uns auf der Brust abgekratzt.“ Die Geste, so unbeholfen und archaisch sie erscheint, sprach einerseits von Misstrauen und Angst, andererseits von Neugier und der Suche nach Kontakt zwischen Besatzern und Bevölkerung.
Für viele Zeitzeugen markiert diese Phase eine Zäsur: Die Erfahrung, dass es kein Zurück mehr gab, und zugleich der erste Schritt in eine ungewisse Zukunft. Schobeß erinnert sich, wie seine Mutter in hektischer Eile Proviant sammelte, während er und sein Bruder die Geräusche der einmarschierenden Truppen hörten – Artillerie und schwere Panzerketten. Noch heute spürt er den Schreck, als eine Granate in der Nähe einschlug und der Keller erzitterte.
Doch trotz der Furcht habe sich bald ein Gefühl von Befreiung breitgemacht, erklärt der heute 88-Jährige. „Alles war zerstört, aber mit einem Schlag war der Schrecken des Krieges vorbei.“ In den folgenden Tagen öffneten sich für die Verbliebenen im zerstörten Potsdam neue Perspektiven: erste Rationen, erste Begegnungen mit Rotarmisten, die vielfach freundlich und zurückhaltend auftraten, und die allmähliche Erkenntnis, dass ein langer Leidensweg zu Ende ging.
Schobeß’ Erinnerungen sind mehr als Kindheitserlebnisse – sie sind ein Stück Zeitgeschichte, das von der Verunsicherung, aber auch der Zuversicht jener Tage berichtet. In seinen Erzählungen verbindet sich das Bild einer zerstörten Stadt mit dem Aufbruch in eine neue Zeit, in der Hoffnung und Angst noch tagtäglich miteinander kämpften.