Verborgene Wacht am Stadtrand – Die Landtore von Rostock



In der aktuellen Folge von „Goldhofers Zeitreise“ begibt sich Moderator Jörg Goldhofer auf Spurensuche entlang der einstigen Wehranlagen der Hansestadt Rostock. Eine Reise durch Jahrhunderte, von Tor zu Tor – vorbei an Glanz, Verfall und Wiederentdeckung.

Wenn der Schnee der Gegenwart die Spuren der Vergangenheit zudeckt, dann hilft oft nur ein Blick zurück, um zu verstehen, was einst war. In der sechsten Ausgabe seiner historischen Radioserie „Goldhofers Zeitreise“ widmet sich Jörg Goldhofer den Landtoren Rostocks – jenen Bauwerken, die einst den Zugang zur Stadt aus dem mecklenburgischen Umland sicherten.

Ausgangspunkt ist das Jahr 1265, als sich die drei Teilstädte Rostocks zusammenschlossen. Was folgte, war ein massiver Ausbau der Stadtbefestigung: Wälle, Gräben und eine fünf Kilometer lange Mauer mit 1,5 Metern Dicke sollten Schutz bieten. Entlang dieser Mauern entstanden insgesamt 22 Stadttore, darunter neun Landtore, die den Verkehr aus dem Landesinneren regelten.

Eines davon war das Bramoer Tor, besser bekannt als Grünes Tor – benannt nach seinem schiefergedeckten Dach, das im Licht grünlich schimmerte. Es führte einst Richtung Warnemünde, wurde jedoch 1722 abgetragen. Nur der Straßenname erinnert heute noch an das einst mächtige Bauwerk.

Weit bekannter ist das Kröpeliner Tor. Mit seiner stolzen Höhe von 54 Metern diente es nicht nur der Verteidigung, sondern war auch ein Symbol städtischen Selbstbewusstseins. Heute ist es eines der wenigen erhaltenen Tore und markiert das westliche Ende der Kröpeliner Straße, Rostocks belebter Einkaufsmeile. Im Laufe der Zeit diente es unterschiedlichsten Zwecken: als Tor, Turm, Bahndurchlass – und heute als Ausstellungsort.

Andere Tore verschwanden stiller aus dem Stadtbild. Das Schwansche Tor, einst südlicher Auslass in Richtung Schwaan, verlor seine Funktion bereits früh an das benachbarte Steintor. Letzteres wurde nach der Eroberung Rostocks durch Herzog Johann Albrecht 1574 im Stil der Renaissance neu aufgebaut und prägt bis heute das Bild südlicher Stadteingänge.

Eine Besonderheit stellt das Kuhtor dar. Es ist das älteste erhaltene Stadttor Norddeutschlands und diente später dem Viehtrieb auf die Warnowwiesen. Auch dieses Bauwerk hat eine bewegte Geschichte hinter sich – vom Wehrtor zum Gefängnis, schließlich zur Wohnung. Erst 1984 wurde es vollständig rekonstruiert.

Viele der anderen Tore existieren nur noch in Karten, Namen oder Archiven: das Gerberturm, der Küterturm, das neue Petriturm – letzteres möglicherweise der Standort des ersten Rostocker Stadttores überhaupt, unterhalb der ältesten Kirche der Stadt, St. Petri. 1960 wurde das Tor endgültig abgerissen, obwohl schon 1900 erste Stimmen laut wurden, es zu erhalten. Heute existieren konkrete Pläne für einen Wiederaufbau.

Goldhofer verknüpft die Spurensuche mit lokalen Überlieferungen, etwa dem bekannten Gedicht über die „Rostocker Sieben“. In diesem lyrischen Kanon tauchen nur sieben Tore auf – ein Hinweis darauf, wie schnell Vergessen beginnt, wenn Steine fehlen. Die Erklärung ist schlicht: Zum Zeitpunkt der Dichtung waren manche Tore bereits längst verschwunden.

Mit viel Detailfreude, historischen Quellen und einem Gespür für die Geschichten hinter den Mauern rekonstruiert Goldhofer die verborgene Topografie der Hansestadt. Sein Beitrag ist mehr als eine historische Rückschau. Er ist ein Plädoyer für das Erinnern – und für eine Stadt, die stolz auf ihr steinernes Erbe sein darf.

Tips, Hinweise oder Anregungen an Arne Petrich

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