Walter Gunz, der Gründer von Media Markt, blickt auf eine außergewöhnliche Unternehmergeschichte zurück – eine Geschichte, die mit einem scheinbaren Fehler begann und in einem der größten Handelsunternehmen Deutschlands endete. In einem intensiven Gespräch mit Mario Lochner und Sinan Krieger öffnet Gunz seine Erinnerungen, erläutert seine unternehmerischen Entscheidungen und übt scharfe Kritik an den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland.
Aus einem Fehltritt wurde ein Erfolg
Gunz erinnert sich an den Wendepunkt seiner Karriere: Eine impulsive Kündigung bei Karstadt nach einem emotionalen Gespräch mit der Revision in Essen. „Es war der größte Fehler meines Lebens“, so Gunz, „doch auf dem Heimweg erkannte ich, dass es für meine zwölf Mitarbeiter und einen Lehrling keine Alternative gab.“ Die daraus entstandene Geschäftsidee war getrieben von der Verantwortung, die er gegenüber seinen Mitarbeitern empfand. Dieses als „Felix Kulpa“ bezeichnete Phänomen – die glückselige Schuld – zeigt, wie aus einem vermeintlichen Fehltritt ein Meilenstein im unternehmerischen Werdegang werden kann.
Kritik am zentralistischen Denken
Ein wiederkehrendes Thema in Gunz’ Ausführungen ist seine Kritik an zentralistischen Systemen. Er zieht dabei Parallelen von der Steuerung bei Karstadt über das heutige „Brüssel-Modell“ der EU bis hin zur deutschen Bürokratie. Für ihn stehen allzu viele Vorschriften und Reglementierungen im Widerspruch zu Freiheit, Kreativität und unternehmerischem Erfolg. „Zentralismus erstickt den Einzelnen – er setzt auf Kontrolle und Vorgaben, statt auf individuelle Verantwortung“, betont Gunz und sieht hierin den Grund für den Niedergang traditioneller Unternehmen wie Karstadt.
Führungskultur: Vertrauen statt Kontrolle
Im Zentrum von Gunz’ unternehmerischer Philosophie steht das Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter. Er weist darauf hin, dass wahre Potenzialentfaltung nicht durch strenge Hierarchien und „Dienst nach Vorschrift“ gelingt, sondern durch das Freisetzen individueller Stärken. Bei Media Markt herrschte ein Geist des Miteinanders, in dem die Mitarbeiter als Individuen gesehen wurden, deren Beitrag zusammen oft weit mehr als die Summe der Einzelteile ergibt – ein Prinzip, das er als „1 plus 1 plus 1 ergibt 5“ beschreibt. Dabei lehnt er die reine Work-Life-Balance ab und fordert stattdessen, dass Arbeit als Lebenssinn begreifbar sein muss.
Deutschland am Scheideweg
Gunz ist beunruhigt über die gegenwärtige Entwicklung in Deutschland. Er kritisiert, dass immer mehr Vorschriften und ein allgegenwärtiger staatlicher Eingriff die Wirtschaft lähmen und den Unternehmergeist ersticken. Die Politik, so Gunz, lasse sich zu sehr von Umfragen und populistischen Meinungen leiten. „Die Freiheit stirbt nur scheibchenweise“, zitiert er Guido Westerwelle, und warnt davor, dass der zunehmende Zentralismus langfristig zu einem wirtschaftlichen Absturz führen könnte. Dabei sieht er in der aktuellen Verschuldungspolitik und der anhaltenden Bürokratisierung gefährliche Tendenzen, die den Mut zu unpopulären, aber notwendigen Entscheidungen untergraben.
Eigenverantwortung als Schlüssel zum Erfolg
Der Unternehmer hebt hervor, dass Krisen nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen bieten können. Anhand von Beispielen wie der anfänglichen Unterkapitalisierung oder einem Brand in einem Media Markt zeigt er, wie durch entschlossenes Handeln und den Glauben an die eigene Vision auch aus Widrigkeiten neue Erfolgsperspektiven entstehen können. Für Gunz ist es entscheidend, dass Unternehmer Verantwortung übernehmen und sich nicht von ideologischen Dogmen oder kurzfristigen Trends leiten lassen.
Liberaler Geist versus ideologischer Dogmatismus
Abschließend stellt Gunz den Liberalismus dem dogmatischen Denken entgegen. Während Liberalismus für ihn Eigenverantwortung, Freiheit und wirtschaftliches Wachstum bedeutet, kritisiert er die zunehmende Ideologisierung – sei es in der Politik oder im öffentlichen Diskurs. Er appelliert an eine Rückbesinnung auf die Werte der jüdisch-christlichen Kultur, auf Moral, Ehrlichkeit und den Mut, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen. Dabei weist er darauf hin, dass ein echter Wandel nicht von innen heraus, sondern durch Impulse von außen – etwa durch wirtschaftlich unabhängige Vorbilder und liberale Thinktanks – in Gang gesetzt werden muss.
Walter Gunz’ Bericht zeichnet das Bild eines Unternehmers, der sowohl auf seine bewegte Vergangenheit als auch auf die gegenwärtigen Herausforderungen Deutschlands blickt. Sein Appell an mehr Vertrauen, Eigenverantwortung und den Mut, gegen den Strom zu schwimmen, ist dabei nicht nur ein persönliches Bekenntnis, sondern auch ein Weckruf für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft.
In einem Land, das zunehmend von Bürokratie und zentralistischer Kontrolle geprägt ist, bleibt die Frage: Kann der Geist der Freiheit und des Unternehmertums den Weg zu einer innovativeren und lebenswerteren Zukunft ebnen? Walter Gunz ist überzeugt – es braucht nur den ersten Schritt.