Das geltende Wahlrecht zur Bundestagswahl nach der Reform 2023

Das geltende Wahlrecht nach der Reform 2023

Die Bundestagswahl ist das Herzstück der deutschen Demokratie. Sie findet alle vier Jahre statt und regelt die Zusammensetzung des Bundestages, dem wichtigsten Gesetzgebungsorgan der Bundesrepublik Deutschland. Grundlage für die Durchführung der Wahl ist das Bundeswahlgesetz. 2023 wurde dieses Gesetz in wesentlichen Punkten reformiert, um den Herausforderungen der Zeit gerecht zu werden.

Hintergründe der Reform
Die Reform des Wahlrechts war lange ein kontrovers diskutiertes Thema. Der Bundestag stand vor dem Problem eines kontinuierlichen Anwachsens seiner Mitgliederzahl. Vor der Reform bestand die Gefahr, dass die Zahl der Abgeordneten auf 800 oder sogar 900 steigen könnte, was das Parlament ineffizient und kostspielig machen würde. Ursache dafür war das bisherige Wahlsystem, das durch die Kombination aus Direktmandaten und Verhältniswahlrecht häufig zu Überhang- und Ausgleichsmandaten führte.

Die Notwendigkeit der Reform wurde besonders nach der Bundestagswahl 2021 deutlich, bei der der Bundestag mit 736 Abgeordneten so groß wie nie zuvor war. Ziel der Reform war es daher, die Größe des Bundestages auf ein arbeitsfähiges Maß zu reduzieren und gleichzeitig die Grundsätze der demokratischen Legitimität zu wahren.

Die wesentlichen Änderungen
Die Wahlrechtsreform 2023 brachte einige bedeutende Änderungen mit sich:

  • Begrenzung der Abgeordnetenzahl
    Die Zahl der Bundestagssitze wurde auf 630 festgelegt, rund 100 weniger als zuvor. Diese Begrenzung sorgt dafür, dass der Bundestag handlungsfähiger wird und die Kosten für den Betrieb des Parlaments sinken.
  • Abschaffung von Überhang- und Ausgleichsmandaten
    Das neue Wahlrecht sieht keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vor. Stattdessen spiegelt die Sitzverteilung im Bundestag künftig das Ergebnis der Zweitstimmen exakt wider. Dieses Prinzip stellt sicher, dass die proportionalen Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben.
  • Streichung der Grundmandatsklausel
    Besonders kontrovers war die Abschaffung der sogenannten Grundmandatsklausel. Diese ermöglichte es Parteien bisher, auch dann in den Bundestag einzuziehen, wenn sie weniger als 5 % der Zweitstimmen erreicht hatten, sofern sie mindestens drei Direktmandate gewannen. Ziel der Reform war es, die 5 %-Hürde ohne Ausnahme durchzusetzen und so die Fragmentierung des Parlaments zu verhindern.
  • Kritik und Verfassungsklagen
    Die Reform stieß auf heftige Kritik, insbesondere von der CDU/CSU und der Partei Die Linke, die gegen die Änderungen vor dem Bundesverfassungsgericht klagten. Im Zentrum der Kritik stand die Abschaffung der Grundmandatsklausel. Kritiker argumentierten, dass diese Regelung kleinere Parteien wie Die Linke oder regionale Parteien benachteilige und so die politische Vielfalt im Bundestag gefährde.

Im Juli 2024 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die vollständige Streichung der Grundmandatsklausel verfassungswidrig sei. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Grundmandatsklausel einen wichtigen Bestandteil der Repräsentationsfunktion des Bundestages darstelle. Bis zu einer neuen gesetzlichen Regelung bleibt die bisherige Klausel bestehen, sodass Parteien mit mindestens drei Direktmandaten weiterhin in den Bundestag einziehen können, auch wenn sie die 5 %-Hürde nicht überschreiten.

Auswirkungen auf die Bundestagswahl 2025
Für die Bundestagswahl 2025 gelten daher sowohl die neuen Regelungen zur Sitzbegrenzung als auch die alte Grundmandatsklausel. Die Abschaffung der Überhang- und Ausgleichsmandate wird voraussichtlich zu einem deutlich kleineren Bundestag führen. Dennoch bleibt die Frage offen, wie die Grundmandatsklausel in Zukunft gestaltet wird, da eine endgültige Einigung im Bundestag bislang nicht erreicht wurde.

Politische und gesellschaftliche Bedeutung
Die Wahlrechtsreform von 2023 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des deutschen Parlaments. Einerseits bietet die Reform die Chance, das politische System effizienter zu gestalten, andererseits bleibt sie ein Zankapfel zwischen den Parteien. Die Debatte zeigt die Spannungen zwischen dem Wunsch nach Reformen und der Wahrung der politischen Vielfalt und Gerechtigkeit.

Die Reform illustriert zudem, wie schwierig es ist, grundlegende Änderungen im Wahlrecht durchzusetzen, da sie stets tief in das demokratische Gefüge eingreifen. Umso wichtiger ist es, dass zukünftige Änderungen breite Mehrheiten im Bundestag finden und die Zustimmung der Bevölkerung genießen.

Weitere Informationen zur Reform und den aktuellen Regelungen finden Interessierte auf der offiziellen Webseite des Deutschen Bundestages unter bundestag.de.

Redakteur/Blogger/Journalist/Chronist: Arne Petrich

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