Die Vacom GmbH, ein führender Anbieter von Vakuumtechnik, hat ihre ambitionierten Pläne für eine Großinvestition in Großlöbichau bei Jena aufgegeben. Wie Geschäftsführer Jens Bergner am Mittwochabend bei einer Einwohnerversammlung erklärte, wird das mit „The Holy Cow“ betitelte Projekt nicht realisiert. Ursprünglich wollte das Unternehmen rund 250 Millionen Euro investieren und bis zu 1500 neue Arbeitsplätze schaffen. Doch die Vision scheiterte an einer Kombination aus lokalem Widerstand und bürokratischen Hürden.
Ein geplatzter Traum
„Ich war nicht in der Lage, die Gemeinde davon zu überzeugen, wie wichtig dieses Projekt ist“, erklärte Bergner vor den etwa 60 anwesenden Einwohnerinnen und Einwohnern. Mit deutlichen Worten beschrieb er das Scheitern als das Ende eines Traums, der den Standort von Vacom in Großlöbichau zu einem globalen Zentrum für Vakuumtechnik ausbauen sollte. Insbesondere die Ablehnung durch den Gemeinderat, der sich gegen eine Änderung des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet entschied, stellte eine unüberwindbare Hürde dar.
Rückblickend übte Bergner auch Selbstkritik. „Ich habe damals in meiner jugendlichen Naivität gedacht, dass man auf Bauland bauen kann“, so der Geschäftsführer. Mit dem Rückzug aus dem ursprünglichen Vorhaben richtet Vacom seinen Blick nun stärker auf einen neuen Produktionsstandort im US-Bundesstaat Montana, in den ebenfalls umfangreich investiert wird.
Kritik an Hochhausplänen
Der Widerstand gegen das Projekt war vor allem durch den geplanten Multifunktionsturm geprägt, der sich in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten befinden sollte. Gemeinderätin Steffi Friedrich von der Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Klein- und Großlöbichau“ machte deutlich, dass dieser Aspekt bei der Bevölkerung auf Ablehnung gestoßen sei. „Zur Wahrheit gehört auch, dass die Bürger kein Hochhaus wollten“, sagte sie.
Auch Bürgermeisterin Anja Isserstedt-Theilig (parteilos) bestätigte, dass der Gemeinderat die Bedenken der Einwohner berücksichtigt habe. Die Nachricht über das Aus für das Mega-Projekt sei für die Gemeinde dennoch überraschend gekommen. Viele der Anwesenden nahmen den Rückzug des Unternehmens mit wenig Emotionen zur Kenntnis. Einige äußerten sogar Erleichterung darüber, dass die umstrittenen Hochhauspläne nicht umgesetzt werden.
Neue Pläne: Projekt „Artemis“
Obwohl das Großprojekt gescheitert ist, will Vacom weiterhin in Großlöbichau aktiv bleiben. Jens Bergner kündigte an, stattdessen das Projekt „Artemis“ zu verfolgen, das Investitionen von 25 Millionen Euro vorsieht. Geplant sind ein viergeschossiges Bürogebäude und ein Parkhaus mit 300 Stellplätzen. Diese Pläne sollen rund 250 neue Arbeitsplätze in Bereichen wie Forschung, Konstruktion, IT und Künstlicher Intelligenz schaffen. „Wir wachsen und brauchen Platz – auch hier“, erklärte Bergner.
Die Reaktionen auf die neuen Pläne fielen positiver aus. „Schön, dass sie nicht aufgeben“, kommentierte eine Bürgerin. Auch Bürgermeisterin Isserstedt-Theilig zeigte sich erleichtert, dass Vacom eine Perspektive in Großlöbichau sieht. „Entscheidend ist, dass das Unternehmen hier bleibt und sich weiterentwickeln kann“, sagte sie.
Vacoms Bedeutung für die Region
Die Vacom GmbH hat sich in den letzten Jahren als bedeutender Arbeitgeber und innovatives Unternehmen in der Region etabliert. Mit rund 500 Mitarbeitenden am Standort Großlöbichau liefert das Unternehmen Vakuumtechnik für zukunftsweisende Branchen wie Halbleiter, erneuerbare Energien, Luft- und Raumfahrt, Medizin und Quantentechnologie. Vor zwei Jahren hatte Jens Bergner die ursprünglichen Expansionspläne vorgestellt, die eine Verdreifachung der Produktionskapazitäten bis 2025 ermöglichen sollten.
Doch selbst ohne lokalen Widerstand stieß das Projekt auf zahlreiche bürokratische Hindernisse, die die Umsetzung zusätzlich erschwerten. Bereits 2023 hatte Bergner diese Hürden öffentlich kritisiert und betont, dass die Standortentwicklung durch langwierige Genehmigungsverfahren gebremst werde.
Abwanderung in die USA
Parallel zu den Problemen in Großlöbichau hat Vacom in den vergangenen Jahren die Pläne für den neuen Standort in Montana vorangetrieben. Dort sollen moderne Produktionsanlagen entstehen, die das Wachstum des Unternehmens sichern. Während Bergner sich nach wie vor zum Hauptsitz in Großlöbichau bekennt, wird die Expansion in die USA nun eine größere Rolle spielen. „Wir müssen unsere internationalen Kapazitäten ausbauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, betonte er.
Ein Rückschlag für die Region
Das Scheitern des 250-Millionen-Euro-Projekts bedeutet einen herben Rückschlag für Großlöbichau und die Region um Jena. Über 1000 potenzielle Arbeitsplätze gehen verloren, und ein bedeutender Wachstumsschub bleibt aus. Gleichzeitig zeigt die Debatte um das Projekt, wie wichtig ein konstruktiver Dialog zwischen Unternehmen, Gemeinde und Bürgern ist. Ob Vacom mit dem kleineren Projekt „Artemis“ die regionale Akzeptanz gewinnen kann, bleibt abzuwarten.