Streit zwischen SPD und AfD in Landtagssitzung in MV zu „35 Jahre friedliche Revolution“

Streit in Landtagssitzung zum Thema „35 Jahre friedliche Revolution“

Am Mittwoch, dem 13. November, begann im Schweriner Schloss die dreitägige Plenarsitzung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern mit der sogenannten Aktuellen Stunde. Auf Antrag der SPD-Fraktion wurde das Thema „Vom mutigen Umbruch zum Aufbruch in Freiheit – 35 Jahre friedliche Revolution“ debattiert. Die Sitzung eröffnete der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thomas Krüger, der die Bedeutung der Ereignisse des 9. Oktober 1989 in Leipzig hervorhob. Er erinnerte an den Mut der Demonstrierenden, die mit Kerzen in der Hand gegen die damalige Staatsführung aufbegehrten. Krüger betonte, dass an diesem Tag, als etwa 70.000 Menschen in Leipzig friedlich auf die Straße gingen, die SED-Führung nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Die Staatsführung, die sich auf Gewaltanwendung vorbereitet hatte, war durch das friedliche Handeln der Demonstranten völlig überfordert. „Wir hatten alles geplant, wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete“, zitierte Krüger einen ehemaligen DDR-Volkskammer-Chef.

In einem humorvollen Einschub erklärte Krüger, dass es nicht David Hasselhoff oder die Band Scorpions gewesen seien, die den Soundtrack zum Mauerfall lieferten, sondern die Bürger der DDR selbst. Der Song „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ sei der wahre Begleiter jener historischen Tage gewesen, ein Lied, das Millionen von Menschen an der Grenze gesungen hätten. Dabei erinnerte Krüger auch daran, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, und forderte eindringlich, dass Demokratie ständige Mitarbeit erfordere: „Eine Demokratie ist nur so stark, wie sie in der Breite der Gesellschaft verankert ist. Diese Basis ist mir zu schmal“, sagte Krüger. Er rief die Bürger dazu auf, aktiv für die Demokratie einzutreten und ihre Grundrechte zu verteidigen.

Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Nikolaus Kramer, nahm das Thema der Debatte auf und nutzte die Gelegenheit, um das Demokratieverständnis der etablierten Parteien zu kritisieren. Er warf ihnen vor, dass der 9. November 1989 und die damit verbundene friedliche Revolution für sie nur noch Folklore seien. Mutige und kritische Bürger, die für ihre Überzeugung auf die Straße gingen, würden von den etablierten Parteien nicht ernst genommen. „Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung taugen Ihnen doch nur als Schlagworte, um Ihre linksideologische Diskurshoheit zu zementieren“, so Kramer. Diese Äußerung rief umgehend Widerstand hervor. Die Debatte verwandelte sich in einen hitzigen Streit, bei dem Krüger zurückschoss: „Demokratie lebt nicht nur von salbungsvollen Schlagworten und pathetischen Begriffen.“

Es folgte ein lautstarker Austausch von Vorwürfen, als Kramer von der SPD die Unterstellung erhielt, dass diese Partei bei einer Gelegenheit die AfD-Fraktion in ein Internierungslager stecken würde. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Julian Balleen, erklärte, dass seine Äußerung eine Reaktion auf Kramers Rede gewesen sei. Balleen sagte, dass er mit seinem Zwischenruf die Verachtung zum Ausdruck bringen wollte, die die AfD für die Institutionen des deutschen Staates zeige. Kramer blieb bei seiner Behauptung und unterstrich erneut, dass er der Meinung sei, dass die SPD in einer solchen Situation die AfD in ein Internierungslager stecken würde.

Ein weiterer Höhepunkt der Debatte war die Erinnerung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Daniel Peters an die Lebensbrüche, die viele Menschen in der ehemaligen DDR während und nach der Wende erlebten. Diese Lebensbrüche, so Peters, würden seiner Ansicht nach viel zu wenig gewürdigt und beachtet. Er sprach von den oft sehr harten Umstellungen, die Ostdeutsche durchmachen mussten, und von den Schicksalen, die im Zuge der Wiedervereinigung auf vielen Menschen lasteten. „Ich finde, es wird bis heute hin zu wenig gewürdigt, welche Lebensbrüche wir Ostdeutschen erlitten haben“, sagte Peters. Er fügte hinzu, dass er besonders verstört sei, wenn solche Lebensleistungen aus westdeutscher Perspektive abgewertet würden.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nahm in ihrer Rede eine versöhnliche Haltung ein und hob die positiven Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern seit der Wiedervereinigung hervor. „Seit der Vereinigung hat sich Mecklenburg-Vorpommern enorm entwickelt“, sagte Schwesig und verwies auf die Erfolge in verschiedenen Bereichen, darunter die Entstehung erfolgreicher Unternehmen und die signifikante Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im Land. Die Abwanderung von jungen Menschen sei gestoppt worden, das Bruttoinlandsprodukt habe sich seit 1991 vervierfacht, und die Arbeitslosenquote sei von 26 Prozent im Jahr 2005 auf 7,6 Prozent gesenkt worden. Schwesig betonte, dass auch die Rentenangleichung zwischen Ost und West sowie die Einführung der beitragsfreien Kita in Mecklenburg-Vorpommern wesentliche Erfolge seien. Sie schloss ihre Rede mit einem positiven Blick auf die Landeshauptstadt Schwerin, deren Schloss mittlerweile als Kernstück des UNESCO-Weltkulturerbes gilt und als eine der schönsten Städte Deutschlands gilt.

Die Aktuelle Stunde endete mit der Feststellung, dass Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren viele Fortschritte gemacht hat, aber auch vor weiteren Herausforderungen stehe. In den folgenden Sitzungstagen des Landtages standen wieder konkrete politische Themen auf der Tagesordnung, darunter 28 Anträge aus den Fraktionen und sieben Gesetzentwürfe. Insgesamt galt es, 52 Tagesordnungspunkte abzuarbeiten, wobei der Fokus auf den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes lag. Die Debatte über die Bedeutung des 9. November 1989, die friedliche Revolution und die Frage nach der zukünftigen politischen Ausrichtung des Landes waren jedoch wichtige Impulse für die weiteren Gespräche und Entscheidungen in den folgenden Sitzungstagen.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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