AfD Stadtrat Chemnitz:: Antrag zum Thema Stasi-Überprüfungen und DDR-Aufarbeitung

AfD im Stadtrat Chemnitz: Antrag auf Stasi-Überprüfung der Stadträte, Redner: Steffen Wegert

Chemnitz – Die Debatte um die Aufarbeitung des DDR-Unrechts und die Überprüfung möglicher Verstrickungen von Mandatsträgern in die Tätigkeit der Stasi hat erneut den Chemnitzer Stadtrat beschäftigt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand ein Antrag der AfD-Fraktion, der eine umfassende und fortgesetzte Prüfung aller städtischen Mandatsträger auf etwaige Stasi-Verbindungen forderte. Bereits 2019 hatte die AfD dieses Thema aufgebracht, nun griff sie es erneut auf. Doch die Frage, ob ein Schlussstrich unter dieses Kapitel der deutschen Geschichte gezogen werden sollte, spaltet die politischen Lager weiterhin.

Der Antrag: Ein Schritt zur „politischen Hygiene“
Die AfD-Fraktion argumentierte, dass die Aufarbeitung des DDR-Unrechts noch längst nicht abgeschlossen sei. Die Sprecher der Fraktion betonten, dass die DDR-Diktatur für alle Zeiten ein mahnendes Beispiel bleiben müsse, wie eine totalitäre Staatsführung systematisch Freiheitsrechte unterdrückte, Menschen bespitzelte und Andersdenkende ausgrenzte.

„Die Verbrechen des DDR-Regimes dürfen nicht in Vergessenheit geraten, und es ist unsere Pflicht, sicherzustellen, dass niemand, der an diesem Unrecht beteiligt war, in öffentlichen Ämtern tätig ist“, erklärte ein Vertreter der AfD. Der Antrag zielte darauf ab, die Überprüfungsmöglichkeiten, die der Bundestag zuletzt bis Ende 2030 verlängert hatte, auch auf kommunaler Ebene konsequent umzusetzen.

Die Fraktion argumentierte, dass die Überprüfungen ein Zeichen des Respekts gegenüber den Opfern der DDR-Diktatur seien und gleichzeitig das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Institutionen stärken würden. Selbst wenn die Überprüfung ergäbe, dass kein aktueller Mandatsträger belastet sei, bleibe das Signal wichtig: Die Stadt Chemnitz nehme ihre Verantwortung gegenüber der Geschichte ernst.

Historische Verantwortung und Erinnerungskultur
Die AfD stellte ihren Antrag in den Kontext der Erinnerungskultur. „Es gehört zu unserer Geschichte, dass wir uns mit den Verbrechen der Vergangenheit auseinandersetzen – sowohl mit den Verbrechen des Nationalsozialismus als auch mit denen der DDR“, erklärte der Sprecher weiter. Diese Auseinandersetzung sei keine theoretische Übung, sondern ein wichtiger Beitrag zur politischen Hygiene und zur Verankerung demokratischer Werte.

Der Antrag nahm auch Bezug auf die Verlängerung der Überprüfungsmöglichkeiten durch den Bundestag. Im Jahr 2019 hatte der Gesetzgeber die Frist zur Überprüfung von Mandatsträgern und Beschäftigten im öffentlichen Dienst um elf Jahre bis Ende 2030 verlängert. Diese Entscheidung wurde damals von der CDU im Bundestag maßgeblich unterstützt.

Kontroverse im Stadtrat
Wie schon 2019 stieß der Antrag auch dieses Mal auf kontroverse Reaktionen im Stadtrat. Vertreter anderer Fraktionen warfen der AfD vor, das Thema politisch zu instrumentalisieren. „Die Überprüfungsmöglichkeit ist längst gesetzlich geregelt. Warum wird das Thema hier erneut aufgekocht?“, fragte ein Sprecher der Linken.

Die Grünen äußerten sich ebenfalls skeptisch. Ein Vertreter erinnerte daran, dass die Grünen-Fraktion bereits 2019 erklärt habe, dass der Antrag inhaltlich nicht falsch sei, aber von der „falschen Partei“ eingebracht werde. Diese Position sorgte damals wie heute für Diskussionen, da Kritiker darin ein fragwürdiges Demokratieverständnis erkennen.

Die SPD wiederum verwies auf die Bedeutung einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte. „Wir sind es den Opfern der DDR-Diktatur schuldig, uns mit dieser Vergangenheit auseinanderzusetzen. Das gilt auch für die kommunale Ebene“, erklärte ein SPD-Vertreter. Gleichzeitig betonte er, dass die Stadt Chemnitz bereits vielfältige Maßnahmen zur Erinnerung an das DDR-Unrecht und die Aufarbeitung der Vergangenheit umgesetzt habe.

Bundespolitische Bezüge
Der Antrag nahm Bezug auf eine Rede der CDU-Bundestagsabgeordneten Yvonne Magwas, die in der Debatte zur Verlängerung des Stasi-Unterlagengesetzes hervorgehoben hatte, dass die Überprüfungsmöglichkeit auch heute noch von großer Bedeutung sei. Magwas hatte betont, dass die Transparenz in diesem Bereich entscheidend sei, um Vertrauen in das staatliche Handeln aufzubauen.

Ein Vertreter der CDU im Chemnitzer Stadtrat griff diese Argumentation auf: „Die Bundespartei hat sich klar für die Verlängerung der Überprüfungsmöglichkeiten ausgesprochen. Es wäre konsequent, diesen Weg auch hier vor Ort zu unterstützen.“

Die AfD verwies zudem auf Zahlen, die die Bedeutung der Überprüfungen unterstrichen: Im Jahr 2018 seien bundesweit 167 Anträge auf Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst gestellt worden, dazu 446 Anträge auf die Überprüfung von Mandatsträgern. „Das zeigt, dass die Aufarbeitung keineswegs abgeschlossen ist“, so ein AfD-Sprecher.

Abstimmung und Appell
In der abschließenden Diskussion appellierte die AfD an die Stadträte, über parteipolitische Grenzen hinweg für den Antrag zu stimmen. „Es geht nicht um Parteipolitik, sondern um Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern dieser Stadt und um die Würde der Opfer der DDR-Diktatur“, erklärte ein Vertreter der Fraktion.

Die Abstimmung verlief jedoch erwartungsgemäß entlang der Fraktionsgrenzen. Während die AfD und einzelne Stadträte aus anderen Fraktionen den Antrag unterstützten, sprachen sich die Linken, die Grünen und Teile der SPD gegen den Antrag aus.

Fazit: Ein Thema, das polarisiert
Die erneute Debatte über Stasi-Überprüfungen zeigt, dass die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit auch mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung ein emotionales und politisch aufgeladenes Thema bleibt. Während die Befürworter des Antrags betonen, dass die Überprüfungen ein Zeichen der Verantwortung und Transparenz sind, sehen Kritiker darin eine politische Instrumentalisierung.

Die Diskussion im Chemnitzer Stadtrat spiegelt damit die bundesweite Debatte wider: Wie kann eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Geschichte gelingen, ohne dass sie zur Bühne parteipolitischer Konflikte wird? Die Antwort darauf bleibt offen.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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