Wolfgang Vogel: Der umstrittene Vermittler im Häftlingsfreikauf zwischen Ost und West

Geschichte Mitteldeutschlands Wolfgang Vogel Der DDR Anwalt mit dem goldenen Mercedes

Wolfgang Vogel war ein bedeutender ostdeutscher Rechtsanwalt, der im Kontext des Kalten Krieges eine entscheidende Rolle beim Austausch politischer Gefangener und Spione zwischen Ost und West spielte. Er pflegte enge Kontakte zur Führung der DDR sowie zu westdeutschen Politikern und war maßgeblich daran beteiligt, über 33.000 politische Häftlinge aus den Gefängnissen der DDR freizukaufen. Im Gegenzug erhielt die DDR von der Bundesrepublik Deutschland beträchtliche Geldsummen sowie Warenlieferungen im Wert von Milliarden.

Vogels Karriere nahm in den 1950er Jahren Fahrt auf, als er als einer der wenigen ostdeutschen Anwälte mit einer Lizenz für den Westen Mandanten in beiden deutschen Staaten vertreten konnte. Schnell erregte der junge Anwalt die Aufmerksamkeit der Stasi, die versuchte, ihn als Informanten zu rekrutieren. Aus Sorge um seine berufliche Zukunft stimmte Vogel zu und wurde unter dem Decknamen „Eva“ ein geheimer Informant der Stasi.

Seinen großen Durchbruch erzielte Vogel 1962, als er den Austausch des sowjetischen Spions Rudolf Abel gegen den amerikanischen Piloten Francis Gary Powers auf der Glienicker Brücke organisierte. Dieser spektakuläre Erfolg brachte ihm internationale Bekanntheit ein und eröffnete ihm Möglichkeiten für weitere Agentenaustausche.

Anfang der 1960er Jahre rückte Vogel auch in das Interesse westdeutscher Kirchenvertreter und Industrieller, die sich für die Freilassung politischer Häftlinge in der DDR einsetzten. Da die Bundesrepublik Deutschland offiziell keinen Kontakt zur DDR unterhielt, suchten sie nach einem inoffiziellen Weg, um den Gefangenen zu helfen. Aufgrund seiner guten Beziehungen zur DDR-Führung galt Vogel als idealer Partner für dieses Vorhaben.

Der erste bedeutende Häftlingsfreikauf fand 1963 statt, als acht politische Gefangene gegen die Zahlung von 165.000 D-Mark freigelassen wurden. Dieser Testlauf zeigte, dass man sich auf Vogels Zusagen verlassen konnte und dass sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik Deutschland bereit waren, für die Freilassung von Häftlingen zu zahlen.

In den folgenden Jahren entwickelte sich der Häftlingsfreikauf zu einem profitablen Geschäft für die DDR. Die Bundesrepublik zahlte insgesamt 32 Millionen D-Mark für die Freilassung von 800 Häftlingen, was einem Durchschnittspreis von 40.000 D-Mark pro Person entsprach. Die Zahlungen erfolgten meist in Form von dringend benötigten Warenlieferungen, darunter Butter, Kaffee, Kautschuk und Südfrüchte.

Die Organisation der Häftlingsfreikäufe lag in den Händen der Stasi, die bestimmte, welche Häftlinge freigelassen werden konnten und welche in der DDR verbleiben mussten. Wolfgang Vogel fungierte als Vermittler zwischen beiden Seiten, führte Verhandlungen mit westdeutschen Vertretern und sorgte dafür, dass die freigelassenen Häftlinge sicher in den Westen gelangen konnten.

Vogels Rolle in diesem Prozess war umstritten. Während viele freigekaufte Häftlinge ihm für seine Unterstützung dankten, wurde er von anderen als „Advokat des Teufels“ kritisiert. Man warf ihm vor, sich mit dem repressiven DDR-Regime gemein zu machen und von dem Leid der politischen Gefangenen zu profitieren.

Trotz der Kritik genoss Vogel das Vertrauen hochrangiger Politiker in Ost und West. Erich Honecker ernannte ihn zu seinem persönlichen Beauftragten für die innerdeutschen Beziehungen, während westdeutsche Politiker wie Herbert Wehner und Helmut Schmidt seine Zuverlässigkeit und Verhandlungsgeschick schätzten.

Mit dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 endete jedoch Vogels Rolle als Vermittler zwischen Ost und West. Das Geschäft mit den Häftlingen brach zusammen, und Vogel geriet in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend in Vergessenheit. Er starb 2008.

Wolfgang Vogels Leben und Wirken im geteilten Deutschland bleibt bis heute umstritten. War er ein skrupelloser Geschäftemacher, der vom Leid anderer profitierte? Oder war er ein humanitärer Helfer, der tausenden Menschen zur Freiheit verhalf? Diese Fragen müssen die Menschen für sich selbst beantworten. Fest steht jedoch, dass Vogel eine Schlüsselrolle im Kalten Krieg spielte und sein Handeln das Leben unzähliger Menschen nachhaltig beeinflusste.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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