CDU und BSW wollen AfD-Vorsitz im Kampf um Thüringer Landtagspräsidium verhindern

In Erfurt stehen die Parteien des Thüringer Landtags vor einer bedeutenden Entscheidung: Das Verfahren zur Wahl des Landtagspräsidenten soll geändert werden. Der Grund für diese Initiative ist das Ziel, einen AfD-Landtagspräsidenten zu verhindern, da die AfD nach der letzten Landtagswahl die stärkste Fraktion stellt und somit gemäß der aktuellen Geschäftsordnung das Vorschlagsrecht für diesen Posten innehat.

Die CDU und die Bürger für Thüringen (BSW) haben daher gemeinsam angekündigt, einen Antrag einzubringen, um das Wahlverfahren zu ändern. Statt der bisherigen Regelung, die der stärksten Fraktion das alleinige Vorschlagsrecht zugesteht, sollen künftig alle Fraktionen von Anfang an eigene Kandidaten nominieren dürfen. Diese Änderung der Geschäftsordnung soll bei der konstituierenden Sitzung des Landtags am 26. September zur Abstimmung kommen.

AfD-Landtagspräsident wird von anderen Fraktionen abgelehnt
Obwohl die AfD als stärkste Kraft das Vorschlagsrecht hat, haben CDU, BSW, SPD und Die Linke bereits deutlich gemacht, dass sie einen Kandidaten der AfD nicht unterstützen werden. Die AfD hat bereits die Abgeordnete Wiebke Muhsal als ihre Kandidatin ins Rennen geschickt, doch die übrigen Fraktionen lehnen eine Zusammenarbeit mit ihr strikt ab. Da sich die vier Parteien bisher auf keinen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen konnten, droht ein kompliziertes Verfahren, das möglicherweise die Konstituierung des Landtags verzögern könnte.

Die CDU befürchtet, dass es zu einer „Hängepartie“ kommen könnte, wenn keine schnelle Einigung gefunden wird. Sollte sich keine Mehrheit für einen Landtagspräsidenten finden, könnte das den Beginn der neuen Legislaturperiode erheblich verzögern.

Alterspräsident der AfD übernimmt zunächst Sitzungsleitung
Am 26. September soll die konstituierende Sitzung des Thüringer Landtags stattfinden. Als Alterspräsident wird der 73-jährige AfD-Abgeordnete Jürgen Treutler zunächst die Leitung übernehmen. Dies ist üblich, solange kein neuer Landtagspräsident gewählt wurde. Die Situation ist jedoch heikel, da die AfD ihren Kandidaten vorschlagen möchte und die anderen Fraktionen sich in einer schwierigen Position befinden, dies zu verhindern.

Die Landtagsverwaltung betonte, dass der Alterspräsident nur begrenzte Möglichkeiten habe, die Dauer einer Sitzungsunterbrechung zu bestimmen, falls es zu einem Patt kommt. Sollten sich die Fraktionen nicht auf eine Fortsetzung einigen, müsste dies per Mehrheitsbeschluss entschieden werden.

Parteien pochen auf Handlungsfähigkeit des Parlaments
Die CDU betont, dass die Funktionsfähigkeit des Parlaments oberste Priorität habe. Andreas Bühl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, erklärte: „Wir dürfen es nicht zulassen, dass der Thüringer Landtag als Institution beschädigt wird.“ Ziel der CDU sei es, das Parlament schnell handlungsfähig zu machen, um wichtige Entscheidungen, wie die Beratung des Landeshaushalts 2025, voranzutreiben.

Auch Tilo Kummer, parlamentarischer Geschäftsführer der BSW-Fraktion, plädiert für ein rechtssicheres Verfahren, um wochenlange Verzögerungen zu vermeiden. Er spricht sich ebenfalls für einen gemeinsamen Kandidaten von CDU, BSW, SPD und Die Linke aus, um einen AfD-Landtagspräsidenten zu verhindern.

SPD unterstützt den Antrag
Obwohl die SPD den gemeinsamen Antrag nicht offiziell mit eingereicht hat, unterstützt sie ihn dennoch vollumfänglich. Ein Sprecher der SPD-Fraktion erklärte: „Wer den Antrag einreicht, ist aus unserer Sicht unerheblich. Entscheidend ist: Die SPD-Fraktion trägt ihn vollumfänglich mit.“ Damit zeigt die SPD ihre Unterstützung für die Bemühungen, das Vorschlagsrecht der AfD zu umgehen und einen Konsenskandidaten zu finden.

Verfassungsgericht könnte entscheidende Rolle spielen
Sollte es am Wahltag zu Streitigkeiten oder Verzögerungen bei der Wahl des Landtagspräsidenten kommen, könnte das Thüringer Verfassungsgericht eine zentrale Rolle spielen. Laut einem Sprecher des Gerichts bereitet sich das Verfassungsgericht darauf vor, im Falle eines Eilantrags schnell handeln zu können. Falls die Wahl des Landtagspräsidenten rechtlich angefochten wird, könnte das Gericht bereits am Wahltag oder kurz darauf eine Entscheidung treffen.

Christian Schaft, Fraktionschef der Linken, begrüßte den Antrag von CDU und BSW und sieht darin eine Möglichkeit, eine reibungslose Konstituierung des Landtags zu gewährleisten. Die Linke werde den Antrag voraussichtlich unterstützen, um einen Kandidaten der AfD zu verhindern und den Landtag arbeitsfähig zu machen.

Die Diskussionen rund um die Wahl des Landtagspräsidenten in Thüringen verdeutlichen die tiefe Spaltung innerhalb der politischen Landschaft des Bundeslands. Während die AfD auf ihrem Vorschlagsrecht beharrt, versuchen die anderen Fraktionen mit allen Mitteln, einen AfD-Präsidenten zu verhindern. Die geplante Änderung der Geschäftsordnung könnte dabei ein entscheidender Schritt sein, um das Parlament handlungsfähig zu halten und die Konstituierung des Landtags nicht unnötig zu verzögern.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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