Koalitionspoker in Thüringen: SPD stellt rote Linien auf

Die politischen Gespräche über mögliche Koalitionen und Optionen für die Regierungsbildung in Thüringen stehen noch ganz am Anfang, und dennoch ist die Spannung bereits spürbar. Insbesondere die SPD, angeführt von Landeschef Georg Maier, zeigt sich skeptisch gegenüber einem Bündnis mit der neu gegründeten Wagenknecht-Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW). Maier äußerte sich in einem Interview, das vor dem ersten sogenannten „Optionsgespräch“ in dieser Woche stattfand, deutlich kritisch. Er betonte: „Wir haben rote Linien, wo wir sagen, dass wir so mit uns nicht umgehen lassen. Außenpolitik hat auf Landesebene nichts zu suchen.“ Besonders die Aussagen von Sahra Wagenknecht zur Ukraine und zur Außenpolitik, die sie in einem Interview machte, sind für Maier Anlass zur Sorge. Er verdeutlichte, dass ein Einstieg in ernsthafte Sondierungsgespräche für die SPD keinesfalls feststehe.

Hinter den Kulissen finden derzeit erste Treffen zwischen den Parteien CDU, BSW und SPD statt, um auszuloten, ob eine Zusammenarbeit in einer möglichen Dreierkoalition infrage kommt. Bereits in der vergangenen Woche führte CDU-Landeschef Mario Voigt Einzelgespräche sowohl mit Georg Maier von der SPD als auch mit Katja Wolf, der Vorsitzenden der Thüringer BSW. Diese Woche soll es zu einem Treffen zwischen Maier und Wolf auf Einladung der BSW kommen, das Maier bereits bestätigt hat.

Während die Verhandlungen erst in der Anfangsphase sind, sorgt die BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht weiterhin für Diskussionen. In einem Interview machte sie deutlich, dass für ihre Partei in einem Koalitionsvertrag auf Landesebene eine klare Positionierung zur Diplomatie im Ukrainekrieg unverzichtbar sei. Dies wird von der SPD als problematisch angesehen, da die BSW auf Bundesebene die SPD und die anderen Ampelparteien immer wieder als „Kriegstreiber“ bezeichnet hat. Maier äußerte Zweifel daran, ob diese Positionen zu einer positiven Gesprächsatmosphäre beitragen: „Ich weiß nicht, ob das geeignet ist, für eine gute Gesprächsatmosphäre sorgt.“ Zudem sieht er die starke Fokussierung der BSW auf Thüringen als ungewöhnlich und „in dieser Form bei keiner anderen Partei erlebt.“

Innerhalb der SPD gibt es verschiedene Auffassungen darüber, welche Optionen der Partei zur Verfügung stehen. Auch wenn ein Bündnis zwischen CDU und BSW möglich wäre, das von der Linken toleriert wird, wäre eine SPD-Beteiligung in einer solchen Konstellation nicht zwingend notwendig. Eine Koalition mit SPD, CDU und BSW käme jedoch nur auf 44 von 88 Stimmen, und für eine Mehrheit wäre mindestens eine zusätzliche Stimme erforderlich, die entweder von der Linken oder der AfD kommen müsste. Da jedoch jede Partei eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausschließt, bliebe nur die Linke als möglicher Partner, was die Verhandlungen nicht erleichtert.

Zusätzlich zur Diskussion über mögliche Koalitionen äußert Maier scharfe Kritik an den Aussagen Wagenknechts zur bevorstehenden Landtagspräsidentenwahl in Thüringen. Wagenknecht hatte gefordert, dass ihre Partei keinen Landtagspräsidenten wählen werde, nur um einen von der AfD zu verhindern. Sie plädierte für Fairness im Umgang mit der AfD, was Maier als autoritär und problematisch bezeichnet. Er unterstellt Wagenknecht, dass sie in erster Linie ihre eigene politische Karriere und die Vorbereitung auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr im Blick habe.

Die politische Landschaft in Thüringen bleibt kompliziert. Die AfD ging als klarer Sieger aus der Landtagswahl am 1. September hervor und überholte sowohl die CDU als auch die BSW. Die Linke landete auf dem vierten Platz, während die SPD mit nur 6,1 Prozent der Stimmen knapp den Wiedereinzug in den Landtag schaffte. Damit sind die Verhältnisse ähnlich wie bereits 2019: Linke und AfD haben zusammen genauso viele Stimmen wie der Rest des Landtages. Das bedeutet, dass eine Regierungsbildung ohne die Berücksichtigung beider Parteien nahezu unmöglich ist. Einladungen der AfD zu Sondierungsgesprächen wurden von der BSW abgelehnt, und die CDU hat bisher ebenfalls nicht darauf reagiert. Beide Parteien, sowohl die CDU als auch das BSW, könnten theoretisch mit der AfD eine Mehrheit bilden, doch jede Zusammenarbeit mit der als rechtsextrem eingestuften Partei wurde bislang ausgeschlossen.

Insgesamt zeigt sich, dass die politische Lage in Thüringen weiterhin sehr angespannt und komplex bleibt. Die Gespräche zwischen den Parteien haben erst begonnen, doch die Herausforderungen sind bereits deutlich erkennbar. Ob es tatsächlich zu einer Koalition kommt, bleibt abzuwarten, und insbesondere die Position der SPD scheint von Unsicherheiten und internen Meinungsverschiedenheiten geprägt zu sein.

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