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Schweriner Rollschuh-Disco war ein voller Erfolg für die Gemeinschaft

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Am 29. Mai 2025, dem Vatertag, wurde Schwerin Schauplatz einer besonderen Veranstaltung: der Schweriner Rollschuh-Disco. Diese fand mitten auf dem Dreesch, genauer gesagt auf dem Berliner Platz, statt. Schon von weitem kündigte fetzige Musik das Event an. DJ Chili sorgte mit Tanzmusik aus den 70ern und 80ern für die passende musikalische Untermalung und verwandelte den Berliner Platz so in eine lebendige Rollschuh-Disco.

Die Veranstaltung verfolgte ein klares und wichtiges Ziel: Leute von der Innenstadt auf den Dreesch zu bringen. Die Organisatoren wollten, dass sich die Besucher einfach mal untereinander ein bisschen kennenlernen und miteinander Spaß haben. Nach den Eindrücken der Organisatoren hatten die Besucher eine wirklich schöne Zeit.

Was als anfänglich kleine Idee begann, hat sich eindrucksvoll weiterentwickelt und ist mittlerweile zu einem richtig großen Event geworden. Die Rollschuh-Disco auf dem Berliner Platz fand in diesem Jahr bereits zum dritten Mal statt. Ein zentrales Element der Veranstaltung war die gelebte Inklusivität. Jedes Alter war willkommen, denn dem Alter ist keine Grenze gesetzt. Ebenso vielfältig war die erlaubte Fortbewegung: Egal ob die Teilnehmer mit Rollschuhen, Inline Skates, Skateboards, im Rollstuhl oder mit Rollatoren kamen, jeder konnte mitmachen.

Um auch spontanen Besuchern die Teilnahme zu ermöglichen, konnte man vor Ort natürlich auch Rollschuhe leihen. Dank der Unterstützung durch die WMA konnten die Organisatoren Rollschuhe erwerben und diese gegen eine geringe Gebühr den Gästen zum Verleih anbieten.

In diesem Jahr gab es zudem eine Neuerung, die das Rahmenprogramm erweiterte. Damit es zwischendrin auch was zum Schauen gibt, wurde erstmals auch ein Flohmarkt mit organisiert. Dieser fand auf der großen Wiese gleich nebenan statt und bot eine zusätzliche Attraktion für die Besucher. Selbstverständlich war auch für das leibliche Wohl gesorgt, denn kulinarisches gab es natürlich auch.

Die Teilnehmer ließen sich von der Musik mitreißen und fuhren vergnügt, bis der Drehwurm kommt. Insgesamt wurde die Schweriner Rollschuh-Disco auf dem Berliner Platz als ein voller Erfolg bewertet. Sie bewies einmal mehr, wie ein gemeinsames Event Menschen zusammenbringen und für gute Stimmung sorgen kann.

Der Ostseebezirk Rostock im Spiegel des Jahres 1978

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Dieser Beitrag basiert auf den Eindrücken und Darstellungen eines Films des DDR-Magazins aus dem Jahr 1978 [User-Info: Produktionsjahr DDR 1978], bei dem Joachim Tschirner Regie führte [User-Info: Regie: Joachim Tschirner]. Der Film stellt den Bezirk Rostock vor [User-Info: Der Film des DDR-Magazins von 1978 stellt diesen besonderen Bezirk vor], eine Region, die als einer von fünfzehn Bezirken die ehemalige DDR [User-Info: Die ehemalige DDR war in 15 Bezirke aufgeteilt] auf ihrer gesamten Breite an der Ostseeküste prägte. Der filmische Streifzug führt dabei durch seine Städte, die Menschen und die wunderschöne Natur [User-Info: mit seinen Städten, den Menschen und der wunderschönen Natur], von denen viele Aspekte bis heute für Einheimische wie Touristen eine besondere Faszination haben [User-Info: die bis heute für Einheimische wie für Touristen eine ganz besondere Faszination hat – Hinweis: Dieser Aspekt des „bis heute“ stammt aus der Beschreibung des Nutzers und nicht direkt aus dem 1978er Quellmaterial]. Gezeigt werden dabei auch Städte wie Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald, sowie die herrlichen Ostseeinseln [User-Info: Der filmische Streifzug führt von Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald bis hin zu den herrlichen Ostseeinseln]. Auch wenn die DDR als Land heute verschwunden ist, bleiben die Menschen, Städte und die Natu.

Der Bezirk Rostock, mit Rostock als gleichnamiger Bezirkshauptstadt [1, User-Info: mit der gleichnamigen Bezirkshauptstadt], wird im Jahr 1978 als eine Region präsentiert, deren wichtigstes Merkmal die geradezu dynamische Entwicklung in den letzten drei Jahrzehnten ist.
Das Tor zur Welt für den Außenhandel der DDR ist unzweifelhaft der Rostocker Hafen. Dieser Ort, der noch vor zwei Jahrzehnten lediglich aus einer Wiese, einem Sumpf und einem kleinen Fluss bestand, ist 1978 der Arbeitsplatz von 20.000 Hafenarbeitern und Seeleuten, die unermüdlich arbeiten, um den ständig steigenden Transport- und Umschlagbedarf des DDR-Außenhandels zu sichern. Bemerkenswert ist dabei, dass jede zweite Tonne, die hier umgeschlagen wird, aus dem Handel mit der befreundeten Sowjetunion stammt. Schnelle Lotsenboote der Rostocker Lotsenstation bringen erfahrene Kapitäne, um ankommende Schiffe sicher in den Hafen zu führen, wo Kräne, Lastkraftwagen und Eisenbahnwagen bereitstehen. Für Seeleute bedeutet die Ankunft des Lotsen die baldige Rückkehr in die Heimat, für andere Reisende Landgang in einem fremden Land. Seeleute, Transitreisende, Urlauber und Touristen gehören zum Alltag des Bezirks Rostock; zeitweise hält sich hier die Zahl der Fremden und der Einheimischen die Waage.

Der Reichtum des Meeres ist nach wie vor eine wichtige Erwerbsquelle für die Anwohner. Die einst bescheidene Küstenfischerei hat eine grundlegende Wandlung erfahren. Der Aufbau einer leistungsfähigen Fischfangflotte und moderner Betriebe der Fischverarbeitung haben diesen Sektor zu einem ganz bedeutenden Wirtschaftszweig des Bezirkes gemacht. Genossenschaftliche Fischer aus 30 Fischerei-Produktionsgenossenschaften arbeiten gemeinsam mit Kollegen der volkseigenen Fischfangflotte, um das ganze Land mit dem wichtigen Nahrungsmittel Fisch zu versorgen.

Der größte und bedeutendste Industriezweig des Bezirkes ist jedoch zweifellos der Schiffbau. Schiffe aus der DDR sind mit vielen Staatsflaggen auf den Weltmeeren unterwegs. Der wichtigste Auftraggeber für den DDR-Schiffbau ist die Sowjetunion. Vor 30 Jahren, als dieser Industriezweig begann sich zu entwickeln, gab es wenig, worauf aufgebaut werden konnte; in der Stadt Rostock gab es nur eine einzige nennenswerte Werft. Heute arbeiten 40.000 Werktätige in den fünf Großwerken des Bezirkes. Die Rostocker Sektion Schiffstechnik bildet beispielsweise den wissenschaftlichen und technischen Nachwuchs für den Schiffbau aus und forscht an Themen wie der Steuerbarkeit von Schiffen.

Die umfangreiche Industrialisierung kennzeichnet die Entwicklung dieser Region. Am deutlichsten sichtbar wird dies im Bauwesen. Die notwendige Lösung des sozialen Problems der Wohnungsfrage erzwingt die industrielle Fertigung von komfortablen Wohnungen. Das Wohnungsbauprogramm nimmt in den Plänen der Regierung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) einen bevorzugten Platz ein. Allein im Zeitraum von 1976 bis 1980 werden im Bezirk Rostock 45.000 Wohnungen gebaut. Diese sind in erster Linie für Arbeiterfamilien bestimmt und zeichnen sich durch stabile und niedrige Mieten aus. Wichtige Einrichtungen wie Kindergärten, Spielplätze, Schulen und Kaufhallen sind direkt vor der Haustür. Auch wenn noch viele Menschen ungeduldig auf die Schlüsselübergabe warten, entgeht ihnen nicht der Fortschritt. Bei der rationellen Großplattenbauweise ist es eine wichtige Aufgabe für die Projektanten, immer interessante architektonische Lösungen zu schaffen. Dort, wo es sich lohnt, vorhandene Bausubstanz zu erhalten, werden ganze Altbauviertel einer gründlichen Verschönerungskur unterzogen.

Der Bezirk Rostock verfügt heute über eine leistungsfähige sozialistische Landwirtschaft. Ein grundlegender Schritt war der Entschluss der Bauern in den 50er Jahren, in Zukunft genossenschaftlich zusammenzuarbeiten. Dies führte von der Kleinfelderwirtschaft zur industriemäßigen Produktion landwirtschaftlicher Güter in den kooperativen Abteilungen. Das Nebeneinander von moderner Technik und ländlicher Idylle verdeutlicht die tiefgreifenden Umwälzungen der letzten Jahre. Äußere Kennzeichen dieser Veränderungen im Leben der Bauern sind fernbeheizte Neubauwohnungen, Clubrestaurants und Kaufhallen. Wichtiger noch ist, dass die Bauern ihre Kinder während der Arbeit in guten Händen wissen, dass sie wie ihre Kollegen in der Industrie geregelte Arbeitszeiten, Urlaub und gesichertes Einkommen haben und ihnen alle Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Kulturhistorisch wertvolles Erbe vergangener Zeit wird von den Bauern sorgfältig gepflegt oder im Landwirtschaftlichen Museum aufbewahrt.

Die Industrialisierung und die fehlende Rohstoffbasis machen die Nutzung der Atomkraft zu einer zwingenden Notwendigkeit. Im Kernkraftwerk Bruno Leuschner sollen in wenigen Jahren acht Blöcke arbeiten und eine Gesamtleistung von 3500 Megawatt liefern. Produkt und Technologie stammen aus der Sowjetunion. Diese Großbaustelle ist ein Bauplatz des sozialistischen Jugendverbandes der DDR, was bedeutet, dass vorwiegend Jugendliche hier arbeiten und Verantwortung tragen. Vier Blöcke arbeiten bereits, und auch in den Blockwarten, den Nervensträngen des komplizierten Betriebes, leisten junge Leute Dienst; das Durchschnittsalter beträgt hier 27 Jahre.

Spuren vergangener Zeit sind in der Umgebung deutlich zu erkennen. Dazu gehören Spuren aus der Zeit der Hanse, dem größten und einflussreichsten deutschen Städtebund, durch den reiche Fernhändler vom 14. Jahrhundert an 300 Jahre lang den deutschen Seehandel beherrschten. Für die Hansestädte Rostock, Stralsund, Greifswald und Wismar war dies eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Die Universitäten in Rostock und Greifswald bewahren das Andenken an berühmte Gelehrte. Diese Epoche stürmischen Aufschwungs ging im Jahre 1618 jäh zu Ende. Zerstörte und ausgebrannte Landstriche waren die Folge langer Kriege. Der Osten Deutschlands litt unter Ausplünderung durch Fremde und den einheimischen Landadel. Das Leben bot Bauernkindern nur wenige harte Chancen.

Ein entscheidender Wendepunkt in der langen Geschichte Deutschlands war der Frühling 1945, als der Osten Deutschlands von der Sowjetunion befreit wurde und Arbeiter und Bauern begannen, die Macht in ihre Hände zu nehmen. Für die heranwachsenden Generationen sind gleiche Bildungschancen zur Selbstverständlichkeit geworden. 10.500 junge Menschen, mehrheitlich Kinder von Arbeitern und Bauern, studieren heute an den 15 Hoch- und Fachschulen sowie den beiden Universitäten. Die älteste ist die 550 Jahre alte Rostocker Universität, auch „Leuchte des Nordens“ genannt. Besonderer Wert wird auf ein praxisbezogenes Studium gelegt.

Der technische Fortschritt hat das Gesicht des einst entlegenen Landes verändert, aber auch viel von der alten Romantik bewahrt. So geht von dieser Region ein neuer Reiz aus, auch auf eine neue Künstlergeneration. Allein in den letzten zwei Jahren haben 40 Maler im Nordbezirk eine neue Heimat gefunden, was für sie eine Wohnung, ein Atelier und Aufträge bedeutet. Auf Usedom lebt mit Otto Niemeyer-Holstein (83) einer ihrer großen Vorbilder. Er zieht Inspiration aus der herben Anmut der Insel und empfängt manchmal junge Gäste, gibt Wissen und Erfahrung weiter und zeigt Interesse an den Arbeiten seiner jungen Kollegen.

Auch im Bereich Sport und Erholung bietet der Bezirk viel. Internationale Segelregatten mit prominenten Sportlern gehören zur Gewohnheit. Junge Leute, deren Sportgerät gut zur Landschaft passt, sind zu Gast im Bezirk. Was für die Aktiven harter Wettkampf ist, ist für die Urlauber des Bezirks ein reizvolles Bild. Urlaubssaison ist an der Küste immer, jede Jahreszeit und jedes Wetter haben ihren besonderen Reiz. Der Bezirk Rostock ist der größte Urlauberbezirk der DDR und bietet jährlich einer Million Werktätigen Erholungsmöglichkeiten in gewerkschafts- und betriebseigenen Ferienheimen. Die Küste erstreckt sich über 500 Kilometer von Ahlbeck bis Boltenhagen. Jedes Stück davon ist neu und anders.

Auf die Frage, was das Schönste im Bezirk Rostock sei, kann man viele treffende Antworten bekommen. Jede Antwort spricht von der Zuneigung, die die Einheimischen und ihre vielen Gäste für dieses Land an der Küste empfinden.

Polytechnik in der DDR: Zwischen Werkbank und Ideologie

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Ein Blick auf das Bildungssystem der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1967 zeigt ein Schulmodell, das sich grundlegend von dem in der Bundesrepublik Deutschland unterschied. Im Zentrum stand der polytechnische Unterricht, der darauf abzielte, Schüler nicht nur in die Ideenwelt der kommunistischen Ideologie, sondern auch in die Arbeitswelt der Technik einzuführen.

Der polytechnische Unterricht war ein zentraler Bestandteil des Lehrplans an den allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen. Für vier Jahre, von der siebten bis zur zehnten Klasse, war ein Tag pro Woche dafür reserviert. Dieser Unterricht fand zum überwiegenden Teil in Betrieben statt. Die Bedingungen dafür waren nicht immer ideal, aber einige Betriebe, wie ein Waschgerätewerk, verfügten sogar über eine eigene Schülerproduktionsabteilung. In sogenannten polytechnischen Kombinaten, wo alle Unterrichtspraktika zusammengefasst waren, wurde eine Vielfalt von Tätigkeiten ermöglicht, die einzelne Betriebe kaum bieten konnten.

Die Schüler lernten dabei praktische Fertigkeiten wie Bohren, Reiben, Gewindeschneiden mit der Handbohrmaschine sowie das Herstellen und Sichern von Nietverbindungen in der Vormontage und Endmontage. Schon im siebten Schuljahr sollten sie grundlegende Prinzipien der modernen Produktion kennenlernen und Techniken wie das Trennen und Fügen von Metall selbst durchführen. Ab dem neunten Schuljahr wurde der polytechnische Unterricht gleichzeitig zur beruflichen Grundausbildung. Das Ziel war, moderne Arbeitsmethoden zu erleben und die Bedeutung des Kollektivs zu unterstreichen, beispielsweise durch Tätigkeiten am Fließband. Im zehnten Schuljahr sollten die Schüler die Fertigkeiten und die sichere Beherrschung von drei Maschinen garantieren: der Bohrmaschine, der Drehmaschine und entweder der Bügel- oder der Fräsmaschine. Das Arbeiten an der Bohrmaschine wurde bereits im siebten Schuljahr gelernt.

Eine enge Verbindung von theoretischem und praktischem Unterricht wurde angestrebt. So konnten Schüler bei der Elektromontage ihre Kenntnisse aus dem Physik- und Elektrotechnikunterricht anwenden. In der Regel arbeiteten die Schüler über einen Zeitraum von zwölf bis dreizehn Wochen in einem Bereich. Dabei wurden sie nicht an jedem Arbeitsplatz eingesetzt, sondern sollten höchstens an vier Arbeitsplätzen arbeiten, die so ausgewählt waren, dass sie den Gesamtablauf überblicken konnten. Facharbeiter erteilten den praktischen, Meister den theoretischen Unterricht.

Ein weiteres Ziel des polytechnischen Unterrichts war es, den Schülern allgemeine Grundkenntnisse und nicht nur spezielles Fachwissen zu vermitteln. Im Grundlehrgang Landwirtschaft, der ebenfalls Teil des polytechnischen Unterrichts war, sollten die Schüler mit der Bedienung und Wartung moderner Landmaschinen vertraut gemacht werden. Bemerkenswert war, dass Jungen und Mädchen in diesem Ausbildungszweig völlig gleichmäßig herangezogen wurden. Eine Verordnung sah vor, dass alle Schüler dieses Zweiges die Fahrerlaubnis für Traktoren erwerben mussten.
Die schulische Berufsausbildung wurde auch genutzt, um die zentrale Arbeitskräfteplanung des Staates zu unterstützen. Insbesondere in Regionen mit starker Industrie, in denen Schwierigkeiten bei der Bewerbung von Schülern für die Landwirtschaft bestanden, sollte das polytechnische Zentrum für Landwirtschaft die Berufs Werbung fördern. Trotz dieser Bemühungen und der Notwendigkeit von Absolventen für die Landwirtschaft, blieb das Interesse an landwirtschaftlicher Tätigkeit bei den Schülern gering. Eine Umfrage unter Mädchen auf einem Versuchsfeld, wer später in die Landwirtschaft gehen wolle, ergab allgemeines Schweigen. Die Verantwortlichen sahen im polytechnischen Unterricht ein wichtiges Mittel zur Bewerbung für landwirtschaftliche Berufe, wenn er weiterhin qualitativ verbessert, lehrreich und interessant gestaltet würde, um überlieferte Vorstellungen von schwerer körperlicher Arbeit abzubauen und den Beruf als wissenschaftliche Arbeit darzustellen. Die Erfolge dieser Bemühungen waren jedoch bis 1967 noch nicht die größten.

Auch wenn traditionell weibliche Berufe weiterhin populärer waren, interessierten sich in der DDR relativ mehr Mädchen für technische Berufe als in Westdeutschland. Die Ausbildung wie die von Erika, die an technischen Geräten arbeitete, bereitete auf die völlige Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsleben vor.

Strukturell unterschied sich das Schulwesen der DDR erheblich von dem der Bundesrepublik. In der DDR bestand eine zehnjährige Schulpflicht in der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Zum Abitur führte die zwölfjährige erweiterte Oberschule. In der Bundesrepublik gab es zumeist eine neunjährige Schulpflicht mit einer Aufteilung nach der vier- bis sechsjährigen Grundschule in Haupt-, Realschule und Gymnasium (13 Jahre bis zum Abitur). Schulgeld gab es in der DDR allgemein nicht, und Lernmittel waren kostenlos.

Die Lehrpläne waren ebenfalls sehr unterschiedlich. Vergleiche der Wochenstunden zeigten einen stärkeren Fokus auf mathematisch-naturwissenschaftliche und polytechnische Fächer in der DDR im Vergleich zu Niedersachsen. Auch der Russischunterricht nahm einen bedeutenden Platz ein.

Der Unterricht war zudem stark ideologisch geprägt. In Fächern wie Deutsch standen die Ideen der Klassiker des Marxismus im Vordergrund. Im Geschichtsunterricht war die ideologische Sprachregelung noch rigoroser; die Ursachen des Zweiten Weltkriegs wurden beispielsweise als erbitterter Kampf zwischen imperialistischen Mächtegruppen dargestellt, während die Politik der Sowjetunion als konsequent friedlich bezeichnet wurde.

Neben dem Schulalltag gab es für die Jugendlichen in der DDR sehr viel mehr organisierte außerschulische Beschäftigungen als in der Bundesrepublik. Sportclubs und Arbeitsgemeinschaften spielten eine außerordentliche Rolle. Sportförderung durch staatliche Jugendorganisationen wie die Jungen Pioniere und die FDJ diente nicht nur der Volksgesundheit, sondern erklärtermaßen auch der vormilitärischen Erziehung. Das Sportleistungsabzeichen trug die Inschrift „Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung der Heimat“.
Eine andere Form der Heranbildung fand in Stationen junger Techniker und Naturforscher statt, wo Arbeitsgemeinschaften in Bereichen wie Maschinenbau, Hochfrequenztechnik oder Textilchemie angeboten wurden. Diese Einrichtungen wurden von der staatlichen Jugend organisiert und von Staat, Gemeinden und Betrieben finanziert.

Obwohl die offizielle Ideologie von einem einheitlichen Bildungssystem ausging, gab es auch Spezialschulen und -klassen für besonders begabte Schüler, beispielsweise für Mathematik, Technik, Musik oder Ballett wie die Palucca Ballettschule in Dresden. Diese Einrichtungen für eine „künstlerische Elite“ oder die „technische Elite von morgen“ bildeten streng genommen einen Fremdkörper im System, auch wenn das Pensum der Einheitsschulen dort ebenfalls absolviert werden musste.

Die staatlichen Jugendorganisationen, der „zweite Pfeiler im mitteldeutschen Erziehungsgebäude“, trugen ebenfalls zur politischen Formung bei. Ihre Parolen betonten Stolz auf hervorragende Leistungen, die Überlegenheit des sozialistischen Staates und „abgrundtiefen Hass gegen seine Feinde“.

Eine Untersuchung in der DDR ergab jedoch, dass der Einfluss der FDJ geringer war als der des Elternhauses. Auch das westdeutsche Fernsehen blieb nicht ohne Wirkung. Zufällige Gespräche mit Jugendlichen zeigten teils abweichende Interessen, wie beispielsweise an James Bond. Dies verdeutlicht, dass die Jugend der DDR, trotz aller staatlichen Bemühungen um Formung, vielfältiger war, als es offizielle Verlautbarungen suggerierten.

Kleine Fluchten im DDR-Alltag: Wie FKK, Camping und Kleingärten Freiräume schufen

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Das Leben in der DDR war für viele Menschen ein Spagat zwischen staatlicher Organisation und dem Bedürfnis nach persönlichen Freiräumen. Während offizielle Massenveranstaltungen, Pioniernachmittage und Brigadetreffen den Alltag prägten, suchten die Bürger ihre Nischen, in denen sie ein Gefühl von Normalität, Gemeinschaft und manchmal auch kleiner Freiheit fanden.

Die Familie bildete dabei oft einen zentralen Rückzugsraum. Hier, im Privaten, konnte offener geredet werden als im öffentlichen Leben. Viele Eltern brachten ihren Kindern bei, zwischen dem, was sie zu Hause sagten, und dem, was sie draußen äußerten, zu unterscheiden. Dieses „Refugium“ war ein wesentlicher Punkt des „Rückzugs ins Private“, an den sich heute noch viele gerne erinnern.

Die staatlichen Jugendorganisationen waren ein unverzichtbarer Bestandteil des Heranwachsens. Kaum ein Kind konnte dem Sozialismus entfliehen; der Eintritt in die Pionierorganisation war gleich in der ersten Klasse fällig. Später folgte mit 14 Jahren der Beitritt zur Freien Deutschen Jugend (FDJ). Während das Pionierleben für einige noch Spaß bedeutete, empfanden viele die FDJ als lästig, insbesondere die Verpflichtung zur Teilnahme an Demonstrationen in den blauen Hemden. Dennoch trat die Mehrheit automatisch ein, oft um berufliche oder akademische Möglichkeiten nicht zu gefährden. Die Jugendweihe mit 14 Jahren markierte die Aufnahme in den Kreis der Erwachsenen und war ein großes Ereignis, bei dem die Jugendlichen vor allem auf das Fest und das Geld für ein Moped oder Radio hofften. Die Kleiderfrage war dabei eine Herausforderung, da man möglichst nicht das tragen wollte, was andere trugen.

Urlaub und Freizeit waren im DDR-Alltag stark reglementiert und begehrt. Die Ostsee war das beliebteste Urlaubsziel. Hier gehörte die Freikörperkultur (FKK) für viele ganz selbstverständlich zum Urlaubsvergnügen. Ab 1978 gab es an der Ostseeküste über 50 km freigegebene FKK-Bereiche. Für einige war FKK ein Ausdruck von Freiheit und Freiheit von Zwängen, ein Ort, wo man sich auslassen konnte.

Neben staatlichen Unterkünften erfreute sich das Camping großer Beliebtheit und entwickelte sich zur Massenbewegung. Oft wurde mit dem Trabant, vollgepackt mit Zelt, Schlafsäcken und Konserven, früh morgens losgefahren, um einen guten Platz zu ergattern. Das „Schwarzcampen“ ohne Erlaubnis, das oft geduldet wurde, stellte für manche ein Stück Freiheit dar.

Der größte Reiseveranstalter war der staatliche FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund). Urlaubsplätze, besonders in begehrten Heimen an der Ostsee oder in der Sächsischen Schweiz, waren heiß begehrt und wurden oft nur durch Antrag im Betrieb oder über gesellschaftliches Engagement und Arbeitsauszeichnungen zugeteilt. Die Unterkünfte waren oft spartanisch, aber erschwinglich, da man einen einkommensorientierten Preis zahlte.

Auslandsreisen waren für die meisten DDR-Bürger ein Traum, der oft unerfüllt blieb. Wenn überhaupt, durfte man nur in sozialistische „Bruderländer“ wie Polen, Bulgarien oder Rumänien reisen. Solche Reisen waren teuer, und viele Urlauber fühlten sich im Ausland wie Gäste zweiter Klasse, da die D-Mark mehr zählte als die DDR-Mark.

Die Familienpolitik der SED-Regierung war darauf ausgerichtet, frühe Eheschließungen und Geburten zu fördern. Großzügige Ehekredite wurden gewährt, die bei der Geburt von Kindern „abgekindert“ werden konnten und nach dem dritten Kind nicht mehr zurückgezahlt werden mussten. Geheiratet wurde meist schlicht auf dem Standesamt. Bemerkenswert war das moderne Familienrecht, das es Frauen sehr leicht machte, sich scheiden zu lassen. Die DDR war sogar „Scheidungsweltmeister“.

Frauen waren in der DDR zu rund 90% berufstätig. Dies war oft auch ein ökonomischer Zwang, da ein Gehalt zum Leben nicht reichte. Das Ideal war die junge und werktätige Mutter. Der Staat unterstützte dies durch Kinderbeihilfen und die Möglichkeit eines bezahlten Babyjahres nach der Geburt. Für die Betreuung der Kinder gab es ein dichtes Netz von Kinderkrippen und Kindergärten, die als gut in der Betreuung galten. Allerdings nutzte der Staat diese Einrichtungen auch zur frühen politischen Instrumentalisierung der Kinder. Ferienlager waren ein weiterer fester Bestandteil der Kindheit, oft als schönste Zeit des Jahres empfunden, da man weg von der Familie mit vielen anderen Kindern Urlaub machen konnte.

Eine besondere „kleine Flucht“ aus dem engen Wohnraum im Plattenbau boten die heiß begehrten Kleingärten. Diese Gärten waren nicht nur ein Rückzugsort ohne staatliche Einmischung („politischer Schiene“), sondern hatten auch einen praktischen Nutzen beim Anbau von Obst und Gemüse, um das in der Kaufhalle oft knappe Angebot zu ergänzen.

Zusammenfassend war das Leben in der DDR ein komplexes Gefüge. Es gab Unrecht, Willkür, Zwang und eine ständige Bombardierung mit politischen und gesellschaftlichen Anforderungen. Doch für viele Menschen gab es auch die kleinen Nischen des Glücks, der Freude und eine glückliche Kindheit. Man arrangierte sich mit den Gegebenheiten, machte das Beste daraus und fand im privaten Raum, in Freundschaften und Familie, emotionale Geborgenheit und Vertrauen.

Zeitreise an die Ostsee: Ahlbeck 1978 auf Super-8-Film

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Ein Klick genügt, und schon beginnt die Reise in eine andere Zeit. Kein Hochglanz, keine Drohnenaufnahmen, keine perfekt inszenierten Posen. Stattdessen: Körnige Bilder in warmen Farben, das leise Flackern eines alten Films und eine Authentizität, die man heute nur noch selten findet. Der Super-8-Film „Ostseeurlaub Ahlbeck 1978“ von Klaus Lange ist mehr als nur ein altes Urlaubsvideo – es ist eine fünfminütige Zeitkapsel, die uns direkt an den Strand der DDR vor über 45 Jahren versetzt.

Man sieht sie sofort, die ikonischen Motive, die Ahlbeck auch heute noch prägen: die majestätische Seebrücke, die elegante Bäderarchitektur an der Promenade und die unzähligen Strandkörbe, die im Sand aufgereiht sind. Dazwischen entfaltet sich das pralle Leben der späten 70er Jahre. Kinder rennen mit bunten Plastikschaufeln zum Wasser, Familien genießen ihr Picknick im Sand, und die Bademode verrät unverkennbar ihre Epoche. Auf der Promenade parken Autos, die heute als Oldtimer gelten, und die Menschen flanieren in einer Gelassenheit, die ansteckend wirkt.

Doch der Film ist mehr als nur eine private Urlaubserinnerung. Er ist ein authentisches Zeitdokument. Für viele Bürger der DDR war der Urlaub an der Ostsee das erreichbare Paradies, ein Höhepunkt des Jahres, auf den lange hingefiebert wurde. Diese Aufnahmen fangen genau diese unbeschwerte Urlaubsfreude ein – ein Fenster in den Alltag und die Sehnsüchte einer Generation in einem Land, das es so nicht mehr gibt.

Die besondere Magie des Super-8-Formats trägt wesentlich zu dieser nostalgischen Stimmung bei. Jeder Meter Film war kostbar. Anders als bei der heutigen Flut an digitalen Handyvideos wurde damals bewusst entschieden, wann die Kamera läuft. Das Ergebnis sind konzentrierte Momente des Glücks, eingefangen mit dem charakteristischen Rattern des Projektors im Hinterkopf.

So ist dieser kurze Film nicht einfach nur ein Relikt aus der Vergangenheit. Er ist ein wertvolles Stück gelebter Geschichte, das uns daran erinnert, wie sich Orte verändern und wie universell die Freude an einem einfachen Tag am Meer doch ist. Ein Dank an alle, die solche Schätze digitalisieren und mit uns teilen.

Alte Pfeifen im kleinsten Museum der Welt in Rostock

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Im Rostocker Rathaus bietet sich derzeit eine besondere Gelegenheit für Geschichtsinteressierte. Das „Kleinste Museum der Welt“, auch bekannt als das Museum in der Box, präsentiert in seiner bereits 15. Ausstellung Jahrhunderte alte Pfeifen bzw. Mundstücke. Die Ausstellung wurde am 4. Juni 2025 im kleinen Kreise eröffnet.

Stolz präsentierten der Vorsitzende des Freundeskreises Archäologisches Landesmuseum, Roland Medling, und der ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Carsten Schmolt die sehr seltenen Fundstücke. Es wird vermutet, dass diese Pfeifen vor mehreren hundert Jahren höchstwahrscheinlich für die Ausbildung von Hunden verwendet wurden.

Die ausgestellten Pfeifen unterscheiden sich in Material und Aussehen. Eine Pfeife ist relativ hell und besteht aus sehr hart gebranntem Siegburger Steinzeug aus dem Rheinland. Das andere Stück ist aus roter Irdenware gefertigt. Dieses Material ist gebrannter Ton mit einem hohen Eisenanteil, der sich beim Brennen rot verfärbt – vergleichbar mit Backstein, wie er in der Backsteingotik zu finden ist. Auf diesem Stück befindet sich zudem eine kleine Glasur und eine kleine Riffelung, um ein Abrutschen zu verhindern.

Das „Museum in der Box“ dient als Werbung für das Archäologische Landesmuseum MV, das einst im Rostocker Stadthafen errichtet werden soll. Obwohl es bedauerlicherweise die einzige Werbung dieser Art sei, leistet das kleine Museum bereits heute einen Beitrag zur Präsentation der faszinierenden Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns. Die ausgestellten Funde werden irgendwann auch im zukünftigen Landesmuseum zu sehen sein und stellen bereits jetzt Querschnitte durch die Geschichte des Bundeslandes dar. Die Funde, darunter auch solche aus dem Mittelalter und der Neuzeit, die bisher vielleicht weniger im Vordergrund standen, werden als Highlights betrachtet.

Das Fundament für die Ausstattung des Archäologischen Landesmuseums bilden die unerschöpflichen Depots der Landesdenkmalpflege. Doch während die historischen Schätze bereitliegen, verschiebt sich der Bau des Landesmuseums um Jahre. Ursprünglich ging die Landesregierung davon aus, dass bereits 2025 der Baubeginn gefeiert werden könnte oder zumindest mit der Aufschüttung für das Gelände begonnen würde. Nun blickt der Freundeskreis hoffnungsvoll auf das Jahr 2026 als endgültigen Baubeginn. Als ideales Datum für die Fertigstellung des Archäologischen Landesmuseums wird das Jahr 2031 genannt.

Bis dahin können Besucher die Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns im „Kleinsten Museum der Welt“ erleben. Die aktuelle Ausstellung mit den jahrhundertealten Pfeifenköpfen und ihrer Geschichte kann noch bis Dezember 2025 im Rostocker Rathaus besucht werden. In diesem Sinne: pfeifen Sie nicht drauf!.

Blaue Wimpel im Sommerwind: Junge Pioniere gestalten die Zukunft in Dresden

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Dresden. Ein junger Sommertag im August 1952 begrüßt die alte Stadt an der Elbe, dieses „Kleinod deutscher Kultur“. Trotz tiefer Wunden, die ihr einst von „amerikanischen Barbaren“ geschlagen wurden, erhebt sich die „schwer geprüfte“ Stadt neu. Mit Friedensfahnen geschmückt, ist sie bereit, liebe Gäste zu empfangen: Unsere Jungen Pioniere.

Am 19. August 1952 versammeln sich im Rudolf-Harbig-Stadion in Dresden die jüngsten Bürger unserer Republik. Direkt aus den Ferien kommend, bringen sie den Salzgeruch der Ostsee und den Duft der Thüringer Wälder mit sich, ihre Augen leuchten von großen Erlebnissen. „Unsere Kinder sind Deutschlands lebendige Zukunft“, verkündet Ministerpräsident Otto Grotewohl und überbringt die Grüße der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und der Regierung. Die ganze Liebe der Partei, der Arbeiterklasse, des Staates und aller schaffenden Menschen gilt ihnen. Sie werden aufgerufen, dem Vorbild Ernst Thälmanns zu folgen, mutige und standhafte Patrioten zu werden und die Sache des Friedens noch fester in ihre jungen Hände zu nehmen.

Margot Haidt eröffnet im Auftrag des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend das Treffen der Jungen Pioniere für Frieden, Einheit, Demokratie und Sozialismus. Schon vor Ferienende beraten die besten Pioniere, wie sie die Aufgaben des neuen Schuljahres meistern können, wobei die Verbesserung des Lernens im Vordergrund steht. Hervorgehoben wird das Beispiel eines Pioniers aus Pirna, der Freunden geholfen hat, die im Unterricht zurückgeblieben waren. Pioniere fühlen sich verpflichtet zu helfen.

Es ist schön, von ihren Erfolgen und Plänen zu hören und ihre Begeisterung für alles zu sehen, „was uns der lichten Zukunft näher bringt“. Schön sei auch ihre Liebe zu den „Wegbereitern dieser Zukunft“, wie solchen kühnen Helden der Arbeit wie Frieda Hoffmann, Walter Peters und Erich Wirth. Im Gegensatz zu einer „freudlosen, armseligen Jugend“, die frühere Generationen erlebt hätten, stehen den heutigen Pionieren „zur Entwicklung alle Tore offen“. Sie können sich nach ihren Fähigkeiten emporarbeiten. Der Dreher Erich Wirth, einer der „geachteten Bürger unserer Republik“, Held der Arbeit, Nationalpreisträger und Abgeordneter der Volkskammer, ist einer dieser großen Menschen, denen die Jungen Pioniere nacheifern.

Die Kinder erwidern den Besuch der Helden der Arbeit und sind zu Gast im volkseigenen Betrieb Sachsenberg bei Dresden. Auch dieses Werk gehöre den Kindern, wird betont. Unermüdlich schafft die Arbeiterklasse, schafft das ganze Volk, um unseren Kindern ein stolzes Erbe zu hinterlassen und ihr Leben reich zu machen. Unsere Pioniere verstehen das sehr gut und fühlen sich eng mit den werktätigen Menschen verbunden. Sie danken den Arbeitern für die frohen Ferien, die sie in diesem Jahr erleben durften.

Jeder möchte erzählen und von seinen Erlebnissen berichten. Peter Gold, ein Arbeiterkind aus Erfurt, verbrachte herrliche Tage auf Rügen am Strand der Ostsee. Dort wurden im Pionier-Ferienlager Modelle gebastelt, gespielt und gelernt. Erholung und nützliche Tätigkeit seien eins. Peter ist einer der tüchtigsten Modellbauer; sein Flugzeugmodell ist bald startfertig und besteht die Prüfung. Auch die Segelfliegergruppe der Freien Deutschen Jugend hilft den Kindern.

In den letzten Vormittagsstunden erholen sich die Kinder im sonnendurchfluteten Stift und werden von Ärzten und Schwestern umsorgt, die über ihre kostbare Gesundheit wachen. Doch die Pioniere danken den Werktätigen auch, indem sie helfen. Peter ist mit seiner Gruppe zum Neubauern Ahrensee gekommen, um erste Hilfe zu leisten. Ihr Auftrag: Ehren lesen. „Kein Korn ein der Ernte darf unserem Volk verloren gehen“. Im Wettbewerb um den blauen Wimpel der Arbeit sind Peter und seine Freunde die ersten. Der Bauer dankt den Kindern aus der Stadt für ihre Hilfe. Das war eines der schönsten Erlebnisse für Peter, von dem er voll Stolz Erich Wirth und den anderen erzählt.

Peters Ferienbericht hat Jürgen angeregt, seine Freunde in die Dresdner Ausstellung der jungen Schiffsmodellbauer zu führen. Begeistert sprechen sie über ihre Modelle. Ein Modell des Segelschulschiffes „Wilhelm Pieck“ wurde gebaut. Ein Besuch auf dem Originalschiff im Rostocker Hafen war ein großes Erlebnis. Kapitän Weitendorf und seine Offiziere empfingen die jungen Modellbauer gastfreundlich. Mit tausend Fragen bestürmten die Pioniere den Kapitän. Sie lernten, dass es eine harte Zeit braucht, um die Weltmeere zu befahren. Anker lichten ist eine der schwersten Arbeiten an Bord. Es machte Spaß, das Spiel ohne Anker zu bringen. Nach altem Brauch wurde ein Seemannslied gesungen, und die jungen Schiffskonstrukteure nahmen Maße vom Original für ihr Modell. Auf See lernten sie, dass ein Seefahrender ein „ganzer Kerl“ sein muss, unerschrocken und bereit, mit Wind und Wellen zu kämpfen. Der zweite Offizier führte sie in die Navigation ein. Farbige Fernen eröffnen sich den jungen Seefahrern, ihre Fantasie schweift hin zu unbekannten Gestaden, zu den weiten Meeren, über die sie einst die stolzen Schiffe des einigen, friedliebenden Deutschlands führen werden. Nach einem ganzen Tag auf See kehrte das Schiff spät in den Hafen zurück, und die Arbeitsgemeinschaft widmete sich begeistert dem Modellbau.

Nach den Berichten von der Küste begleiten wir die Freunde auf einen Ausflug in die Sächsische Schweiz. Klaus Erler erzählt von einer abenteuerlichen Klettertour. Während einer Wanderung dachte sich seine Klasse ein Geländespiel aus. In zwei Gruppen mussten sie nach Karte und Kompass eine versteckte Fahne finden, über unbekannte Kontrollpunkte. Es galt, Mut, Entschlossenheit und Ausdauer zu beweisen. Kameradschaftliche Hilfe sei die höchste Tugend eines Bergsteigers. Der Felsen wurde bezwungen. So erholen sich unsere Kinder und stärken Körper und Geist, um „wachsen zu standhaften und kühnen Kämpfern für die Heimat“.

Zurück in Dresden besucht die Gruppe die Ausstellung der Havel-Expedition Lothar Berlin im Zentralhaus der Jungen Pioniere. Wer an dieser naturwissenschaftlichen Expedition teilgenommen hat, führt seine Freunde durch die Ausstellung und berichtet von der Forschungsreise ins Quellgebiet der Havel. Das Hauptlager war im Kyritzer See. Nach Vorbereitungen und dem Überwinden von Hindernissen wie verschärftem Flusslauf, schlugen sie ihr Lager auf einer unbewohnten Insel auf. Die jungen Forscher waren auf sich selbst angewiesen. Die Expedition nahm ihre wissenschaftliche Arbeit auf, aufgeteilt in Botaniker und Zoologen. Sie machten interessante Entdeckungen, wie einen jungen Kuckuck, beobachteten Fischadler und Seeadler. Ein leidenschaftlicher Forschungsdrang entbrannte, der Drang, „den Gesetzen der Natur nachzuspüren“. Dieser Tag brachte reiche Beute an naturwissenschaftlichem Material für Schulen und Pionierhäuser.

Doch nicht nur die Natur wird erforscht; auch die Geschichte unseres Volkes ist Thema. Im Pionierlager Thomas Müntzer mitten im Kyffhäusergebirge schlossen sich junge Geschichtsforscher zusammen, um den Spuren Thomas Müntzers nachzugehen. Ihr Ziel war Mühlhausen, einst freie Reichsstadt. Sie besuchten die Marienkirche, von der Müntzer 1525 predigte, das Evangelium des Freiheitskampfes verkündend: „Alle Menschen sind frei. Niemand ist zum Herrschen geboten. Es gibt nur einen Herrn, die Gesamtheit, die Gemeinde. Sie ist Gesetz, Ankläger und Richter“. Das Rathaus war eine weitere Wirkungsstätte Müntzers. Mit geschichtskundigen Beratern, wie dem Stadtarchivar, notierten sie aufmerksam in ihren Notiztagebüchern. Hier tagte der Ewige Rat, die Volksregierung mit Thomas Müntzer als Präsident. Gegen die „großen Herren, die fürstlichen Blutsauger“, das „Verderber der deutschen Nation“, regierte das Volk zwei Monate lang in eigener Sache. Hier gewannen Müntzers Jahrhunderte weite Gedanken Macht. Es ist den Kindern, als übergebe ihnen der „große Sohn unseres Volkes sein Vermächtnis“. Im Archiv machten die jungen Historiker eine große Entdeckung: einen Brief von Thomas Müntzer. Darin fordert er die Bauern und Handwerker auf, unerschrocken im Kampf gegen ihre Unterdrücker und Ausbeuter zu sein. Sie versuchten, den Brief zu lesen. Müntzer warnt seine Anhänger vor Betrugsabsichten der Herren. Der Brief wurde am 29. April 1525 geschrieben, kurz vor der Schlacht bei Frankenhausen. Die Gruppe trifft sich mit Pionieren aus Frankenhausen und befragt einen Heimatforscher. Sie lernen die Stätten kennen, auf denen der Entscheidungskampf im Großen Deutschen Bauernkrieg stattfand. Auf dem Schlachtberg stand vor 427 Jahren ein deutsches Heer von 8000 bewaffneten Bauern und Bergleuten unter Thomas Müntzer. Ströme von Blut wurden für die Freiheit vergossen. Die „fürstlichen Mörder“ seien von der Geschichte gerichtet, doch die Gestalten Müntzers und seiner Getreuen leben im Herzen des Volkes. Sie mahnen, das Begonnene siegreich zu Ende zu führen, „als einzige Saat im einigen Lande zu herrschen“.

Wenn abends am Lagerfeuer die Erzählungen reihum gehen, sind die Stunden wie verzaubert. Ingrid erzählt die Geschichte vom roten Halstuch. Die letzten Tage in der Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“ sind angebrochen. In diesen Bildern erlebten polnische, griechische und deutsche Kinder gemeinsam ihre Ferienzeit. Sie kommen zu einem letzten Freundschaftstreffen zusammen. Fröhlich tanzen sie Volkstänze und Walzer. Abseits entwerfen Anja aus Katowice (Polen), Ingrid aus Erfurt (Deutschland) und Lambros (Griechenland) eine Grußbotschaft an das sowjetische Pionierlager Artek. Der Höhepunkt des Treffens ist das Verlesen des Briefes an die Pioniere von Artek. Ihre Worte sind in einer Sprache verfasst: der Sprache der Freundschaft zu den jüngsten Opfern des Kommunismus in ihrem mächtigen Heimatland, der Sprache der Liebe zu Stalin, dem besten Freund aller Kinder der Welt.

Bald naht die Stunde des Abschieds. Anja und Ingrid besuchen noch einmal ihre Lieblingsplätze. Sie haben Freundschaft geschlossen. Freundschaft fürs Leben. Die junge Polin besiegelt die Freundschaft mit dem roten Halstuch. Ingrid wird es in Ehren tragen und sich des Vertrauens der polnischen Pioniere würdig erweisen.

Die herrlichen Ferien, die unsere Republik ihren Kindern geschenkt hat, gehen zu Ende. Doch Aufgaben von großer Bedeutung stehen vor unseren jungen Pionieren. Auf dem Theaterplatz in Dresden spricht Hermann Matern von der SED zum Abschluss des Treffens. Er verkündet, dass der Organisation der Jungen Pioniere das Recht gegeben wird, den Namen eines der größten Deutschen zu tragen, der unermüdlich und beharrlich für den Sozialismus kämpfte, der von den Faschisten ermordete unvergessliche Führer der deutschen Arbeiterklasse: Ernst Thälmann. „Ernst Thälmann war sie aus dem Leben“. Aus dem Leben Thälmanns lernen sie, „stets ein treuer Helfer und Kampfgefährte der Arbeiterklasse und des arbeitenden Volkes zu sein“. Im Auftrag des Zentralkomitees der SED überreicht er der Organisation der Jungen Pioniere als Zeichen der Verleihung des Namens Ernst Thälmann dieses rote Banner.

Mit der roten Fahne in der Hand wollen die Jungen Pioniere zusammen mit allen Schaffenden unserer Republik, als Vorhut der Arbeiterklasse, zu den Höhen des Sozialismus streben. Hier stehen sie, die Thälmann-Pioniere, die kommenden Baumeister des glücklichen Deutschlands. Sie leisten unserem Volk einen heiligen Eid. Morgen werden die Ähren liegen und grünen.

Stehleitern sicher und standhaft – DDR Arbeitsschutzfilm der 80´iger Jahre

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Ein kurzer Griff zum vermeintlich unerreichbaren Regalbrett, die Glühbirne schnell ohne Leiter wechseln – die Verlockung der Bequemlichkeit lauert überall. Doch gerade bei Arbeiten in der Höhe, selbst in geringen Höhen, ist der schnelle Weg oft der gefährlichere. Ein alter Arbeitsschutzfilm aus den 80er Jahren mag zwar aus einer anderen Zeit stammen, doch seine Sicherheitsratschläge für den Umgang mit Stehleitern sind nach wie vor hochaktuell und lebenswichtig.

Dieser seltene Film mit dem Titel „Der Umgang mit Stehleitern in Büro und Betrieb“ wurde im Auftrag des FDGB der DDR (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) produziert von Werbefilm Berlin. Es handelte sich ursprünglich um eine 16mm Filmrolle mit einer Länge von 4:34 Minuten. Der Film wurde 1990 bei der Auflösung des FDGB erworben und kürzlich für dokumentarische Zwecke digitalisiert. Die darin enthaltenen Sicherheitshinweise bleiben jedoch über die Jahrzehnte relevant.

Die zentrale Botschaft ist klar: Statt auf Nummer sicher zu gehen, geben viele oft der Bequemlichkeit nach. Dabei wäre die Lösung so einfach: die Leiter holen. Besonders vielseitig einsetzbar sind Stehleitern mit einem oder zwei Steigschenkeln, die freistehend aufgestellt werden können.

Doch einfach nur eine Leiter zu haben, reicht nicht. Ihre Sicherheit hängt von mehreren Faktoren ab:

• Der richtige Aufbau: Das Stehleiterband muss fest mit beiden Holmen verbunden sein. Die Verbindungsbolzen verhindern das Auseinandertreiben der Steigschenkel. Das Auseinandergleiten der Stehleiter verhindert die Spreizsicherung – aber nur dann, wenn diese auch gespannt ist. Achten Sie darauf, dass die Sicherung korrekt positioniert und straff ist, nicht lose.

• Der Zustand des Materials: Bei Holzleitern ist der Zustand des Holzes entscheidend. Es darf an keiner Stelle Risse, Splitterungen oder Bruchstellen aufweisen. Ein wichtiger Rat: Streichen Sie Holzleitern niemals mit deckender Farbe, denn sie erschwert das rechtzeitige Erkennen eventuell auftretender Risse. Holz wird stattdessen mit Halböl haltbar gemacht. Leitern, deren Holme oder Schenkel gegeneinander verschiebbar sind, müssen aussortiert oder instand gesetzt werden.

• Der sichere Stand: Muss eine Leiter auf unebener Fläche oder lockerem Boden aufgestellt werden, ist die Standsicherheit durch Holzunterlagen zu gewährleisten.

• Die korrekte Nutzung: Auf keinen Fall darf eine Bockleiter, also eine Stehleiter, als Anstellleiter benutzt werden. Beim Besteigen einer so falsch aufgestellten Leiter belastet man den Holm, der nicht auf dem Boden steht, und die Leiter kippt um – eine große Gefahr.

• Persönliche Sicherheit: Eine unterschätzte Gefahr, besonders im Haushalt, ist ungeeignetes Schuhwerk, das keinen Halt gibt. Benutzen Sie deshalb nur festes Schuhwerk und säubern Sie es selbstverständlich von Fett, Farbe, Schnee und anderen glitschigen Stoffen. Dies gilt übrigens auch für die Stehleiter selbst – sie muss ebenfalls sauber und frei von rutschigen Stoffen sein.

• Während der Arbeit: Beim Auf- und Absteigen gehören beide Hände an die Leiter. Alle mitzuführenden Gegenstände sollten in einer Tasche oder einem Beutel verstaut oder vorher angehangen werden. Sicherheit ist auch dann gegeben, wenn sich der Körperschwerpunkt dicht an der Leiter befindet. Das bedeutet, man sollte die Leiter nicht zu hoch beschreiben bzw. nicht zu hoch greifen. Wenn die zu erreichende Stelle nicht in unmittelbarer Reichweite liegt, muss man absteigen und die Leiter umstellen.

Unfälle mit Leitern müssen nicht sein. Die Kernaussage des Films bleibt bestehen: Geben Sie niemals Ihrer Bequemlichkeit nach. Gehen Sie immer auf Nummer Sicher. Das heißt: An der richtigen Stelle die richtige Leiter benutzen und dabei die grundlegenden Sicherheitsregeln beachten.

Die vergessene Bahnstrecke über die Karniner Brücke

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Świnoujśće / Karnin. Ursprünglich war Usedom über die den Peenestrom querende Karniner Brücke erreichbar. Diese wurde 1945 von der SS gesprengt. Übrig blieb die Hubbrücke, die bis heute als stählernes Mahnmal im Fluss steht. Ein Wiederaufbau wurde durch die neue politische Nachkriegsordnung verhindert, denn Swinemünde wurde polnisch und die alten Verkehrsachsen zerschnitten. Wir waren auf der Strecke Ducherow–Świnoujście–Heringsdorf auf Spurensuche.

Bau und Aufstieg einer Regionalbahn
Die Ursprünge der Usedom-Bahn liegen im Knotenpunkt Ducherow an der Berlin–Stralsunder Eisenbahn. Schon früh wuchs der Bedarf an sommerlichen Strandgästen und Gütertransporten. Ab 1908 wurde die einst eingleisige Strecke zweigleisig ausgebaut und erreichte bald ihren Höhepunkt: Die 67 Kilometer führten über Rosenhagen und Karnin nach Usedom, Dargen, Ahlbeck und Heringsdorf. Ein technisches Kernstück war der Übergang über den Peenestrom bei Karnin, der bis 1933 mit einer drehbaren Konstruktion meisterhaft bewältigt wurde.

Technisches Meisterwerk: Die Hubbrücke von 1933
Im April 1933 ersetzte eine 360 Meter lange zweigleisige Hubbrücke die alte Drehbrücke. Mit zwei gigantischen Hubtürmen, die in wenigen Minuten Platz für durchfahrende Schiffe schufen, zählte die Karniner Hubbrücke zu den modernsten Bahnbrücken Europas. Für die Züge war sie eine Ader, die Usedom am Festland pulsieren ließ – wirtschaftlich, touristisch und kulturell.

Zerstörung und Brückenmahnmal
Im April 1945, kurz vor Kriegsende, sprengte die SS die festen Brückenteile der Hubbrücke, nachdem die Wehrmacht die beweglichen Segmente bereits hochgesetzt hatte, um Marineeinheiten die Flucht zur Ostsee zu ermöglichen. Seitdem thront das tonnenschwere Brückengestell als stählernes Mahnmal im Penestrom. Es erinnert an den Verlust ganzer Infrastrukturen und an den Einschnitt, den die deutsche Teilung an deutschen Verkehrsadern hinterließ.

Nachkriegsjahre: Verfall, Teilung und Rettung
Mit der neuen Grenze 1945 endete der Zugverkehr in Swinemünde, dem heutigen Świnoujście. Gleise, die einst bunte Urlauberzüge und Ostsee-Dampfbahnen getragen hatten, verwitterten. Bahnhofsgebäude zerfielen, bis 1990 ein engagierter Bürgerverein den Abriss der Karniner Brücke verhinderte. Seitdem steht sie unter Denkmalschutz und ist als Industriedenkmal Teil eines Wanderwegs geworden – ein stiller Zeuge an einer vergessenen Route.

Spurensuche heute: Bahnhöfe im Wandel

  • Karnin: Nur wenige Meter von der Hubbrücke thront das Empfangsgebäude in neuem Glanz. Freiwillige haben es denkmalgerecht saniert und kulturellen Veranstaltungen geöffnet.
  • Usedom: Das Bahnhofsareal präsentiert sich gepflegt, der Schriftzug am Dach spiegelt nostalgisches Flair. Heute dient das Gebäude als Touristeninformation und Fahrradverleih.
  • Dargen: Das ehemalige Stellwerk wurde zu einer Ferienwohnung umgebaut – wer hier logiert, schläft zwischen alten Signalhebeln.
  • Świnoujście: Das massive Backsteingebäude des einstigen Hauptbahnhofs dient heute als Lagerhalle. Die Gleisanlagen sind größtenteils zurückgebaut, nur wenige Schwellen deuten auf den einstigen Bahnverkehr hin.

Blick in die Zukunft: Reaktivierung in Sicht?
Inzwischen wird der Wiederaufbau der Verbindung über Ducherow–Świnoujście–Heringsdorf heftig diskutiert und immer wieder für machbar erklärt. Politik und Verkehrsbetriebe prüfen, ob eine moderne Fährverbindung über den Peenestrom mit integrierter Eisenbahntrasse realisierbar wäre – eine große Investition, die Usedom und Vorpommern eng vernetzen könnte. Eine Reaktivierung würde nicht nur touristische Potenziale heben, sondern auch historische Verkehrsachsen wiederbeleben.

Doch bis dahin bleibt die Karniner Hubbrücke ein stählernes Denkmal: Mahnung an Geschichte, Versprechen an künftige Generationen und Symbol für vergessene Verbindungen zwischen Ost und West.

Die waghalsige Privatisierung des Thermometerwerks Geraberg

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Die frühen 1990er Jahre in Ostdeutschland waren eine Zeit des radikalen Umbruchs. Nach der Wiedervereinigung stand die Wirtschaft der ehemaligen DDR vor dem Nichts. Märkte brachen weg, es gab keine Anreize für Unternehmen und die Situation war oft chaotisch. Es gab kein Telefon, keine Verbindungen von Ost nach West, kein Eigentümer, kein Geld, keine Umsätze – einfach alles war chaotisch. Massenentlassungen waren die Folge, da Einnahmen fehlten und der Staat nicht unbegrenzt subventionieren konnte.

Inmitten dieses Chaos sahen einige Menschen eine Chance. Einer von ihnen war Dr. Gerd Frank, der Anfang 1992 die Investmentbank verließ, um sich selbstständig zu machen. Er suchte nach unternehmerischer Tätigkeit im Osten, wo er „viel zu tun gab“. Frank bezeichnete sich selbstironisch als „Schrottspezialist“, der sich um Dinge kümmerte, die andere liegen ließen, weil er kein Geld für „solche“ Übernahmen hatte. Diese zurückgelassenen Möglichkeiten waren für ihn die „unternehmerischen Nuggets“.

Seine Suche führte ihn zufällig zum Thermometerwerk Geraberg. Auf einer Raststätte in Thüringen las er in der Zeitung „Freies Wort“ von einem Unternehmen, das einen Quecksilber-Ersatzstoff erfunden hatte. Neugierig geworden, recherchierte er in einer Treuhand-Datenbank und fand heraus, dass das Werk „gesperrt“ war. Dies geschah im Zuge eines politischen Moments, der sogenannten „Bankenmilliarde“, bei dem Banken angehalten wurden, in Firmen zu investieren. Trotzdem bewarb sich Frank mit einem Fax. Ein Jahr später, im August 1993, kam überraschend die Einladung zur Privatisierung in Berlin.

Die Übernahme war ein immenses Risiko. Frank beschrieb sie als „binäres Investment“ – entweder würde alles den Bach runtergehen oder es würde gut werden. Er übernahm das Werk mit 220 Mitarbeitern. Um einen Bankkredit zu erhalten, musste er all sein Erspartes verpfänden und hinterlegen. Die Treuhand gab zwar etwas dazu, aber „der Schinken dauer[te] nicht ewig“, es musste schnell Erfolg erzielt werden. Frank bürgte für 8 Millionen D-Mark und zusätzlich für die Löhne der Mitarbeiter auf Jahre – ein Betrag, den er im Normalfall nicht hätte bezahlen können. Solche Verpflichtungen einzugehen, wäre im normalen Leben niemals denkbar gewesen, da das Risiko, dass die Firma scheitert, real war.

Um die Kredite bedienen zu können, arbeitete er Tag und Nacht. Die Abfindungen für Mitarbeiter mussten kalkuliert und bezahlt werden. Für rund ein Jahr gab es einen Zuschuss von der Treuhand von etwa 2 Millionen Euro. Eine weitere Herausforderung war der Umgang mit den Immobilien. Das Gelände und Gebäude in Geraberg waren der Treuhand zufolge Millionen wert (8-9 Millionen D-Mark). Frank brauchte aber das Gelände nicht, er brauchte Kapital. In einem ungewöhnlichen Tauschgeschäft gab er den Treuhandvertretern neun Millionen Wert (Grundstück) für drei Millionen, um das Geld sofort in den Bau einer neuen Fabrik zu investieren. Es stellte sich später heraus, dass das alte Gebäude verseucht war, was Franks ungewöhnliche Entscheidung im Nachhinein als glücklich erscheinen ließ.

Die anfängliche Zeit war eine Pionierphase. Die Mitarbeiter waren super und halfen enorm mit; niemand fragte nach 8-Stunden-Tagen, da sie sahen, dass auch Frank ständig präsent war. Trotzdem musste die Mitarbeiterzahl von 220 auf 80 reduziert werden, bevor sie allmählich wieder anstieg. Frank musste vertraglich garantieren, eine Mindestmitarbeiterzahl (z.B. 80 oder 100) für vier bis fünf Jahre zu halten und ein Investitionsvolumen (8 oder 5 Millionen) per Bürgschaft zu sichern. Er erreichte alle vertraglichen Ziele und musste keine Konventionalstrafen zahlen, was vielen anderen in dieser Zeit nicht gelang.

Die Beziehung zur Treuhand nach der Übernahme war nicht immer einfach. Neben dem Verkaufsteam gab es Revisionsteams, die versuchten, abgeschlossene Verträge zugunsten der Treuhand zu manipulieren. Zugesagte Gelder, etwa zur Deckung von Löhnen, wurden plötzlich von anderen Abteilungen verwaltet oder nicht ausgezahlt. Frank erlebte auch Drohungen und Druck, Mitarbeiter zu entlassen, was ihn ruinieren könnte, falls er die vereinbarten Mitarbeiterzahlen nicht halten konnte.

Das Unternehmen, ursprünglich „Thermometer Kombinat Erzmann 2“, wurde in Gerat Medical umbenannt. Der Fokus lag zunächst auf dem entwickelten Quecksilber-Ersatzstoff und der Herstellung von quecksilberfreien Fieberthermometern aus Glas. Obwohl zunächst viele dachten, das brauche niemand, wurde dies zur Rettung der Firma und zum „eigentlichen Turbo“. Frank holte sich sogar als Erster in Deutschland die Erlaubnis, das Greenpeace-Logo auf die Produkte zu drucken. Die Vermarktung im Westen war schwierig, also wandte er sich schnell dem Ausland zu und besuchte Messen in Dubai und Singapur.

Sukzessive stellte er alte Produkte wie technische Thermometer ein und konzentrierte sich auf Medizintechnik für Apotheken. Gegen den Widerstand der Mitarbeiter, die an Glas gewöhnt waren, führte er digitale Thermometer ein. Er baute die Marke Gerat Medical auf und erweiterte das Portfolio um andere Bereiche wie Vorhofflimmern-Diagnose und Lungenfunktionsmessung, um die Abhängigkeit von Glasthermometern zu verringern.

Intern gab es ebenfalls Konflikte und kulturelle Missverständnisse. Die meisten Unruheherde fand Frank in der alten Geschäftsführung, die selbst auf die Privatisierung gehofft hatte. Ein krasses Beispiel war der Geschäftsführer, der ohne Franks Wissen einen Leasingvertrag für eine Luxus-S-Klasse auf Firmenkosten abschließen wollte, während Frank jeden Cent sparte. Solche Vorfälle führten zu einem „Kultur-Clash hoch 3“. Nach weiteren „extremen Unregelmäßigkeiten“ entließ Frank den Geschäftsführer. Später verkaufte dieser das Firmenpatent an Chinesen, was rechtlich nicht zulässig war.

Trotz dieser Schwierigkeiten und der ständigen finanziellen Anspannung – Frank zog sieben Jahre lang kein Gehalt aus der Firma – blickt er positiv auf die Zeit zurück. Er vermisst diese Zeit nicht. Es war eine „tolle Zeit“, geprägt von Pioniergeist und der Zusammenarbeit mit vielen Menschen, die sich bemühten, etwas aufzubauen. Solche großen Transformationsprozesse, wie die Umgestaltung der DDR-Wirtschaft, erfordern Freiräume und eine Deregulierung, anstatt alles reglementieren zu wollen. Im Nachhinein gebe es immer „Besserwisser und Nörgler“, aber er habe nie das Gefühl gehabt, dass bei der Treuhand „Gangster“ oder „Schieber“ am Werk waren.

Heute ist Dr. Frank nicht mehr operativ tätig, sondern sitzt als Hauptaktionär im Aufsichtsrat der Firma, die es immer noch gibt. Die Erfahrung der Transformation und des Aufbaus aus dem Nichts bleibt für ihn eine wertvolle Lektion.