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Die Plattenbausiedlung Fritz Heckert im Chemnitzer Süden

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Das Wohngebiet, das hier im Fokus steht, wurde als modernes Stadtviertel konzipiert, um den Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden. Mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und medizinischen Versorgungsangeboten in unmittelbarer Nähe war es nicht mehr notwendig, die Innenstadt oder den eigenen Stadtteil zu verlassen. Der Mittelpunkt des Wohngebiets bildete ein zentraler Platz, der als sozialer Treffpunkt diente.

Die Bauzeit des Gebiets erstreckte sich von 1974 bis 1990, doch die Arbeiten wurden nie vollständig abgeschlossen. Der industrielle Wohnungsbau, der hier zum Einsatz kam, zeichnete sich durch vorgefertigte Betonelemente aus, die im Werk hergestellt und dann zur Baustelle transportiert wurden. Dies führte dazu, dass die Gebäude nicht monolithisch aus Schalung und Beton errichtet, sondern effizient und schnell zusammengefügt wurden. Die Wohnungen verfügten über fließend Wasser, und die Hochhäuser waren mit Aufzügen ausgestattet – eine Neuerung, die den Menschen zunächst erklärt werden musste.

Die Nachfrage nach diesen Wohnungen war enorm, da es solch ein Wohnkonzept in Chemnitz zuvor nicht gegeben hatte. Auch die Parkplatzmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe der Wohnhäuser waren neu und trugen zur Attraktivität des Wohngebiets bei. Bis zur Wende konnten die Bauherren gar nicht genug Wohnungen errichten, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden.

Mit dem Fall der Mauer in den 90er Jahren jedoch änderten sich die Rahmenbedingungen grundlegend. Neue Wohnformen in der Innenstadt und attraktive Einfamilienhäuser im Umland zogen die Bewohner an, was zu einem Rückgang der Nachfrage führte. In der Folge stieg der Leerstand kontinuierlich an, und dieser Trend hielt während der gesamten 90er Jahre an.

In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts musste die Stadt Chemnitz schließlich handeln, denn der Leerstand war untragbar geworden. Im Rahmen des Stadtumbauprogramms wurden in den 132.000 Wohnungen der Stadt etwa 10.000 abgerissen. Die Bevölkerung, die einst bei 92.000 lag, ist auf heute nur noch 66.000 gesunken – ein Rückgang von über einem Drittel.

Obwohl viele Wohnungen abgerissen wurden, führte dies paradoxerweise zu einer Verbesserung der Wohnqualität. Die Umgebung wurde lichter und luftiger, und es wurde viel Grün angepflanzt. Insgesamt hat sich die Wohnqualität erhöht, da das Gebiet ruhiger geworden ist, insbesondere weil viele Kinder in der Zwischenzeit weggezogen sind oder erwachsen wurden.

In Gesprächen mit ehemaligen Stadtbaudirektoren wird deutlich, dass die heutige Wohn- und Lebensqualität in Chemnitz endlich den Standards entspricht, die einst in der Planungsphase angestrebt wurden, jedoch während der DDR-Zeit nie erreicht werden konnten. Diese positive Entwicklung zeigt, wie sich die Stadt trotz der Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte weiterentwickeln kann.

6. Stolpersteinlauf in Gera: Sport und Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus

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Am 29. September 2024 fand der 6. Stolpersteinlauf in Gera statt, eine Veranstaltung, die nicht nur zum Sport einlud, sondern auch zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Nach einem herzlichen Grußwort des Oberbürgermeisters Kurt Dannenberg versammelten sich zahlreiche Teilnehmer, um in Gedenken an die in Gera lebenden Menschen zu laufen und zu radeln, die während der NS-Zeit vertrieben, deportiert und ermordet wurden.

Die Veranstaltung bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Strecken zu wählen, sei es zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Diese flexiblen Optionen ermöglichten es Menschen jeden Alters und Fitnesslevels, an dem wichtigen Gedenken teilzunehmen. Die Stolpersteine, die in vielen Straßen Gera’s verlegt sind, dienen als Mahnmale und erinnern an die Geschichten der Menschen, die hier lebten und litten. Sie sind nicht nur einfache Steine, sondern lebendige Erinnerungen an die dunkle Vergangenheit, die uns dazu anregen, über die Folgen von Diskriminierung und Ausgrenzung nachzudenken.

Der Stolpersteinlauf ist mehr als nur eine sportliche Veranstaltung; er ist ein Symbol des „bewegten Erinnerns“. Die Teilnehmer wurden ermutigt, innezuhalten, zu gedenken und miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Initiativgruppe „Stolpersteine in Gera“, die diese Veranstaltung organisiert hat, setzt sich aktiv dafür ein, dass das Bewusstsein für die Geschichte und die Bedeutung der Stolpersteine lebendig bleibt. Die Vielfalt der Teilnehmenden und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Teilnahme verdeutlichten, dass Erinnern in vielen Formen stattfinden kann.

In den Vorjahren zeigten sich immer wieder inspirierende Beispiele für das „bewegt Erinnern“: von persönlichen Geschichten, die ausgetauscht wurden, bis hin zu stillen Momenten des Gedenkens an den Stolpersteinen. Der Stolpersteinlauf ist somit ein wichtiger Beitrag zur Erinnerungskultur in Gera und ein Aufruf, sich aktiv mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Die Veranstaltung vermittelt den wertvollen Gedanken, dass das Erinnern nicht nur eine individuelle, sondern auch eine gemeinschaftliche Aufgabe ist. In diesem Sinne war der 6. Stolpersteinlauf ein Erfolg und ein weiteres Zeichen für die Bedeutung der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in der heutigen Zeit.

Walter Ulbricht: Vom Tischlerjungen zum Diktator der DDR

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Walter Ulbricht, ein Name, der in der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine herausragende Rolle spielt, wird oft mit seinem berüchtigten Satz zitiert: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Ironischerweise war es genau er, der die Mauer baute, um seinen Staat zu retten, und letztendlich wurde er von seinen eigenen Genossen gestürzt. Doch wie wird aus einem Tischlerjungen aus Leipzig der Gründervater der DDR?

Der Aufstieg eines Revolutionärs
Walter Ulbricht wurde 1893 in Leipzig geboren, in einer Zeit, in der die Arbeiterbewegung in Deutschland an Bedeutung gewann. Als Sohn eines Schneiders erlernte er das Tischlerhandwerk, entwickelte jedoch früh ein starkes Interesse an sozialistischen Ideen. Der Erste Weltkrieg brach 1914 aus, und Ulbricht, der den Krieg ablehnte, wurde dennoch zum Militärdienst eingezogen. Nach dem Krieg desertierte er und schloss sich dem ultralinken Flügel der Sozialdemokraten an, der zur Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) führte.

In den Wirren der Revolution von 1918/19 wurde Ulbricht Mitglied der Arbeiter- und Soldatenräte in Leipzig, wo er sich für eine sozialistische Revolution einsetzte. Die Mehrheit der Bevölkerung jedoch strebte eine parlamentarische Demokratie an. Als die Reichswehr die Räteherrschaft in Leipzig im Mai 1919 beendete, wurde gegen Ulbricht Haftbefehl wegen der Verbreitung kommunistischer Flugblätter erlassen. Dies führte zu seiner ersten Flucht ins Untergrundleben, wo er sich als Berufsrevolutionär etablierte.

Ulbricht verfolgte unermüdlich seine kommunistischen Ideale. Sein Ziel war es, eine neue Gesellschaftsform aufzubauen, die sich an den Prinzipien Moskaus und dem leninistischen Modell orientierte. Diese Überzeugungen waren in der deutschen Arbeiterklasse weit verbreitet und gaben Ulbricht eine starke Basis für seinen politischen Aufstieg.

Im Jahr 1924 wurde Ulbricht nach Moskau berufen, wo er für die Kommunistische Internationale arbeitete. Hier erlangte er durch seine Loyalität gegenüber Stalin und seine Fähigkeit, sich in der komplexen politischen Landschaft der KPD zu behaupten, großen Einfluss. Seine Beziehung zu Rosa Michel, einer französischen Kommunistin, spiegelte die in der kommunistischen Bewegung vorherrschenden Ansichten über Ehen und Partnerschaften wider, die weniger konventionell waren als in anderen Gesellschaften.

Der Exilant und der Diktator
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die KPD verfolgt. Ulbricht flüchtete ins Exil und lebte in Paris, Prag und Moskau, wo er Zeuge von Stalins Terror gegen angebliche Feinde wurde. Diese Erlebnisse prägten ihn und schärften sein Verständnis für die brutalen Realitäten des politischen Lebens. Trotz der Bedrohungen, die er und andere Kommunisten in Moskau erlebten, hielt Ulbricht an seiner Loyalität zu Stalin fest.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Fall des nationalsozialistischen Regimes wurde Ulbricht von Stalin beauftragt, in der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland eine kommunistische Herrschaft aufzubauen. Obwohl er zu Beginn seiner Rückkehr nach Deutschland skeptisch gegenüber den verbliebenen Kommunisten war, übernahm er bald die Kontrolle über die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Offiziell schien er anderen den Vortritt zu lassen, doch die wahre Macht lag in seinen Händen. 1949 wurde die DDR gegründet, und Ulbricht übernahm die Rolle des Generalsekretärs.

Die Mauer und ihre Folgen
Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelang es Ulbricht, die DDR aufzubauen und eine sozialistische Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild zu etablieren. Doch die wirtschaftlichen Probleme und der Mangel führten zu einer massiven Fluchtwelle in den Westen. Ulbricht sah sich zunehmend mit der Abwanderung von Fachkräften konfrontiert, die die DDR für ihre wirtschaftliche Entwicklung benötigte. Daher bat er den sowjetischen Führer Chruschtschow um Erlaubnis, die Grenze nach West-Berlin zu schließen.

Am 15. Juni 1961 verkündete Ulbricht bei einer Pressekonferenz, dass „niemand die Absicht hat, eine Mauer zu errichten“, während er bereits Pläne für den Bau der Berliner Mauer schmiedete. In der Nacht zum 13. August 1961 wurde die Grenze geschlossen, und der Bau der Mauer begann. Diese Entscheidung stabilisierte kurzfristig die DDR, da viele Bürger sich mit dem System arrangierten. Der menschliche Preis jedoch war enorm, und die Mauer wurde zum Symbol für die Teilung Deutschlands.

Der Sturz des Diktators
In den Jahren nach dem Mauerbau durchlief Ulbricht eine bemerkenswerte Wandlung. Von einem strengen Stalinisten entwickelte er sich zu einem selbständig denkenden deutschen Revolutionär. Er öffnete sich für Reformen und suchte den Rat junger Wirtschaftsexperten, was ihm half, seine Macht zu stabilisieren. Doch sein Verhältnis zu Moskau verschlechterte sich mit dem Aufstieg Leonid Breschnews, der eine neue Generation von Führungspersönlichkeiten vertrat.

Honecker, Ulbrichts Ziehsohn, nutzte die Unzufriedenheit innerhalb des Politbüros, um Ulbricht zu untergraben. 1971 wurde Ulbricht auf Druck Moskaus aus dem Amt gedrängt, offiziell aus Altersgründen. Diese Absetzung war ein klarer Hinweis auf die Machtverhältnisse innerhalb der SED und das Versagen Ulbrichts, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Walter Ulbricht starb 1973, nie ganz über seinen Sturz hinweg. Seine Errungenschaften und das von ihm gegründete System waren nur ein Teil seiner komplexen Geschichte. Der Fall der Berliner Mauer 1989 und der darauf folgende Zerfall der DDR waren das Ende seines Lebenswerks und zeigten, wie fragile die von ihm errichteten Strukturen tatsächlich waren. Die Geschichte von Walter Ulbricht ist ein faszinierendes Beispiel für die dynamischen und oft widersprüchlichen Strömungen der politischen Landschaft im 20. Jahrhundert.

Was passiert jetzt mit der CAROLABRÜCKE? Stadt Dresden äußert sich

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Der Einsturz der Carolabücke in Dresden stellt die Stadt vor große Herausforderungen. Obwohl das Hochwasser mittlerweile zurückgegangen ist, liegen immer noch Teile der eingestürzten Brücke in der Elbe. Auf einer kürzlich abgehaltenen Pressekonferenz informierten Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Baubürgermeister Stefan Kühn die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand und das weitere Vorgehen.

Dirk Hilbert betonte, dass bei zukünftigen Bauprojekten Prioritäten gesetzt werden müssen. „Wir müssen unsere Projekte überdenken und neu priorisieren“, erklärte Hilbert. Dabei stellte er klar, dass es durchaus Spielraum gebe, innerhalb der politischen Gremien Mittel umzuschichten, sofern dies gewünscht sei. Er wollte damit die Ernsthaftigkeit der Situation verdeutlichen und unterstrich, wie wichtig die Carolabücke als Verkehrsader für die Stadt ist. Es werde nun alles daran gesetzt, die Prioritäten neu zu setzen und den Wiederaufbau zu beschleunigen.

Neben der Frage der Prioritäten für den Wiederaufbau wird auch die Ursache des Einsturzes weiter untersucht. Professor Steffen Marx vom Institut für Massivbau der Technischen Universität Dresden ist mit der Untersuchung betraut. Laut Baubürgermeister Kühn wird ein erstes Zwischenergebnis bis Ende November erwartet. Es wird geplant, am 4. Dezember in einer öffentlichen Sitzung des Bauausschusses über den Stand der Untersuchung zu berichten. „Es geht dabei nicht nur um den eingestürzten Teil der Brücke, sondern auch um die Frage, ob die restlichen Teile, Brückenzug A und B, weiterhin genutzt oder abgerissen werden müssen“, erklärte Kühn. Die Untersuchung werde voraussichtlich bis ins erste Quartal 2025 andauern.

Eine weitere Herausforderung stellt die Fernwärmeversorgung der Neustädter Seite der Elbe dar. Wie Dr. Rutgar Kretschm von der SachsenEnergie AG erklärte, könnte es bei fallenden Temperaturen problematisch werden. „Ab einer Temperatur von 0°C werden wir nicht mehr in der Lage sein, das Gebiet Neustadt vollständig mit Wärme zu versorgen“, warnte Kretschm. Dies sei gravierend, da ein Viertel der gesamten Wärmelast auf der Neustädter Seite konzentriert ist. Die SachsenEnergie AG hat bereits mehrere Lösungsvorschläge erarbeitet, um das Problem zu bewältigen. Man habe sich intensiv Gedanken gemacht, wie diese plötzlich aufgetretene Herausforderung blitzschnell gelöst werden könne.

Ab Dienstag sollen die Abrissarbeiten an der Carolabücke fortgesetzt werden. Wenn alles reibungslos verläuft, könnte der Abriss in etwa 11 Wochen abgeschlossen sein. Dennoch bleibt die Frage, wie schnell ein Wiederaufbau der Brücke erfolgen kann, und welche Maßnahmen in der Zwischenzeit getroffen werden, um die Verkehrs- und Wärmeversorgung in Dresden sicherzustellen.

Der Einsturz der Brücke hat gezeigt, wie wichtig es ist, kritische Infrastrukturprojekte zu überdenken und neu zu priorisieren. Die Stadt Dresden steht vor einer schwierigen Zeit, in der nicht nur technische Herausforderungen, sondern auch politische Entscheidungen eine große Rolle spielen werden. Sowohl die Stadt als auch die beteiligten Versorgungsunternehmen werden in den kommenden Wochen und Monaten intensiv daran arbeiten müssen, die Folgen des Brückeneinsturzes zu bewältigen und Lösungen für die langfristige Versorgung und den Wiederaufbau zu finden.

Filme zur Gesundheitsaufklärung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden (1915-1990)

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Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden ist bekannt für seine bedeutenden Beiträge zur Gesundheitsaufklärung und Sozialgeschichte. Zwischen 1915 und 1990 produzierte und sammelte das Museum eine Vielzahl von Gesundheitsfilmen, die wichtige Einblicke in die Entwicklung von Gesundheitsverständnis und -versorgung in Deutschland bieten. Diese Filme sind nicht nur medizinische Lehrmittel, sondern auch Zeitzeugen gesellschaftlicher und kultureller Veränderungen, die das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung prägten.

In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts, insbesondere während und nach dem Ersten Weltkrieg, begannen die Verantwortlichen des Deutschen Hygiene-Museums, die Bevölkerung über wichtige hygienische Praktiken zu informieren. Die Filme dieser Zeit hatten oft das Ziel, die Menschen über die Grundlagen der Hygiene aufzuklären und gesundheitsfördernde Verhaltensweisen zu propagieren. In einer Zeit, in der soziale Probleme, Armut und Krankheiten weit verbreitet waren, wurden Filme zu einem wichtigen Medium, um das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung zu schärfen und Prävention zu fördern.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 erlebte die Gesundheitsaufklärung eine drastische Wendung. Viele der während dieser Zeit produzierten Filme wurden für propagandistische Zwecke missbraucht. Die Filme zeigten oft ein einseitiges Bild von Gesundheit und Krankheit, das stark mit den ideologischen Zielen des Regimes in Einklang stand. Rassenhygiene wurde als zentraler Bestandteil der nationalsozialistischen Gesundheitsideologie propagiert. Durch die gezielte Verbreitung von Informationen, die auf die „Volksgesundheit“ abzielten, versuchte das Regime, seine politischen Ziele zu legitimieren und eine vermeintliche Überlegenheit der „arischen Rasse“ zu vermitteln.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes änderten sich die Themen und Ziele der Gesundheitsfilme grundlegend. In der DDR wurde der Fokus auf die staatliche Gesundheitsversorgung und die Aufklärung über Prävention gelegt. Filme wie „Der Weg zur Gesundheit“ (1954) und „Gesundheit ist kein Zufall“ (1980) wurden produziert, um die Bevölkerung über die Vorteile der Gesundheitsversorgung im sozialistischen System zu informieren und die Menschen zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren. Diese Filme zeigten auf, wie das sozialistische Gesundheitssystem, das auf Prävention und Gesundheitsförderung abzielte, den Lebensstandard der Menschen verbessern konnte.

Ein zentraler Aspekt der Gesundheitsfilme aus dieser Zeit war die Vermittlung von Wissen über verschiedene gesundheitliche Themen. Die Filme behandelten eine Vielzahl von Inhalten, darunter grundlegende Hygienepraktiken, die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung, sowie die Wichtigkeit regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen. Dabei wurde auch häufig auf die Aufklärung über spezifische Krankheitsbilder eingegangen. Diese Filme halfen den Menschen, Symptome zu erkennen und rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Aufklärung über psychische Gesundheit. In den späteren Jahren der DDR wurde auch dieses Thema zunehmend in den Fokus gerückt. Filme, die sich mit Stressbewältigung und psychischen Erkrankungen beschäftigten, trugen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung der psychischen Gesundheit zu stärken und Vorurteile abzubauen. Die Darstellung dieser Themen in einem positiven Licht war ein wichtiger Schritt in der Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und half vielen Menschen, ihre eigenen Herausforderungen besser zu verstehen und zu bewältigen.

Familiengesundheit war ein weiteres zentrales Thema in den Gesundheitsfilmen des Deutschen Hygiene-Museums. In den 1960er und 1970er Jahren lag ein besonderer Fokus auf der Aufklärung über Schwangerschaft, Mutterschaft und die Gesundheit von Kindern. Filme informierten werdende Mütter über die Schwangerschaftsvorsorge und die Bedeutung einer gesunden Lebensweise während der Schwangerschaft. Zudem wurden Themen wie Säuglingspflege und kindliche Entwicklung behandelt, um Eltern wertvolle Informationen an die Hand zu geben.

Die Bedeutung der Gesundheitsfilme aus dem Deutschen Hygiene-Museum reicht über die reine Informationsvermittlung hinaus. Sie dokumentieren nicht nur die medizinischen Fortschritte, sondern auch die gesellschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert war. Diese Filme zeigen, wie sich das Gesundheitsverständnis im Laufe der Jahrzehnte entwickelte und wie sich die Gesellschaft bemühten, die Gesundheit ihrer Bürger zu fördern und zu schützen.

Darüber hinaus bietet das Archiv der Gesundheitsfilme einen wertvollen Einblick in die gesellschaftlichen Werte und Überzeugungen, die zu unterschiedlichen Zeiten über Gesundheit und Krankheit herrschten. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes Deutschlands und helfen uns, die Herausforderungen und Erfolge in der Gesundheitsversorgung und -aufklärung besser zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gesundheitsfilme des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden zwischen 1915 und 1990 eine wichtige Rolle in der deutschen Geschichte gespielt haben. Sie spiegeln die Entwicklung von Gesundheits- und Hygieneverständnis wider und zeigen, wie technische Fortschritte, gesellschaftliche Veränderungen und politische Ideologien das Gesundheitsbewusstsein beeinflusst haben. Die Filme sind nicht nur Dokumente der medizinischen Aufklärung, sondern auch wertvolle Zeitzeugen, die uns helfen, die komplexe Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesundheit im 20. Jahrhundert zu begreifen.

Unbekanntes von der Insel Rügen aus dem Jahr 1939

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Die Ostseeküste wird majestätisch von Rügen, Deutschlands größter Insel, umrahmt. Diese Insel stellt eine bedeutende Brücke zu den nordischen Staaten Norwegen, Schweden und Dänemark dar. Um den Nordlandverkehr zu fördern, wurde der Rügendamm erbaut, der Stralsund mit der Insel verbindet. In Sassnitz übernehmen Eisenbahn-Fährschiffe die Reisenden und transportieren sie über das Meer nach Trälleborg. So erreichen Urlauber bequem ohne Umsteigen die reizvollen Städte Oslo, Stockholm und Kopenhagen.

Rügen ist berühmt für seine malerischen Ostseebäder, die durch ihre Schönheit und Vielfalt bestechend sind. Doch auch die Einsamkeit hat ihren Reiz. Von Lauterbach aus kann man mit dem Motorboot zur kleinen, vorgelagerten Insel Vilm fahren, die von einem unberührten Eichen- und Buchenwald geprägt ist. Hier findet man Ruhe und Stille, und die jahrtausendealte Vergangenheit der Insel wird in den tiefen Schatten der uralten Bäume spürbar.

In der sonnenüberfluteten Landschaft sind die Spuren einer längst vergangenen Zeit sichtbar. Altgermanische Hünengräber weisen auf die Stätten hin, wo kühne Helden ihre letzte Ruhe fanden. In der Nähe von Lauterbach liegt eines der ältesten Steingräber, geschätzt auf sieben- bis achttausend Jahre alt. Ein Baum hat die Steine gesprengt, was die Jahrhunderte überdauernde Geschichte lebendig macht.

Das Königsgrab bei Dwasieden, ein Sippengrab, ist ein weiteres beeindruckendes Relikt der Steinzeit. Diese Totenhügel, die von der Bronzezeit stammen und oft bis heute unberührt geblieben sind, prägen die Landschaft und verstärken ihren geheimnisvollen Reiz. Der Dubberworth bei Sagard ist der größte dieser Hügel und stellt eine eindrucksvolle Erinnerung an die damalige Zeit dar.

Besonders auffällig sind die altgermanischen Burgwälle, die auf Rügen zu finden sind. Der Wall am Herthasee ist berühmt und wurde bereits von Tacitus erwähnt. Hier befand sich der Kult der germanischen Göttin Nerthus, und in der Nähe steht der Opferstein, der von einer alten Sage umwoben ist.

In der Nähe der Jaromarsburg, dem nördlichsten Punkt Deutschlands, lag einst das Hauptheiligtum des mächtigen Heidengottes Svantevit. Die Ruinen der Jaromarsburg sind karg und unfruchtbar, doch die legendenumwobene Vergangenheit bleibt präsent. In der nahegelegenen Kirche von Altenkirchen wird ein steinernes Abbild des Götzen gezeigt, das bei der Christianisierung unschädlich gemacht wurde.

Der Alltag in Rügen wird auch durch die Traditionen geprägt. Im Fischerdorf Vitt haben sich seit Generationen die heimischen Fischerfamilien in einer Reusengemeinschaft zusammengeschlossen. Diese Organisationsform erfordert eine enge Zusammenarbeit und verdeutlicht die Verbundenheit mit dem Meer.

Gleichzeitig erlebt Rügen einen Wandel. An der Prorer Wiek, einer malerischen Bucht an der Ostküste, entsteht das große „Kraft durch Freude“-Seebad, das Platz für 20.000 Erholungssuchende bieten soll. In unmittelbarer Nähe liegt das beeindruckende Naturschutzgebiet der Feuersteinfelder von Prora, das durch seine weißen Steine besticht.

Die Kreidefelsen an Rügens Küste sind das Ergebnis von Millionen Jahren geologischer Geschichte. Diese majestätischen Klippen sind aus den Überresten von Urzeittieren entstanden und liefern das wertvolle Rohmaterial Kreide, das in zahlreichen Industrien Verwendung findet.

Die raue Schönheit der Rügener Landschaft hat auch die Gesichter der Menschen geprägt. Selbst der traditionelle Schüttelbüxtanz zeugt von der Bodenständigkeit und Schwere, die die Geschichte und Kultur dieser einzigartigen Insel widerspiegeln. Rügen bleibt ein Ort, an dem die Vergangenheit lebendig bleibt und die enge Verbindung zur Natur und den alten Traditionen ungebrochen ist.

Geplante IC-Streichungen: Ostthüringen bangt um Fernverkehrsanbindung

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Die Deutsche Bahn plant, schlecht ausgelastete Fernzugverbindungen durch den Regionalverkehr zu ersetzen. Diese Ankündigung von Bahnvorstand Michael Peterson hat vor allem in Ostthüringen für Unruhe gesorgt. Insbesondere Kunden, die regelmäßig auf den Intercity- oder ICE-Verkehr angewiesen sind, könnten von den geplanten Veränderungen betroffen sein. Peterson erklärte in der vergangenen Woche, dass die Deutsche Bahn plane, Intercity- und ICE-Verbindungen, die eine geringe Auslastung aufweisen, durch Regionalzüge zu ersetzen. Dies soll in Abstimmung mit den betroffenen Bundesländern erfolgen.

In Ostthüringen betrifft diese Diskussion vor allem die Intercity-Verbindungen auf der Saalbahn, die derzeit von Leipzig über Jena, Rudolstadt und Saalfeld nach Nürnberg und Karlsruhe führt. Täglich verkehren fünf Züge pro Richtung, jedoch ist die Auslastung seit der Einführung dieser Linie noch relativ gering. Die Region stellt hohe Anforderungen an den Betrieb dieser Strecke, da der Wechsel zwischen den verschiedenen Lokomotiven für zusätzlichen Aufwand sorgt. Da es auf bestimmten Abschnitten der Strecke keine durchgehende Elektrifizierung gibt, muss zwischen Diesel- und Elektrolokomotiven gewechselt werden, was den Betrieb der Fernzüge zusätzlich erschwert und anfällig für Verspätungen macht.

Eine weitere wichtige Intercity-Linie, die ebenfalls im Fokus steht, verbindet die Städte Gera, Jena und Erfurt mit den westdeutschen Großstädten Düsseldorf und Köln. Diese Linie erfreut sich insbesondere zwischen Gera und Erfurt einer hohen Auslastung, was auch darauf zurückzuführen ist, dass das Land Thüringen die Mitfahrt mit Nahverkehrstickets finanziell unterstützt. Pendler schätzen diese Möglichkeit, beklagen sich jedoch über häufige Verspätungen und Zugausfälle. Grund für die Verspätungen ist auch hier der aufwändige Lokwechsel in Gotha, da der Abschnitt zwischen Weimar und Gera nicht elektrifiziert ist.

Bahnvorstand Peterson kündigte an, dass die Deutsche Bahn nun prüfen werde, welche Fernzüge in direkter Konkurrenz zum Regionalverkehr stehen. Ein zentraler Unterschied zwischen Fern- und Regionalverkehr ist, dass der Fernverkehr eigenwirtschaftlich betrieben wird, während der Regionalverkehr durch die Bundesländer bestellt und subventioniert werden muss. Das bedeutet, dass die Bundesländer für jeden gefahrenen Regionalzug Zuschüsse zahlen. Diese Zuschüsse werden in Form von sogenannten Linienpaketen im Rahmen von europaweiten Ausschreibungen vergeben, bei denen die Deutsche Bahn in Thüringen in der Vergangenheit oft den Kürzeren zog.

Die Ankündigungen der Deutschen Bahn werfen auch die Frage auf, inwieweit das Thüringer Infrastrukturministerium bereits in die Planungen eingebunden ist. Auf Nachfrage erklärte die Sprecherin des Ministeriums, Konstanze Gerling, dass im aktuellen Fahrplan für 2025 die Intercity-Linien 51 und 61 in ihrem bisherigen Umfang vorgesehen seien. „Bislang ist die DB Fernverkehr nicht mit der Absicht an uns herangetreten, diese Linien zum Fahrplanwechsel 2026 einzustellen oder zu reduzieren“, sagte Gerling. Das Infrastrukturministerium habe gegenüber der Deutschen Bahn bereits mehrfach deutlich gemacht, dass Thüringen als kleinteilig strukturiertes Bundesland auf eine gute Anbindung an die großen Metropolregionen in Deutschland angewiesen sei.

Insbesondere Ostthüringen, das als wichtiger Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort gilt, müsse über schnelle Intercity-Verbindungen erreichbar bleiben, so die Sprecherin weiter. „Ein Ersatz des IC-Fernverkehrs durch Angebote im Regionalverkehr ist dafür grundsätzlich ungeeignet“, betonte sie. Eine deutliche Reduzierung oder gar Einstellung der Intercity-Verbindungen würde den Standort Ostthüringen schwächen und die Anbindung an wichtige Wirtschaftszentren wie Nürnberg, Düsseldorf oder Köln erheblich erschweren.

Fazit: Die geplanten Änderungen der Deutschen Bahn könnten die Mobilität in Ostthüringen erheblich beeinträchtigen. Die Landesregierung steht der Idee kritisch gegenüber und fordert eine starke Anbindung über den Fernverkehr, um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Ostthüringen langfristig zu sichern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und den betroffenen Bundesländern entwickeln und ob die Intercity-Verbindungen tatsächlich durch Regionalzüge ersetzt werden.

Bericht zur ersten Sondierungsrunde zwischen CDU, SPD und dem BSW für Thüringen

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Am Montag fand die erste Sondierungsrunde zwischen der CDU, SPD und dem BSW in Thüringen statt. In den Gesprächen ging es um zentrale Themen wie den modernen Staat und die künftige Haushaltspolitik. Alle Beteiligten betonten die konstruktive und sachliche Atmosphäre. Hier die wichtigsten Statements der Vertreter der drei Parteien.

Andreas Bühl (CDU)
Andreas Bühl von der CDU eröffnete die Gespräche mit einem deutlichen Fokus auf die Notwendigkeit, Thüringen zu modernisieren. Für ihn steht fest, dass die Verwaltung effizienter und bürgernäher gestaltet werden muss. In seinem Statement sagte Bühl:

„Wir hatten heute unsere ersten Sondierungsgespräche, und das war geprägt von einer sehr vertrauensvollen, ernsthaften und konzentrierten Atmosphäre. Wir wissen genau, worum es geht: Veränderungen für Thüringen zu bringen und die Basis für eine zukünftige mögliche Regierung auszuloten. Ein Kernthema war der moderne Staat. Uns als CDU treibt vor allem um, dass für die Menschen in diesem Land die Dinge wieder leichter werden müssen. Das bedeutet, Bürokratie abzubauen, Strukturen zu beschleunigen und Digitalisierung voranzutreiben.“

Er hob die Notwendigkeit hervor, dass die zukünftige Regierung eine solide Haushaltspolitik verfolgen müsse, wobei Spielräume für Zukunftsinvestitionen unter Einhaltung der Schuldenbremse geschaffen werden sollten. Bühl betonte dabei die gute Gesprächskultur und zeigte sich optimistisch, was die kommenden Verhandlungsrunden angeht.

Katharina Schenk (SPD)
Katharina Schenk von der SPD betonte, dass die Sondierungsgespräche in einer konstruktiven Atmosphäre stattfanden. Sie unterstützte den Fokus auf einen modernen und handlungsfähigen Staat und hob die Bedeutung der Verwaltung als Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen hervor:

„Auch wir fanden die Diskussionskultur sehr konstruktiv. Es ging uns darum, die Verwaltung als bürgernahen Dienstleister zu gestalten, der gleichzeitig Unternehmen ermöglicht, hier in Thüringen zu investieren. Besonders im Fokus stand die Frage: Wie schaffen wir Finanzierungsspielräume für Zukunftsinvestitionen, trotz der Vorgaben der Schuldenbremse? Wir haben ausgelotet, wie wir die finanziellen Spielräume finden können, um wichtige Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur und die Kommunen, zu ermöglichen.“

Schenk betonte zudem, dass ihre Partei besonderen Wert auf die sozialen Errungenschaften der letzten Jahre legt und diese weiterhin sichern möchte. Ihr Statement unterstreicht den Willen, finanzielle Stabilität mit den notwendigen Investitionen für Thüringens Zukunft zu vereinen.

Tilo Kummer (BSW)
Auch der Vertreter des BSW äußerte sich positiv über die erste Gesprächsrunde. Besonders betont wurde die konstruktive Art des Dialogs sowie die Bedeutung von Vertrauen in der Zusammenarbeit. Tilo Kummer formulierte es folgendermaßen:

„Die Gespräche waren sachlich und konstruktiv. Es geht vor allem darum, Vertrauen aufzubauen, einander kennenzulernen und auszuloten, wo Konsens und wo Dissens besteht. Heute konnten wir feststellen, dass in vielen Themenfeldern Einigkeit besteht, insbesondere was den Kommunalbereich betrifft, wo zahlreiche konkrete Probleme gemeinsam gelöst werden müssen. Die Diskussion drehte sich auch um die Infrastrukturmodernisierung sowie die Rolle der Kommunen bei den notwendigen Zukunftsinvestitionen.“

Die Freien Wähler brachten ihre Erfahrungen aus der kommunalen Praxis in die Gespräche ein und zeigten sich zuversichtlich, dass diese Zusammenarbeit eine solide Grundlage für zukünftige Entscheidungen bieten kann.

Fazit und Ausblick
Die Statements der Vertreter der drei Parteien zeigen eine klare Ausrichtung auf eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Themen „moderner Staat“, „Digitalisierung“, „Haushaltsplanung“ und „Zukunftsinvestitionen“ standen im Mittelpunkt der Gespräche. Alle Seiten betonten den Wunsch, in den kommenden Verhandlungsrunden eine gemeinsame Basis für eine mögliche Regierungsbildung zu finden.

Die nächste Gesprächsrunde ist für Mittwoch angesetzt, wo weitere zentrale Themen behandelt werden sollen. Der positive Grundton der bisherigen Gespräche lässt vermuten, dass die Verhandlungen weiterhin in einem konstruktiven Rahmen verlaufen werden.

Alarmruf der Wissenschaft: Thüringer Hochschulen in Gefahr durch AfD

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In einem besorgniserregenden Appell warnen zahlreiche Professorinnen und Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie weiterer Thüringer Hochschulen vor den möglichen Folgen einer Landesregierung mit Beteiligung der AfD. In einer gemeinsamen Erklärung, die fast 700 Mitglieder aus den Bereichen Wissenschaft und Forschung unterzeichnet haben, fordern sie eine stabile Landesregierung, die ohne die Unterstützung oder Duldung der rechtsextremen AfD gebildet wird. Diese Erklärung entstand in Kooperation mit der Initiative „Uni gegen Rechts“ und reflektiert die tiefgreifenden Sorgen der Wissenschaftler über die politische Entwicklung in Thüringen.

Die Wissenschaftler sehen die liberale Demokratie durch den Aufstieg der AfD ernsthaft gefährdet. Tilman Reitz, Professor für Wissenssoziologie und Gesellschaftstheorie an der Uni Jena, betont die Notwendigkeit, die vertrauenswürdigen demokratischen Parteien in die Verantwortung zu rufen. „Es zählt jetzt jede Wortmeldung“, erklärt Reitz und ruft dazu auf, trotz bestehender inhaltlicher Differenzen eine funktionierende Landesregierung zu bilden. Die Professoren sind sich einig, dass die Stärkung der AfD eine ernsthafte Bedrohung für die Werte der Demokratie und die gesellschaftliche Stabilität darstellt.

Ein weiterer zentraler Punkt der Erklärung ist die Besorgnis um die Zukunft der Hochschulen in Thüringen. Die Professoren befürchten, dass eine AfD-geführte Landesregierung eine „anti-akademische Stimmung“ fördern könnte, die sich negativ auf die Hochschulfinanzierung auswirken würde. „Zugleich sehen wir unsere Arbeit und das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit gefährdet“, wird in der Erklärung ausgeführt. Da die Länder für die Finanzierung der Hochschulen verantwortlich sind, könnten politische Entscheidungen direkt die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Arbeit beeinflussen. Insbesondere Institutionen wie der Studierendenrat sowie Gleichstellungs- und Diversitätsbüros würden als besonders gefährdet angesehen.

Angesichts dieser Risiken fordern die Wissenschaftler eine vorausschauende Sicherung der Hochschulfinanzierung. Die Zukunft der Wissenschaft sei auf ein weltoffenes Klima und internationale Kooperationen angewiesen, betonen sie. Ein erfolgreiches Hochschulsystem lebt von Vielfalt und einer offenen Gesellschaft, die es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglicht, in einem förderlichen Umfeld zu arbeiten.

Tilman Reitz äußert zudem Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen einer AfD-Regierung auf die Mitarbeiter der Hochschulen. Er erklärt, dass eine solche Regierung möglicherweise dazu in der Lage wäre, finanzielle Mittel für Hochschulen zu streichen, die politisch missbilligte Positionen vertreten oder als unliebsam gelten. Diese Einschränkungen könnten dazu führen, dass keine neuen Stellen geschaffen oder vorhandene Positionen nicht nachbesetzt werden können, was langfristig die wissenschaftliche Arbeit in Thüringen gefährden würde.

Die jüngsten politischen Entwicklungen im Thüringer Landtag haben die Sorgen der Hochschulangehörigen bestärkt. „Unser Offener Brief hat sehr deutlich gezeigt, wie die Stimmung an den Hochschulen ist“, sagt Reitz. Dennoch ist man sich bewusst, dass mit dieser Stellungnahme nicht alle Bürger Thüringens überzeugt werden können. Besorgt blicken die Wissenschaftler auf die künftige Entwicklung der Studierendenzahlen. Reitz befürchtet, dass der Erfolg der AfD möglicherweise dazu führt, dass weniger Studierende aus anderen Bundesländern und insbesondere aus dem Ausland nach Thüringen kommen. „Das kann die Zukunft der Hochschulen bedrohen“, so Reitz.

Insgesamt verdeutlicht die Erklärung der Thüringer Professoren die tiefen Ängste, die mit dem politischen Aufstieg der AfD verbunden sind. Die Stimmen der Wissenschaftler sollen als Weckruf dienen, um die Bedeutung einer stabilen und demokratischen Regierung zu unterstreichen, die die Werte von Freiheit, Vielfalt und Wissenschaftsfreiheit schützt. In Zeiten, in denen politische Extremismen zunehmen, ist es unerlässlich, dass die akademische Gemeinschaft zusammensteht und ihre Stimme für eine offene und tolerante Gesellschaft erhebt.

Monika Maron im Interview: „Pausenlos urteilt der Westen über den Osten!“

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Monika Maron beleuchtet in dem Interview die Diskrepanz zwischen einem Gefühl der Ohnmacht und dem gleichzeitigen Wunsch nach konstruktiver politischer Auseinandersetzung, insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in der DDR und der Nachwendezeit. Dieses Gefühl der Ohnmacht, das viele Ostdeutsche empfinden, resultiert aus der Erfahrung, dass ihre Meinung, ihre Geschichte und ihre Lebensleistung nicht ausreichend gewürdigt werden. Die Wiedervereinigung brachte zwar politische Freiheit, aber auch tiefgreifende Veränderungen mit sich, die viele Menschen im Osten vor große Herausforderungen stellten. Der Verlust von Arbeitsplätzen, die Abwanderung junger Menschen und das Gefühl, von den Westdeutschen nicht ernst genommen zu werden, führten zu Frustration und Resignation.

Dieser Zustand der Ohnmacht wird durch die ihrer Ansicht nach zunehmende Intoleranz gegenüber abweichenden Meinungen und die Einschränkung der Meinungsfreiheit noch verstärkt. Maron kritisiert die vorherrschende Diskussionskultur, die ihrer Meinung nach von moralischer Überlegenheit und der Ausgrenzung Andersdenkender geprägt ist. Wer nicht der Mehrheitsmeinung entspricht, läuft Gefahr, diffamiert und ausgegrenzt zu werden. Diese Intoleranz und der Mangel an Bereitschaft zum offenen Dialog führen dazu, dass sich viele Menschen entmutigt und ohnmächtig fühlen, ihre Meinung zu äußern.

Trotz dieser negativen Erfahrungen und der empfundenen Ohnmacht bleibt der Wunsch nach einer konstruktiven politischen Auseinandersetzung bestehen. Maron betont die Bedeutung des Dialogs und der gegenseitigen Achtung als Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie. Sie plädiert dafür, auch unpopuläre Meinungen zuzulassen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, anstatt sie zu ignorieren oder zu unterdrücken.

Maron sieht in der Fixierung auf die AfD und die Fokussierung auf deren Abgrenzung ein Symptom für die Defizite der politischen Kultur in Deutschland. Statt sich auf die Suche nach Lösungen für die drängenden Probleme der Zeit zu konzentrieren, wie z.B. die Folgen der Migration oder die Energiekrise, würden die anderen Parteien ihre Energie darauf verwenden, die AfD zu bekämpfen. Dieser Ansatz führe zu einer Verengung des politischen Diskurses und verhindere eine sachliche Auseinandersetzung mit den Themen, die die Menschen tatsächlich bewegen.

Maron appelliert an die Eigenverantwortung des Einzelnen und plädiert für mehr Mut, eigene Meinungen zu vertreten und sich aktiv in die Gestaltung der Gesellschaft einzubringen. Sie sieht in der Kunst und Kultur einen wichtigen Raum für kritische Reflexion und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen. Gleichzeitig warnt sie vor zu starker staatlicher Einflussnahme auf die Kunst, die ihrer Meinung nach die Autonomie und Kreativität der Künstler einschränkt.

Die Diskrepanz zwischen Ohnmacht und dem Wunsch nach konstruktiver Auseinandersetzung ist somit Ausdruck einer gesellschaftlichen Krise, die durch Intoleranz, mangelnden Dialog und eine Abkehr von demokratischen Grundwerten gekennzeichnet ist. Maron ruft dazu auf, diese Entwicklungen kritisch zu hinterfragen und sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einzusetzen, in der unterschiedliche Meinungen ihren Platz haben.

zur Person – Monika Maron, 1941 in Berlin geboren, arbeitete nach ihrem Abitur zunächst ein Jahr als Fräserin in einem Industriebetrieb. Anschließend studierte sie Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte. Nach dem Studienabschluss war sie als Regieassistentin beim Fernsehen tätig und schrieb später als Reporterin für die „Wochenpost“. Seit 1976 arbeitet sie als freie Schriftstellerin. 1988 verließ sie Ost-Berlin und zog in die Bundesrepublik, wo sie zunächst in Hamburg lebte. Heute wohnt sie wieder in Berlin.