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Im Schatten der Waffen: Wie die NVA das Alltagsleben der DDR durchdrang

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Die Nationale Volksarmee (NVA) war mehr als eine Militärtruppe – sie durchdrang jeden Bereich des Lebens in der DDR und prägte Generationen von Bürgerinnen und Bürgern. Gegründet 1956 als Antwort auf den NATO-Beitritt der Bundesrepublik, sollte sie offiziell den Frieden sichern. In Wahrheit diente sie auch der Machtsicherung der SED und der Abschottung gegen den „Klassenfeind“.

Schon Kindergartenkinder besuchten Soldaten in der Kaserne, strahlten freudig in Kommandeursmützen – eine frühe Form der Indoktrination. Ab 1978 wurde „Wehrerziehung“ als Schulfach eingeführt: Sportunterricht verwandelte sich in militärischen Mehrkampf, Geschichts- und Geografiestunden waren von vormilitärischer Propaganda durchzogen. Die Gesellschaft für Sport und Technik organisierte Wehrlager mit Hindernisparcours und Wettkämpfen, die Jugendliche auf den Dienst an der Waffe vorbereiten sollten.

Mit 180.000 Mann blieb die NVA in den Achtzigern zwar hinter der Bundeswehr zurück, doch jeder zehnte Erwachsene gehörte einer paramilitärischen Organisation an – sei es die „Freie Deutsche Jugend“ bei Marinelager auf der »Rostock« oder die Reservistengruppe der Gesellschaft für Sport und Technik. Diese Militarisierung war Teil der SED-Ideologie: Die DDR-Führung zeichnete das Bild eines permanent bedrohten Sozialismus, der nur durch ständige Wachsamkeit gerettet werden könne.

Der 9. November 1989 brachte das System ins Wanken – und die Soldaten an den Abgrund. Die Nachricht von „erhöhter Gefechtsbereitschaft“ stürzte viele in eine existentielle Krise: „Die größte Angst war, ich muss meine Maschinenpistole in die Hand nehmen und auf Menschen schießen, die für Freiheit demonstrieren“, erinnert sich ein Offizier. Erst als klar wurde, dass kein Befehl folgen würde, setzte echte Erleichterung ein.

Mit der Wiedervereinigung endete die NVA. Am 3. Oktober 1990 wurden Teilstreitkräfte in die Bundeswehr integriert, Uniformen und Dienstgrade umgestellt. Für viele Offiziere war das ein Bruch mit ihrer Identität. Ein ehemaliger Hauptmann beschreibt, wie seine Tochter in Tränen ausbrach: „Die DDR ist tot und alle freuen sich – aber wenn jemand stirbt, muss man doch weinen.“ Dieses Bild fasst die Ambivalenz des Übergangs zusammen: Befreiung und Verlust zugleich.

Roller für die Republik – Mobilität und Mangelwirtschaft in Ludwigsfelde

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Die Sehnsucht nach individueller Mobilität war in der DDR groß – nicht zuletzt, weil sie selten erfüllt wurde. Ein Symbol für diesen Wunsch auf zwei Rädern war der Motorroller Berlin aus den IWL-Werken in Ludwigsfelde. Zwischen 1959 und 1962 gebaut, galt er als modernes, erschwingliches Fortbewegungsmittel – trotz aller Einschränkungen.

Im Alltag jedoch wurde der Roller oft bis an die Belastungsgrenze genutzt. Eine Familie auf Urlaubsreise: Vorn auf dem Kindersitz das kleinste Kind, der Vater am Steuer, die Mutter auf dem Rücksitz, dazwischen eingeklemmt das größere Kind. Dahinter der Gepäckträger, beladen mit Zelt, Kochtöpfen und Luftmatratzen – so ging es an die Ostsee oder ins Mittelgebirge.

Ein Beiwagen? Der wurde von den Herstellern kategorisch abgelehnt. Sicherheitstechnisch sei die Kombination nie erprobt worden, hieß es. Nur ein Kriegsversehrter mit amputierten Beinen erhielt eine Sonderzulassung für ein selbstgebautes Dreirad – klassifiziert als „Versehrtenfahrzeug“.

Technisch und logistisch war der Rollerbau ein ständiger Balanceakt. Die sogenannte „Störfreimachung“ hatte das Ziel, die Abhängigkeit von westlichen Importen zu verringern. Rahmenrohre etwa kamen ursprünglich aus der Bundesrepublik. Doch die vertragsgemäßen Lieferungen trafen oft erst zum Quartalsende ein. Die Lösung: Ersatz durch Material aus der Sowjetunion – allerdings mit anderen Maßen. Ein Millimeter Unterschied konnte ganze Produktionslinien betreffen.

1959, ausgerechnet im Jahr des zehnjährigen DDR-Kraftfahrzeugjubiläums, wurde Ludwigsfelde vergessen. Der Betrieb war kein Mitglied der zentralen Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) und wurde deshalb offiziell nicht erwähnt – ein Schlag für die stolzen Werktätigen.

Der Motorroller Berlin steht heute für mehr als Mobilität. Er erzählt von Einfallsreichtum und Improvisation, von bürokratischen Absurditäten – und vom Traum von Freiheit auf zwei Rädern.

November 1968 – Grundsteinlegung am Leninplatz mit Walter Ulbricht

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Mitten im sozialistischen Aufbau Ost-Berlins markiert die Grundsteinlegung für den neuen Leninplatz einen zentralen Moment der ideologischen Stadtplanung in der DDR. Am 19. November 1968 versammeln sich hunderte Bürgerinnen und Bürger, um einem symbolträchtigen Akt beizuwohnen. Auf einem weitläufigen, noch unbebauten Areal, das bis dahin unspektakulär zwischen Friedrichshain und Mitte lag, entsteht ein neues Zentrum sozialistischer Repräsentation.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht Staats- und Parteichef Walter Ulbricht, der persönlich den Grundstein für den Platz legt, auf dem später das monumentale Lenin-Denkmal des sowjetischen Bildhauers Nikolai Tomski stehen wird. Umrahmt wird die Szene von Parteifunktionären, darunter ein auffällig präsenter Erich Honecker, zu diesem Zeitpunkt noch Sekretär des Zentralkomitees, aber längst im Aufstieg begriffen.

Die Bühne ist schlicht, doch voller Symbolik: rote Fahnen, das Konterfei Lenins, große Transparente mit Slogans wie „Die Ideen Lenins leben – unser Weg zum Sozialismus“. Auf der Tribüne versammeln sich Funktionäre der SED, Mitglieder der FDJ und Vertreter der DDR-Betriebe. Die Reden, allen voran Ulbrichts, betonen den internationalen Charakter des Sozialismus und die unerschütterliche Freundschaft zur Sowjetunion. Der Leninplatz soll nicht nur ein architektonisches Projekt sein, sondern ein ideologisches Bekenntnis: zur Geschichtsschreibung im Sinne der Partei, zur urbanen Zukunftsvision einer sozialistischen Hauptstadt.

Die filmischen Aufnahmen zeigen eine Mischung aus Inszenierung und volkstümlicher Beteiligung. Die Menge applaudiert diszipliniert, Kinder tragen Blumen, Arbeiter stehen in Kolonnen. Es ist ein Bild jener Zeit, in der politische Macht in Stein gegossen und der öffentliche Raum zur Bühne des Sozialismus wurde.

Mecklenburg-Vorpommern – Wo das Land leise Geschichten erzählt

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Manche Orte sprechen in großen Worten. Andere flüstern. Vorpommern gehört zu den wenigen Landstrichen, die erzählen, ohne laut zu werden. Zwischen Peenetal und Ostseeküste entfaltet sich eine Landschaft, die mit Stille wirkt. Ihre Sprache ist langsam, ihre Geschichten sind tief – und sie werden am besten dort gehört, wo der Wind durch Schilf und Wälder streicht, wo das Wasser der Bodden glitzert und wo in den alten Gutshäusern noch der Atem vergangener Jahrhunderte spürbar ist.

Diese Region im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns lebt vom Zusammenspiel: von der kraftvollen Weite der Natur und der leisen Würde ihrer Dörfer. Vom Zauber früher Morgenstunden, wenn Nebel über der Peene liegt und das erste Licht die alten Eichen berührt. Von den Stimmen der Fischer auf dem Markt, vom Knistern eines Holzofens in einem Backsteinhaus, vom Knarren der Dielen unter den Füßen.

Die Flusslandschaft der Peene – einer der letzten unverbauten Flüsse Europas – ist mehr als ein Naturraum. Sie ist ein Gedicht, geschrieben in Wasserlinien und Vogelrufen. Hier zeigt sich die Landschaft in ihrem ureigenen Rhythmus. Der Biber hinterlässt seine Spuren, der Seeadler zieht majestätisch über den Himmel, und wer mit dem Kanu auf dem Fluss unterwegs ist, spürt, wie sich die Zeit auflöst – in Gegenwärtigkeit und Staunen.

Am Stettiner Haff, am Greifswalder Bodden, in kleinen Orten wie Lassan, Loitz oder Stolpe wird Geschichte lebendig. Nicht durch große Museen oder Inszenierungen – sondern durch das gelebte Leben selbst. Jedes Mauerwerk erzählt. Jeder Feldstein kennt Geschichten. Es sind keine lauten, dramatischen Erzählungen, sondern Geschichten des Alltags, der Umbrüche, des Bleibens und Weiterziehens.

Die Romantik hat hier nicht nur Spuren hinterlassen, sie ist Teil des Alltagsgefühls. Künstler, Träumer, Reisende finden hier Inspiration – aber auch Menschen, die einfach in Ruhe leben wollen. In Vorpommern ist Stille kein Rückzug, sondern eine Kraft. Sie schärft die Sinne, öffnet das Herz und lädt dazu ein, neu zu sehen, zu hören, zu fühlen.

Wer kommt, bleibt oft länger als gedacht. Und wer geht, nimmt etwas mit: vielleicht ein Gefühl für das Wesentliche, ein Bild vom Sonnenuntergang über dem Wasser, den Klang eines Kranichrufs – oder die Erkenntnis, dass Schönheit manchmal ganz leise spricht.

Im Klassenraum einer POS 1974: Wenn Musik zum Gemeinschaftserlebnis wird

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Ein Blick zurück auf den Musikunterricht der 6. Klasse in der DDR – zwischen strenger Ordnung und leidenschaftlichem Klang

Am Vormittag des Jahres 1974 betreten Kinder im Alter von elf bis zwölf Jahren die Musikstunde ihrer Polytechnischen Oberschule. Die Lehrerin schaltet das Tonbandgerät ein, und eine klare Stimme erklärt: „Das ist ein Sinfonieorchester. Es setzt sich aus verschiedenen Instrumentengruppen zusammen.“ Für die Schülerinnen und Schüler beginnt eine Reise in die Welt der Töne – streng didaktisch gegliedert, aber zugleich getragen von der Faszination, die ein ganzes Orchester entfalten kann.

Bereits in den ersten Minuten des Unterrichts werden die Kinder mit konkreten Fakten vertraut gemacht: Der Kammermeister stimmt die Instrumente auf den Kammerton A, der erste Oboist gibt den Takt an. Dann tritt der Dirigent auf den kleinen Podest, um das Gesamtbild zu vollenden. „Links vom Dirigenten sitzen die ersten Violinen, dahinter die zweiten Violinen. Vor ihm die Bratschen, rechts die Celli und dahinter die Kontrabässe“, heißt es mit klarer Stimme vom Band. Die bis ins letzte Detail festgelegte Sitzordnung spiegelt die Planwirtschaft wider, die damals das gesellschaftliche Leben prägte – selbst in der Kunst zählen Genauigkeit und Funktion.

Doch jenseits der scheinbar strengen Ordnung eröffnet sich schnell eine Welt voller klanglicher Vielfalt und gemeinschaftlicher Dynamik. Im Unterrichtsmitschnitt erklingt Mozart: „Eine kleine Nachtmusik“, das berühmte Menuett, wird den Kindern als Paradebeispiel für Kammermusik vorgestellt. Hier kristallisiert sich heraus, was Musiklehrer damals vermitteln wollten: Dass jeder einzelne Ton, jede Gegenstimme, jede Begleitung erst im Zusammenspiel ihre volle Wirkung entfaltet. Die Schülerinnen und Schüler hören, wie erste und zweite Violine, Bratsche und Cello im Streichquartett zu einer „vollendetsten Form der Kammermusik“ verschmelzen.

Ein weiterer Höhepunkt des Unterrichts ist die Analyse von Antonín Dvořáks „Slawischem Tanz“ op. 46 Nr. 8. Die Schülerinnen und Schüler verfolgen auf dem Tonband, wie zunächst die Holzbläser ein Thema vortragen, dann Hörner, Fagotte und Triangel einen Rhythmus etablieren und schließlich die Streicher mit einer gefühlvollen Gegenstimme antworten. Die Lehrkraft stellt treffend fest: „Erst alle Instrumente zusammen ergeben den vom Komponisten gewünschten Klang.“ Dieses Prinzip von Teil und Ganzem war nicht nur eine musikalische Erkenntnis, sondern auch ein Spiegelbild jener Gesellschaft, in der kollektives Wirken über individuelle Glanzleistung gestellt wurde.

Gegen Ende der Stunde zeigt der Mitschnitt, wie Schlaginstrumente, Blechbläser und schließlich das gesamte Orchester den fulminanten Anfang der Dvořák-Nummer darbieten. Die jungen Zuhörer sind nun Zeugen einer akustischen Symphonie, in der jedes Element – vom leisen Pizzicato bis zum mächtigen Paukenwirbel – seinen festen Platz hat. Ein Schüler vermerkt später: „Ich habe verstanden, dass ein Orchester wie ein großer Körper ist. Jeder Muskel, jeder Knochen, jedes Organ muss passen, damit es lebendig wird.“ Vielleicht eine unerwartet philosophische Einsicht aus einer Unterrichtsstunde, die primär Wissen vermitteln sollte.

Heute, mehr als fünfzig Jahre später, beeindruckt der Mitschnitt nicht nur durch seine musikalischen Inhalte. Er ist ein Zeitdokument: Es zeigt, wie Bildung und Ideologie in der DDR ineinandergreifen, wie musikalische Ästhetik und kollektivistisches Denken miteinander verwoben waren. Zugleich erinnert es daran, dass Musik – unabhängig von gesellschaftlichen Systemen – Menschen zusammenführen und zu gemeinsamen Erlebnissen inspirieren kann. Ein Erbe, das weit über den Klassenraum in der Karl-Marx-Allee hinauswirkt.

Zeitreise durch die DDR der 80er Jahre – Wernigerode · Cottbus · Berlin

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Dieser Amateurfilm aus der Deutschen Demokratischen Republik nimmt uns mit auf eine ganz persönliche Zeitreise in die 1980er Jahre. Er beginnt in Wernigerode, jener malerischen Harzstadt, deren Fachwerkhäuser und das imposante Schloss bereits damals Touristen und Einheimische gleichermaßen begeisterten. In liebevoll komponierten Einstellungen sehen wir schlendernde Menschen im historischen Stadtkern, Kinder, die auf dem Marktplatz spielen, und Touristen, die staunend die bunten Häuser bewundern. Die Subtilität der Kameraführung vermittelt dabei nicht nur Architektur, sondern vor allem das Lebensgefühl in einem Stadtbild, das zwischen Tradition und sozialistischer Moderne oszilliert.

Weiter geht die Reise nach Cottbus: Hier dominieren weite Industrieanlagen und Plattenbauten das Bild. Die Kamera hält Details fest, die offizielle Berichterstattung selten zeigte – Arbeiter auf dem Weg zur Schicht, Baustellen, auf denen neue Hochhäuser errichtet werden, und Szenen auf der Spree, wo sich Jugendliche an heißen Sommertagen erfrischen. Besonders faszinierend sind Impressionen vom Branitzer Park mit seinen exotischen Bäumen und der berühmten Grabpyramide von Fürst Pückler, ein Ort der Kontemplation inmitten städtischer Betriebsamkeit.

Der Schwerpunkt des Films liegt jedoch auf Ost-Berlin. In Szenen voller Dynamik streift die Kamera über den Alexanderplatz mit dem Fernsehturm im Hintergrund, erfasst den geschäftigen Verkehr auf der Karl-Marx-Allee und dokumentiert den Alltag an diesem Zentrum sozialistischer Architektur. Markante Orte wie das Café Moskau, die U-Bahn-Station „Unter den Linden“ und der Marx-Engels-Platz (heute: Platz des 18. März) erscheinen in authentischen Momentaufnahmen. Besonders berührend sind die Aufnahmen von Schulklassen auf Ausflug, Familien beim Sonntagsspaziergang und Punks, die sich in verrauchten Hinterhöfen treffen.

Als nostalgisches Finale zeigt der Film noch einige Szenen aus dem Berlin der 1970er Jahre: verblasste Fassaden in Kreuzberg, den belebten Flohmarkt am Mauerstreifen und den jungen Liebespaaren, die heimlich Berlins ungewöhnlichsten Ort – die Oberbaumbrücke – passieren. Die Körnigkeit des Filmmaterials verleiht diesen Bildern eine beinahe poetische Patina und lässt die Grenze zwischen Dokumentation und Romantik verschwimmen.

In seiner Gesamtheit ist dieses amateurhafte Zeitdokument nicht nur ein Zeugnis politischer und sozialer Verhältnisse der DDR, sondern vor allem eine liebevolle Hommage an das Alltagsleben in Ostdeutschland. Es zeigt, wie Menschen ihren Alltag gestalteten, Orte prägten und Räume mit Erinnerungen füllten – und lädt uns heute dazu ein, diese Momente mit anderen zu teilen und so ein Stück Vergangenheit lebendig zu halten.

Vergiftete Erde, verseuchtes Wasser – Die stille Last einer industriellen Vergangenheit

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Seit über 140 Jahren hinterlässt die Chemieindustrie in Deutschland ihre Spuren – Spuren, die nicht nur das Landschaftsbild, sondern auch die Gesundheit künftiger Generationen nachhaltig prägen. Aus den Ruinen der DDR-Chemie in den neuen Bundesländern bis zu den westdeutschen Industrieparks sind die Altlasten allgegenwärtig. Hinter modern sanierten Fassaden und frisch bepflanzten Straßen verbirgt sich oftmals ein gefährlicher Erbe: kontaminierte Böden, verseuchtes Grundwasser und eine systemische Intransparenz, die den Ernst der Lage verschleiert.

Bitterfeld: Vom Sorgenkind zur trügerischen Idylle
Noch vor drei Jahrzehnten galt Bitterfeld als Inbegriff einer verschmutzten Industrieregion. Heute präsentiert sich die Region in neuem Glanz: Fassaden glänzen frisch verputzt, Straßenbäume zeugen von einer scheinbaren Wiederbelebung, und der Gottscheesee lockt Erholungssuchende an. Doch unter der hübschen Oberfläche verbirgt sich ein düsteres Geheimnis: Auf knapp 100 Hektar lagern über sechs Millionen Tonnen Chemieabfall – ohne jegliche Abdichtung gegen das umgebende Grundwasser. Jahr für Jahr spült dieses kontaminierte Wasser die gefährlichen Abfälle in Richtung der Mulde und weiter in die Elbe. Die Grube Antonie ist dabei ein besonders besorgniserregender Fall. Gefüllt mit hochgiftigen Rückständen aus der Pestizidproduktion, darunter Lindan und DDT, reichte die Kontamination hier in eine Tiefe von bis zu 60 Metern.

Um den bedrohlichen Ausbreitungseffekten entgegenzuwirken, ist man in Bitterfeld auf ein komplexes System aus Pumpen und Abstromriegeln angewiesen, das täglich rund 2,5 Millionen Kubikmeter belastetes Grundwasser an die Oberfläche befördert, wo es gereinigt werden soll. Der immense finanzielle Aufwand – allein die jährlichen Kosten belaufen sich auf etwa zehn Millionen Euro – ist ein ständiger Mahnruf an die Herausforderungen, die mit der Sanierung dieser vergifteten Landschaft einhergehen.

Westdeutsche Altlasten: Das Beispiel Knapsack
Nicht nur in der ehemaligen DDR, sondern auch in den alten Bundesländern kämpft Deutschland mit den Folgen einer langen Industriegeschichte. Knapsack im Rheinland, einst Sitz großer Farbwerke und später ein berüchtigter Chemiepark, ist ein Paradebeispiel. Bereits vor 50 Jahren führte die massiven Luftverschmutzung zu Abrissarbeiten im Ort, doch die chemischen Altlasten ließen sich nicht einfach beseitigen.

Auf der Sonderabfalldeponie Knapsack lagern seit den 1960er Jahren etwa 20 Millionen Tonnen Chemiemüll. Hier wurden Dichtwände errichtet und Brunnen in Betrieb genommen, um das Versickern von belastetem Wasser zu verhindern. Dennoch zeigen Untersuchungen, dass gefährliche Stoffe wie Quecksilber und perfluorierte Toxine (PFT) bereits ins nahegelegene Roddersee sickern. Ein erschreckendes Indiz liefert der Befund hochkonzentrierter PFT im Blut von Anglern, die Welse aus dem verseuchten Gewässer verzehrten. Neben den offensichtlichen Umweltbelastungen sorgen zudem Geruchsprobleme und fehlende Transparenz in der Ursachenforschung für wachsende Unzufriedenheit bei den Anwohnern. Die Ahrtalflut im Juli 2021, die ein Überlaufen des Klärwerks zur Folge hatte, machte zusätzlich eindrücklich, welche Risiken von den Altlasten ausgehen können, wenn einmal extreme Wetterereignisse die ohnehin angespannte Lage weiter destabilisieren.

Unsichtbare Gefahren – Vertuschung und mangelhafte Kontrolle
Hinter den Fassaden modernisierter Industriegebiete wird oft der Eindruck erweckt, dass die Altlastenproblematik weitestgehend beseitigt sei. Doch journalistische Recherchen belegen das Gegenteil: Auf rund 560 Hektar wurden Industrieabfälle oftmals wahllos abgelagert, ohne dass es zu einer umfassenden Dokumentation kam. Behörden scheuen sich, die Ergebnisse von Gutachten aufgrund von Urheberrechten offenzulegen, was zu einer massiven Informationslücke gegenüber der Bevölkerung führt.

Besorgniserregend bleiben auch Fälle von extremen Belastungswerten. So wurde auf einem Sportplatz Boden mit bis zu 45.000 Milligramm Kohlenwasserstoffen je Kilogramm gefunden – hunderte Male über dem zulässigen Grenzwert. Bei anderen Proben, etwa wegen Cyanid-Belastung, wurden umfangreiche Vollschutzmaßnahmen ergriffen. Auf ehemaligen RWE-Flächen wurde zudem festgestellt, dass sechs Millionen Tonnen cyanidbelasteter Giftabfall nur einen Meter unter landwirtschaftlich genutzten Flächen lagern – ein Umstand, der das Risiko weiterer Kontaminationen in Grundwasser und Feldfrüchten unnötig erhöht.

Die Pyritproblematik: Vom Kohleabbau zu versäuerten Gewässern
Ein weiteres länderspezifisches Problem stellt die Freilegung von Pyrit infolge des Bergbaus dar. Pyrit, das an der Oberfläche oxidiert, spaltet sich in Eisen und Schwefel auf – letzterer reagiert zu Sulfat, das die Gewässer stark versauert. In diesem sauren Milieu werden zudem Schwermetalle wie Arsen, Cadmium und Nickel aus den Abraumlagern ausgewaschen. Die Problematik zeigt sich nicht nur in einzelnen Standorten, sondern in großen Regionen wie um Garzweiler und Hambach, wo die Auswirkungen auch nahe Trinkwasserwerken spürbar sind.

Ein Jahrhundertproblem – Die Last der Altlasten
Experten warnen, dass der Umgang mit den Altlasten ein Problem für Jahrhunderte darstellt. Die Sanierung verseuchter Böden und Grundwasser, die beinahe dem Volumen ganzer Seen entspricht, ist eine Aufgabe, deren Kosten und Risiken sich zwangsläufig über Generationen verteilen werden. Während örtliche Maßnahmen kurzfristig das Fortschreiten der Verschmutzung bremsen mögen, bleibt die Frage: Wer wird in 100 Jahren noch für die Sanierung aufkommen, wenn die Altlasten schließlich die Grenzen unserer heutigen Vorstellungskraft sprengen?

Die derzeitige Lage macht eines deutlich: Es handelt sich bei diesem Umweltproblem nicht um ein Relikt vergangener Industrialisierung, sondern um eine Herausforderung, die weit über die moderne Aufarbeitung hinausgeht. Inmitten politischer Auseinandersetzungen und wirtschaftlicher Interessen droht der Umweltschutz in den Hintergrund zu geraten – ein Schatten, der die kommenden Generationen dauerhaft begleiten könnte.

Die Geschichte der chemischen Altlasten in Deutschland ist ein mahnender Weckruf. Hinter den Fassade modernisierter Regionen verbergen sich die Narben einer Vergangenheit, deren Heilung gewaltige Anstrengungen erfordert. Der ständige Druck von Milliardeninvestitionen in Sanierungsmaßnahmen, die fortwährende Intransparenz und die systemische Vertuschung von Risiken lassen wenig Raum für Optimismus. Ein nachhaltiger, generationenübergreifender Umgang mit dieser Umweltkrise ist unumgänglich, um die Grundfeste unserer Natur und unserer Gesellschaft zu bewahren.

Russischer Botschafter in Seelow: Erinnerungskultur im Spannungsfeld der Gegenwart

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Seelow/Berlin – Als Gedenkveranstaltung an die Schlacht auf den Seelower Höhen vor 80 Jahren fand am Mittwoch eine zentrale Feierstunde in der Gedenkstätte bei Seelow statt. Rund 500 Teilnehmer gedachten der Zehntausenden sowjetischen Soldaten, die auf dem Weg nach Berlin fielen. Im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte jedoch stand weniger der historische Anlass als die Frage, wer heute zum Gedenken zugelassen wird.

Stille Teilnahme statt Dekret
Obwohl das Auswärtige Amt in einer Handlungsempfehlung vom Januar ausdrücklich riet, russische und belarussische Diplomaten im Vorfeld nicht einzuladen oder beim Erscheinen notfalls vom Gelände zu verweisen, nahmen sowohl der russische Botschafter Sergej Netschajew als auch der belarussische Gesandte Andrej Schupljak laut Presseberichten an der Veranstaltung teil. Landkreis und Stadt hatten den Diplomaten zwar nicht offiziell eine Einladung ausgesprochen – gezwungen wurden sie jedoch nicht, die Gedenkstätte zu verlassen.

Der Seelower Veranstaltungsleiter betonte dazu:

„Wir haben keinen Störer erlebt, der unser Hausrecht nötig gemacht hätte. Und einen Botschafter kann ich ohnehin nicht einfach des Platzes verweisen – er ist der höchste Repräsentant seines Landes.“

Damit unterstrich er das Dilemma vieler historischer Gedenkorte: Den Opfern angemessen zu gedenken, ohne in aktuelle politische Inszenierungen hineingezogen zu werden.

Bundestag verabschiedet klare Linie
Parallel zu den lokalen Feierlichkeiten beschloss der Bundestag am selben Tag, die Botschafter Russlands und Weißrusslands von der zentralen Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai auszuschließen. Die Parlamentsverwaltung verwies auf dieselbe Empfehlung des Auswärtigen Amts: Russland instrumentalisiere die Erinnerung, um den Angriffskrieg gegen die Ukraine als „Kampf gegen Faschismus“ zu legitimieren. Eine Teilnahme an der Feier in Bonn sei deshalb unzulässig.

Dieser klare Schnitt zielt darauf ab, die offizielle Bühne der Republik nicht Verlautbarungen zu überlassen, die historische Schuld und Opferdeutung für aktuelle Propaganda missbrauchen könnten.

Zwischen Würdigung und Instrumentalisierung
Die Schlacht auf den Seelower Höhen gilt als eine der blutigsten Auseinandersetzungen im April 1945: Schätzungsweise 30.000 Rotarmisten und tausende deutsche Verteidiger verloren ihr Leben. Jahrzehnte nach Kriegsende prägten gemeinsame Gedenktage das kollektive Bewusstsein in Ostdeutschland. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine jedoch ist die deutsche Erinnerungskultur in einen neuen Konflikt geraten.

Historiker warnen, Gedenken dürfe nicht zum Spielball aktueller Machtinteressen werden. Die Berliner Politikwissenschaftlerin Dr. Katharina Weber erklärt:

„Erinnerungsorte sind Orte der kritischen Reflexion, nicht der Selbstdarstellung. Wenn Staaten heute alte Zeichen setzen, muss die europäische Gesellschaft darauf mit einer unabhängigen Erinnerungspolitik reagieren.“

Das Dilemma der Kommunen
Für Kommunen wie Märkisch-Oderland stellt sich die Frage, ob sie dem Ratschlag der Bundesregierung folgen oder die Gastgeberrolle auf neutrale Weise wahrnehmen sollen. Bürgermeisterin Martina Krüger (parteilos) betonte, man wolle „niemandem das Gedenken verwehren, der hier Befreier und Gefallene ehrt“. Zugleich habe man Verständnis dafür, dass der Bundestag eine andere Entscheidung getroffen habe.

Erhalt der Erinnerungskultur
Der Ausschluss der russischen und belarussischen Diplomaten aus der zentralen Gedenkfeier am 8. Mai eröffnet einen Präzedenzfall: Erstmals werden langjährige Traditionen der internationalen Erinnerungspolitik durch geopolitische Konflikte aufgebrochen. Ob dies zu einer dauerhaften Neuausrichtung führt oder lediglich eine temporäre Maßnahme bleibt, wird sich im kommenden Jahr zeigen, wenn erneut Gedenkveranstaltungen anstehen.

Fest steht: Die Balance zwischen ehrendem Gedenken und politischer Instrumentalisierung bleibt eine Gratwanderung. Gerade in Zeiten, in denen Geschichtsdeutungen unmittelbar im Dienst aktueller Kriegsführung eingesetzt werden, kommt der deutschen Erinnerungspolitik eine Schlüsselrolle zu – als Bewahrerin eines kritischen, selbstreflektierten Gedenkens.

Vom Auslieferungstempel zum Klubhaus Sachsenring

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Ein grauer Aprilmorgen in Zwickau: Zwischen wuchtigen Betonpfeilern ragt das tonnenförmige Dach der ehemaligen HORCH-Auslieferungshalle in den Himmel. Einst rollten hier die edlen Automobile der Horsch-Werke aus der Halle – heute zeugen bröckelnder Putz und zugewachsene Zufahrten von wechselvollen Jahrzehnten.

Geburtsstunde einer stützenfreien Halle
1908 ließen die Horsch-Werke nahe dem Bahnhof Zwickau zwei Hallen errichten, deren Architektur Maßstäbe setzte: Die gewölbten Dachkonstruktionen, abgeleitet aus den Junkers-Hallen, ermöglichten einen stützenfreien Innenraum von fast 1 000 Quadratmetern. Kunden parkten ihre fabrikneuen Horsch-Pkw in Reih und Glied, stiegen ein und fuhren direkt hinaus – ein prächtiges Symbol für Fortschritt und Ingenieurskunst.

Umbau unter DDR-Flagge
In den 1970er Jahren nahm der VEB Sachsenring das Gebäude in seine Obhut. Unter Leitung des Bauingenieurs Jochen Trommer hob man die gesamte Halle an, fügte eine neue Geschossdecke ein und verdoppelte so die Nutzfläche. Diese technische Meisterleistung ist bis heute an den verstärkten Stützenkonstruktionen und den neuen Stahlprofilen zu erkennen. Mit dem Aufsetzen einer zweiten Ebene entstand Platz für Büros, Werkstätten und die berühmte Politklinik Sachsenring, die sich später an der Rückseite anschmiegte.

Alltagskunst am Bauwerk
Wer heute die Fassade umrundet, stößt auf Relikte künstlerischer DDR-Tradition: Glasbausteine, die als improvisierte Fenster dienten, und in die Wand eingelassene Tonfragmente – Überreste einer Abschlussarbeit eines jungen Designers. Aus Fickenscherrohren, einst im Zwickauer Steinzeugwerk gefertigt, schufen er und Mitarbeiter der Tischlerei des VEB Sachsenring gebogene Holzlatten-Sitzbänke. Mit Kunststoffdübeln und handgefertigten Schraubverbindungen entstand so eine kleine Outdoor-Lounge, an die heute nur noch ein verblasstes Foto erinnert.

Vom Klubhaus zum Event-Ort
Seit den frühen 1990er Jahren firmiert das Ensemble unter dem Namen „Klubhaus Sachsenring“ und beherbergt ein wechselndes Programm: von Plattenbörsen über Tanzveranstaltungen bis hin zu kleineren Konzerten. Im großzügigen Foyer, dessen metallene Doppeltür noch direkt zum Saal führt, lagerten einst Weltniveau-Cocktails. Heute zeugen verblasste Trabant-Logos und das verbliebene Sachsenring-Zeichen von nostalgischen Tagen.

Zwischen Verfall und Denkmalchance
Gleichzeitig zeugen abgeblätterter Putz, zugemüllte Seiteneingänge und überwucherte Pergolen vom langen Leerstand mancher Bereiche. Anwohner und Denkmalpfleger diskutieren derzeit, ob eine Unterschutzstellung als Industriedenkmal möglich ist. Ein geplantes Sanierungskonzept sieht vor, die charakteristische Dachkonstruktion zu restaurieren und die historische Innenstatik zu sichern. Auch die originalen Holztüren aus der Tischlerei des VEB Sachsenring sollen erhalten und künstlich aufgearbeitet werden.

Mehr als ein Jahrhundert nach seiner Errichtung steht das Klubhaus Sachsenring erneut an der Schwelle zu einem Wandel: Zwischen Nostalgie und Zukunftsvision könnten die Hallen bald wieder ein Ort für Kultur, Handwerk und Begegnung werden – ganz im Geiste jener Pionierleistung, die 1908 begann.

Der Berliner Fernsehturm im Bau – Original-Filmmaterial aus dem Jahr 1965

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Mitten im pulsierenden Herzen Berlins ragt seit Jahrzehnten ein Bauwerk in den Himmel, das nicht nur zur Orientierung, sondern auch zur Erinnerung an eine vergangene Epoche geworden ist: der Fernsehturm am Alexanderplatz. Vierzig Jahre nach seiner Einweihung blickt der Dokumentarfilm „Rund um den Fernsehturm“ auf die Entstehungsgeschichte dieses beeindruckenden Wahrzeichens zurück – ein Projekt, das in den 1960er Jahren die Schlagzeilen dominierte und bis heute fasziniert.

Historischer Kontext und Standortentscheidung
In den späten 1950er Jahren rief die DDR zu einem städtebaulichen Ideenwettbewerb auf, um ein Symbol des sozialistischen Fortschritts zu errichten. Lange galt unklar, ob der Fernsehturm im Berliner Umland, in den Müggelbergen oder im Herzen von Friedrichshain entstehen sollte. Letztlich traf Staatschef Walter Ulbricht 1964 die entscheidende Wahl: Der Turm soll im neuen Berliner Stadtzentrum errichtet werden und damit die Vision eines modernen Ostberlin verkörpern. Am 4. August 1965 begann in Ostberlin ein ehrgeiziges Bauvorhaben, dessen Ziel es war, in nur vier Jahren das zweithöchste Bauwerk Europas zu erschaffen – ein ambitionierter Wettlauf gegen den „großen Bruder“ in Moskau.

Die Herausforderung im Bauprozess
Der Bau des Fernsehturms war so sehr ein technischer als auch logistisch beeindruckender Kraftakt. Rund 300 Betriebe aus der gesamten DDR waren an den Arbeiten beteiligt, wobei die Herausforderungen nicht zuletzt durch Lieferengpässe und Materialrestriktionen geprägt waren. Der Beton für die Bauarbeiten stammte nicht aus der unmittelbaren Umgebung, sondern musste über 200 Kilometer von Nienburg an der Saale transportiert werden – ein logistisches Unterfangen, das von der staatlichen Planwirtschaft kunstvoll koordiniert wurde. Der Film dokumentiert eindrucksvoll, wie selbst kleinste Details, wie die Abstimmung der Betonlieferungen und die Präzision beim Errichten des 23 Meter hohen Schachts, zur gemeinsamen Leistung vieler Arbeiter wurden. Arbeiter, die an Tag- und Nachtschichten den massiven Betonschaft errichteten, profitierten zusätzlich von einem Prämien-System, das jeden zusätzlichen aufgebauten Meter mit einer Prämie von 20.000 Mark honorierte.

Bautechnische Meisterleistung und Symbolwirkung
Obwohl der Fernsehturm auf den ersten Blick wie ein einfacher Schornsteinbau erscheint, offenbart sich bei genauerem Hinsehen die enorme ingenieurtechnische Herausforderung. Der Turm, der auch den Anforderungen des starken Windes und der elastischen Eigenschaften von Stahlbeton gerecht werden musste, bewegt sich – bei bösem Wind wurde eine Schwankung von 1,72 Metern gemessen. Diese technische Meisterleistung spiegelt den Ehrgeiz einer ganzen Nation wider, die trotz widriger Umstände und logistisch-struktureller Hürden den Glauben an den Fortschritt und die Innovation nicht verlor.

Eine Geschichte von Pioniergeist und sozialistischem Selbstbewusstsein
„Rund um den Fernsehturm“ bietet mehr als nur historische Aufnahmen aus den 60er Jahren – er dokumentiert den Pioniergeist jener Zeit und die Vision, die ein modernes Ostberlin gestalten sollte. Der Fernsehturm am Alexanderplatz ist nicht nur ein Bauwerk, sondern ein lebendiges Denkmal, das an die Zeit erinnert, in der sozialistische Ideale und technischer Fortschritt Hand in Hand gingen. Seinen Platz in der Stadtgeschichte hat das Bauprojekt als ein Symbol der Siegesgewissheit und des kollektiven Mutes – ein Monument, dessen Bedeutung heute ebenso vielschichtig ist wie die Geschichten, die sich um seine Errichtung ranken.