Zwischen Traum und Zensur: Der ewige Kampf von „Geist und Macht“ in der DDR

Berlin, Deutschland – Die kulturelle Landschaft der Deutschen Demokratischen Republik war ein ständiges Spannungsfeld zwischen der schöpferischen Freiheit des „Geistes“ und dem dirigistischen Anspruch der „Macht“. Von den Ruinen des Zweiten Weltkriegs bis zum Fall der Mauer spiegelte sich in Kunst und Kultur die komplexe Geschichte eines Staates wider, der zwar soziale Sicherheit versprach, aber auf Kosten individueller Entfaltung und kritischer Reflexion ging.

Neuanfang unter sowjetischem Einfluss: „Brot und Spiele“
Unmittelbar nach der Kapitulation 1945 erwachte in Deutschland ein neues kulturelles Leben, maßgeblich angestoßen durch die sowjetische Besatzungsmacht. Russische Kulturfunktionäre, viele davon Deutsch sprechend und aus Zentren wie Leningrad oder Moskau stammend, förderten den Wiederaufbau kultureller Einrichtungen. Die Motivation war klar: Um Aufstände der hungernden Bevölkerung zu verhindern, brauchte es „Brot und Spiele“ – Ablenkung und die Möglichkeit zur kulturellen Entfaltung. Professor Dimschitz, ein hoher Kulturfunktionär, war für Institutionen wie die DEFA verantwortlich und hatte die Aufgabe, die deutschen Ressourcen zu „demokratisieren“.

Die ersten Kabaretts, wie im „Möwe“, spiegelten den Alltag der Nachkriegszeit wider, und Theater, darunter auch von den Nazis verbotene Stücke, öffneten ihre Türen. Als die Westmächte später in Berlin eintrafen, zeigten sie sich fassungslos über die Intensität des kulturellen Lebens, das die Sowjets initiiert hatten, zogen aber schnell nach. Dieser Wettbewerb zwischen den Alliierten beschleunigte das kulturelle Wachstum.

Viele Emigranten, darunter auch aus westlichen Ländern, kehrten mit der Hoffnung zurück, am demokratischen Wiederaufbau ihres Heimatlandes mitzuwirken. Einige ließen sich bewusst im „östlichen demokratischen Teil“ nieder, überzeugt, eine neue Kultur aufzubauen. Doch die Illusion von Demokratie wich schnell der Realität.

Der ideologische Griff: Sozialistischer Realismus und Formalismus-Debatte
Bereits 1950 zeigte sich eine neue Haltung: Die SED folgte der sowjetischen Linie und strebte „ideologische Klarheit in der Kunst“ an, indem sie den Sozialistischen Realismus einführte. Die „Formalismus-Debatte“ breitete sich über alle Kunstsektoren aus, mit dem Slogan, dass jede Kunstform nicht-formalistisch sei, „wenn sie der Nation und der Gesellschaft dient, wenn sie Schönheit, positives Denken und Entwicklung kultiviert“. Die Sprengung des Berliner Stadtschlosses im Jahr 1950, trotz breiter Proteste, kann als ein frühes Signal für die neue kulturpolitische Richtung gewertet werden.

Der 17. Juni 1953: Mutige Stimmen und die Reaktion des Staates
Der Volksaufstand am 17. Juni 1953, als Menschen gegen steigende Arbeitsnormen demonstrierten und Freiheit und Einheit forderten, offenbarte die Grenzen der Meinungsfreiheit. Der Schriftstellerverband konnte keine eigene Stellungnahme abgeben, da die von ihm vorgeschlagene Resolution bereits vom Zentralkomitee gebilligt worden war – eine „vom Zentralkomitee bestellte Resolution“.

Nur wenige wagten es, die Obrigkeit zu dieser Zeit öffentlich herauszufordern. Einer von ihnen war Bertolt Brecht. Er soll nach dem Aufstand zynisch gefragt haben, ob es nicht einfacher wäre, für das Regime „die Nation zu entsorgen und eine neue zu wählen“. Trotz seiner kontroversen Haltung erhielt Brecht weiterhin Unterstützung der SED für sein Berliner Ensemble. Er passte sich den Parteivorschlägen an und verurteilte die Arbeiterproteste als faschistische Konterrevolution. Der als „liberal“ geltende Kulturminister Johannes R. Becher konnte seine Reputation nicht aufrechterhalten; die Forderungen nach Reformen und Diskussionen wurden schnell begraben. Die Intellektuellen, so erklärte die Führung, hätten die Politik der DDR am 17. Juni unterstützt, trotz ihrer anfänglich kritischen Kommentare. Auch intellektuelle Zirkel um Ernst Bloch und Hans Meyer in Leipzig wurden schließlich zerschlagen.

Der Bitterfelder Weg: Die Illusion einer Symbiose
Mitte der 1950er Jahre, nach den Versprechungen an Künstler und Autoren, ihre Arbeit mit weniger Restriktionen ausüben zu können – ein Versprechen, das die SED nicht hielt – mündete die Kulturpolitik im sogenannten Bitterfelder Weg. 1959 rief Walter Ulbricht dazu auf, den „Typ des sozialistischen Arbeiters“ zu schaffen, der sich stetig weiterbildet. In Bitterfeld sollten Künstler und Arbeiter zusammenkommen, um eine „Symbiose zwischen Arbeit und Geist“ zu schaffen. Künstler wurden in Betriebe und landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften delegiert, um das „Neue zu begreifen, zu erkennen, aufzuspüren und künstlerisch zu gestalten“. Der Maler Hannes Burghardt schuf in der LPG Spartacus Blätter aus dem Leben der Genossenschaftsbauern.

Die Idee war, dass Schriftsteller „wie Arbeiter werden“ sollten, und Arbeiter „sich erheben aus ihrer Klasse heraus“. Doch was in den Wochenschauen als erfolgreich dargestellt wurde, geriet in der Realität in eine Sackgasse. Die propagierten Leistungen fanden meist „nur auf dem Papier statt“ [aus vorheriger Konversation].

Das 11. Plenum (1965): Die Rückkehr der Repression
Trotz einer statistisch gesehen beeindruckenden Dichte an kulturellen Einrichtungen und einer hohen Anzahl von Theatern, Kinos, Museen und Bibliotheken, wurde das kulturelle Leben der DDR immer wieder von staatlicher Zensur und Kontrolle überschattet. Ein dramatischer Höhepunkt war das 11. Plenum des ZK der SED im Jahr 1965. Hier wurden Kulturschaffende zu Sündenböcken gemacht, beschuldigt, „Skeptizismus und Pessimismus“ in der Gesellschaft zu verbreiten – Formulierungen, die direkt aus Chruschtschows Kulturdiskussionen von 1963 in der Sowjetunion übernommen wurden.

Künstler wie Wolf Biermann, Stephan Hermlin und Robert Havemann wurden öffentlich diffamiert. Der Film „Spur der Steine“ von Frank Beyer, basierend auf einem bedeutenden sozialistischen Roman, wurde nach der Premiere abgesetzt, und Beyer erhielt Berufs- und Arbeitsverbot. Die kritische Haltung wurde als „parteischädigend“ abgestempelt. Bemerkenswert ist der Mut von Christa Wolf, die sich als „sehr sensibles Mädchen“ vor dem Zentralkomitee entgegenstellte. Nach diesem „tiefen Verbrechen“ des 11. Plenums zogen sich viele Künstler in eine Art „innere Emigration“ zurück.

Honeckers „Keine Tabus“ und der Untergrund
Anfang der 1970er Jahre, nach der Ablösung Ulbrichts durch Honecker, gab es einen kurzzeitigen Kurswechsel. Honecker proklamierte, er sehe „keine Gründe für Tabus in den Feldern der Kunst und Literatur“, wenn der Sozialismus unbestreitbar sei. Doch diese Öffnung war begrenzt. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 zeigte die Grenzen dieser „Tauwetterperiode“ auf. Solche Entscheidungen wurden von einer kleinen Gruppe von Funktionären getroffen, oft ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, und führten dazu, dass viele Protestierende das Land verließen – was der Regierung willkommen war, um Opposition zu beseitigen. Die Partei verfolgte stets das Ziel, ihre Macht zu festigen und demokratische Einmischung zu verhindern.

In den frühen 1980er Jahren entwickelte sich eine tolerierte, aber vom Staat misstrauisch beäugte musikalische Subkultur, die der jungen Generation als Ventil diente. Insbesondere im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg entstand eine neue Szene für „romantische Dissidenten“, die Künstlern, Autoren und Musikern ein intellektuelles Umfeld außerhalb staatlich kontrollierter Institutionen bot. Der Staat reagierte auf diese Untergrundkultur „sehr pragmatisch“ und setzte die Staatssicherheit (Stasi) ein, um die Szene zu überwachen und durch inoffizielle Mitarbeiter (IMs) zu steuern. Dies führte zu einer Künstlichkeit in der Szene, die unabhängige Kommunikation und Artikulation behinderte.

Die „Illusion“ vom abgeschafften Widerspruch
Letztlich war der „Widerspruch zwischen Geist und Macht“ in der DDR „unlösbar“. Die Behauptung Walter Ulbrichts, dieser Widerspruch sei in der DDR abgeschafft worden, war ein „typisches Beispiel“ für die Realitätsverzerrung der Führung. Sie verkündeten stets, „was sie meinten, dass es sein sollte“, doch die Realität war eine andere. Die DDR zerfiel, als sie zum „Opfer ihrer eigenen Fabrikationen“ wurde, die „Lüge über sich selbst“ [aus vorheriger Konversation] war nicht länger aufrechtzuerhalten.

Die Geschichte der Kultur in der DDR ist somit eine Mahnung: Die Möglichkeit des Machtmissbrauchs besteht immer dann, „wenn ich jemanden zu einer bestimmten Haltung zwingen will“. Der „schöpferische und produktive Widerspruch zwischen Geist und Macht“ darf „nie aufzuheben“ sein.