Berlin, Deutschland – Die Deutsche Demokratische Republik, die vor fast 35 Jahren von der Bildfläche verschwand, versprach ihren Bürgern soziale Sicherheit „wie in einem Grünhaus“. Der Staat, das Sozialwesen, Handelsbündnisse und Betriebe kontrollierten weite Teile des Lebens der Menschen. Doch hinter den Garantien eines sozial sicheren Lebens verbargen sich auch massive wirtschaftliche Probleme, fehlende Korrekturfähigkeit und eine „Illusion des Plans“, die das System letztlich zum Scheitern verurteilte.
Das Versprechen der umfassenden Fürsorge
Die Sozialpolitik der DDR durchzog nach eigener Auffassung „alle gesellschaftlichen Bereiche“. Sie beruhte auf dem Verfassungsanspruch von 1968, wonach „der Mensch im Mittelpunkt aller Bemühungen“ stand und jeder Bürger das „Recht auf Schutz seiner Gesundheit und Arbeitskraft“ sowie auf „Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei Invalidität“ hatte. Für viele ehemalige Bürger gehörten dazu der sichere Arbeitsplatz, ein starkes Arbeitskollektiv, kulturelle Beziehungen und ein sozial sicheres Leben.
Einige der konkreten Vorteile waren:
• Bezahlbarer Wohnraum und Wohnungsbauprogramm: Die DDR setzte sich zum Ziel, bis 1990 die Wohnungsfrage als soziale Frage zu lösen. Das Wohnungsbauprogramm wurde als „Kernstück des sozialpolitischen Programms“ betrachtet, da es zutiefst die Familie berührte und auf ein glückliches Familienleben abzielte. Obwohl 3 Millionen neue Wohnungen geplant waren, wurden nur 2 Millionen gebaut, die aber als 3 Millionen abgerechnet wurden.
• Kinderbetreuung und Bildung: Kostenlose Kindergärten und Krippen waren Standard, und der Ausbildungsplatz war sicher. Die Kinder waren in Betriebskindergärten und wurden in Betriebsferienlagern betreut, oft lernten sie später im Betrieb ihrer Eltern.
• Subventionierte Lebensmittel und Dienstleistungen: Essen im Betrieb kostete nur 1,20 Mark pro Tag, der Rest wurde gestützt. Ferienlagerplätze an der Ostsee kosteten für zwölf Tage nur zwölf Mark, bei mehreren Kindern reduzierte sich der Preis weiter, ab fünf Kindern war der Aufenthalt kostenlos. Lebensmittel wie Brot waren „viel zu billig“.
• Gesundheitswesen: Bürger hatten das Recht auf Schutz ihrer Gesundheit und Arbeitskraft. Man konnte mit dem Versicherungsausweis „ohne große Umwege tatsächlich gleich bis in die Facharztbereiche vordringen“ und bekam dort kostenlos Rat und Hilfe. Medikamente und regelmäßige Untersuchungen inklusive Röntgen und Impfungen waren ebenfalls kostenlos. Das Engagement des Personals war trotz materiell-technischer Begrenzungen sehr hoch.
• Kredite für junge Eheleute: Es gab zinslose Kredite von 5.000 Mark, die bei jedem Kind weiter reduziert wurden und ab drei Kindern komplett erlassen wurden. Dies sollte Anreize für Kinder schaffen.
Der allgegenwärtige Einfluss der Betriebe
Die Betriebe spielten eine zentrale Rolle im Leben der Menschen und waren „von der Wiege bis zur Bahre für alles verantwortlich“. Sie halfen bei Familienproblemen, der Wohnungssuche, der Pflege von Angehörigen, der Erfüllung von Wünschen bis hin zum „Trabant“. Wenn es Eheprobleme oder Alkoholprobleme gab, sollte das Kollektiv helfen, „zusammenzuhalten“ oder zu „erziehen“. Wohnungsbaugenossenschaften waren meist betrieblich organisiert.
Schattenseiten der Utopie: Mangel, Kontrolle und Ungleichheit
Trotz der umfassenden sozialen Leistungen stieß das System an seine Grenzen und offenbarte tiefgreifende Widersprüche:
• Wirtschaftliche Unsicherheiten: Die Frage, ob die Ökonomie den großen Wohlfahrtsbedarf halten konnte, stand immer im Raum. Die „Einheit von Wirtschaft und Sozialpolitik“ unter Honecker, die auf die Lösung der Wohnungsfrage abzielte, passte nachher nicht mehr mit der Produktion überein. Die Sozialpolitik wurde „immer mehr zulasten der Sozialpolitik“ betrieben, da die Wirtschaftspolitik nicht mehr die Voraussetzungen schuf. Die Verschuldung stieg in den Jahren 1972 bis 1978 um über 10 Milliarden und brachte das Land in den Ruin.
• Mangel und Subventionierung: Trotz offiziell verkündeter Planerfüllung und Übererfüllung gab es oft „nichts zu kaufen oder dann schwer was zu beschaffen“. Die Preisstabilität wurde durch massive Subventionen erkauft, was dazu führte, dass Güter wie Gurken billiger verkauft wurden, als sie vom Bauern eingekauft wurden. Diese Subventionspolitik war auf Dauer nicht tragbar; die Zuschüsse für den Wohnungsbau stiegen von 8 Milliarden Anfang der 70er Jahre auf 38 Milliarden zum Ende hin. Viele erkannten die Unlogik dieses Systems.
• Fehler und fehlende Korrektur: Trotz des Anspruchs, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, gab es „Fehler, die nicht korrigiert wurden“, auch in der Medizin und anderen gesellschaftlichen Bereichen.
• Geringe Renten und Altenpflege: Die Renten waren „sehr niedrig“ und „viel zu niedrig“ für Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet hatten. Rentner arbeiteten oft länger als bis 65 Jahre. Die Plätze in Altersheimen waren extrem begrenzt; für 130.000 Plätze kämpften 3 Millionen Rentner. Oft handelte es sich um alte Kasernen, Schlösser oder Schulen, die umfunktioniert wurden. Ein Großteil der Rente der Bewohner wurde einbehalten, um die Plätze zu finanzieren. Rentner, die in den Westen reisen durften, wurden von der Regierung als Entlastung der eigenen Finanzen betrachtet.
• Indoktrination und fehlende Wahlfreiheit: Der „Ausschließlichkeitsanspruch dieser Gesellschaft“ stieß auf Ablehnung. Die gesellschaftliche Einordnung von Frauen, die „nur Kinder großziehen“ wollten, als weniger wertvoll als berufstätige Frauen, wurde rückblickend als „Dummheit“ bezeichnet. Die Pille wurde als „glücksbringend“ angepriesen, was zu einer Überbetonung der weiblichen Sexualität führte, die heute kritisch gesehen wird. Die Arbeit im Gesundheits- und Sozialbereich für Menschen mit Behinderung war völlig neu für die Diakone nach dem Krieg.
• Privilegien und ungleiche Behandlung: Entgegen dem propagierten Gleichheitsprinzip gab es im Gesundheitswesen deutliche Bevorzugungen. Mitglieder des Politbüros, hohe Parteifunktionäre, aber auch Opfer des Faschismus genossen „alle erdenklichen Behandlungsvorzüge“. Auch ehemalige Polizisten oder Staatsanwälte sowie Künstler hatten bessere Renten.
Der Preis der Sicherheit
Die soziale Sicherheit in der DDR führte bei vielen zu dem Gefühl, dass Leistungen „geschenkt“ wurden, unabhängig von der eigenen Leistung, was zu einer geringeren Wertschätzung führte. Die „harten Arbeit von Millionen von Menschen“ konnte das System nicht aufrechterhalten, das letztendlich bankrottging [aus vorheriger Konversation]. Der Staat musste sich „woanders wiedererholen“, indem er hohe Preise für Luxusartikel wie Autos und Fernseher verlangte.
Das Erbe der DDR-Sozialpolitik ist komplex. Während viele die Vorteile der sozialen Absicherung schätzten, wurde der Preis – der Mangel, die Kontrolle und die fehlende Nachhaltigkeit – von anderen als unerträglich empfunden. Die „Illusion des Plans“ und die „Lüge über sich selbst“ (aus vorheriger Konversation) führten dazu, dass die umfassenden sozialen Versprechungen auf einem Fundament gebaut wurden, das dem Druck der Realität nicht standhalten konnte.