
Berlin – Sie war das Gesicht einer wiedervereinigten Nation, ein „Wunderkind“, dessen Aufstieg so kometenhaft war, dass er Deutschland in seinen Bann zog: Franziska van Almsick. Ihre Geschichte ist die einer Ausnahmesportlerin, die schon als Teenager das Scheinwerferlicht des Weltruhms erlebte und dabei zwischen grenzenloser Begeisterung und erdrückendem Erwartungsdruck navigieren musste.
Der unverhoffte Start in Barcelona 1992 Mit gerade einmal 14 Jahren betrat Franziska van Almsick die olympische Bühne bei den Spielen 1992 in Barcelona. Sie selbst hatte sich vorgenommen, „nur mal Hallo zu sagen“, doch was folgte, war eine Sensation. Völlig unerwartet gewann sie vier Medaillen – zwei silberne und zwei bronzene. Es war ein „Wahnsinnsrennen“, das sie selbst überraschte: „Ich habe mich erschrocken, also ich habe selber nicht gedacht, dass ich dazu in der Lage bin“. Ihre Mischung aus „Selbstbewusstsein und Unbefangenheit“ gepaart mit ihrer „Berliner Schnauze“ machte sie sofort zum Publikumsliebling.
Doch der Ruhm kam über Nacht. Als sie von Barcelona nach Hause flog, dachte sie, sie würde abgeholt und alles sei gut. Stattdessen erwartete sie am Flughafen Berlin „ein großer Bahnhof“ mit einem Pulk von Medienvertretern. Plötzlich war sie „Olympia-Küken“ und Superstar. Ihre damalige Reaktion: „Schrecklich“. Ihre Familie fand den Rummel um Gold für eine 14-Jährige „zu viel“ und meinte, sie sei noch nicht reif genug dafür.
Der „Goldfluch“ und die Schattenseiten des Erfolgs Was für viele wie ein Traum klingen mag, wurde für Van Almsick zu einer schweren Last. „Dieser Goldfluch hat mich fast kaputt gemacht, es war ein Erfolgsfluch“, erinnert sie sich. Die Erwartung, olympisches Gold zu gewinnen, war immens. Aus der „großen Liebe zum Schwimmen“ wurde eine „Hassliebe“. Der Druck manifestierte sich in ständiger Medienaufmerksamkeit, wobei die „Bildzeitung“ ein ständiger Begleiter ihres Aufstiegs und Abstiegs war.
Die junge Schwimmerin, die in ihrer Kindheit die Welt bereiste und Kontinente sah, musste sich schnell an ein Leben im Rampenlicht gewöhnen. Terminkalender, die für einen erwachsenen Leistungssportler kaum zu schaffen gewesen wären, waren für sie Alltag. Ihr Management schirmte sie ab, doch die kommerzielle Nutzung ihres Erfolgs war offensichtlich. Werbespots, Fotoshootings in Miami oder Los Angeles – sie verdiente gigantische Summen, deren Ausmaß ihr anfangs gar nicht bewusst war.
Doping-Vorwürfe und ein bodenständiges Umfeld Ihre Herkunft aus Ost-Berlin brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich. Aufgrund der Doping-Geschichte der DDR wurde sie immer wieder mit Fragen nach verbotenen Substanzen konfrontiert. Sie selbst betonte, dass ihr in jungen Jahren „niemand irgendwas gegeben hat“. Rückblickend kann selbst ein Experte „nicht ausschließen, dass es sowas gegeben hat“, hält sie aber nicht für schuldig. Das Thema „nervte“ die 14-Jährige zutiefst.
Trotz des Trubels bewahrte Franziska van Almsick ein bodenständiges Umfeld. Ihre Familie, die selbst „an der Mauer mehr oder weniger gelebt“ hatte und Franziska als Kind mit ihrer „Hopserei“ zum Schwimmen schickte, stand ihr zur Seite. Sie beschreibt sich selbst als „ziemlich rotzig und frech“ und war „schon immer aufgeweckt“ und rebellierte, je älter sie wurde.
Höhen und Tiefen: Von Rekorden zur ersten großen Niederlage Ihre Karriere war geprägt von Rekorden und Medaillen. Bei der Spartakiade räumte sie als Kind „einfach alles ab“. Doch der unaufhaltsame Siegeszug hatte auch Rückschläge. Bei der Weltmeisterschaft 1994 in Rom erlebte sie eine Katastrophe: „Franzi verschläft das Rennen“, qualifizierte sich nicht. Es war ihre erste große Niederlage und „grauenvoll“.
Franziska van Almsick war Weltrekordlerin, Weltmeisterin und Weltsportlerin. Ihre Geschichte ist eine von „Höhen und Tiefen“, von einem Mädchen, das aus der Masse herausstach und zum „Sprungbrett“ für viele wurde. Sie ist eine Ikone des deutschen Sports, die den immensen Druck des Erfolgs meistern musste und dabei stets ihren Weg ging.