Wie die SED-Elite das Volk ausplünderte – Ein Paradies für die Jagd, eine Hölle für die Staatskasse

Die Schorfheide, ein nahezu 300 Quadratkilometer großes, einst feinstes Jagdgebiet, war weit mehr als nur ein Rückzugsort für die Führung der Deutschen Demokratischen Republik. Sie wurde zum Symbol einer maßlosen Verschwendung von Volksvermögen und zeugte von der pathologischen Jagdleidenschaft einer Elite, angeführt von Erich Honecker und Günther Mittag. Während das einfache Volk Entbehrungen erlitt, wurde hier ein privates Vergnügen auf Kosten des Staates zelebriert, das Millionen verschlang und jegliche „Weidmannsart“ vermissen ließ.

Ein künstliches Jagdparadies mit luxuriösem Komfort Schon in den 1960er Jahren wurde die Schorfheide gezielt zu einem „repräsentativen Staatsjagdgebiet“ ausgebaut, das trotz forstwirtschaftlicher Nutzung vor allem „jagdliche Erfolge für Gäste aus aller Welt“ garantieren sollte. Das heutige Landschaftsschutzgebiet war damals hermetisch abgeriegelt: Zwei Meter hohe Wildzäune erstreckten sich über Meilen, zehntausende Bäume waren einzeln eingezäunt. An offenen Einsprüngen wurde das Wild ins Paradies gelockt, während Steilwände den Rückweg versperrten. Ein nagelneuer Zaun, der eine „Wildfalle“ dicht machte, hatte noch keinen Rost angesetzt.

Der Komfort für die betagten Jagdgenossen war beispiellos: Statt unbequemer Leitern führten komfortable Treppen zu den Hochständen. Diese waren strategisch direkt an den Futterstellen platziert, in bester Schusslinie. In der Nacht wurden die gefüllten Tröge und Futterraufen sogar von Halogenlicht bestrahlt – perfekte Bedingungen für den Jagdgenossen Honecker.

Millionen für ein teures Hobby Die Kosten für dieses luxuriöse Hobby waren astronomisch und wurden direkt vom Staatshaushalt getragen. Jährlich mussten acht Millionen Mark für die Verluste aus der Forstwirtschaft aufgebracht werden. Allein für die Wildfuttertröge wurden jedes Jahr 3,3 Millionen Mark für „Kraftfutter feinster Mischung“ ausgegeben. Ein ehemaliger Förster erinnerte sich, dass diese Mengen „tonnenweise mit LKWs angefahren“ wurden, während „was wir auch gerne mal haben wollten, das gab’s überhaupt nicht“.

Auch die Infrastruktur war aufwendig: Eine Jagdhütte im Revier von Günther Mittag war isolierverkleidet und im Winter mit einem Sägemehlofen beheizt. Für die Zwischenlagerung der erlegten Beute wurden spezielle Wildhallen errichtet. Eine solche Halle für Günther Mittag spendierte das Ministerium für Verteidigung 1984 für rund 70.000 Mark. Sogar eine Gülle-Anlage, die 1986 auf Anordnung Mittags aus der Nachbarschaft seines Reviers verlegt werden musste, weil sie stank, kostete über sechs Millionen Mark. Ein „großzügiges Pumpensystem“ mit Beregnungsanlage für 6,4 Millionen Mark versorgte 30 künstlich angelegte Wildecker mit „frische fürs äsende Wild“. Honeckers Jagdleiter bezeichnete dies zwar als „mehr eine Feuerlöschanlage“, wurde aber vom Staatsratsvorsitzenden für die „vorbildliche Organisation der Jagdleidenschaft“ mit einem 750.000 Mark teuren Anwesen belohnt, das er heute noch für 85 Mark Monatsmiete bewohnt.

„Schießbude für das Zentralkomitee“ und Honeckers Obsession Von „Selektionsabschuss“ oder „Wildbeobachtung“ war in der Schorfheide keine Rede. Obwohl es „proletarisch international“ unüblich war, Wild an Futterplätzen abzuschießen, wurde dies hier praktiziert. Stattdessen pirschten sich die Herren bei Pilsner Urquell und Cognac behaglich an getarnte Schusslöcher, vor denen sich umzäunte Wildecker mit sattgefressen Rotwild befanden – „zehnmal mehr als in einem normalen Bestand“. Es war eine „Schießbude für das Zentralkomitee“. Der Jagdeifer nahm am Schluss derartige Ausmaße an, dass es hieß: „aus dem Auto rausspringen, gucken, schießen, reinspringen, weiterfahren“.

Erich Honeckers Leidenschaft für die Jagd grenzte an „pathologische Hingabe“. Hunderte Tiere erlegte er jedes Jahr im „Staatsjagdgebiet“, darunter etwa 100 Hirsche sowie Hunderte Rehe und Hasen. Die „Abschussbücher“ belegen, dass er an einem Septemberabend in den 80er-Jahren einmal „wie im Rausch fünf Hirsche hintereinander erschoss“. Jedes erlegte Tier musste von seinem Personenschutzkommando „waidgerecht behandelt, also aufgebrochen, und anschließend auf einem Anhänger in die sogenannte ‚Wildhalle‘ gefahren werden“. Dort wurden die Trophäen „im Beisein des Generalsekretärs vermessen, fotografiert und beurkundet“ – ein „Ritual“, das bei Honecker „richtige Freude, ja sogar Ausgelassenheit“ hervorrief. Eine bemerkenswerte Ironie dabei: Obwohl er so viele Tiere erlegte, aß Honecker „nichts, aber auch gar nichts aus dem Wald. Er aß keine Pilze und er aß erst recht kein Wild“.

Seine letzte Jagd führte Honecker am 18. November des Vorjahres aus dem Land Rover heraus, wo er am Spitzberg drei Hirsche erlegte, darunter seinen „mittelprächtigen Zwölfender“. Diese Szene zog Parallelen zu Kaiser Wilhelm II., der ebenfalls in der Schorfheide seinen „letzten 22-Ender schoss“.

Die Schorfheide steht als Mahnmal für eine Zeit, in der „Repräsentation ist alles, koste es, was es wolle“ das Motto der DDR-Führung war. Sie bleibt ein bitteres Zeugnis der Selbstbedienung und des unkontrollierten Luxus einer Elite, die sich ungehemmt am Volksvermögen bediente.