Muldentalbahn erwacht zu neuem Leben: Jungfernfahrt nach über 22 Jahren Stillstand

Glauchau/Wolkenburg – Nach mehr als zwei Jahrzehnten ohne durchgehenden Zugverkehr ist am 29. Mai 2025 auf einem Teilstück der historischen Muldentalbahn wieder ein Zug gefahren. Die Interessengemeinschaft Traditionslok „58 3047“ e.V. veranstaltete eine „Jungfernfahrt“ auf dem oberen Abschnitt der einst Glauchau mit Wurzen verbindenden Strecke. Für exakt 22 Jahre, 9 Monate und 16 Tage – oder laut einer anderen Quelle nach 22 Jahren – lag dieser Teil der legendären Bahnstrecke brach.

Der Sonderzug verkehrte zwischen Glauchau-Reinholdshain und Wolkenburg im Muldental, mit planmäßigen Halten in Remse und Waldenburg. Laut Ankündigung der Veranstalter sollte der Zug von der vereinseigenen Dampflok 35 1097 gezogen werden. Berichte nach der Fahrt, unter anderem vom Förderverein Muldentalbahn e.V. und einem Forumsteilnehmer, geben jedoch an, dass die Dampflok 23 1097 in Richtung Wolkenburg fuhr und die Lok 102 182 den Zug in Richtung Glauchau zog. Der Sonderzug verkehrte einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag.

Der Fahrplan der „Jungfernfahrt“ sah die Abfahrt in Glauchau-Reinholdshain für Pendel 1 um 10:00 Uhr und für Pendel 2 um 14:00 Uhr vor. Die Ankunft in Wolkenburg war jeweils um 11:20 Uhr bzw. 15:20 Uhr geplant. Die Rückfahrten begannen in Wolkenburg um 12:00 Uhr und 16:00 Uhr, mit Ankunft in Glauchau-Reinholdshain um 13:20 Uhr bzw. 17:20 Uhr. Die Fahrkarten für die 2. Klasse auf der Gesamtstrecke von Glauchau-Reinholdshain nach Wolkenburg kosteten 39,- € für Erwachsene und 19,- € für Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren. Der Zug war ausverkauft. Ein Zustieg in Glauchau war an einem provisorischen „Bahnsteig“ aus Gerüstbauteilen in Glauchau-Reinholdshain möglich, da der eigentliche Bahnhof Glauchau (noch) nicht angefahren werden kann/darf.

Die Muldentalbahn hat eine bewegte Geschichte. Mitte des 19. Jahrhunderts entstand der Wunsch nach einem Eisenbahnanschluss im Tal der Burgen, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Sandgruben und Papierfabriken entlang der Zwickauer Mulde. Die erste durchgehende Bahnstrecke verlief zunächst über Narsdorf, um Anschluss an die Hauptbahn Neukieritzsch–Chemnitz zu erhalten, bevor einige Jahre später die baulich aufwendige Trasse entlang der Mulde errichtet wurde. Bahnhöfe waren mit umfangreichen Güteranlagen ausgestattet, da seinerzeit fast alle Waren auf der Schiene transportiert wurden. Auch der Arbeiter- und Ausflugsverkehr war von Bedeutung. Dampflokomotiven waren auf den Strecken um Rochlitz bis in die 1980er-Jahre ein alltäglicher Anblick. Mit den politischen Umbrüchen im Jahr 1989 brach der Verkehr auf der Muldentalbahn und ihren Nebenstrecken ein. Der letzte Zug auf dem verbliebenen Betriebsabschnitt Glauchau – Wechselburg fuhr schließlich am 13. August 2002.

Nach der Einstellung des regulären Verkehrs war die Strecke über viele Jahre hinweg nicht mehr befahrbar und wuchs stark zu. Obwohl die Gleise nach Einschätzung eines Beobachters noch „huglig und buglig“ aussehen, fanden kurz vor der Jungfernfahrt noch intensive Freimachungs- und Instandsetzungsarbeiten statt. Die Fahrt bis Wolkenburg stellt nun den ersten erreichbaren Abschnitt für Eisenbahnfahrzeuge seit vielen Jahren dar. Die „Jungfernfahrt“ wurde von vielen Beteiligten und Fahrgästen als wichtiger erster Schritt in Richtung einer möglichen Reaktivierung der Strecke interpretiert. Viele der Passagiere äußerten den Wunsch nach einer Wiederinbetriebnahme, den sie lange für unrealistisch hielten. Die Idee, Rochlitz wieder an das Schienennetz anzubinden, ist dabei nicht neu; ein dort ansässiges Unternehmen könnte ein interessierter Kunde sein. Eine vollständige Reaktivierung wird von einigen erhofft, von anderen jedoch eher als Utopie angesehen. Die Notwendigkeit der Mitwirkung der Landkreise wird hervorgehoben, allerdings wird auch angemerkt, dass diese aufgrund ihrer Beteiligungen an Busgesellschaften oft wenig Interesse an durch das Land bestellten ÖPNV-Leistungen haben könnten.

Auch wenn der durchgehende Zugverkehr eingestellt wurde, lebt die Strecke abschnittsweise touristisch weiter. Seit 2010 werden an ausgewählten Wochenenden sogenannte Schienentrabifahrten angeboten. Diese Fahrten, betrieben vom Verein Sächsischer Eisenbahnfreunde e.V., nutzen Gleiskrafträder des Typs 1 – ehemalige Inspektionsfahrzeuge der Deutschen Reichsbahn, die wegen ihres Trabant P50-Motors als „Schienentrabi“ bekannt wurden. Sie verkehren auf einem rund 11 km langen Abschnitt zwischen Rochlitz, Wechselburg und Penig, mit Start und Ziel in Rochlitz. Ein besonderes Erlebnis dabei ist die Überquerung der Muldebrücke nahe dem Rochlitzer Schloss. Entlang der Strecke befindet sich zudem das historische Stellwerk Wechselburg, das von einem Verein betreut wird und besichtigt werden kann.

Die erfolgreiche Jungfernfahrt am 29. Mai 2025 markiert somit ein positives Signal für die Eisenbahnfreunde und die Region und weckt Hoffnungen auf die Zukunft der Muldentalbahn.

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